Im Themengebiet Mittel geht es um (Projekt-)Governance und Anforderungserhebung. Im Zentrum steht die Überzeugung, dass diese beiden Aufgaben Mittel zum Zweck der Zielerreichung sind. Dies regt das Gedankenspiel an, was eine geeignete (Projekt-)Organisation ist und was passende Anforderungen ausmacht. Sie werden dazu an vielen Stellen in diesem Themengebiet Rücksprünge zum vorigen Themengebiet bemerken. Im Abschnitt (Projekt-)Governance geht es nicht nur um die Steuerung des Projekts, sondern auch darum, wie die Organisation nach Projektabschluss mit den Ergebnissen umgehen möchte. Für beides sind geeignete Steuerungsmechanismen, das heißt eine geeeignete Governance vonnöten. Als Spielstrategie orientieren wir uns an der Metapher ready – fire – aim (anlegen – schießen – treffen). Dies bedeutet, dass wir in zwei Schritten an die Anforderungserhebung herangehen: Nach Klärung der Absicht werden Grobanforderungen erhoben, auf deren Basis (messbare) Ziele definiert werden. Erst dann folgt die Erhebung der Detailanforderungen. Die Überlegung dahinter ist, dass Zieldefinition und Anforderungserhebung in der Praxis nicht linear verlaufen.
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Auch wenn diese Begrifflichkeit sehr militärisch und martialisch anmutet, so scheint sie uns doch genau den Punkt zu treffen, um den es hier geht, nämlich die enge Verbindung von Zielbestimmung und konkreter Umsetzung. Schon Swartout und Balzer (1982) haben in ähnlicher Weise unter dem Titel Inevitable Interwining auf den engen Verflechtungszusammenhang von Anforderungsklärung und Implementierung hingewiesen. Fischer und Ostwald (2002) thematisieren den Zusammenhang im Kontext der partizipativen Softwareentwicklung unter der Begrifflichkeit von Seed – Evolutionary Growth – Reseed. Im Kontext der agilen Startup-Bewegung hat Ries (2017) diese Vorgehensweise unter dem Motto Build – Measure – Learn aufgegriffen. Und nicht zuletzt ist diese zirkuläre Grundfigur auch schon in dem auf Weick (2011) zurückgehenden Grundmotto unseres gesamten Projektspiels angelegt: „Wie kann ich wissen, was ich sagen will, bevor ich höre, was ich sage!“
Für die IT-Governance gibt es vielfältige konkrete Standards wie beispielsweise die ISO-Normenfamilien 38500 und 27000, COBIT, TOGAF, ITIL und die damit eng verwandte ISO-Normenfamilie 20000 und CMMI.
Die hier dargelegten Schlüsselthemen bzw. Fragestellungen sind nicht abschließend, sondern vermitteln lediglich das Grundkonzept. Die Unterteilung kann in Ihren Projekten auch anders erfolgen.
Wir kontrastieren hier vereinfachend die Fach-Seite und die IT-Seite, weil die Überbrückung dieser beiden Sprach-, Ausdrucks-, Denk- und Erfahrungswelten nach unseren Erfahrungen eine der Haupthürden für eine erfolgreiche Anforderungserhebung ist.
Mit den Grobanforderungen (als Ziel-Wissen) erfolgt im Projektspiel ein Rücksprung in das Themengebiet Zweck, um (SMARTe) Ziele zu definieren. Danach kehrt man zur Anforderungserhebung zurück, um mit den Detailanforderungen weiterzufahren. In konkreten Projektsituationen werden Sie diese Vor- und Rücksprünge sogar wiederholt durchführen müssen.
Vgl. zu diesem in der Literatur auch als Denkfallen oder angeborene Lehrmeister bezeichneten Phänomen menschlicher Informationsverarbeitung beispielsweise näher (Grams 2016).
Vgl. aus der Vielzahl der Ansätze zum IT-Business-Alignment z. B. Aier und Winter (2009), Coleman und Papp (2006) und Henderson und Venkatraman (1999).
Schon alleine eine solche kritische Haltung gegenüber Experten kann helfen, den Dr.-Fox-Effekt zu vermeiden, vgl. hierzu näher z. B. (Pe’er und Babad 2012).