Wem nutzt ein Roboter, wenn ihm jede Bewegung, jede Entscheidung vorher aufwendig beigebracht werden muss? Ausnahmen sind natürlich Industriebereiche, in denen belastende Aufgaben erledigt werden müssen. Da nun mit "zunehmender Komplexität und Automatisierung der Technik Roboter zu Dienstleistern der Industriegesellschaft werden“, wie es Klaus Mainzer in "Roboter werden sozial“ schreibt, wird die Konstruktion von Robotiksystemen von "der Evolution lebender Organismen inspiriert“. Für den Springer-Autoren ist es daher unverzichtbar, dass "mit wachsenden Komplexitäts‐ und Schwierigkeitsgraden der Dienstleistungsaufgabe die Anwendung von KI‐Technik unvermeidlich wird.“
Auch die Informatikerin Prof. Dr.-Ing. Sanaz Mostaghim von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sieht dahingehend Handlungsbedarf und verfolgt ein ehrgeiziges Forschungsziel. "Wir wollen zuverlässige, robuste und fehlerfrei agierende intelligente Roboter, ausgestattet mit einer Art kollektiven Weisheit. Wir erforschen darum das kollektive Verhalten mehrerer kleiner autonom fliegender Roboter mit einfacher Ausrüstung: kein GPS, keine Fernsteuerung und keine externe Positionierung. Nur die lokale Kommunikation innerhalb der unmittelbaren Umgebung durch Sensoren ist erlaubt.“
In der Natur beobachtbare Vorgehensweisen nutzen
Die Schwarmintelligenzforscherin und ihr Team übertragen dafür in der Natur beobachtbare Vorgehensweisen auf Prozesse der Informationsverarbeitung. "Das Faszinierende an natürlichen Schwarmintelligenzen ist, dass die einzelne Ameise oder Wildgans überhaupt nicht das große Ganze kennt und sich doch durch Signale und Impulse intelligent verhält. Diese Tierschwärme sind extrem zuverlässig und belastbar und bleiben auch stabil, wenn einzelne Individuen ausscheren.“ Die Herausforderung bei der Entwicklung künstlich intelligenter Roboter sei es deshalb auch, die Interaktionen des Roboterschwarmes kontrollieren und steuern zu können.
Mostaghim und ihr Team hoffen, schon in naher Zukunft einen Schwarm von fliegenden Robotern innerhalb eines geschlossenen Raumes zuverlässig einzusetzen. Derzeit erforschen sie, wie die Umgebung das Verhalten der Roboter beeinflusst. Parallel dazu arbeiten sie daran, die Batteriekapazität der Roboter zu erhöhen und die Sensorik zu verbessern. Mögliche Anwendungen für diese Roboterschwärme wären der Einsatz beim Hochwasserschutz, bei Flugzeugkatastrophen in unerreichbarem Gelände, bei Erdbeben oder Reaktorunfällen. Die Roboterschwärme wären in der Lage, wie ein soziales Wesen Entscheidungen in Echtzeit zu treffen und sich den lokalen Gegebenheiten und Umständen dynamisch anzupassen.
Institut für Intelligente Kooperative Systeme
Als Dach dieser Forschung an der Universität Magdeburg fungiert im Übrigen das soeben gegründete Institut für Intelligente Kooperative Systeme IKS an der Fakultät für Informatik. Es entstand durch die Fusion des Instituts für Verteilte Systeme und des Instituts für Wissens- und Sprachverarbeitung der Fakultät für Informatik. Es beherbergt alle Professuren in den Bereichen intelligente und kooperierende Systeme.
"Damit trägt es der Tatsache Rechnung, dass die Erforschung und Entwicklung intelligenter kooperativer Systeme praktisch immer eine interdisziplinäre Herangehensweise erfordert: Schwarmtheorien, mathematische Berechnungen, Softwareentwicklung, Programmierung und nicht zuletzt die Konstruktion der Roboter können nur in enger Zusammenarbeit der Bereiche erfolgen", so der Prodekan der Fakultät für Informatik, Prof. Dr.-Ing. Gunter Saake.