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2025 | Buch

Systemische Nachhaltigkeit

Sektorspezifische und interdisziplinäre Blickwinkel

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Über dieses Buch

Die Auswirkungen des Klimawandels sind längst mehr als nur ein gefühltes Phänomen. Sie zeigen sich weltweit mit zunehmender regionaler Intensität. Deutschland ist aktuell besonders von Starkregenereignissen mit Überschwemmungskatastrophen und Dürreperioden mit massiven Waldschäden betroffen. Die notwendige Reduzierung klimarelevanter Emissionen artikuliert sich u. a. in Maßnahmen zur Verkehrswende, Bau- und Infrastrukturwirtschaft, Landwirtschaft und zum Konsumentenverhalten. Zielkonflikte, wie beim Übergang vom fossilen Zeitalter zu Erneuerbaren Energien und von weniger Globalisierung zu mehr Regionalisierung, gilt es durch eine simultane Planung von Klima-, Umwelt- und Naturschutz wirtschaftswissenschaftlich orientiert zu managen. Dieser Anspruch und die Fokussierung auf mehrere SDGs im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung stellen die fachlichen Schnittstellen zwischen den Buchbeiträgen dar.

Das Buch richtet sich an Studierende, Wissenschaftler, politische Entscheidungsträger und Praktiker, die sich mit Nachhaltigkeitsthemen sowie den interdisziplinären Auswirkungen des Klimawandels befassen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Die Systemische Nachhaltigkeit erfordert eine ganzheitliche Betrachtung der maßgeblichen Einflussfaktoren für Klimawandel, Biodiversitäts- und Ökosystemleistungsverluste. Es ist unbestritten, dass die Energiewirtschaft, der Gütertransport und der Individualverkehr, die Bauwirtschaft und das Konsum- sowie Investitionsgüterverhalten unmittelbar wirken. Zielkonflikte und unterschiedliche Prioritätensetzungen zur Berücksichtigung von Klienteldenken und Lobbyinteressen behindern bzw. verhindern ganzheitliche Lösungen. Selbst an den inhaltlichen Schnittstellen zwischen Umwelt- und Naturschutz dominieren Widersprüche das politische Entscheidungsspektrum. Die Definition für den Wohlstand der Nationen, wie von Adam Smith vor 300 Jahren grundsätzlich geprägt, ist unter Berücksichtigung der durch die Globalisierung verursachten negativen Umwelteffekte neu zu interpretieren. Regionalität und Umweltsensibilität als Voraussetzung für mehr Nachhaltigkeit erfahren dabei aktuell eine Renaissance, nicht nur in der Theorie, sondern auch im praktischen Handeln.
Matthias Kramer

Umwelt- und Naturschutz im Kontext von Klimawandel und globaler Entwicklung

Frontmatter
2. Artenvielfalt und Agrarwirtschaft im Wandel der Zeiten
Zusammenfassung
Die Zukunft der Zivilisation wird davon abhängen, was jetzt und sofort im Umgang mit der Natur korrigiert und an Raum sowie Zeit für den Erhalt ihrer Funktionstüchtigkeit bereitgestellt werden kann. Die Erde und ihre mit Leben erfüllte Biosphäre ist anthropogen verursacht an den Rand der Belastbarkeit gebracht worden. Damit gefährdet die Menschheit ihre eigene Existenz und die Zukunftssicherung für folgende Generationen. Die Funktionstüchtigkeit der Biosphäre erhält den Naturhaushalt und sichert damit sowohlbiologische Vielfalt als auch Schönheit. Der Naturschutz ist dafür eine notwendige Bedingung. Die folgende Argumentation erfolgt kritisch wissenschaftlich, aber auch durch Beobachtungen und Erleben. Auf Grundlage von bildlichen Zeitraumbetrachtungen werden Naturentwicklungen veranschaulicht, Bestandsveränderungen von Fauna und Flora erfasst und Einschätzungen zur aktuellen Agrarpolitik vorgenommen.
Michael Succow
3. Ökonomische Inwertsetzung zur Erhaltung des Naturkapitals
Zusammenfassung
Seit einigen Jahren rücken ökonomische Ansätze zur Erhaltung der Natur stärker in den Vordergrund. Dabei wird Natur als Kapitalbestand angesehen, aus dem den Menschen „Dividenden“ in Form von Ökosystemleistungen zufließen. Der ökonomische Ansatz versucht, diese Ökosystemleistungen zu erfassen und – soweit dies möglich ist und angemessen erscheint – monetär zu bewerten. Im vorliegenden Beitrag wird zunächst ein Überblick über ökonomische Ansätze zur Bewertung der Natur gegeben. Daran anschließend wird anhand der beiden Beispiele „Moorschutz“ und „Straßenbäume“ illustriert, wie Werte der Natur auf Grundlage eines ökonomischen Ansatzes ermittelt werden können. Im Ergebnis zeigt sich, dass sich eine Wiedervernässung von Moorböden gesellschaftlich lohnt. Auch Stadtbäume erbringen zahlreiche Ökosystemleistungen. Hier zeigt sich jedoch, dass die Ergebnisse der vorgestellten Studien sehr weit streuen und standortabhängig sind. Im letzten Teil des Beitrags werden die Ergebnisse kritisch reflektiert und ein Fazit gezogen.
Bernd Hansjürgens, Swantje Furtak
4. Klimawandel und Biodiversität – Einflüsse globaler Entwicklungen auf die regionale biologische Vielfalt
Zusammenfassung
Der Klimawandel führt zu einer Reihe von bekannten globalen Herausforderungen (Überflutungen, Dürren, Waldbrände). Weniger bekannte Folgen sind der Verlust der Biodiversität durch den Treibhauseffekt selbst (Verlust alpiner Habitate, Gefährdung von Zugvogelrastgebieten an den Küsten und in Feuchtgebieten), aber auch durch z. B. Erneuerbare-Energien-Projekte. Genannt sei der Konflikt zwischen sensiblen Vogel-/Fledermausarten und Windkraftanlagen. Für die Daseinsvorsorge muss der Staat mehr Planungsleistungen vergeben, über die umweltverträgliche Standorte für Erneuerbare Energien-Projekte identifiziert und entwickelt werden können. Weiterhin muss die CO2-Senkenfunktion der Landschaft geschützt werden, indem naturnahe und klimaangepasste Wälder entwickelt werden und/oder Moore wiedervernässt werden. Die wichtige CO2-Senkenfunktion des Naturhaushaltes steht dabei auch in direktem Bezug zu Biodiversitätseffekten, denn viele seltene Arten profitieren von intakten, alten Wäldern, Mooren und Feuchtgebieten.
Markus Reinke
5. Naturschutz im Kontext von Planetaren Grenzen und Nachhaltigkeitszielen
Zusammenfassung
Übergeordnete Konzepte, wie zu den Planetaren Grenzen und dem nachhaltigkeitspolitischen Konzept der Sustainable Development Goals, führen zu neuen, systemisch geprägten Anforderungen sowohl für die Landnutzung als auch für den Natur- und Biodiversitätsschutz. Der Naturschutz ist dabei nur als ein, wenn auch wichtiger Sektor in sozial-ökologischen Systemen zu verstehen, der entsprechende Raumansprüche stellt, die nicht selten in Konflikte mit anderen Nachhaltigkeitsanforderungen münden. Diesen Dilemmata kann nur durch ein auf allen relevanten Ebenen sektorenübergreifendes, trans- und interdisziplinär geprägtes Denken und Handeln begegnet werden, das auch für Akteure des Arten- und Biodiversitätsschutzes relevant ist. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit Institutionen, wie Ministerien und Genehmigungsbehörden, Nichtregierungsorganisationen, aber auch Umwelt- und Naturschutzstiftungen darauf vorbereitet und welche wesentlichen Handlungserfordernisse daraus abzuleiten sind.
Volker Wachendörfer, Alexander Bittner, Eick von Ruschkowski, Christopher Rappold
6. Auswirkungen des anthropogenen Störungsregimes auf die biologische Vielfalt und Landnutzung – historische, aktuelle und perspektivische Interpretationen mit einem Vertiefungsbeispiel der Wälder in Deutschland
Zusammenfassung
Die Eingriffe des Menschen führen derzeit weltweit zu einer rasanten Umweltzerstörung von historisch beispiellosem Ausmaß. Infolgedessen verschwinden charakteristische Ökosysteme sowie Tier- und Pflanzenarten in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit. Die Hauptursachen für diesen erheblichen Rückgang sind Landnutzungsänderungen, Klimawandel, Umweltverschmutzung, direkte Ausbeutung und invasive gebietsfremde Arten. In diesem maßgeblich vom Menschen bestimmten neuen Zeitalter, dem Anthropozän, hat die Menschheit drei existenzielle Krisen zu bewältigen: die Krise des Klimawandels, des Artensterbens und der Verschmutzung. In diesem Beitrag werden die derzeitige Situation des Schutzes und der Erhaltung der biologischen Vielfalt sowie ihre historische Entwicklung und ihre Zukunftsaussichten dargelegt. Darüber hinaus werden die Auswirkungen des anthropogenen Störungsregimes auf die biologische Vielfalt und die Landnutzung am Beispiel der Wälder in Deutschland näher beleuchtet.
Goddert von Oheimb
7. Die Bedeutung der Waldböden für Kohlenstoffspeicherung und Wasserretention
Zusammenfassung
Unmittelbar verbunden mit den Konsequenzen des Klimawandels ist die aktuelle Diskussion um die Reduzierung der Treibhausgase. Neben den Vermeidungsstrategien spielen auch „End of pipe“-Technologien eine Rolle. Das Umweltmedium Boden ist hierbei von besonderer Bedeutung. Es ist daher sinnvoll, gerade Waldböden explizit zu betrachten. Denn die Regulierungs- und Schutzleistungen, die von Wäldern kostenlos erbracht werden, sind alle direkt oder indirekt mit den Böden verknüpft. Dabei geht es nicht nur um den im Boden gespeicherten Kohlenstoff-Vorrat, sondern auch um die dezentrale Hochwasserretention und die Wasserqualität. Bereits 2007 wurde im Rahmen der Warschau-Konferenz (MCPFE) festgehalten, dass Leistungen von Wäldern in Bezug auf Wassermenge und -qualität sowie den Hochwasserschutz zu bewerten und in ein System von Zahlungen für Ökosystemleistungen zu integrieren sind. Der folgende Beitrag reiht sich daher in idealer Weise in die übrigen Themenstellungen des ersten Buchkapitels ein.
Karl-Heinz Feger
8. Ex ante Betrachtungen zum heutigen Waldbild und Empfehlungen für den klimadeterminierten Waldumbau
Zusammenfassung
Der Stellenwert des Waldes für den Erhalt unverzichtbarer Ökosystemleistungen wurde bereits durch die Beiträge von Hansjürgens et al., von Oheimb und Feger besonders deutlich. Die praktische Sicht der Dinge verstärkt diese Erkenntnisse. Der Rückblick auf den Namensgeber des klassischen Nachhaltigkeitsbegriffs ist dabei eine obligatorische Ausgangsbedingung. Die Klimaveränderung führt zu unmittelbaren Konsequenzen für die Waldbewirtschaftung. Trockene Wälder, gestresste und abgestorbene Bäume durch Wassermangel und Schädlingsbefall sind niemandem bei einem Waldspaziergang in den letzten Jahren entgangen. Wird der Wald in seinen Funktionen weiterhin so massiv geschädigt, führt das nicht nur zu weniger Holz, sondern werden auch maßgebliche Ökosystemleistungen verloren gehen. Eine systemische Betrachtung erfordert daher auch die Berücksichtigung des Erfahrungswissens von Stakeholdern, die in der Praxis mit den genannten Herausforderungen umgehen müssen, um den „Zukunftswald“ zu gestalten.
Matthias Kramer, Hubert Braun
9. Ein Indikatorensystem zur systematischen Erfassung von Ökosystemleistungen
Zusammenfassung
Die Beiträge zur ökonomischen Bewertung der Natur stellen die Grundlage für eine Konkretisierung am Beispiel der Ökosystemleistungen (ÖSL) von Streuobstwiesen dar. Der systemische Ansatz führt zu einem Modell der ganzheitlichen ÖSL-Betrachtung mit wertorientierter Perspektive. Marktorientierte Kompensationsvorschläge als Grundlage für erforderliche Biodiversitätsnachweise werden berücksichtigt. Es wird kritisch argumentiert, dass eine produktorientierte Preiskalkulation für (ÖSL) nach den klassischen betriebswirtschaftlichen Kriterien schwachstellenbehaftet und daher ein Wert für die Gesellschaft/Volkswirtschaft festzulegen ist. Am Beispiel der Streuobstwiesen-ÖSL wird ein Scoring-Ansatz zur systemischen Erfassung und systematischen Bewertung vorgeschlagen. Die bekannten ÖSL werden nach materiellen Leistungen, Regulierungsleistungen und kulturellen Leistungen funktional gegliedert. Der Vorschlag soll für die kritische Diskussion zur Inwertsetzung von ÖSL zusätzliche Impulse liefern.
Matthias Kramer

Sektorbetrachtungen zu klimabelastenden Emissionsquellen und Handlungsempfehlungen

Frontmatter
10. Kurswechsel – Die Verkehrswende im Personenverkehr: Ein Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung
Zusammenfassung
Unser gegenwärtiges Verkehrssystem ist nicht nachhaltig. Es zerstört die Lebensräume der Menschen und die Umwelt. Die Verkehrswende ist deshalb dringend erforderlich. Es braucht den klaren Kurswechsel hin zu einer nachhaltigen Entwicklung: Gerade im Personenverkehr, der bislang vom massenhaften Autoverkehr dominiert wird. Indikatoren, Ziele und Zielwerte umreißen ein nachhaltiges Verkehrssystem – und zwar sicher hinsichtlich der Richtung, Größenordnung und Geschwindigkeit für das erforderliche Umsteuern. Vier Strategien bringen die Verkehrswende voran: Vermeidung, Verlagerung, Verbesserung und Verkehrsgerechtigkeit. Diese Strategien werden mit drei aktuellen Projekten veranschaulicht: Mobilstationen in der Region, Mobilstationen im Quartier und Autofreie Stadtquartiere. Sie verdeutlichen die Prinzipien und ermutigen zur Verkehrswende. Die Verkehrswende kann als gesellschaftliche Vereinbarung gemeinsam gestaltet werden für eine nachhaltige Mobilität.
Ulrike Reutter, Oscar Reutter
11. Bauen nachhaltig Denken
Zusammenfassung
Der Gebäudesektor ist für die Erreichung der (inter)nationalen Klimaziele von hoher Relevanz. Sowohl die Industrie als auch die Politik ergreifen bereits erste Maßnahmen, um die Immobilienwirtschaft im Bereich der Nachhaltigkeit zu transformieren. Dies führt jedoch zu gestiegenen Anforderungen und zu einer erhöhten Komplexität im Bereich des Nachhaltigen Bauens. Ziel dieses Beitrages ist es, einen kurzen Überblick über aktuell relevante Themenbereiche des Nachhaltigen Bauens zu geben. Es werden sowohl die politischen Ansätze als auch Lösungen aus der Praxis und die aktuell gängigen Bewertungssysteme erläutert und in den Gesamtzusammenhang eingeordnet. Bauen nachhaltig zu denken verlangt zudem, unterschiedliche Lösungen für Neubauten und Bestandsgebäude zu entwickeln und zeitnah umzusetzen. Das Potenzial eines nachhaltigen Gebäudesektors ist groß, besonders wenn die eigenständigen Teilbereiche im Gesamtzusammenhang betrachtet, weiterentwickelt und umgesetzt werden.
Benjamin Slosharek, Markus G. Viering
12. Nationale Verantwortung und internationale Erwartungen bei der Rekultivierung von Bergbaufolgelandschaften – am Beispiel des Braunkohletagebaus Turow
Zusammenfassung
Die Stromerzeugung in Polen durch Braunkohleverbrennung hat sich seit einigen Jahrzehnten systematisch verringert. Die aktuell erschlossenen Braunkohlevorkommen werden bei gleichbleibender Nutzung noch auf 20 Jahre geschätzt. Das polnische Rechtssystem garantiert, die Flächen nach dem Ende des Braunkohleabbaus zu rekultivieren. Das Braunkohlebergwerk in Turów ist eines der wichtigsten Unternehmen dieser Art in Polen. Es umfasst derzeit eine Fläche von 2487 ha und produziert jährlich ca. 8 Mio. t Braunkohle. Das Bergwerk wird voraussichtlich nicht länger als 2 weitere Jahrzehnte in Betrieb sein. Als Folge des Braunkohletagebaus kommt es zu einer multifaktorellen geomechanischen Landdegradation. Für die Rekultivierung (auf der Grundlage von 50 Jahren Erfahrung) wird das Konzept der biologisch-dynamischen Waldsanierung von Halden eingesetzt. Parallel dazu wurden im Bergbau-Energie-Komplex Wasserschutzlösungen zur Minimierung des Wasserverbrauchs (Reduktion um 25 %) eingeführt.
Andrzej Greinert, Jakub Kostecki, Jolanta Nietrzeba-Marcinonis
13. Die Landwirtschaft als Impulsgeber für Wertschätzungen von Ökosystemleistungen (ÖSL) und Biodiversität
Zusammenfassung
Die subventionierte Landwirtschaft ist aus Sicht der Biodiversität durch einige Fehlentwicklungen gekennzeichnet, wie bereits in Kap. 2 sehr anschaulich beschrieben wurde. Fehlleitungen bzw. -implementierungen von Agrarsubventionen haben dazu geführt, was nun zur Revitalisierung von Ökosystemleistungen (ÖSL) neu zu definieren ist. Aktuell ist eine verstärkte Instrumentenentwicklung zur Internalisierung sowie Inwertsetzung von ÖSL zu beobachten. Kritisch muss bei der diesbezüglichen Analyse hinterfragt werden, ob es sich um neue Aktivitäten zum Schutz der Biodiversität aus Sicht der agrarischen Subventionspolitik handelt, oder ob diese eher als Mittel zum Zweck einzuordnen und weniger als echte Reform im Sinne des Naturschutzes zu bezeichnen sind. Bezogen auf die Biodiversitätsstrategie 2030 wird zum Abschluss des Beitrages die Hoffnung formuliert, dass Inwertsetzungsinstrumente grundsätzlich positive Impulse für das Erreichen der gesetzten Biodiversitätsziele auslösen können.
Matthias Kramer
14. Potenziale einer nachhaltig-orientierten Produktionsplanung und -steuerung zur Sicherung regionaler Standorte
Zusammenfassung
Angesichts aktueller Herausforderungen sind Unternehmen angehalten, branchenübergreifenden Problemen, wie dem demografischen Wandel und steigenden Energiekosten, entgegenzuwirken. So wird in Unternehmen zunehmend über die Verlagerung von Produktionsstandorten nachgedacht. Alternativ können Unternehmen den eigenen ökologischen Fußabdruck reduzieren bzw. die Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen und somit zu einem langfristigen Erhalt des Produktionsstandortes beitragen. Dafür bietet die Produktionsplanung und -steuerung (PPS) großes Potenzial. Im Folgenden wird dargestellt, wie Ansätze nachhaltig-orientierter PPS einen Beitrag zur Standortsicherung leisten können. Einer allgemeinen Beschreibung der hierarchischen PPS folgend werden ökologisch- bzw. sozial-orientierte Ansätze skizziert, die zur Sicherung bestehender Produktionsstandorte beitragen können. Eine ausreichende und stabile Energie- und Rohstoffversorgung sowie die Verfügbarkeit von Facharbeitskräften werden positiv beeinflusst.
Marco Trost, Hajo Terbrack, Thorsten Claus, Frank Herrmann
15. Klimaschutz und Resilienz im Wassersektor
Zusammenfassung
Hohe Trinkwasserqualität und stetige Verfügbarkeit gelten in Deutschland als Selbstverständlichkeit. Der Klimawandel mit vermehrten Hochwasser- und Dürreereignissen erfordert Anpassungen der Infrastruktur, Ver- und Entsorgungssysteme, um diese Qualität auch in der Zukunft zu gewährleisten. Die Stadtentwässerung Dresden GmbH hat bereits zahlreiche Investitionen zum Hochwasserschutz durchgeführt, ergänzt um weitere Maßnahmen zur Klimawandelanpassung sowie zur Klimaneutralität (Die Abschn. 15.3 bis 15.5 basieren in Teilen auf einer gesprochenen Rede von Frau Gunda Röstel, die im Rahmen der Veranstaltung „Relativitätsbetrachtungen zur aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte“ am 22.09.2022 im IBZ St. Marienthal (NETSCI 2022) gehalten wurde). Die Anforderungen an ein nachhaltiges Wassermanagement nehmen weiter zu und sind als Generationenaufgabe zu verstehen. Klimaschutz und Klimawandelanpassungen müssen sektorübergreifend, und mit Blick in andere Teile der Welt, auch international durch Kooperationen vorangebracht werden.
Matthias Kramer, Gunda Röstel

Regionalität als Voraussetzung für mehr Nachhaltigkeit

Frontmatter
16. Die regionalwirtschaftliche Bedeutung von Unternehmen – notwendige Wechselbeziehungen zwischen Wertschätzung und Wertschöpfung
Zusammenfassung
Die unter dem deutschen Titel Die Grenzen des Wachstums weltweit bekannt gewordene Studie wurde 1972 veröffentlicht. Das Ergebnis lautete damals und ist noch heute gültig: Wenn wir so weitermachen, wird unsere industrielle Gesellschaft aufgrund der Überbeanspruchung globaler Ressourcen zusammenbrechen. Über Jahrzehnte wurde immer wieder beschrieben, dass die 1972 getroffenen Aussagen weiterhin erschreckend zutreffend sind. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die Menschheit dazu fähig ist, schnell und konstruktiv auf globale Herausforderungen zu reagieren. Regionalität ist die Lösung! Kommunale und regionale Unternehmen sind zentrale Treiber einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Wirtschaft. Die Zukunft liegt in der (Re-)Regionalisierung von Liefer- und Wertschöpfungsketten und dem Ausbau von Synergieeffekten regionaler Produkte. Beispiele zeigen, wie wichtig die regionale Vernetzung von Unternehmen ist und dass Wertschöpfung und Wertschätzung vor Ort gehalten werden können.
Karin Janssen
17. Rekultivierung von Standorten nach dem Bergbau im Erzgebirgsvorland – Erneuerung von Ökosystemleistungen und Potenzial von Energiepflanzen der 2. Generation
Zusammenfassung
Das Erzgebirgsvorland verfügt über reiche Braunkohlevorkommen. Die damit verbundene Wirtschaftsentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert (Tagebauförderung mit sich anschließender Kohleverbrennung in Wärmekraftwerken) hinterließ gravierende Spuren für Landschaft und Umwelt. Es könnte Jahrhunderte dauern, die Naturschäden zu sanieren bzw. renaturieren. Die Grundelemente für die Erneuerung von Ökosystemen, Biodiversität und Ökosystemleistungen sind der landschaftsbezogene Wasserrückhalt und die Bodensubstanzentwicklung. Rekultivierungsaktivitäten und Investitionen in Erholungsfunktionen der Landschaft, Forschungsansätze zur Primärsukzession, die Entwicklung der Biodiversität auf technisch rekultivierten Standorten und Nutzung von Energiepflanzen der zweiten Generation im Rahmen der Rekultivierung werden beschrieben. Letztgenannte haben das Potenzial, mehrere synergetische Effekte zu erreichen (z. B. Biomasseproduktion, Bodenparameterverbesserung, Erosionsreduzierung und Kohlenstoffbindung).
Diana Nebeská, Josef Trögl, Jan Slavík, Petr Vráblík, Eliška Wildová
18. Ökosystemleistungen als Teil der regionalen Wertschöpfungskette
Zusammenfassung
Traditionelle Kulturlandschaften wie Streuobstbestände nehmen eine bedeutende Rolle in der Erzeugung von Ökosystemleistungen (ÖSL) ein. Landbewirtschaftende Betriebe stellen demnach durch ihre Arbeit positive externe Effekte für die Gesellschaft bereit. Die öffentliche Hand honoriert diese Leistung landwirtschaftlicher Betriebe klassischerweise über Förderprogramme. Durch den konsequenten Einbezug von ÖSL in landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten (WSK) bieten sich Möglichkeiten, wirtschaftliche Anreize für eine umweltverträgliche Landbewirtschaftung zu setzen. Wenn nachhaltig bewirtschaftende Betriebe den Zusatznutzen von ÖSL bei der Produktvermarktung an Verbraucherinnen und Verbraucher hervorheben, wirkt sich das ebenso positiv auf ihre Wirtschaftlichkeit aus, wie wenn sie ÖSL-Zertifikaten als Nachweis für ihr Umweltengagement an Unternehmen und Privatpersonen vermarkten.
Sophia Philipp, Hannes Bürckmann
19. Regionales Sachsen – Potenziale und Herausforderungen auf dem Weg zu mehr regionaler Wertschöpfung in der sächsischen Land- und Ernährungswirtschaft
Zusammenfassung
Das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft hat sich mit dem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2019 zur Regionalisierung der sächsischen Land- und Ernährungswirtschaft bzw. zu den dahinterstehenden Wertschöpfungsketten bekannt. Regionalität steht für Nachhaltigkeit, sie dient der Stärkung der regionalen Wirtschaft und insbesondere der Aufrechterhaltung von Perspektiven in der Land- und Ernährungswirtschaft. Wie kann es also gelingen, Regionale Wertschöpfungsketten zu stärken und zu entwickeln? Um diese Frage zu beantworten, wird zunächst die Ist-Situation in Sachsen beschrieben. Im Anschluss werden Potenziale, aber auch Herausforderungen aufgezeigt und initiierte Projekte vorgestellt. Für die Zukunft gilt: Regionalität (Regio) muss strategisch aus der Nische hin zur Systemrelevanz gebracht werden!
Wolfram Günther
20. Vom ersten Bio-Bier zu ganzheitlichen regionalen Wertschöpfungsketten
Zusammenfassung
Der Bundesverband der Regionalbewegung e. V. erwartet von regionalen Wirtschaftskreisläufen positive ökonomische Effekte, gesunde Lebensmittel und insgesamt eine Steigerung der Lebensqualität für die Menschen in der jeweiligen Region (Die Regionalbewegung o. J.). Die naturverträgliche Produktion von regionalen und saisonalen Lebensmitteln, Wertschöpfung in der Region und der möglichst direkte Verkauf an VerbraucherInnen in unmittelbarer Nähe der Produktentstehung ist auch unter Berücksichtigung des Klimawandels zeitgemäß (Biosphärenzweckverband Bliesgau o. J.). Diesen positiven Einschätzungen steht jedoch häufig die ökonomische Realität gegenüber, dass Anbieter in globalen Wertschöpfungsketten durch die Nutzung von economies of scale-Effekten kostengünstiger produzieren und ihre Produktpreise entsprechend anders kalkulieren können. Am Beispiel der Brauerei Neumarkter Lammsbräu wird aufgezeigt, dass ein nachhaltigkeitsorientierter Regionalansatz trotzdem wettbewerbsfähig umgesetzt werden kann (Der Abschn. 20.4 basiert auf einer gesprochenen Rede von Herrn Dr. Franz Ehrnsperger, die im Rahmen der Veranstaltung „Relativitätsbetrachtungen zur aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte“ am 22.09.2022 im IBZ St. Marienthal (NETSCI 2022) gehalten wurde).
Matthias Kramer, Franz Ehrnsperger

Multiplikatoren für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit

Frontmatter
21. Die Verantwortung der Hochschulen für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit
Zusammenfassung
Im Rahmen der Transformation der Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit spielen Hochschulen eine sehr wichtige Rolle, weil sie zum einem den Studierenden das notwendige Wissen über Nachhaltigkeit im Kontext des jeweiligen Studienfachs vermitteln und zum anderen durch die Forschung innovative Lösungen entwickeln. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, müssen Hochschulen eine Nachhaltigkeitsstrategie mit den zugehörigen Governancestrukturen entwickeln, die im Sinne des Whole-Institution-Approachs alle Bereiche der Hochschule erfasst. Neben Forschung und Lehre sind daher auch der Betrieb und die Transferaktivitäten von Hochschulen auf Nachhaltigkeit auszurichten. Am Beispiel des Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier wird im Beitrag untersucht, wie mit Hilfe des Deutschen Nachhaltigkeitskodex für Hochschulen, des Nationalen Aktionsplans für BNE, der 17 SDGs und des Universitas Indonesia (UI)-Greenmetric Rankings Nachhaltigkeit ganzheitlich implementiert werden kann.
Klaus Helling
22. Klimaschutz und Digitalisierung – Positivbeispiele aus dem BAUM-Netzwerk für einen erfolgreichen Transformationsprozess hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise
Zusammenfassung
Das dringende Thema Klimaschutz stellt eine große Herausforderung an heutige Unternehmen; der Markt für Klimaschutzdienstleistungen wächst immer weiter. Verbände wie BAUM e.V. – Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften sind Unterstützer der Unternehmen bei diesem weitreichenden Transformationsprozess. Veranstaltungsformate aus der Initiative Wirtschaft pro Klima, wie das Scope-3-Forum und Transformationsdialoge und -labore, helfen Unternehmen auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Wenn dann noch das zweite dringende Thema unserer Zeit, die Digitalisierung, mit Nachhaltigkeit verknüpft wird, entsteht ein immenses Potenzial für Innovation. So erstellt auch BAUM aktuell einen digitalen Zwilling für die Verbandsarbeit. Positive Praxisbeispiele der Mitgliedsunternehmen des Netzwerks illustrieren, wie diese Herausforderungen unserer Zeit gemeistert werden können.
Yvonne Zwick, Antonia Thiele
23. Innovationen für zukunftsweisende Lösungen im Umwelt- und Naturschutz
Zusammenfassung
Welche Funktion bzw. Position können gemeinnützige Akteure bei der Förderung von Innovationen im Umwelt- und Naturschutz einnehmen? Bei der Antwort auf diese Frage muss ein ganzheitliches Verständnis von Innovationen im Fokus stehen, das den Bedürfnissen der Natur und Ökosystemen entspricht und die Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und den natürlichen Ressourcen berücksichtigt. Am Beispiel der Wiedervernässung von Mooren wird die besondere Bedeutung von naturbasierten Lösungen für den globalen Klimaschutz erläutert und diskutiert, wie diese Maßnahmen skaliert werden können. Des Weiteren wird beleuchtet, wie Kooperation und Dialog gestaltet werden müssen, um Innovationen zu fördern.
Karl Philip Lohmann, Johannes Merck
24. Die Enzyklika Laudato si‘ als Katalysator für eine ökosoziale Transformation
Zusammenfassung
Die 2015 von Papst Franziskus veröffentlichte Enzyklika „Laudato si‘“ ist der erste monografische Text der Katholischen Soziallehre zur Umweltfrage. Sie ist aus einem intensiven Dialog mit den Klima- und Umweltwissenschaften sowie den Erfahrungen in verschiedenen Kontinenten entstanden und genießt interdisziplinär sowie interreligiös hohes Ansehen als einer der wichtigsten Texte zur kulturellen und ethischen Dimension des ökosozialen Wandels. Die Enzyklika versteht sich als Impulsgeberin für die Kirchen als „Change Agents“ der ökosozialen Transformation. Ihre spezifische Kompetenz ist dabei die Formulierung eines ethischen Kompasses für das Zusammendenken ökologischer und sozialer Herausforderungen sowie die Vermittlung dieser Ethik durch Narrationen, Riten und Gemeinschaftsbildung, die gleichermaßen Vernunft und Emotionen ansprechen. Eine auf Klimapolitik fokussierte Fortschreibung der Enzyklika hat der Papst im Oktober 2023 mit dem Apostolischen Schreiben „Laudate Deum“ publiziert.
Markus Vogt
25. Die Verantwortung der Katholischen Kirche zur Bewahrung der Schöpfung
Zusammenfassung
Der Beitrag arbeitet in seinem ersten Teil unterschiedliche Konnotationen und Assoziationen der in der Überschrift verwendeten Begriffe und Konzepte heraus, um, darauf aufbauend, in seinem zweiten Teil der Frage nachzugehen, inwieweit „die katholische Kirche in Deutschland“ als empirisch fassbarer Größe dem ihr entsprechenden Maß an Verantwortung für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen tatsächlich und real nachkommt? Abschließend werden drei Folgen skizziert, die sich aus der Antwort auf diese Frage unmittelbar wie mittelbar ergeben. Ausgehend von der Vermutung, dass viele der LeserInnen vermutlich eher wenig an binnenkirchlichen bzw. fachtheologischen Diskursen interessiert sein dürften, wird ein Zugang zum Thema aufgemacht, der weitgehend auf ein im engeren Sinn fachtheologisches Argument und Sprachspiel verzichtet.
Mattias Kiefer
26. Umweltbildung und ästhetisches Erleben als Schlüsselfaktoren für eine systemische Nachhaltigkeit
Zusammenfassung
„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“! Dieses berühmte Zitat des griechischen Philosophen Aristoteles suggerierte schon vor über 2300 Jahren den systemischen Blick auf das Ganze. Die Viktoriner ließen sich von diesem Vordenker sicherlich ebenso inspirieren, wie in der Neuzeit System- und Kommunikationswissenschaftler. Aristoteles stufte „Erlebnisse der Seele als Zustände der Begeisterung“ ein. Eine Zielstellung dieses Buches ist es daher, bei den LeserInnen Begeisterung für Natur- und Umweltschutz zu entwickeln. Der Umweltbildung kommt dabei ergänzend ebenso eine wichtige Schlüsselrolle zu, wie praktischer Arbeit in Netzwerken. Die folgenden Erfahrungen der Umweltbildung in einer öffentlichen Naturschutzstiftung (vgl. Abschn. 26.3), Umsetzungspraxis von Laudato si` in einem Netzwerk der Katholischen Kirche (vgl. Abschn. 26.4) sowie Berücksichtigung traditioneller Erfahrungen am Beispiel der Lehrsätze des Zisterzienserinnenordens (vgl. Abschn. 26.5) stellen den abschließenden Erkenntnisgewinn in diesem Buch dar.
Matthias Kramer, Bernd Dietmar Kammerschen, Martina Breyer, Michael Schlitt
Backmatter
Metadaten
Titel
Systemische Nachhaltigkeit
herausgegeben von
Matthias Kramer
Copyright-Jahr
2025
Electronic ISBN
978-3-658-47206-1
Print ISBN
978-3-658-47205-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-47206-1