Nachfolgend werden die zentralen Annahmen eines systemtheoretischen, allgemeinen Organisationsbegriffs dargelegt. Dabei soll gezeigt werden, dass die theoretische Unterscheidung von formalen und informalen Verhaltenserwartungen als Teilstrukturen desselben Sozialsystems erlaubt, bei der historisch-empirischen Untersuchung des RKG, nicht nur nach den Funktionen einer formalen Strukturtypik zu fragen. Vielmehr geraten darüber hinaus auch die latenten (dysfunktionalen) Folgeprobleme einer Formalstruktur in den Blick, wie beispielsweise interne Widersprüche und Rollenkonflikte. Mit den Folgeproblemen der Formalstruktur sind wiederum Fragen danach möglich, welche informalen (brauchbaren wie ‚illegalen‘) Beiträge sich zur Stabilisierung formaler Erwartungen entwickeln.
Durch die systeminterne Differenzierung von Teilsystemen, die jeweils voraussetzen und ausnutzen, dass in anderen Teilsystemen vorher, gleichzeitig oder nachher komplementäre oder konfligierende Leistungen erbracht werden, ergibt sich die vermutlich wichtigste Errungenschaft organisierter Sozialsysteme. Diese besteht darin, dass Organisationen im Gegensatz zu einfachen Interaktionen eine dauerhafte Kooperation mit Nichtanwesenden und Unbekannten ermöglichen.
Organisationen sind als eigener Systemtyp dadurch charakterisiert, dass sie ihre Grenzen durch die Übernahme einer Mitgliedsrolle definieren. Die Mitgliedschaft ergibt sich dabei nicht aus der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht; sie ist kein gesellschaftlich erworbener Status (vgl. Luhmann 1997, 829). Vielmehr bezeichnet Mitgliedschaft eine temporäre Rolle, das heißt ein Bündel von Fremd- und Selbsterwartungen, an denen soziale Kommunikationen ausgerichtet sind. Sie betrifft damit nicht mehr – und dies ist historisch relevant – die ganze Person, sondern bestimmte Verhaltensausschnitte. Diese Partialinklusion basiert auf der Differenzierung von Person und Rolle einerseits und der Trennung von eigenen anderen Rollen andererseits. Als Beispiel: „Väter, Erstgeborene und Mittelstürmer haben in der Organisation keine besonderen Rechte“ (Luhmann 1999a, 65).
Der zentrale Mechanismus des Mitgliedschaftsprinzips besteht konkret darin, persönliche Motive mit personenunabhängigen Erwartungen in Übereinstimmung zu bringen. Die Mitgliedschaftserwartungen spiegeln dabei diejenigen Strukturanteile in Organisationen wider, denen nicht erkennbar widersprochen werden kann, ohne dass die Mitgliedschaft selbst riskiert wird. Solange die Mitgliedschaft attraktiver ist als die Nichtmitgliedschaft, erhält sie Erwartungssicherheit unabhängig von der inneren Zustimmung.
4 Man zeigt „Konformismus im offenen Handeln und persönliche Distanz zum eigenen Verhalten, künstliche Indifferenz und Freundlichkeit, Maskierung der eigentlichen Meinung zur Schonung fortlaufender Kontakte, Verzicht auf das, was einem das liebste wäre, zugunsten akzeptabler Lösungen, und dies alles um so ausgeprägter, je vorteilhafter die Mitgliedschaft im allgemeinen ist“ (Luhmann 1999a, 95).
Die Motivation zur Mitgliedschaft beruht damit auf ihrer generalisierten „Kapitalisierung“ (Luhmann 1999a, 94 f.). Mithilfe der Autoritätsunterwerfung gegen Geld wird es möglich, bestimmte Verhaltensweisen trotz persönlich abweichender Motive relativ dauerhaft zu reproduzieren. Während einfache Erwartungen aufgegeben oder geändert werden, wenn das Erwartete nicht eintritt, wird an einer generalisierten Verhaltenserwartung auch bei enttäuschten Erwartungen festgehalten. Das erkaufte Bekenntnis zu den formalen Erwartungen einer Organisation, denen man sich mit der Entscheidung zur Mitgliedschaft verpflichtet hat, wirkt in dieser Weise systembildend (vgl. Luhmann 1975a, 13; 1999a, 42, 68 f., 89 f.): „Die Soldaten marschieren, die Schreiber protokollieren, die Minister regieren – ob es ihnen in der Situation nun gefällt oder nicht“ (Luhmann 1975a, 12).
Der Freiwilligkeit einer Mitgliedschaft sind unter den Bedingungen von Geldwirtschaft mithin relativ hohe Grenzen gesetzt – wenn diese bei prekären wohlfahrtsstaatlichen Ausprägungen nicht gar zur bloßen Fiktion wird. Historisch gelesen stellt die Mitgliedsrolle damit eine Tarnbezeichnung für das Arbeitsvertragsverhältnis dar.
5 Ihre kollektive Bindungswirkung gewinnen formale Erwartungen mit anderen Worten aus einer generalisierten (situationsübergreifenden) Selbstverpflichtung, nach der sich das Verhalten innerhalb der Mitgliedsrolle selektiv gegenüber alternativen Erwartungen abhebt (vgl. Luhmann 1972a, 40; 1972c, 257, siehe auch 1999a, 69 ff.).
Mit dem Systembildungsprinzip einer erwartungsbasierten Mitgliedsrolle sind zwei Formen der Mobilisierung von Entscheidungen verbunden. Diese für Organisationen spezifische Doppelkontingenz betrifft (a) die Entscheidung über die Mitgliedschaft und (b) Entscheidungen über die formalen Strukturmerkmale innerhalb der Mitgliedsrolle – der sogenannten Entscheidungsprämissen.
(a) Dadurch, dass die Übernahme einer Mitgliedsrolle an die Erfüllung bestimmter generalisierter Erwartungen geknüpft wird, kann der Ein- und Austritt als Entscheidung
6 unterstellt werden. Für Dritte bindende Entscheidungszumutungen gibt es zwar auch in Familien oder Freundschaftsgruppen. Diese finden gleichwohl unter anderen Bedingungen statt. In Organisationen konstituieren sich Entscheidungen wechselseitig in einem Verweisungshorizont anderer Entscheidungen, sodass mehr Verhaltensweisen als Entscheidung zugerechnet werden, als es einem elementaren Interaktionsverlauf entsprechen würde. Entscheidungen treten in Organisationen insbesondere dadurch hervor, dass sie an sachlogischen Gesichtspunkten bzw. Funktionsbezügen orientiert sind (vgl. Luhmann 1999, 20 ff., 54 ff.; 177; 1978a, 18 ff.; siehe auch Nassehi 2005, 187).
Das erwähnte Verständnis über die Disponierbarkeit einer Mitgliedsrolle ist für die historisch-empirische Fundierung einer organisierten Rechtsprechung am RKG zentral: Man kann Mitglied sein oder nicht, eintreten und austreten. Aber wenn man sich für eine Mitgliedschaft entscheidet, wird das Verhalten als Mitglied an bestimmte Bedingungen in Form rollenspezifischer Erwartungen geknüpft. Die Verhaltenserwartungen, die in einer Organisation gelten, werden mit anderen Worten benutzt, um die Bedingungen für den Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft zu markieren. Aufgrund ihrer Expliziertheit lässt sich das Bekenntnis für eine Mitgliedschaft etwa anhand von Eiden und Verträgen beobachten. Sie müssen aber nicht ausschließlich schriftlich fixiert sein, sondern können ebenso mündlich stabilisiert werden (vgl. Luhmann 1999a, 137 ff.).
(b) Außerdem sind die organisatorischen Entscheidungen über die Ausprägung eben jener Mitgliedsrolle kontingent. In der (unterstellbaren) Entscheidbarkeit über die Mitgliedschaft und den jeweiligen Organisationsstrukturen zeigt sich die Variabilität, nach der sich Organisationen einerseits von anderen Organisationen unterscheiden und andererseits auch historisch von gesellschaftlichen Formen der Ordnungsbildung abgrenzen. Bedeutend ist, dass mit der oben genannten Pauschalunterwerfung unter eine Systemautorität zugleich die Bereitschaft erkauft wird, auch bei umgedeuteten oder geänderten Organisationszwecken Mitglied zu bleiben. Die entscheidende Voraussetzung für strukturelle Anpassungen ist, dass ihre Mitglieder mit dem Eintritt gewisse Variationen der Formalstruktur bereits akzeptiert haben. Der Mitgliedschaftsvertrag kommt damit einer Art Blankoscheck gleich. Mit der Unterschrift oder dem Eid erklären Mitglieder, sich innerhalb einer gewissen „Indifferenzzone“ gegenüber bislang noch unspezifischen Fremderwartungen „indifferent“ zu verhalten (vgl. Barnard 1938, 167 ff.). Organisationen können auf diese Weise auch mit der Folgebereitschaft bei neu entschiedenen, veränderten Strukturen (Zwecken, Programmen und Kommunikationswegen) seitens wechselnder Mitglieder rechnen (vgl. Luhmann 1999a, 39 ff., 99 ff., 137 ff.; 2006, 17, 114).
Mit der Anpassung der formalen Strukturen einer Organisation sind sogenannte Entscheidungsprämissen benannt, d. h. solche Entscheidungen, deren Resultate unhinterfragt als Prämisse für eine Vielzahl weiterer Entscheidungen dienen – sei es qua Erinnerung oder qua Antizipation. Wie oben ausgeführt, geben Strukturen einen Rahmen zur Auswahl der im System möglichen Kommunikationsanschlüsse an. Sie bezeichnen mit anderen Worten situationsübergreifende Vorgaben und Voraussetzungen für Verhaltensanschlüsse, ohne diese zu determinieren. Zwar kann jede Einzelentscheidung auch durch ihren rekursiven Vollzug auf bestimmte Themen einen Strukturwert gewinnen und Pfadabhängigkeiten entwickeln. Im Vergleich dazu werden formale Strukturentscheidungen in Organisationen jedoch explizit markiert. Sie unterliegen höheren Anforderungen an sachliche Widerspruchsfreiheit und Konsistenz. In dieser Disposition über die Formalstruktur liegt mithin die Entscheidungsautonomie von Organisationen.
7 Orte oder Anlässe autonomen Entscheidens über Formalisierungskompetenzen und ihre Verteilung sind insbesondere Gremien, Sitzungen, Versammlungen oder Konferenzen. Strukturentscheidungen in Organisationen schließen dabei Nebenfolgen jenseits des Entscheidens über die Folgen nicht aus (vgl. Luhmann 1971, 188 ff.; 2006, 222 ff.).
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Die durch Entscheidung änderbaren Strukturanteile in Organisationen lassen sich anhand von drei Typen von Entscheidungsprämissen unterscheiden: In sozialer Hinsicht kann erstens das Personal einer Organisation als Entscheidungsprämisse verstanden werden. Mit Personal sind die „Persönlichkeitsmerkmale“ und damit die biografisch durch Sozialisation und Ausbildung bedingten kognitiven Fähigkeiten einer Person gemeint; „sie können nicht weiter dekomponiert werden“ (Luhmann 2006, 287). Man kann zwar Fähigkeiten, Präferenzen, Umweltkontakte, Alter, Geschlecht, Kooperationswilligkeit, Arbeitstempo usw. als Erwartungsbündel bestimmter Personen unterscheiden. Aber diese Erwartungen sind an eine Person kompakt gebunden und lassen sich kaum isoliert voneinander verändern (vgl. Luhmann 1971, 195–210, 2006, 287 ff.).
Zweitens strukturiert jede Organisation in sachlicher Hinsicht einen Teil von Entscheidungen nach einer gewissen Programmatik bzw. Regelhaftigkeit. Mit derartigen Programmen werden die „Bedingungen der Richtigkeit“ (Luhmann 1984, 278) des Entscheidungsverhaltens in Organisationen bezeichnet. Sie spezifizieren ein Verhalten, das von mehr als einer Person routinemäßig geregelt werden soll. Mit der Festsetzung bestimmter Regeln werden somit entpersonalisierte bzw. „abgeleitete nichthierarchische Autoritäten (Luhmann 1971, 70, Herv. i.O., siehe auch 113 ff.; 1966b, 36 ff., 52 ff.) verteilt, die von direkten Weisungen und Motivationsproblemen in der Interaktion entlastet sind (siehe auch March/Simon 1958, 164 ff.; Feldman/March 1981).
Luhmann unterscheidet dabei zwei Programmtypen: In Form von „Konditionalprogrammen“ können vorab definierte Informationen als Anlässe und Auslöser für ein bestimmtes Verhalten in einem Wenn-dann-Schema fixiert werden. Durch die Einschreibung von Verhaltenserwartungen in konditional programmierte Regeln kann potenziell „jede Information autoritätsfähig gemacht werden“ (Luhmann 1999a, 99). Dagegen definieren „Zweckprogramme
“ Ziele, zu deren Erreichung bestimmte Mittel innerhalb der jeweiligen Mitgliedschaftsgrenzen zu wählen sind. Zwar ist die Mittelwahl flexibel und offen, aber Zwecke müssen – das unterscheidet sie von abstrakten Werten (siehe Abschn.
3.3.3) – mit einem klaren Zeitindex ausgestattet sein, um operativ handlungsanleitend zu sein (vgl. Tacke/Drepper 2018, 64).
Im Vergleich der zwei Programmtypen lässt sich erkennen, dass Konditionalprogramme der Tendenz nach eindeutiger formuliert sind. Die durch sie geregelten Entscheidungen erscheinen entweder als richtig oder falsch. Die Grenzen einer solchen Programmierfreiheit bestehen lediglich in der Unterwerfungsbereitschaft der Mitglieder. Die Programmebene verliert dagegen an Relevanz für die Strukturierung von Verhaltenserwartungen, wenn diese keine Richtigkeitsfeststellungen erlauben – etwa, wenn nicht die ‚richtigen‘ Werte oder eine ‚richtige‘ Verknüpfung von Auslöse- und Folgebedingungen identifiziert werden kann (vgl. Luhmann 1971, 188 f.; 1972a, 227 ff.).
Neben Personal und Programmen unterscheidet Luhmann in zeitlicher Hinsicht „hierarchische Kommunikationswege“ als eine dritte Art von Entscheidungsprämissen. Angesprochen sind damit kommunikative Schwellen, d. h. „Einschränkungen der Möglichkeiten eines jeden, mit jedem jederzeit über alles zu reden (…)“ (Luhmann 1972c, 279). Diese Begrenzungen zeigen sich empirisch beispielsweise in Form von Dienstwegen, Berichtspflichten oder Kompetenzverteilungen (vgl. Luhmann 1971, 181 ff.; 1972c, 278 ff.).
Als Struktur eines Sozialsystems erfüllen formale Hierarchien dabei eine doppelte Funktion: Erstens ist Hierarchie ein Prinzip der internen Subsystembildung, das angibt, welche Mitgliedsrollen als Adressen von Strukturentscheidungen dienen. Die interne Ausbildung von Zuständigkeiten und Abteilungen bedingt, dass die Entscheidungsprämissen in den Abläufen, die sie strukturieren, nicht zugleich abgeändert werden können, sondern erst zu anderer Zeit und durch andere Stellen. Die Trennung von Einzelentscheidungen und formalen Strukturentscheidungen trägt dabei zu einer Entlastung von Aufmerksamkeit, von Erlebnisverarbeitungen und Verantwortlichkeiten bei. Mitarbeiter in ausführenden Funktionen brauchen nur noch zu prüfen, ob ihre Entscheidungen mit den formalen Vorgaben der Organisation übereinstimmen. Sie sind dabei von der Verantwortung befreit, zugleich die Folgen mitzukontrollieren und zu prüfen, warum bestimmte Regeln festgelegt wurden und welche Gründe gegen sie sprechen bzw. welche Alternativen opportuner erscheinen. Demgegenüber können Führungspositionen ihre Aufmerksamkeit auf die Anpassung von Organisationsstrukturen lenken und zugleich davon ausgehen, dass Entscheidungen entsprechend der formalen Vorgaben getroffen werden (vgl. Luhmann 2006, 316 ff.; 1972a; 231 ff.).
Zweitens dienen Hierarchien der Strukturierung von Kommunikationswegen nach außen, in der sich die oben genannte Zweckorientierung einer Organisation widerspiegelt. Spitzenpositionen sind dabei als (Grenz-)Stellen der „Systemvertretung“ (Luhmann 1999a, 221) verpflichtet. Sie erleichtern dadurch die Attribution von Entscheidungen auf Entscheider. Hierarchie bündelt in diesem Sinne Macht und Verantwortlichkeit an bestimmten Stellen – insbesondere für rechtliche Kommunikation. Die vertikale Differenzierung in Hierarchien garantiert dabei eine formale Entscheidbarkeit von Konflikten. Damit verbunden geben Hierarchien auch die Möglichkeit für Aufstiege an. Werden formale Hierarchien abgebaut, sind Karrierechancen eingeschränkt und es werden Konflikte um informale Ränge wahrscheinlicher (vgl. Luhmann 2014, 12 f.; 1997, 834 f.; 1999a, 82 ff.; Zuckerman 2010, 291 ff.).
Empirisch bedeutsam ist in dieser Hinsicht, dass sich in den verschiedenen Hierarchieebenen höchst unterschiedliche Erwartungen über die Organisation ausbilden können. Während beispielsweise der Vertrieb eine hohe Qualität und Absatzzahlen verfolgt, obliegt es der Rechtsabteilung, die verschiedenen Vertragsregelungen zu kontrollieren. Die Widersprüchlichkeit der einzelnen lokalen Rationalitäten lässt sich allerdings nur schwer nach außen präsentieren (vgl. Cyert/March 1963; Tacke 2001d). An die Stelle mehrdeutiger Organisationsbeschreibungen tritt eine kompakte Außendarstellung
9 in Form idealisierter Selbstbeschreibungen, mit der eine Einheit der Organisation suggeriert wird. Sobald die sachliche und personale Trennung von Zuständigkeiten und Kompetenzen jedoch genauerer Betrachtung unterliegt, zerfällt das Bild in ein Mosaik – in einen „hydra-headed organism, with each mouth telling a different story about its past or future actions“ (Zuckerman 2010, 301; siehe auch Coleman 1974, 14 ff.). Die Organisation erscheint dann nach außen als ein Akteur mit gespaltener Persönlichkeit.
10 Forschungspraktisch herausfordernd ist diese Einheitsfiktion, weil es einen Unterschied macht, ob man z. B. eine Aussage der konkreten Person, einer bestimmten Stelle oder der Organisation als Ganzer zurechnet (vgl. Luhmann 1999a, 108 ff.; 1972a, 62 f.; 1972b, 51 f.; Kette 2011, 4 ff.; Schwarting 2015, 8ff.).
Zugleich wird an den unterschiedlichen Verteilungen der Entscheidungsprämissen auch sichtbar, dass nicht alle formalen Vorgaben für alle Stelleninhaber die gleiche Relevanz haben. Je nach Umweltlage kann das Gewicht auf die einen oder die anderen Strukturvorgaben verlagert werden, ohne dass bei der Kombination der Entscheidungsprämissen ein Typ ganz entbehrt werden könnte. Denn in ihrer Strukturierungsfunktion sind die verschiedenen Entscheidungsprämissen nur begrenzt miteinander austauschbar: Wenn eine Aufgabe, wie beispielsweise die Entwicklung einer neuen Technologie oder die Erschließung neuer Kunden, nicht im Einzelnen genauer programmiert werden kann, steigen die Unsicherheiten und Entscheidungslasten für das Personal. Wenn ein Mitglied umgekehrt nicht über alle erforderlichen Fähigkeiten für die Ausführung einer bestimmten (neuen) Aufgabe verfügt, kann es versetzt, die hierarchische Aufsicht verstärkt oder die formale Aufgabenprogrammatik kleinteiliger formuliert werden. Es sind beispielsweise Organisationen denkbar, die so eindeutig programmiert sind, dass es keinen Unterschied macht, welches Personal die Programme ausführt und ob die hierarchischen Kommunikationswege offenbleiben. Es gibt umgekehrt Organisationen, die nur schwer eindeutig programmierbar sind, sodass Personalentscheidungen als Ausgleich möglich erscheinen (vgl. Luhmann 1971, 188 ff.; 1972c, 278 f.; 1999a, 54 ff., 141 ff.; 2006, 226 ff.). Dies ist beispielsweise in (semi-)professionellen Organisationen wahrscheinlich (Etzioni 1969; Hall 1968; siehe auch Klatetzi 2005, 2012; Klatetzki/Tacke 2005), in denen die Face-to-Face-Interaktion eine besondere Rolle spielt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich ein organisiertes Sozialsystem formal differenziert, wenn über die drei genannten Strukturrichtungen verbindlich disponiert wurde. Während Programme als Richtigkeitsregeln des Entscheidens verstanden werden können und Kommunikationswege formale Entscheidungskompetenzen verteilen, verweist das Personal auf die nicht weiter dekomponierbaren Entscheidungsleistungen in einer Organisation. Die Mitgliedsrolle lässt sich damit als eine Stelle (Position) begreifen, in der sich Aufgaben bzw. Regeln kombinieren lassen – und dies je nach den Anforderungen an die Fähigkeiten und Leistungen von Personen und Kommunikationswegen.
11 Diese drei im Stellenprinzip verknüpften Prämissen markieren genau die Strukturanteile in Organisationen, die potenziell zu bestimmten Anlässen durch Entscheidung variabel sind, aber im Organisationsalltag als invariant gelten (vgl. Luhmann 1971, 224 f.; 1999a, 141 ff.; 2006, 226 ff.). Die mit Strukturanpassungen verbundenen Selbstthematisierungen in Organisationen sind dabei keine Zweckprobleme, die durch die richtigen Mittel beseitigt werden könnten. Vielmehr umfassen sie Identitätsfragen, die ein Spiegel der systemrelativen Relationierung von Strukturen sind, mit der Organisationen versuchen, ihre Umwelt intern abzubilden (vgl. Luhmann 1975b, 89 ff.).
Die Festigkeit der Formalstruktur beruht dabei weder auf der inneren Anerkennung seitens der Mitglieder noch auf einer vollständigen Konsistenz. Sie basiert darauf, dass eine Grenze institutionalisiert ist, bis zu der Konflikte faktisch toleriert und Mitglieder ausgetauscht werden können. Die Austauschbarkeit von Verhaltenserwartungen zeigt zudem, dass in Organisationen die als Mitgliedschaftsbedingung relevanten Verhaltenserwartungen nicht mehr die ganze Person betreffen. Die Geltung formaler Verhaltenserwartungen in einer konkreten Situation ist empirisch jedoch keine Selbstverständlichkeit und bedarf insbesondere im Konfliktfall des Verweises auf eben jene formale Erwartungsordnung. Die Dominanz der formalen Ordnung wirkt deshalb qua Formalitätsvorbehalt. Welche Erwartungen im System normative Kraft gewinnen, ist dabei immer auch eine Machtfrage: „Man kann die Bedeutung der formalisierten Erwartungen daher nicht an der Häufigkeit ihres sichtbaren Gebrauchs, nicht an der Zahl der entsprechenden Interaktionen ablesen“ (Luhmann 1999a, 275 f.). Im Allgemeinen genügt jedoch die Unterstellung, dass die formale Struktur eindeutig geltend ist, sie muss – ja darf sogar – für die Selbstbindung im Rahmen der Mitgliedschaft gleichwohl nicht ständig Thema sein (vgl. Luhmann 1999a, 45 ff., 239 ff., 305; 1984, 426 ff.).
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Eine Stärke der systemtheoretischen Organisationsperspektive zeigt sich zudem darin, dass sie auch informale Verhaltenserwartungen systematisch in den Blick zu nehmen erlaubt. Die formalisierten Erwartungen und Entscheidungen nehmen in Organisationen zwar eine herausgehobene Stellung ein. Das Verhalten innerhalb der Mitgliedsrolle erschöpft sich indes nicht in der Anerkennung formaler Erwartungen. Die Grenzen einer formalen Ordnung vergegenwärtigen sich insbesondere darin, dass es zu ihrer Erhaltung einer Fülle von Verhaltensleistungen bedarf, die nicht als formale Erwartungen formuliert werden können, weil sie beispielsweise weder auf einen sachlichen Bezug spezialisiert sind noch als exklusive Aufgabe zugeteilt werden können. Dazu gehört auch, dass sich das Verhalten der Organisationsmitglieder weder vollständig im Detail noch im Voraus spezifizieren lässt. Formalisierte Erwartungen bezeichnen deswegen, wie oben erwähnt, immer nur Tendenzerwartungen. Sie können noch so präzise und ausführlich fixiert werden, ihre faktische Ausgestaltung im Handeln ist nicht ohne gewisse Spielräume möglich. Letzlich würde sich eine Organisation, in der die Mitglieder lediglich nach Vorschrift handeln, nicht ausreichend auf widersprüchliche Anforderungen einer sich verändernden Umwelt einstellen können (siehe auch Eisenhardt 1989). Jede Organisation führt zum Ausgleich formal-rigider Verhaltensweisen damit zwangsläufig auch einen Bedarf an informalen Strukturbildungen mit sich, die mit der formal entschiedenen Ordnung brechen können, von dieser jedoch nicht gänzlich unabhängig sind (vgl. Luhmann 1999a, 28, 295 ff.).
Relevant ist dabei, dass informale personenbezogene Verhaltensformen nur in Kombination mit der formalen Mitgliedsrolle übernommen werden können. Ihre Ausbildung leitet sich von den erlebten Erfahrungen, Widersprüchen und Enttäuschungen innerhalb der Mitgliedsrolle ab (vgl. Luhmann 1999a, 221 ff., 331 ff.). Informale Verhaltensweisen zeigen sich beispielsweise in den partikularistischen Normen des Dankes, der Kollegialität, des Leistungstausches oder der höflich-taktvollen Beachtung von Prestige, aber auch in Form von Mobbing (vgl. Luhmann 1999a, 30, 283 ff.). Sie können aus pragmatischen Zwecksetzungen resultieren, aber auch aus der Eigendynamik von „Routinen“ (Feldman/Pentland 2003) entstehen. „So handelt informal, wer sich am Austausch von Neuigkeiten beteiligt und so dazu beiträgt, daß alle Beteiligten sicher sind zu wissen, was um sie herum vorgeht“ (Luhmann 1999a, 49). Informal ist auch der Status, den ein Mitglied erlangt, wenn es als Ratgeber, Vermittler oder Helfer Achtung gewinnt bzw. verliert, z. B. wenn in Verhandlungen gegenüber dem Vorgesetzten Entscheidungen zugunsten der Mitarbeiter erwirkt werden. Informale Rollenerwartungen werden ebenso bei der Nutzung „kurzer Dienstwege“ deutlich oder wenn Mitglieder ihre persönlichen Einstellungen über Entscheidungen teilen, die sie in formalen Situationen nicht ausdrücken können.
Wie oben erläutert, beruhen Organisationen nach außen wie intern auf dem Prinzip der Rollentrennung (vgl. Luhmann 1999a, 46, 64). Im Unterschied zu formalen Erwartungen werden informale Erwartungen also nicht direkt an die Mitgliedsrolle, sondern an konkrete Personen adressiert. Sie sind damit oberhalb der Erwartungsbildung von Personen angesiedelt. Dadurch wird ebenso verständlich, dass sich informale Strukturen auf der Ebene personaler Kontakte nicht vollständig formalisieren bzw. kontrollieren lassen (vgl. Tacke 2015a, 74). So kann bereits das bloße Zitieren von Vorschriften und die Forderung ihrer Befolgung zum Problem werden, wenn dabei Persönlichkeitsbedürfnisse missachtet werden. Wird dagegen eine Situation von vornherein als informal definiert, hat das den Vorteil, dass „in einem losen Jargon über Formalien gesprochen werden kann, und daß trotzdem das Vertrauen erhalten bleibt, daß alle Beteiligten sich in formalen Situationen korrekt verhalten werden“ (Luhmann 1999a, 49). So können die Mitglieder während der formalen Aufgabenerledigung thematisch in der Interaktion davon abweichen (z. B. über die Erlebnisse nach dem gestrigen Feierabend kommunizieren), ohne dass durch solche Seitenthemen die Grenzen der formalen Teilstruktur der Organisation verändert werden.
Als Bestandteil der Mitgliedsrolle müssen auch informale Rollen ins Verhältnis zur formalen Mitgliedschaft gebracht werden. Dadurch, dass Eintritt und Austrittsentscheidungen „einen einmaligen Akt hoher Bewußtheit“ (Luhmann 1999a, 40) darstellen, lernen Mitglieder, die dienstlichen Situationen und Verhaltenserwartungen von anderen eigenen Rollen zu trennen. Dazu stehen andere Möglichkeiten zur Verfügung als bei formalen Rollen. Weil informale Erwartungen personenbezogen sind, können sie anders als formale Rollenerwartungen ohne Konsequenzen für die Mitgliedschaft abgelehnt werden. Da informales Verhalten auch mit formalen Vorgaben (einschließlich rechtlicher Bindungen) konfligieren kann, eignet sich ihre Thematisierung allerdings nur eingeschränkt gegenüber Dritten. Ihre Kenntnis kann sich lediglich auf eine arkane Verbreitung stützen, sodass Abweichungen auch nur durch informales Verhalten sanktioniert werden können. Informale Praktiken sind dabei nicht qua formaler expliziter Entscheidung änderbar, sondern wandeln sich vielmehr fließend, latent und langsam (vgl. Luhmann 1999a, 30, 48).
Aufrechterhalten wird die Gültigkeit der formalen Ordnung bei informalen Verhaltensabweichungen beispielsweise durch Praktiken des Schützens und Verbergens. Informale Verhaltenserwartungen laufen hier weniger auf widerspruchsfreie Übereinstimmung als auf geordnete Wechsel zwischen formalen Situationen und Rollen hinaus – beispielsweise durch das Einrichten von Kommunikationsschranken. Die Techniken der Harmonisierung und Isolierung von formalen und informalen Erwartungen sind umso ausgeprägter, je detaillierter die formalen Vorschriften werden – wie beispielsweise in Großorganisationen beim Verkehr außerhalb des engsten Mitarbeiterkreises (vgl. Luhmann 1999a, 42, 48 f.).
Am deutlichsten herausgefordert sind bei der Aushandlung formaler und informaler Situationsdefinitionen die Stellen an den Randbezirken von Organisationen – sei es an den Außengrenzen oder im Rahmen der internen Differenzierung in Abteilungen. Besonders strapaziert werden die damit angesprochenen „Grenzstellen“ (Luhmann 1999a, 220 ff.; siehe auch Aldrich/Herker 1977, 217–230; Tacke 1997, 21 ff.) deshalb, weil sie aufgrund ihrer exponierten Zwischenposition divergierenden gesellschaftlichen Erwartungen ausgesetzt sind. Bezeichnet sind damit Personalstellen, die über standardisierte Medien (z. B. an der Tür, am Telefon, Computer, Schalter) für die Organisation mit speziellen Umwelten in Kontakt stehen. Zu ihrer formalen Rolle gehört es einerseits, die Organisation einheitlich nach außen zu repräsentieren. Durch diese idealisierte „Darstellung des Systems für Nichtmitglieder“ halten sie den „Frieden an den Grenzen“ (Luhmann 1999a, 223) aufrecht und wehren andererseits überzogene organisationsfremde Ansprüche von „Störern“ und „Querulanten“ ab. Sofern sie aus den Ansprüchen der verschiedenen Umweltkontakte brauchbare Möglichkeiten für formale Strukturveränderungen ableiten, dienen sie nach innen dabei als „Antennen zur Warnung des Systems“ (Luhmann 1999a, 224).
Die Ausbildung von Grenzstellen ist insgesamt Ausdruck dafür, dass es beim Unterlaufen formaler Erwartungen zugunsten personenbezogener Ansprüche zur Unvermeidbarkeit „brauchbarer Illegalität“ (Luhmann 1999a, 304 ff.) kommt. Bei dieser besonderen Form informalen Verhaltens werden Strukturprobleme im Sinne der formalen Erwartungsordnung bearbeitet; die Mittel dazu konfligieren allerdings mit den offiziellen Möglichkeiten. Benannt sind damit beispielsweise Situationen, in denen offizielle Vereinbarungen missachtet, Absprachen mit dem Vorgesetzten umgangen oder Konflikte mit Kollegen ausgesessen werden. Sofern mit bestimmten Leistungen – wie Geld, Stellen oder Gelegenheiten – dabei weniger organisatorische Systemprobleme adressiert werden als Vorteile für eine bestimmte Person oder Gruppe verbunden sind, lassen sich die informalen Verhaltensweisen aus Perspektive der Organisation als dysfunktional bzw. unbrauchbar identifizieren.
In der Regel achten Organisationen darauf, dass sie in ihren formalen Abläufen geltendes Recht einhalten – nicht zuletzt deshalb, damit sich ihre Mitglieder nicht steuer- oder arbeitsrechtlich strafbar machen. Durch die Festlegung auf eine bestimmte Rechtsform mit entsprechenden Informations- und Haftungspflichten sind die formalen Verhaltensspielräume weitgehend abgesteckt. Die Frage, inwiefern informale Erwartungen mit der Formalstruktur im Widerspruch stehen, ist empirisch nicht eindeutig zu entscheiden, und dies nicht zuletzt, weil es neben eng programmierten Regeln mit klaren Kriterien und Verantwortlichkeiten auch abstrakte Anweisungen gibt, die relativ frei interpretierbar sind (siehe auch Weick 1995b). Gerade bei der Ausrichtung an neuen Zwecken – z. B. bei der Suche nach kostensparenderen Absatzwegen oder einer nachhaltigeren Produktentwicklung – ist zu vermuten, dass Mitglieder „Strecken problematischer Legalität durchwandern“ (Luhmann 1999a, 304). Beim Aufdecken illegalen Verhaltens haftet in der Regel die Person und nicht das Mitglied bzw. die Organisation. Je nach öffentlichem Druck, rechtlichem Ausmaß und Ressourcen wird Personal entlassen bzw. neu eingestellt, das Qualitätsmanagement und die Kontrollaufsicht verstärkt oder es werden die Aufgaben spezifiziert – insbesondere die Regeln zur Regelbeachtung –, die seitens der Mitglieder informal wiederum eine Art „resistance through compliance“ (Ybema/Hovers 2017) befördern können.
Zusammengefasst liegt der theoretische Ertrag von Luhmanns funktional-struktureller Organisationstheorie darin, dass „sie den Ansatzpunkt für eine soziologische Untersuchung bietet, die auch latente Rollen, Funktionen und Sinnbezüge, also das, was nicht thematisch bewußt vor Augen steht, in ihr Interesse einbezieht“ (Luhmann 1999a, 28). Der Blick auf Organisationen und ihre Strukturen wird dabei um ein Verständnis von Informalität ergänzt, die nicht einfach als unbrauchbar oder als pathologische Abweichung von einer Formalstruktur begriffen wird. Zentral ist dabei, dass die Formalstruktur durch dieses Abweichungsverhalten nicht ihre Geltung verliert. Selbst wenn informalen Verhaltenserwartungen in einer Situation der Vorzug gegeben wird, läuft der Rückzug auf die Formalstruktur vielmehr als potenzielle Möglichkeit bzw. „Negativorientierung“ (Luhmann 1999a, 43) mit. Aber erst auf der Ebene des unmittelbaren Kontakts entscheidet sich empirisch, welche organisatorisch formalisierten Erwartungen beachtet und mit einem entsprechenden Verhalten honoriert werden; die Formalstruktur setzt dafür, wie oben angesprochen, nur die Bedingungen (vgl. Luhmann 1972c, 275; 2009, 17). Und dabei gilt: „Je deutlicher feststeht, welche Erwartungen Mitgliedschaftsbedingung sind, desto klarer kann man sich vor Augen führen, was nicht erwartet werden kann bzw. welche Erwartungen ohne Risiko für die Mitgliedschaft unerfüllt bleiben können“ (Luhmann 1999a, 43).
Mit den hier vorgestellten Prämissen bietet Luhmanns soziologische Organisationstheorie ein reichhaltiges Beobachtungsinstrumentarium für die historisch-empirische Spezifizierung der Strukturverhältnisse einer organisierten Rechtsprechung am RKG. Denn basiert die Ausbildung von Organisationen auf dem Prinzip der Rollentrennung und Rollenkombination, bei der sinngebundene Verhaltenserwartungen invariant gehalten werden, so lassen sich aus Erwartungskonflikten Hinweise auf Ausdifferenzierungsmomente und Strukturumstellungen ableiten. Normbrüche können dabei in zweierlei Hinsicht als Indizien genutzt werden: Einerseits für die Differenzierung von Organisationen gegenüber ihren gesellschaftlichen Umwelten sowie andererseits für eine Trennung von formalen und informalen Strukturen innerhalb von Organisationen. Die empirischen Quellen lassen sich dann daraufhin untersuchen, inwiefern sie Beschreibungen enthalten, in denen bestimmten kollektiv gesetzten Erwartungen Vorrang gegenüber personengebundenen und gesellschaftlichen (hier ständischen) Erwartungen gewährt wurde. Um dabei historisch genauer erschließen zu können, inwiefern sich die Rechtsprechung am RKG von den Bedingungen der Interaktion auf ein formal organisiertes Rechtsverfahren umstellte, gilt es neben den organisationsbezogenen Begriffsmitteln ergänzende gesellschaftstheoretische Annahmen einzuführen. Dabei sind solche Prämissen zentral, die helfen, die Entstehung von Organisationen – und damit die Abgrenzung von gesellschaftlich institutionalisierten Erwartungen – empirisch trennscharf zu unterscheiden und damit historisch genauer zu verstehen.