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Erschienen in:

Open Access 29.01.2025 | Originalarbeit

Teleoperation von mobilen Bergbaumaschinen

verfasst von: Univ.-Prof. DI. Dr. mont. Nikolaus August Sifferlinger

Erschienen in: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte | Ausgabe 2/2025

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Zusammenfassung

Der Fachbeitrag behandelt die Teleoperation mobiler Bergbaumaschinen im Untertagebergbau. Seit den 1990er-Jahren wird diese Technologie eingesetzt, um Maschinen aus der Ferne zu steuern und zu überwachen. Dies ermöglicht eine erhebliche Verbesserung der Sicherheit und Effizienz, insbesondere bei gefährlichen Einsätzen wie 'Outburst mining'. Der Beitrag beschreibt die notwendigen Komponenten für die Teleoperation, wie Remote Operator Stations, Kommunikationssysteme und Sicherheitstechnik. Ein besonderer Fokus liegt auf der Anwendung von Teleoperation bei autonomen Fahrzeugen und Bohrgeräten, die durch Künstliche Intelligenz unterstützt werden. Ein beeindruckendes Beispiel ist die interkontinentale Teleoperation zwischen den USA und Österreich durch die Firma LIEBHERR. Der Beitrag hebt auch die Bedeutung der Cybersicherheit hervor, um unbefugte Zugriffe und Missbrauch zu verhindern. Die Teleoperation wird als zukunftsweisende Technologie dargestellt, die die Produktivität und Sicherheit im Bergbau weiter steigern wird, bis Reparaturroboter diese Aufgaben übernehmen können.
Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einleitung

Im Bergbau ist das Bestreben, möglichst wenige Bergleute an exponierten Orten zu haben, seit jeher vorhanden.
Von einem mannlosen Betrieb sind wir aber untertage noch weit entfernt, da für den Ein- und Ausbau von Einrichtungen, Wartung und Reparatur und Behebung von ungeplanten Situationen der Mensch noch unersetzlich ist.
Seit den 1990er-Jahren wird die Möglichkeit der Teleoperation im Untertagebergbau eingesetzt. Dies ermöglicht zeitweise den Betrieb mobiler Montanmaschinen aus der Ferne – bis eben die nächste Wartung oder Reparatur ansteht.
Für stationäre Einrichtungen, wie etwa die Beladung eines Zuges oder die Übergabe an einen Brecher, ist die Aufgabe etwas einfacher, da die Kommunikation auch stationär ist.

2 Teleoperation

Teleoperation bezeichnet die Bedienung (‑operation) einer Anlage oder Maschine aus der Ferne (Tele-). Im Bereich der Mobilität und Logistik geht es bei Teleoperation darum, autonom fahrende Fahrzeuge in komplexen Situationen in Echtzeit aus der Ferne zu steuern.
Damit können die Maschinenfahrer/innen aus einem sicheren und angenehmen Kontrollraum die Maschine in Echtzeit steuern oder überwachen.
Voraussetzung ist die Kommunikation zwischen Bediener und Maschine in Echtzeit (weniger als 1 s Zeitverzögerung in beide Richtungen zusammengezählt).
Für die Teleoperation mobiler Montanmaschinen sind folgende Komponenten erforderlich:
  • Remote Operator Station, ausgerüstet mit audio-visuellen Anzeigen und entsprechenden Bedienkonsolen
  • Schnelles drahtungebundenes bi-direktionales Kommunikationssystem mit hoher Verfügbarkeit und Störungsunempfindlichkeit
  • Sensor- und Aktorik-Ausrüstung auf der mobilen Maschine
  • Sicherheitstechnik (Cyber-Security, Verhalten bei Ausfall von Komponenten, Logbuch der Aktionen usw.)
Zahlreiche Firmen bieten 2025 Teleoperation für ihre mobilen Bergbaumaschinen an [1, 2].

3 Anwendungsfall: Outburst Mining

Unter „Outburst mining“ versteht man den spontanen Auswurf von Gas und Kohle aus der Abbaufront, wobei das Gas sich meistens aus Methan und Kohlendioxid zusammensetzt. Durch die Wucht dieses Ausbruchs besteht für Personal vor Ort Lebensgefahr und technische Einrichtungen werden beschädigt [3, 4].
In Australien wurden daher für gefährdete Betriebe im Kohlenbergbau in den 1990er-Jahren technische Einrichtungen geschaffen, mit denen die Vortriebsmaschinen Alpine Bolter Miner aus einer sicheren Entfernung (rund 200 bis 400 m) von der Abbaufront mit Teleoperation ferngesteuert betrieben werden konnten [5]. Der Autor war damals an dieser Entwicklung beteiligt.
Weltweit wurden ähnliche Einrichtungen im Bedarfsfall zum Einsatz gebracht.

4 Teleoperation im 21. Jahrhundert

Bald darauf wurden auch im Kohlenbergbau die Einrichtungen für den Strebbau (Longwall Systeme) technisch entsprechend ausgerüstet, dass der Strebfahrer in einem Kontrollzentrum das Untertagegewinnungssystem steuern konnte. Aber für die Wartung und Reparatur ist er weiterhin auf Servicepersonal untertage angewiesen.
Mit der Einführung autonom fahrender Transportfahrzeuge kam auch die Teleoperation zum Einsatz. Vom Kontrollzentrum überwacht eine Person meist mehrere autonom fahrende Fahrzeuge und „übernimmt“ im Bedarfsfalle die Steuerung.
Bei Radladern ist das Beladen der Schaufel meist Aufgabe eines Menschen, weil dieser intuitiv diese Arbeit immer noch besser erledigt als die bisherigen Automationslösungen. Künstliche Intelligenz wird auch diese Aufgabe irgendwann übernehmen können.
Falls ein unerwartetes Hindernis in der Fahrbahn liegt, bleibt das autonome Fahrzeug auch stehen und wartet auf die Anweisungen durch den Teleoperator.
Auch bei Bohrgeräten wird Teleoperation erfolgreich eingesetzt und kann damit auch während des Schichtwechsels der Betrieb fortgesetzt werden, was die Produktivität erheblich verbessert.
Im Jahr 2025 gibt es Teleoperationslösungen für die meisten mobilen Bergbaumaschinen. Dies erhöht die Sicherheit und Produktivität.
Für die Wartung und Reparatur müssen aber weiterhin Menschen vor Ort. Bis Reparaturroboter diese Aufgabe, wahrscheinlich auch durch Teleoperation unterstützt, übernehmen können, wird es noch einige Zeit dauern.

5 Beispiel: LIEBHERR interkontinentale Teleoperation zwischen USA und Österreich

Die Firma LIEBHERR hat im September 2024 auf der MINEXPO International 24 in Las Vegas eine Teleoperation zwischen dem Maschinenfahrer auf der Ausstellung und einer Planierraupe in einem österreichischen Steinbruch live vorgeführt (siehe Abb. 1 und 2). Diese Vorführung benötigte eine exzellente und rasche Kommunikation zwischen den USA und Österreich. Dank der Glasfaser-Datenverbindungen ist das heutzutage möglich.
Abb. 1
Vorführung der Firma LIEBHERR auf der MINEXPO 24 in Las Vegas. Auf dem Bildschirm sind der Maschinenfahrer auf der Messe in den USA und die Planierraupe im Betrieb im Steinbruch in Österreich zu sehen (Foto: N. Sifferlinger)
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Abb. 2
Der Maschinenfahrer in Las Vegas bedient live die Planierraupe im Steinbruch in Österreich. Eine Vorführung die exzellente Kommunikation zwischen den USA und Österreich erforderte (Foto: N. Sifferlinger)
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Gerade bei einer Planierraupe, die an den Etagenkanten eines Steinbruches arbeitet, ist die Absturzgefahr immer noch vorhanden. Wenn die Bedienperson mittels Teleoperation nicht an Bord ist, bedeutet daseine weitgehende Verbesserung der Sicherheit.
LIEBHERR dazu: „Das Liebherr Remote Control System eignet sich für alle Planierraupenanwendungen. Es besteht aus dem Liebherr-Teleoperationsstand, einem hochmodernen Bedienerarbeitsplatz mit allen notwendigen Bedienelementen und den Systeminformationen. Zudem gibt es Kameras für verschiedene Blickwinkel und Ansichten, Mikrofone für die Aufnahme von Maschinengeräuschen sowie Funkempfänger und -sender. Das hochauflösende Videosignal für den Hauptmonitor bietet einen vollständigen Überblick über die Baustelle und die Umgebung der Planierraupe. Das optionale aktive Personenerkennungssystem identifiziert Personen und Hindernisse im Arbeitsbereich. Das schützt die Planierraupe vor Schäden und vermeidet Unfälle. Die Teleoperation erlaubt einen schnellen Schichtwechsel zwischen den Fahrern und reduziert Leerlauf- und Ausfallzeiten. Da der Fahrer nicht mehr an die Maschine gebunden ist, ermöglicht das System auch die Erschließung neuer Abbaugebiete im Miningbereich oder den Zugang in Gefahrenzonen. Damit erweitert sich das Einsatzspektrum der Planierraupen.“ [6].

6 Sicherheit der Kommunikation

Für die Teleoperation sind für die Kommunikation zwei Faktoren besonders wichtig:
  • Stabilität der Echtzeit-Kommunikation in allen Belangen (Zeit, Bandbreite)
  • Sicherheit gegen unbefugte Zugriffe (Cyber-Security)
Während der Teleoperation ist es wichtig, Zeitverzögerungen sehr kurz zu halten und falsche Datenerfassung und Datenübertragung zu verhindern. Für den Fall einer Verbindungsunterbrechung ist es notwendig, dass die betroffene Maschine in einen sicheren Betriebszustand übergeht.
Unter Cybersicherheit versteht man Maßnahmen, um Computer, Server, Mobilgeräte, elektronische Systeme, Netzwerke und Daten gegen böswillige Angriffe zu verteidigen. Im Extremfall könnte eine „gekaperte“ mobile Maschine als Waffe eingesetzt werden. Dies gilt es zu verhindern.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Literatur
4.
Zurück zum Zitat Black, D.J.: Control and management of outburst in Australian underground coal mines. In: Aziz, N.I., Kininmonth, R.J. (Hrsg.) Proceedings of the 2018 Coal Operator’s Conference, University of Wollongong Wollongong, 7–8 February 2018 Black, D.J.: Control and management of outburst in Australian underground coal mines. In: Aziz, N.I., Kininmonth, R.J. (Hrsg.) Proceedings of the 2018 Coal Operator’s Conference, University of Wollongong Wollongong, 7–8 February 2018
Metadaten
Titel
Teleoperation von mobilen Bergbaumaschinen
verfasst von
Univ.-Prof. DI. Dr. mont. Nikolaus August Sifferlinger
Publikationsdatum
29.01.2025
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte / Ausgabe 2/2025
Print ISSN: 0005-8912
Elektronische ISSN: 1613-7531
DOI
https://doi.org/10.1007/s00501-025-01554-z

    Marktübersichten

    Die im Laufe eines Jahres in der „adhäsion“ veröffentlichten Marktübersichten helfen Anwendern verschiedenster Branchen, sich einen gezielten Überblick über Lieferantenangebote zu verschaffen.