Skip to main content

2016 | Buch

Studentische Rechtsberatung und Clinical Legal Education in Deutschland

verfasst von: Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Tutorium Jura

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Das vorliegende Buch bietet all jenen, die sich in der studentischen Rechtsberatung engagieren oder eine solche gründen wollen, einen leichten und umfassenden Einstieg in das Thema. Diskutiert werden sowohl organisatorische als auch rechtliche Fragen, insbesondere ob und in welcher Form die Rechtsberatung in die universitäre Ausbildung integriert bzw. an einen Lehrstuhl angebunden werden kann, die möglichen Rechtsformen der Beratungsstelle, die Vorgaben des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) hinsichtlich der Mandatsbegründung, der Unentgeltlichkeit und der Anleitung durch einen Volljuristen, die Rechte und Pflichten des studentischen Beraters, die Haftung im Falle einer Pflichtverletzung sowie der konkrete Ablauf der Beratung. Das Buch ist das erste seiner Art und richtet sich an interessierte Studierende, Professoren und Rechtsanwälte.

Die studentische Rechtsberatung wurde ermöglicht durch die Einführung des RDG vor einigen Jahren und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Das Konzept ist sowohl für die beratenden Studierenden, die ihr theoretisches Wissen in der Praxis anwenden möchten, als auch für jene von Vorteil, die sich die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht leisten können. Vorbild für die studentischen Rechtsberatungsstellen in Deutschland sind die Law Clinics in anderen Ländern, insbesondere den USA, wo sich das Angebot seit Jahrzehnten bewährt.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1 – Einleitung
Zusammenfassung
Seit Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) im Jahre 2008 ist eine rasante Entwicklung der studentischen Rechtsberatung in Deutschland zu beobachten. Law Clinics liegen im Trend der Zeit. Sie sind sowohl für den Beratenen als auch den Berater von Interesse. Ähnlich einem Medizinstudenten, der bereits während seiner Ausbildung Patienten behandeln wird, können Jurastudenten im Rahmen von Law Clinics ihre juristischen Kenntnisse erproben und bei der Lösung realer Rechtsfälle anwenden.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Kapitel 2 – Clinical Legal Education in der deutschen Juristenausbildung
Zusammenfassung
Die Juristenausbildung in Deutschland ist in ihrer Form weltweit einzigartig. Deutsche Juristen zeichnen sich dadurch aus, dass sie während ihres Studium darin geschult wurden, komplexe rechtliche Fragen richtig einzuordnen und sich schnell und effizient in neue Themengebiete einzuarbeiten. In besonderer Weise trägt dazu der sogenannte Gutachtenstil bei, der die angehenden Juristen sensibilisiert, komplexe Rechtsfragen aufzuschlüsseln und en détail aufzuarbeiten. Mit dieser Fähigkeit ist der deutsche Jurist auch in der Lage, neue Rechtsmaterien zu bearbeiten, die ihm noch nicht vertraut sind. Die deutsche Juristenausbildung zielt so auf die Ausbildung eines „Einheitsjuristen“ ab, also einen mit der Befähigung zum Richteramt ausgestatteten Volljuristen, der mit allen Rechtsgebieten vertraut ist. Hierin unterscheidet sie sich übrigens fundamental von der Juristenausbildung in den USA, die die Ausbildung zum Rechtsanwalt in den Mittelpunkt stellt, dafür allerdings im Gegensatz zu Deutschland kein Referendariat als praktische Ausbildung kennt. Ein Großteil der praktischen Juristenausbildung in den USA erfolgt bereits durch die Law Schools sowie durch Legal Clinics im Besonderen.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Kapitel 3 – Geschichte und Gegenwart studentischer Rechtsberatung in Deutschland
Zusammenfassung
Studentische Rechtsberatung in Deutschland geht zurück auf die Clinical Legal Education der US-amerikanischen Law Schools, die sich dort in Form von Legal Clinics bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten. Die erste formelle Legal Clinic wurde 1931 an der Duke University eingerichtet. 1950 boten bereits 25 der insgesamt 115 durch die American Bar Association akkreditierten Law Schools die Ausbildungsmöglichkeit im Rahmen einer Legal Clinic an. In den 1960er-Jahren kam es in den USA dank finanzieller Unterstützung der Ford Foundation, die auch in anderen Ländern Hilfe beim Aufbau der Clinical legal Education leistete, zu zahlreichen Neugründungen. Im Jahr 1973 gab es bereits an 125 der 147 US-amerikanischen Law Schools mindestens eine Legal Clinic. In den 1980er-Jahren stieg der Anteil der Law Schools mit eigener Legal Clinic auf fast 90 %. Etwa 40 % aller Studenten nutzten Ende der 1990er-Jahre im Laufe ihres Studiums die Ausbildungsangebote einer „Legal Clinic“.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Kapitel 4 – Rechtsfragen der studentischen Rechtsberatung in Deutschland
Zusammenfassung
Bevor man sich konkrete Gedanken zur Rechtsform einer studentischen Rechtsberatungsstelle macht, sollte man sich überlegen, ob man die studentische Rechtsberatung über eine Hochschule organisiert, sie an einen Lehrstuhl anbindet oder sie als selbstständiges, von der Hochschule unabhängiges Projekt betreibt. Die direkte Anbindung an eine Hochschule hat sicher einige Vorteile, weil man auf Ressourcen der Hochschule wie zum Räumlichkeiten, EDV-Ausstattung und fachliche Begleitung durch qualifiziertes Personal (beispielsweise durch vorbereitende Vorlesungen oder Seminare oder Vorlesungen zu speziellen Rechtsgebieten wie Asylrecht usw.) zurückgreifen kann. Außerdem bestehen gute Aussichten, eine Anrechenbarkeit des Engagements in der Legal Clinic als Leistungsnachweis zu erreichen.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Kapitel 5 – Praktische Hinweise
Zusammenfassung
Die Gründung einer studentischen Rechtsberatung bedarf gründlicher Vorbereitung, da zahlreiche rechtliche Aspekte zu bedenken sind. Verstöße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz oder beispielsweise das unerlaubte Tätigwerden im Bereich der Steuerberatung können zu einem Unterlassungsanspruch von Marktteilnehmern führen (§ 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 6 Abs. 2 RDG), der z. B. von Rechtsanwälten oder der örtlichen Rechtsanwaltskammer geltend gemacht wird. Denkbar ist auch die Untersagung von Rechtsdienstleistungen nach § 9 Abs. 1 RDG durch die zuständige Behörde, wenn begründete Tatsachen die Annahme dauerhaft unqualifizierter Rechtsdienstleistungen zum Nachteil der Rechtsuchenden oder des Rechtsverkehrs rechtfertigen. Dazu muss sich die betreffende Person oder Einrichtung allerdings als generell ungeeignet erweisen, oder aber es steht keine juristisch qualifizierte Person für die Einweisung der Mitarbeiter, deren Anleitung und für Rückfragen zur Verfügung. § 6 Abs. 2 RDG ist und bleibt damit eine ganz entscheidende Bestimmung im Alltag einer studentischen Rechtsberatung, auf deren Einhaltung auch die jeweiligen Verantwortlichen im Kreise der Rechtsberater achten sollten. Im Übrigen sollte grundsätzlich ein vertrauensvolles Verhältnis zur jeweiligen Rechtsanwaltskammer sowie zur zuständigen Behörde i. S. d. RDG (meist das zuständige Landgericht, zum Teil auch ein Oberlandes- oder Amtsgericht) aufgebaut werden.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Kapitel 6 – Organisatorische Aspekte der Rechtsberatung
Zusammenfassung
Die studentische Rechtsberatung sollte so aufgebaut werden, dass sie als Institution auf Dauer bestehen bleibt. Das erfordert eine Vielzahl organisatorischer Maßnahmen.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Kapitel 7 – Prozessuale Bezüge
Zusammenfassung
Das große studentische Interesse an gerichtlicher Praxis und forensischer Rede belegen schon die hohen Teilnehmerzahlen an Moot Courts, die gleichwohl nur einen fiktiven Einblick in die Praxis geben können. Wer als Student einmal selbst vor Gericht auftreten möchte, kann die Chance ergreifen, bei selbst erlittenem Unrecht oder für einen Angehörigen vor Gericht tätig zu werden. Zugunsten von engen Freunden oder unbekannten Dritten ist dies für einen Nicht-Anwalt bislang nicht möglich. Bereits 1998 wurde allerdings der Vorschlag unterbreitet, Studenten auch als Vertreter Dritter im Rahmen studentischer Rechtsberatung vor Gericht auftreten zu lassen, um so die theoretischen Aspekte der Ausbildung um praxisorientierten Aspekte zu bereichern. Zehn Jahre später stellt sich mit der Novelle des RDG die Frage noch entschiedener, inwieweit es einem studentischen Rechtsberater erlaubt sein sollte, vor Gericht aufzutreten, um seinen Mandanten zu vertreten.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Kapitel 8 – Studentische Rechtsberatung und anwaltliches Standesrecht
Zusammenfassung
Entgegen Bestrebungen im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens zum RDG hat der Gesetzgeber die unentgeltliche Rechtsberatung bewusst nicht unter die anwaltlichen Berufspflichten der BRAO und der BORA gestellt. Damit gelten die Vorgaben des anwaltlichen Berufsrechts für studentische und andere nicht-anwaltliche Rechtsberater nicht unmittelbar. Gleichwohl kann sich eine analoge Anwendung dieser Vorschriften aus dem jeweiligen Vertragsverhältnis und im Einzelfall ergeben. Als Nebenpflicht kann ein studentischer Rechtsberater so etwa an Maßstäbe gebunden sein, die ein Rechtsanwalt im Rahmen des anwaltlichen Berufsrechts stets beachten muss. Zuletzt hat darauf das OLG Brandenburg ausdrücklich verwiesen.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Kapitel 9 – Weitere Konzepte zur Verbesserung der praxisnahen Ausbildung im Jurastudium
Zusammenfassung
Legal Clinics sind nur eine Möglichkeit, Theorie und Praxis im Jurastudium zusammenzuführen.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Kapitel 10 – Kritik an Studentischer Rechtsberatung
Zusammenfassung
Die studentische Rechtsberatung steht in Deutschland zwar erst am Anfang, hat sich aber in erstaunlich schnellem Tempo entwickelt und von vielen Seiten Anerkennung, Förderung und Unterstützung erfahren. Nichtsdestotrotz gibt es berechtigte (und unberechtigte) kritische Anmerkungen, die nicht ungehört bleiben sollen.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Kapitel 11 – Mehrwert des Engagements in einer Legal Clinic
Zusammenfassung
Vielen Studenten kommt der Erwerb praktischer Fähigkeiten im Studium zu kurz. Der Praxisbezug einer Legal Clinic ist für sie der entscheidende Anreiz, in einer studentischen Rechtsberatung mitzuarbeiten. Durch dieses Engagement können die Studenten das theoretisch erlernte Wissen zum ersten Mal bei realen Mandanten zur Anwendung bringen. So können sie schon recht früh im Studium lernen, was es heißt, rechtlich beratend tätig zu werden. Es ist letztlich das Engagement des einzelnen Studenten, das das Problem des Mandanten zu lösen vermag oder eben auch nicht. Der Student wird real gefordert mit allem, was dazu gehört. Der Erfolg des Falls ist nicht mehr nur eine Frage der Bereitschaft, etwas auswendig zu lernen und zu verinnerlichen, sondern zu analysieren, zu hinterfragen und das erworbene Studienwissen den realen, greifbaren und begreifbaren Umständen des Lebens anzupassen. Die Studenten müssen ihre Handlungen reflektieren, sich optimieren und sich schlussendlich auch vor ihrem Mandanten verantworten.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Kapitel 12 – Ausblick
Zusammenfassung
Die studentische Rechtsberatung hat eine relativ lange Geschichte. Stellt man z. B. auf die Bremer Legal Clinic (seit den 1970er Jahren) oder auf die Arbeit von Rudolf von Jhering im 19. Jahrhundert ab, so gilt das durchaus auch für Deutschland. So richtig in Bewegung gekommen ist die Bewegung in Europa jedoch erst in den letzten Jahrzehnten und in Deutschland sogar erst seit 2008.
Jan-Gero Alexander Hannemann, Georg Dietlein
Backmatter
Metadaten
Titel
Studentische Rechtsberatung und Clinical Legal Education in Deutschland
verfasst von
Jan-Gero Alexander Hannemann
Georg Dietlein
Copyright-Jahr
2016
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-48399-2
Print ISBN
978-3-662-48398-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-48399-2