Diese Arbeit ist interdisziplinär angelegt und beleuchtet das Forschungsfeld rund um Frauenkarrieren in der Unternehmensberatung aus einer sozialwissenschaftlichen und gendertheoretischen Perspektive mit wirtschaftswissenschaftlichem Bezug. Nach dem Einstieg in die Teilbereiche Unternehmensberatung und Frauen in der Wirtschaft wird das folgende Kapitel das theoretische Fundament für die Bereiche Beratung und Beratungsforschung sowie Karrierewege von Frauen legen. Nach den theoretischen Konzepten werden relevante Studien beschrieben, die die Grundlage für die folgende empirische Forschung bilden.
3.1 Die Beratungsbranche aus wissenschaftlicher Perspektive
Herausforderungen in der Forschung zur Beratungsbranche stellen die Komplexität des Sektors und die mangelhafte Abgrenzung zu anderen Bereichen wie Professional Service Firms oder Wirtschaftsprüfungen dar (vgl. Nikolova 2019, S. 14 ff., Hördt 2002, S. 36). Zudem beziehen sich zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen lediglich auf Teilaspekte der Branche wie etwa die Strategie- oder Organisationsberatung (vgl. Szabla et al. 2019). Zuweilen werden Theorie, Forschung und Praxis auch kombiniert:
Auch beeinflusst die Beratungspraxis derzeit mehr die Lehre als die Forschung in der Unternehmensberatung. […] Und auch die klassischen Universitätslehrstühle nähern sich dem Thema Consulting eher von angrenzenden Funktions- und Themenbereichen wie Unternehmensführung, Marketing, Controlling, Human Resources oder Supply Chain Management als aus dem Beratungskern heraus. (Lippold 2022, S. 29)
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Trotz dieser heterogenen Forschungslage kann in Summe ein Bild des Forschungsbereichs gezeichnet werden. Im Folgenden wird eine Begriffsdefinition vorgenommen und das Forschungsfeld abgegrenzt. Darüber hinaus werden verschiedene wissenschaftliche Perspektiven auf die Beratungsbranche vorgestellt und in den Kontext der Arbeit eingeordnet.
3.1.1 Definition des Beratungsbegriffs und Abgrenzung des Forschungsfeldes
Eine einheitliche, wissenschaftlich anerkannte Definition des Begriffs ‚Unternehmensberatung‘ oder generell ‚Beratung‘ erweist sich aufgrund der Komplexität des Feldes und der unklaren Abgrenzung in der Praxis als schwierig. International wird ‚Consulting‘ als Begriff häufig mit der Definition einer Professional Service Firm gleichgesetzt. Diese beschreibt
Dienstleistungen, die in hohem Maße auf individuelle Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind und in meist enger Zusammenarbeit mit dem Kunden unter Einbringung ausgeprägten Fachwissens und Erfahrung hochqualifizierter Mitarbeiter [erfolgen]. (vgl. Müller-Stewens, Lechner 2001, S. 23)
Die Begriffe ‚Consulting‘, ‚Beratung‘ und ‚Unternehmensberatung‘ werden im Rahmen dieser Arbeit synonym verwendet (vgl. Hördt 2002, S. 36) und als ein Teilbereich der Professional Services eingeordnet (vgl. Nikolova 2019, S. IV, Lippold 2018, S. 8).
Nikolova vergleicht vier verschiedene Ansätze aus mehr als 20 wissenschaftlichen Veröffentlichungen: den norm-oriented, pragmatic, structure-oriented und work-oriented Approach (vgl. 2019, S. 13). Während die ersten beiden Definitionsansätze eher deskriptiv und eindimensional sind, lassen der structure- und der work-oriented Approach Raum für Komplexität und verschiedene wissenschaftliche Perspektiven. So fasst Nikolova den structure-oriented Approach für Professional Service Firms wie folgt zusammen:
The existence of a profession is what makes professional services distinctive. Professional institutions are responsible for deciding upon and granting qualifying credentials; development of professional standards and formal training programs […]. (ebd.)
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Obwohl dieser Ansatz die Institutionalisierung von Beratungsdienstleistungen betont und damit einen bedeutenden Beitrag zur Abgrenzung des Forschungsfelds leistet, fehlen substanzielle Bestandteile wie die Art der Durchführung der Dienstleistung und ihre Voraussetzungen (vgl. ebd., S. 16). Der work-oriented Approach in Anlehnung unter anderem an Abbott (1988) und Freidson (1994) stellt dagegen besonders die (akademischen) Voraussetzungen in den Mittelpunkt:
The defining characteristic of professional services is their abstract, academic knowledge base, which has three functions: (1) legitimating of professional work and creating the basis for the authority of professionals; (2) defining the body of knowledge and skills new students need to learn in order to become a competent practitioner as well as developing of new methods for solving problems within the competence area of the profession; (3) defining the borders of professional jurisdiction. (Nikolova 2019, S. 13)
Aufgrund der starken Fokussierung auf die Voraussetzungen kann der Definitionsansatz auch als knowledge-oriented betrachtet werden. Gemeinsam ergeben beide Definitionsansätze eine Perspektive auf Professional Service Firms im Sinne von Beratungsleistung als institutionalisierte, akademisch fundierte Dienstleistung mit eigener Autorität qua Professionalität. Diese Betrachtung lässt allerdings weitere relevante Aspekte außer Acht, die Hodgson als die Rolle der Berater:innen in der Konstruktion sozialer Realität bezeichnet: die Interaktion mit Kund:innen und das erzeugte Ergebnis einer Beratungsleistung im Kontext einer Kund:innen-Berater:innen-Beziehung. (vgl. 2002, S. 803 ff.)
Hier setzen weitere Veröffentlichungen aus dem Feld der Beratungsforschung an. Lippold betrachtet das Ziel einer Beratungsleistung im Kontext von sozialen Beziehungen als die Veränderung, die durch diese selbst hervorgerufen werden kann. Er bezeichnet Consulting entsprechend als „die externe Unterstützung zur erfolgreichen Bewältigung des Wandels“ (2018, S. 6). Aufgrund der Diversität an Einflussmöglichkeiten auf eben diesen Wandel und die damit einhergehende Vernachlässigung anderer Wege (vgl. Hofmann 1991, S. 39) ist eine kompakte oder gar umfassende Definition des Begriffs jedoch auch hier kaum möglich. Lippold, der sich als Autor zahlreicher Standardwerke intensiv mit den Perspektiven auf die Beratungsbranche und die Beratungsforschung auseinandergesetzt hat, definiert den Beratungsbegriff in Anlehnung an Diskussionen von Fink (vgl. 2009, S. 3) und Nissen (vgl. 2007, S. 3) wie folgt:
Unternehmensberatung ist eine eigenverantwortlich, zeitlich befristet, auftragsindividuell und zumeist gegen Entgelt erbrachte professionelle Dienstleistung, die sich an Unternehmen/Organisationen mit dem Ziel richtet, Problemstellungen zu identifizieren und zu analysieren und/oder Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, um den Kunden bei der Planung, Erarbeitung und Umsetzung von Problemlösungen zu unterstützen bzw. dessen Fähigkeiten zur Bewältigung des zugrunde liegenden Problems zu verbessern. (Lippold 2018, S. 7)
Die Definition von Unternehmensberatung basiert demnach auf spezifischen Merkmalen, die die Aktivitäten auf bestimmte Bereiche begrenzen. Es handelt sich um eine maßgeschneiderte Dienstleistung, die von qualifizierten Personen gegen eine finanzielle Vergütung erbracht wird. Die Leistung zielt darauf ab, Kunden bei der Lösung von Problemen zu unterstützen und kann von der Erkennung von Schwierigkeiten bis hin zur Umsetzung von Lösungen reichen. Canback listete die Aufgaben von Berater:innen bereits 1998 umfassend auf:
1.Providing information to a client2.Solving a client’s problem3.Making a diagnosis, which may necessitate redefinition of the problem4.Making recommendations based on the diagnosis5.Assisting with implementation of recommended actions6.Building a consensus and commitment around corrective action7.Facilitating client learning8.Permanently improving organizational effectiveness. (S. 6 f.)
Die primäre Zielsetzung der Beratung besteht also darin, durch inhaltliche Expertise einen vom Auftragsunternehmen gewünschten Wandel zu erreichen (vgl. Lippold 2016, S. 5 ff.). Hier ergibt sich eine Bestätigung der Definition des work-oriented beziehungsweise knowledge-oriented Approach, der die Fachlichkeit besonders hervorhebt (vgl. Nikolova 2019, S. 19).
Aufgrund des breit gefassten Beratungsbegriffs erweist sich eine Absteckung des Forschungsfelds als herausfordernd. Größe und Ausrichtung der Unternehmensberatung können hier nicht als Kriterien herangezogen werden, da eine Einzelperson im IT-Consulting ebenso die definierte Dienstleistung erbringt wie eine internationale Strategieberatung mit tausenden Mitarbeitenden und einem Fokus auf Management Consulting. Auch als Teil eines anderweitig ausgerichteten Portfolios wie etwa der Wirtschaftsprüfung kann die Beratungsleistung als eigenständiger Bereich existieren; ebenso als interne Abteilung eines größeren Unternehmens. Für die vorliegende Arbeit wird eine Abgrenzung des Forschungsgebietes in Anlehnung an Lippold herangezogen und präzisiert. Dieser versteht als Kernberatungsgebiet die Bereiche Strategie- und Managementberatung, Organisations- und Prozessberatung, IT- und Technologieberatung sowie ferner die individuelle Softwareentwicklung, IT-Systemintegration und das IT-Outsourcing (vgl. 2022, S. 8 f.).
Die drei letzten Bereiche werden in dieser Arbeit aus zwei Gründen nicht berücksichtigt. Erstens sind sie innerhalb der Literatur nur in der Aufzählung von Lippold aufzufinden (vgl. Dornheim 2015, Nissen 2019) und zweitens lassen sich ihre praktischen Arbeitsmethoden in der Regel nicht mit den Reisegewohnheiten und Praktiken der Kernberatungsgebiete anderer Unternehmensberatungsrichtungen vergleichen (vgl. Dornheim 2015, S. 36, 37). Aus diesem Grund erfolgt die Abgrenzung des Forschungsfeldes für diese Arbeit entlang der genannten Bereiche und konzentriert sich somit auf Frauen in Strategie- und Managementberatungen, Organisations- und Prozessberatungen sowie in der allgemeinen IT- und Technologieberatung in deutschen und internationalen Beratungsunternehmen mit einem Firmensitz und Tätigkeit in Deutschland. Entsprechende Listen mit Fokus auf Management- und Strategieconsulting finden sich zur Veranschaulichung möglicher untersuchter Objekte in Tabelle 1. Die 10 größten Management-Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in Deutschland 2023 (vgl. Lünendonk, Hossenfelder 2024, Quelle: eigene Darstellung) und Tabelle 2. Die 20 größten 2023 in Deutschland tätigen internationalen Management-Beratungsunternehmen mit Hauptsitz im Ausland (vgl. Lünendonk, Hossenfelder 2024, Quelle: eigene Darstellung) im ersten Kapitel.
3.1.2 Perspektiven der Beratungsforschung
In den letzten Jahrzehnten hat die Unternehmensberatungsbranche an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen, wie im Kapitel zur Geschichte der Branche dargelegt wurde. Dennoch sind auf dieses Feld spezialisierte Veröffentlichungsmedien oder Journals rar (vgl. Nissen 2019, S. vii). Obwohl die Beratung offensichtlich von der Praxis geformt wird, gibt es viele produktive Schnittstellen zu wissenschaftlichen Forschungsdisziplinen wie etwa der Organisationsforschung, der Managementforschung oder der Arbeitssoziologie (vgl. Nikolova 2019, S. III, Dornheim 2015, S. 39). Diese sind an einigen deutschen Lehrstühlen vertreten, die sich vorrangig (aber nicht ausschließlich) mit der Beratungsforschung als Querschnittsthema, etwa zur Arbeitssoziologie oder Psychologie, befassen. Zu nennen sind hier insbesondere die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg mit dem Masterstudiengang Management Consulting und die Universität Witten/Herdecke mit eigenen Professuren für das Thema (vgl. Dornheim 2018, S. 38). Da sich diese Arbeit auf den deutschsprachigen Beratungsmarkt fokussiert, werden im Folgenden vorrangig deutsche Quellen behandelt.
Als eigenständiges Forschungsfeld mit regelmäßigen Publikationen etablierte sich die Beratungsforschung erst in den späten 1990er-Jahren (vgl. Mohe 2003, S. 17). Auch Deelmann und Nissen konstatieren, dass es vor 2000 mindestens zehn Jahre lang keine institutionalisierte Beratungsforschung in Deutschland gab (vgl. 2019, S. 53). Es lässt sich feststellen, dass die existierenden Werke häufig thematisch solitär aufgestellt und empirische Erhebungen oft nur von kurzer Dauer waren (vgl. u. a. Dornheim 2015, Kieser 2002, Kaas, Schade 1995).
Als Standardwerk über die Beratungsbranche unternimmt „Die Unternehmensberatung“ (Lippold 2022, 4. Auflage) eine Verbindung von Theorie und Praxis aus wissenschaftlicher Sicht. Es beruht auf der Einordnung der Beratungsbranche als Teil der Neuen Institutionenökonomik (vgl. u. a. Schade 2000). Im Gegensatz zur neoklassischen Theorie erkennt die Neue Institutionenökonomie an, dass reale Märkte unvollkommen sind und Institutionen erfordern, um diesen Unvollkommenheiten entgegenzuwirken. Diese Institutionen, wie beispielsweise Unternehmen, Gesetze oder Verträge, fungieren als wesentliche Basis der Infrastruktur einer spezialisierten Wirtschaft (vgl. Kaas 1992, S. 3).
Die Unterscheidung der Neuen Institutionenökonomik zwischen Austauschgütern und Kontraktgütern ist auf Beratungsdienstleistungen anwendbar: Diese gelten als Kontraktgüter, da die gewünschten Ergebnisse in der Regel zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht existieren. Dies bedeutet, dass die Qualität von Unternehmensberatungsdienstleistungen aufgrund ihrer hohen Spezialisierung und Komplexität potenziell schwierig zu bewerten ist. (vgl. Lippold 2022, S. 58)
Darüber hinaus spielen in Unternehmensberatungsdienstleistungen auch soziale und kulturelle Institutionen eine entscheidende Rolle, einschließlich des Vertrauens zwischen Kund:innen und Berater:innen und des Rufs der Consultingfirma (vgl. ebd., S. 59). Des Weiteren bietet der mikroökonomische Ansatz der Neuen Institutionenökonomik bei der Analyse institutioneller Arrangements im spezifischen Kontext zusätzliche Erkenntnisse darüber, warum Akteure ihre wirtschaftlichen Aktivitäten auf eine bestimmte Weise strukturieren und organisieren. Ein Beispiel hierfür ist die Entscheidung, Firmen, Märkte oder Verträge für den Austausch und die Koordination zu nutzen (vgl. ebd., S. 57). Zudem kritisiert die Neue Institutionenökonomik konventionelle wirtschaftliche Theorien, die die nicht-wirtschaftliche Umgebung, in der Entscheidungen getroffen werden, vernachlässigen (vgl. Todosijević-Lazović et al. 2020). Dies kann unter anderem soziale und politische Strukturen umfassen, innerhalb derer eine Wirtschaft operiert und die daher eine politikwissenschaftliche und sozialwissenschaftliche Betrachtung erfordern (vgl. Lippold 2022, S. 58). Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist eine Analyse aus der Perspektive der Neuen Institutionenökonomik für das Forschungsfeld mit Fokus auf die Unternehmensberatungsbranche also interessant, insbesondere mit dem besonderen Schwerpunkt auf Frauen und Karrieren in diesem System.
Lippold arbeitet überdies unterschiedliche Perspektiven auf die Unternehmensberatung heraus, die einen strukturierten Überblick erlauben und im Folgenden als Übersicht dargestellt werden (vgl. 2022, S. 29 ff.):
1.
Dienstleistungsperspektive, die zwischen institutioneller Dienstleistung, funktioneller Dienstleistung und Sachleistung unterscheidet (vgl. ebd., S. 30–35);
2.
Institutionelle Perspektive rund um den Dreiklang der Qualität der Beratungsträger, dem Interesse oder Wunsch der Kunden und dem Beratungsobjekt, also dem Zielgegenstand der Beratungsleistung (vgl. ebd., S. 35–38);
3.
Funktionale Perspektive, die die Existenzberechtigung der Beratungsbranche und ihre Aufgaben in den Mittelpunkt stellt (vgl. ebd., S. 38–42);
4.
Systembezogene Perspektive rund um die Interaktion, Kommunikation, Rollen und Erwartungen zwischen Beratungsadressat:in und Beratungsträger:in (vgl. ebd., S. 42–46);
5.
Prozessbezogene Perspektive, die die Prozessberatung selbst in den Mittelpunkt stellt und den Ablauf der Beratungsphasen aus prozessbezogener Sicht beleuchtet (vgl. ebd., S. 46–51);
6.
Instrumentell-methodische Perspektive mit der Unterscheidung zwischen Beratungsprodukten, -methoden und -konzepten als Ergebnis der Dienstleistung Beratung (vgl. ebd., S. 51–53);
7.
Technologische Perspektive in Anlehnung an die instrumentell-methodische Perspektive zur Einordnung des Standardisierungsgrads der eingesetzten Technologien (vgl. ebd., S. 53–57);
8.
Theoretische Perspektive, die sich mit den Theorien der Neuen Institutionenökonomik und deren Beschreibung bestimmter Gesetzmäßigkeiten der Dienstleistung Unternehmensberatung befasst (vgl. ebd., S. 57–62).
Als Grundlage für diese Arbeit sind die letztgenannte Theoretische Perspektive und die Systembezogene Perspektive hervorzuheben. Die Theoretische Perspektive beleuchtet die Beratungsbranche als Teil der Neuen Institutionenökonomik, da „Beratungsleistungen […] in geradezu idealtypischer Weise zu solchen Kontraktgütern [zählen]“ (Lippold 2022, S. 58). Sie belegt, dass mehr als nur eine wirtschaftliche Betrachtung des Forschungsbereichs notwendig ist, um das Thema in seiner Komplexität zu erfassen. Darüber hinaus demonstriert die Systembezogene Perspektive die Erwartungen an die Berater:innen und ihre unterschiedlichen Rollen wie beispielsweise Change Agent, Coach oder Spiegel (vgl. Eichen, Stahl 2004, S. 3 ff.). Die mit diesen Rollen einhergehenden Annahmen können durch Geschlechterstereotype und andere Unconscious Bias beeinflusst werden und somit unterschiedliche Auswirkungen auf Berater:innen sowie die Beurteilung ihrer Beratungsleistung haben. Der Aspekt ‚Geschlecht‘ im Beratungskontext ist also aus theoretischer Sicht ein relevantes Forschungsfeld.
3.2 Geschlecht im beruflichen Kontext
Sowohl das biologische Geschlecht als auch dessen Wahrnehmung als soziales Konstrukt im Sinne von Gender sind im beruflichen Kontext von Relevanz. Wie bereits aus dem historischen Abriss von Frauen im Beruf im ersten Kapitel hervorgeht, hat das Thema Geschlecht1 im Arbeitsumfeld eine lange Chronik mit verschiedenen Etappen und wachsender Bedeutung. Einen umfassenden Überblick über wissenschaftliche Veröffentlichungen zu Gender oder Frauen im beruflichen Kontext bieten einschlägige Standardwerke wie das internationale „Handbook on Women in Business and Management“ (Bilimoria 2007) oder das „Handbook of Gender Work and Organization“ (Jeanes et al. 2011), sowie das deutschsprachige „Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung“ (Kortendiek, Becker 2019). Auch historisch bedeutsame Werke wie „Das andere Geschlecht“ (de Beauvoir 1949) und aktuellere Publikationen wie „Führung und Frauen“ (Rybnikova 2014) oder „Die Konstruktion von Männlichkeit im Management“ (Mronga 2013) demonstrieren die wissenschaftliche Tiefe des Forschungsstandes.
Neben der Untersuchung des Anteils weiblicher Führungskräfte wird auch eruiert, inwiefern sich Frauen im beruflichen Kontext von anderen Geschlechtern unterscheiden. Darunter finden sich Themen wie ein vermeintlich anderer Führungsstil (vgl. Eagly, Karau 2002), bessere Ergebnisse in der Unternehmensleitung oder der Geldanlage durch gemischte Führungsteams (vgl. Noland et al. 2016). In den folgenden Kapiteln werden die Quellen und theoretischen Ansätze beschrieben, die in dieser Arbeit hinsichtlich des Geschlechts berücksichtigt werden. Im Anschluss werden Konzepte diskutiert, die die Grundlage für die empirische Erhebung bilden. Um diese später systematisch auszuwerten, werden die Erkenntnisse in ein dreiteiliges Analyseschema aus Makro-, Meso- und Mikroebene eingeordnet. Diese in der Soziologie gängigen Untersuchungsebenen sind geeignet, um zu beschreiben, wo genderbezogene Phänomene entstehen und wirken. Die Einordnung ist nicht immer trennscharf möglich, wird jedoch im Einzelfall nachvollziehbar beschrieben.
Obgleich die vorliegende Arbeit nicht explizit das Ziel verfolgt, geschlechtertheoretische Perspektiven weiterzuentwickeln, ordnet sie verschiedene Analyseperspektiven differenziert ein und deutet diese vor dem Hintergrund der empirisch erhobenen Daten in organisationssoziologischer, wirtschaftswissenschaftlicher und genderbezogener Hinsicht. Diese Differenzierung impliziert eine kritische Auseinandersetzung mit den Geltungsbereichen und Limitationen der unterschiedlichen geschlechtertheoretischen Ansätze.
Die Makro-Ebene stellt die oberste Analyseebene dar und erlaubt es, soziale Phänomene wie beispielsweise Gesellschaften oder ganze Volkswirtschaften auf einer breit angelegten Skala zu betrachten, um somit gesellschaftliche Strukturen, Institutionen und gesamtwirtschaftliche Prozesse zu untersuchen. Sie ist relevant für das Verständnis von sozialen Strukturen und gesellschaftlichen Mustern (vgl. Giddens 1984), darunter Geschlechterstereotype und der Umgang mit dem Thema Gender im beruflichen und gesamtgesellschaftlichen Kontext.
Die Meso-Ebene liegt zwischen der Makro- und Mikro-Ebene und fokussiert sich auf mittelgroße Einheiten oder Organisationen wie Unternehmen. Auf dieser Ebene werden beispielsweise Organisationsstrukturen, Netzwerke und Interaktionen zwischen verschiedenen Gruppen analysiert (vgl. ebd.). Sie fördert das Verständnis sozialer Bewegungen und politischer Prozesse und beleuchtet diese unter anderem aus einer systemischen Perspektive (vgl. Tilly 2004). Damit eignet sich die Meso-Ebene insbesondere für die Betrachtung interpersonaler Gruppenbeziehungen und organisationaler Effekte in Unternehmen.
Die Mikro-Ebene ist die kleinste Analyseebene und konzentriert sich auf das Verhalten und die Interaktionen von Individuen oder kleinen Gruppen. Hier werden zum Beispiel individuelle Entscheidungsprozesse, soziale Beziehungen und Verhaltensmuster untersucht (vgl. Blumer 1969, Garfinkel 1967). Da sich diese Ebene besonders für die Analyse sozialen Handelns anbietet, können hier geschlechtsbezogene, zwischenmenschliche Phänomene wie die Folgen von Vorurteilen oder Leistungsbewertungen untersucht werden.
Im Folgenden werden die theoretischen Konzepte vorgestellt und eingeordnet. Es handelt sich um etablierte Ansätze gendertheoretischer Forschung, die aufgrund ihres Bezugs zu Soziologie und Organisationswissenschaften geeignet sind, für diese Arbeit herangezogen zu werden. Davor erfolgt noch ein Exkurs zum Standpunkt dieser Arbeit hinsichtlich des Verständnisses von Gender und Intersektionalität.
3.2.1 Verständnis von Geschlecht und Intersektionalität
„Das grundsätzliche Problem ist, dass man für Natur hält, was Gesellschaft ist“ (Treibel 1997, S. 146): Das lange geltende, binäre Verständnis von Geschlecht als biologische Kategorie steht bereits seit mehreren Jahrzehnten in der Kritik (vgl. Wetterer 2003, Hördt 2002, Treibel 1997, West, Zimmerman 1991). Ein maßgeblicher Kritikpunkt besteht darin, dass das biologische Geschlechterprinzip die Vielfalt und Komplexität menschlicher Erfahrungen und Identitäten vernachlässigt (vgl. Butler 1990), denn kulturelle Normen und Erwartungen sowie die menschliche Wahrnehmung und Interaktion werden bei einem biologischen Ansatz nicht berücksichtigt. Eine gesellschaftliche Konstruktion von Geschlecht ergibt sich hingegen erst aus der Summe an prägenden Erfahrungen, der Entwicklung der eigenen Identität und deren Spiegelung im Umgang mit Mitmenschen. Die „Geschlechtszugehörigkeit von Personen [wird] in Alltagsinteraktionen fortlaufend hergestellt“ (Wetterer 2003, S. 123). De Beauvoir folgend heißt das: „Man wird nicht als Frau geboren, man wird zu einer gemacht“ (1949, S. 15). Auch Butler argumentiert, dass Geschlecht durch soziale, kulturelle und individuelle Faktoren geformt würde und performativ sei, da Geschlechtsidentitäten und -ausdrücke aufgrund sozialer Konstruktionen variieren können (vgl. 1990, S. 18 f.). Niemand wird folglich mit den ‚Gender-Eigenschaften‘ eines bestimmten Geschlechts geboren:
We act as if that being of a man or that being of a women [sic] is actually an internal reality or something that is simply true about us, a fact about us, but actually it’s a phenomenon that is being produced all the time and reproduced all the time, so to say gender is performative is to say that nobody really is a gender from the start. (Butler 2011, Absatz 3)
Somit etabliert Butler die These, dass „eine Frau zu sein“ keineswegs die Realität ist, für die wir sie halten. Stattdessen wird Geschlecht als Kategorie durch das eigene Selbst und dessen Interaktionen mit der Umwelt stetig reproduziert. Butlers Annahme ist folglich, dass es qua Geburt kein Geschlecht gibt, sondern dieses mit der Zeit erst entsteht.2 Die Entstehung erfolgt im Alltagshandeln, wo „die Konstrukteure des Geschlechts auf frischer Tat“ ertappt werden können (vgl. Hagemann-White 1993).
Dieser soziologischen Perspektive auf das Thema Geschlecht folgt auch die vorliegende Arbeit. Die Perspektive umfasst ein Verständnis von Geschlecht als soziales Konstrukt (englisch: gender) statt auf biologischer Grundlage (englisch: sex; vgl. ebd., Hördt 2002, S. 30). Das beinhaltet Menschen, die biologisch als Frauen eingeordnet werden können (Sex) und sich als solche verstehen (Cis-Frauen). Ebenso werden diejenigen berücksichtigt, die gesellschaftlich unter diese Kategorie fallen, weil sie weiblich gelesen werden und ähnliche Erfahrungen machen wie Cis-Frauen, unabhängig von ihrer Selbstidentifikation oder ihrem biologischen Geschlecht.
Wenn in dieser Arbeit der Begriff ‚Geschlecht‘ verwendet wird, so ist dieser synonym mit Gender und der oben definierten Gruppe zu verstehen. Wie bereits erwähnt ist eine analytische Trennung der Begriffe durch die gesamte Arbeit hinweg nicht möglich, da zahlreiche Quellen die Begriffe unterschiedlich verwenden (Tabelle 3.1). Es gilt jedoch die Annahme der oben beschriebenen Perspektive.
Tabelle 3.1
Definition und Dimensionen von Gender. (vgl. Bates et al. 2022, S. 5, Quelle: Eigene Darstellung)
Dimensionen von Gender | Ausdruck |
---|---|
Identity | Core element of a person’s individual sense of self |
Expression | How an individual signals their gender to others through behavior and appearance |
Social and cultural expectations | Related to social status, characteristics, and behavior that are associated with sex traits |
Characteristics | Often conceptualized as binary (male/female or man/woman) in Western cultures, but also includes categories outside this binary • Often used interchangeably with sex, though it is conceptually distinct • Often assumed to be determined based on sex assigned at birth but may differ • Gender identity, expression, and social and cultural expectations may not all correspond to the same gender • May be temporally and contextually fluid |
Gender besteht aus verschiedenen Dimensionen, wie in Tabelle 3.1 von Bates et al. dargestellt wird: Identität, Ausdruck, soziale und kulturelle Erwartungen sowie Charakteristiken. Die Dimension Identität beruht auf der Selbstwahrnehmung und ist für das Verständnis von Gender in dieser Arbeit von Bedeutung. Wie bereits beschrieben, werden neben Cis-Frauen auch Menschen als Frauen berücksichtigt, die sich selbst als solche verstehen (Identität), ebenso diejenigen, die als solche gelesen werden (Ausdruck) und damit ähnliche Erfahrungen im Umgang mit anderen machen wie Cis-Frauen. Auch Menschen mit wechselnden Charakteristiken, also beispielsweise genderfluide Menschen, können in Gesellschaft und Beruf weiblich gelesen und damit den gleichen Erfahrungen ausgesetzt sein.
Neben der Betrachtung von Gender nimmt die vorliegende Arbeit außerdem eine intersektionale Perspektive ein, die die Existenz von multiplen Diskriminierungskategorien anerkennt. Diese Kategorien können individuell und additiv wirken. Begründet wurde die Intersektionalität von Crenshaw 1989 mit ihrem Artikel „Demarginalizing the Intersection of Race and Sex: A Black Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine, Feminist Theory and Antiracist Politics“, der erstmalig die Frage aufwarf, inwiefern das Geschlecht und feministische Anliegen mit anderen soziologischen und kulturellen Kategorien interagieren.
Nachdem Geschlecht und Gender lange im Fokus der (Queer-)Forschung standen, wurde letztendlich das theoretische Konzept multipler Ungleichheitsdimensionen integriert:
Geschlecht, Klasse und Rasse gelten in der Geschlechter-, Ungleichheits-, und Migrationsforschung als zentrale Kategorien der Unterdrückung. Die Kategorie Sexualität findet vor allem über die Queer Studies Berücksichtigung. Seit den 1990er Jahren interessieren allerdings zunehmend die Wechselwirkungen zwischen solchen ungleichheitsgenerierenden Dimensionen. Dafür hat sich der Begriff Intersektionalität durchgesetzt: Statt die Wirkungen von zwei, drei oder mehr Unterdrückungen lediglich zu addieren (was schon schwer genug ist), betonen die ProtagonistInnen des Konzepts, dass sie in verwobener Weise auftreten und sich wechselseitig verstärken, abschwächen oder auch verändern können.(Degele, Winker 2007, S. 1)
Die intersektionale Perspektive erkennt also nicht nur an, dass es mehrere Dimensionen der Unterdrückung gibt, sondern auch, dass diese singulär oder additiv wirken und sich wechselwirkend verstärken oder abschwächen können. Die von Degele und Winker (ebd.) oben genannten Kategorien umfassen Geschlecht, Klasse und Race als zentrale Kategorien der Intersektionalität. Während in den USA der Fokus stark auf den drei genannten Kategorien liegt, werden in der europäischen Wissenschaft noch weitaus mehr Wirkbereiche betrachtet (vgl. Winker, Degele 2009, S. 14). So werden in diesem Zusammenhang unter anderem Sexualität (vgl. Degele, Winker 2007, Verloo 2006), Religion oder Attraktivität (vgl. Winker, Degele 2009, S. 16) genannt. Einen umfassenderen Index der intersektionalen Kategorien bieten die 13 Linien der Differenz von Lutz und Wenning (2001, S. 20):
• Geschlecht:
Männlich – Weiblich
• Sexualität:
Hetero – Anders
• Race:
Weiß – BiPoC3
• Ethnizität:
Dominant – Minderheit
• Nation/Staat:
Angehörig – Nicht angehörig
• Klasse:
Etabliert – Nicht etabliert
• Kultur:
„Zivilisiert“ – „Nicht zivilisiert“
• Gesundheit:
Keine Behinderung – Behinderung
• Alter:
Erwachsene – Kinder
• Herkunft:
Angestammt – Zugewandert
• Besitz:
Wohlhabend – Arm
• Nord-Süd / Ost-West:
Westlich – Andere
• Gesellschaftlicher Entwicklungsstand:
Modern – Nicht entwickelt
Auf der linken Seite ist die jeweilige Kategorie aufgeführt, gefolgt von deren zwei Ausprägungen. Dabei wird links die Norm gelistet, also die privilegierte Partei, rechts jeweils die Abweichung mit der möglicherweise diskriminierten Gruppe. Die Differenzlinien beziehen sich auf westlich geprägte Kulturen und entstanden durch Kleingruppen-Analysen. Es handelt sich um soziale Konstrukte, die sich wechselwirkend beeinflussen und nicht immer trennscharf voneinander abzugrenzen sind (vgl. Lutz, Wenning 2001, S. 21). Auch ist es möglich, dass sich einzelne Kategorien im Kontext verändern und die Norm sowie ihre Abweichung vertauscht werden, wie beispielsweise bei der Kategorie Alter, in der ein hohes Alter kontextabhängig gegenüber dem jüngeren Alter Nachteile erfahren könnte und umgekehrt. Einige Diskriminierungskategorien können übergreifend zusammengefasst oder aber Überschneidungen zwischen ihnen herausgearbeitet werden (vgl. Winker, Degele 2009, S. 14), darunter die Bereiche Ethnizität, Kultur, Staat, Herkunft oder Nord-Süd / Ost-West. Sie sind also weder erschöpfend noch exklusiv. Der Auswahl der betrachteten Kategorien in verschiedenen Veröffentlichungen kann daher Beliebigkeit unterstellt werden. Es ist bislang kein Konsens für den Umgang mit additiven Faktoren, Inter- und Intraabhängigkeiten oder Überschneidungen etabliert worden (vgl. u. a. Biele Mefebue et al. 2022, S. 5, 6). Es kann jedoch angenommen werden, dass unabhängig von den gewählten Kategorien eine additive, interdependente Wirkung existiert.
Für die Forschungsfrage dieser Arbeit steht das Geschlecht als soziales Konstrukt im Vordergrund. Es wird folglich intersektional in der Wechselwirkung mit anderen Kategorien betrachtet. Diese Interdependenzen können durch die Darstellung spitzer Klammern visualisiert werden, um zu verdeutlichen, „dass jeder Verweis auf die Kategorie ‚geschlecht/gender‘ auf weitere Kategorien sozialer Ordnung verweist, und somit die Kategorie <geschlecht/gender> erst mittels Interdependenzen als solche in Erscheinung tritt“ (Lucht 2014, S. 37). Für diese Arbeit wird dieser Gedanke aufgegriffen, jedoch nicht mittels Klammern umgesetzt. Stattdessen wird er um eine integrale Perspektive auf die Ebenen erweitert:
Dabei geht eine ‚integrale Perspektive‘ noch über eine ‚integrierende Perspektive‘ hinaus: „Während der integrierenden Perspektive die Vorstellung zugrunde liegt, dass sich etwas in ein übergeordnetes Ganzes einfügt, lässt sich die integrale Perspektive übersetzen mit ein Ganzes ausmachen (Walgenbach 2007, S. 24 in Anlehnung; Hornscheidt 2012).“ (Walgenbach 2022, S. 7)
Die interdependenten Kategorien der Intersektionalität können also als integral beschrieben werden. Erst die Betrachtung ihrer Gesamtheit ergibt das vollständige Bild ihrer selbst und ihrer Interdependenzen. Gleichzeitig wird anerkannt, dass aufgrund der Praktikabilität der Forschung und je nach Fragestellung nur eine Auswahl an Kategorien berücksichtigt werden kann (vgl. Winker, Degele 2009, S. 15, 16).
Für die vorliegende Arbeit wurde der Fokus auf folgende ausgewählte Untersuchungskategorien gelegt, die sich aus der Kombination des Themas mit dem Schwerpunkt der Arbeit ergeben:
-
Geschlecht im Sinne von Gender
-
Beziehungsstatus und sexuelle Orientierung
-
Herkunft im Sinne von Land, Region oder Ethnie
-
Soziale Herkunft
-
Aufgrund der Relevanz für die Forschung wie später in Abschnitt 4.2.2 Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Beruf in der Beratungsbranche beschrieben: Care-Arbeit
Die Untersuchungskategorien und ihre Auswahl werden im Methodenkapitel 5.1 Forschungsdesign des qualitativen Teils nachvollziehbar in das Leitfadeninterview eingearbeitet und in Abschnitt 6.1 Vorstellung der Interviewpartnerinnen und Überblick über die Ergebnisse, soweit es die erhobenen Daten erlauben, evaluiert.
Berufliche Segregation
Der Begriff der ‚beruflichen Segregation‘4 bezieht sich auf die Aufteilung von Berufen entlang geschlechtsspezifischer Linien nach dem binären Geschlechterverständnis. Segregation beschreibt die Tendenz, dass spezifische Berufe überwiegend von Menschen eines bestimmten Geschlechts ausgeübt werden und basiert auf gesellschaftlichen Normen und Geschlechterstereotypen (vgl. Hördt 2002, Heintz, Nadai 1998). Beispiele sind die Arbeit im Gesundheits- und Sozialwesen in der Krankenpflege oder Kindergärtner:in, die verstärkt mit Frauen in Verbindung gebracht werden, während technische Berufe im Ingenieurwesen oder der Informationstechnologie stereotypisch mit Männern assoziiert werden (vgl. England 1992). Wie die Quellen vermuten lassen, reicht die Herkunft der beruflichen Segregation in Bezug auf das Geschlecht weit zurück und ist in historischen Geschlechterrollen und sozialen Strukturen verwurzelt. In vielen Gesellschaften wurde Frauen aufgrund von Vorurteilen und Diskriminierung der Zugang zu bestimmten Berufen verwehrt oder erschwert (vgl. Guinea-Martin et al. 2018, S. 984 ff.). Die negativen Auswirkungen erstrecken sich von Lohnunterschieden über ungleiche Karrieremöglichkeiten bis zu einer Verstärkung von Geschlechterstereotypen (vgl. Puffer 2004, S. 92, 93).
In Bezug auf den Einfluss von Kontext und Geschlecht resümiert Hördt die berufliche Segregation und deren Implikationen wie folgt:
Während sich die klassische Segregationsforschung auf das Geschlecht als Erklärungsfaktor konzentriert, nimmt Heintz systematisch Bezug auf die Kontextabhängigkeit des Geschlechts als Erklärungsfaktor. Sie geht davon aus, dass Geschlecht eine omnirelevante Hintergrunderwartung darstellt, aber nicht in allen Interaktionen zum Tragen kommt, sondern von den zugrundeliegenden Bedingungen abhängt. (Heintz, Nadai 1998; zitiert nach Hördt 2002, S. 31)
Der Kontext erweist sich also als maßgeblicher Einflussfaktor für die Segregation und damit auch für die Erwartungen an Geschlechter im Beruf. In der Beratung als männlich geprägte und hierarchisch gewachsene Branche kann dies folglich zu besonders stereotypischen Erwartungshaltungen führen, die es Frauen erschweren, in der männlich interpretierten Rolle als Berater:in erfolgreich zu sein.
In den folgenden Unterkapiteln werden gendertheoretische, im Kontext der Beratungsbranche besonders relevante Einflüsse theoretisch fundiert vorgestellt und in die Makro-, Meso- und Mikro-Ebene eingeordnet.
3.2.2 Einflüsse auf struktureller Ebene
Im Folgenden werden die umfangreichen Auswirkungen von Geschlechterstereotypen beschrieben, die einen Einfluss auf der Makro-Ebene ausüben. Wie bereits in Abschnitt 3.2 Geschlecht im beruflichen Kontext dargestellt, beleuchtet diese Ebene soziale Phänomene und gesellschaftliche Strukturen, Organisationen oder Branchen aus gesamtgesellschaftlicher oder volkswirtschaftlicher Perspektive (vgl. Giddens 1984).
Geschlechterstereotype
Geschlechterstereotype spielen eine signifikante Rolle in der unterschiedlichen Wahrnehmung von Männern und Frauen im beruflichen Kontext. Diese können als „a set of attributes ascribed to a group and imputed to its individual members simply because they belong to that group“ (Heilman 1983, S. 271) beschrieben werden. Die zugeschriebenen Attribute beruhen auf den Annahmen über die Gruppe, der eine Person zugeordnet wird. Diese Stereotype „basieren auf sozialen Kategorisierungen, d. h. auf der Einteilung von Individuen in Gruppen […] unter der Vernachlässigung der interindividuellen Unterschiede“ (Hannover, Wolter 2019, S. 201). Geschlechterstereotype beziehen sich dieser Annahme folgend auf Kategorisierungen und Zuschreibungen von bestimmten Eigenschaften, die Männer beziehungsweise Frauen aufgrund des Geschlechts haben oder haben sollten. Erstere werden von Eagly (1987) als deskriptiv, letztere als präskriptiv bezeichnet.
Geschlechterstereotype sind die am häufigsten untersuchten Stereotypen, wie Dovidio et al. in einer Meta-Analyse aufzeigen (vgl. 2010, S. 3 ff.). Frauen werden vornehmlich „weiche“ Eigenschaften wie Emotionalität, Kooperationsbereitschaft und Empathie zugeschrieben, Männern hingegen Ehrgeiz, dominantes Auftreten und Zielstrebigkeit (vgl. ebd., Spence 1974, S. 44). Im beruflichen wie sozialen Kontext leitet sich daraus der Stereotyp ab, dass Männer eher auf Zielerreichung und Frauen eher auf Zusammenarbeit fokussiert seien (vgl. Thiele 2023, S. 143 ff., Bales, Parsons 1956, S. 320 ff.). Wie die Daten der hier aufgeführten Quellen zeigen, sind die Geschlechterstereotype über die Zeit hinweg konstant geblieben.5
Die Erkenntnis, dass sich Geschlechterstereotype transkulturell ähnlich manifestieren, wurde erstmalig von Williams und Best 1990 nach einer Befragung von Teilnehmenden aus fast 30 Ländern gewonnen; dadurch konnte eine gesellschaftliche Abhängigkeit zu lokalen Faktoren ausgeschlossen werden. Außerdem wurde deutlich, dass kulturell besonders relevante Eigenschaften eher Männern als Frauen attestiert werden (vgl. Cuddy et al 2015, S. 622 ff.). Hieraus konnte ein „Ausdruck des höheren Status, den männliche relativ zu weiblichen Personen in sämtlichen Kulturen genießen“ (Hannover, Wolter 2019, S. 203) abgeleitet werden, der sich auch heute noch im beruflichen Kontext zeigt. Auch Fiske et al. folgen dieser Auffassung und fassen ihre Erkenntnisse im Stereotype Content Model zusammen (2002). Sie gehen davon aus, dass Frauen aufgrund ihres geringeren Status in der Gesellschaft „weniger Kompetenzen zugeschrieben werden […]“ (ebd., S. 878).
Darüber hinaus existieren mehrere weibliche Substereotypen. Werden Frauen als weniger konkurrenzfähig oder -orientiert wahrgenommen, so werden ihnen gleichzeitig präskriptiv weibliche Eigenschaften wie Wärme und Empathie und weniger Kompetenz und Zielorientierung beigemessen. Umgekehrt wird Männern bei einer (vermuteten) Konkurrenz emotionale Kälte und mehr Kompetenz attestiert. (vgl. Cuddy et al. 2015, S. 635) Diese Erkenntnis ist insbesondere für die Geschlechterstereotype im Wirtschaftskontext der Unternehmensberatung relevant, in dem Kompetenz und deren Zuschreibung ein entscheidender Einflussfaktor auf den Verlauf von Karrierewegen sein kann.
Eine mögliche Erklärung für den Ursprung der Geschlechterstereotype bietet die Soziale Rollentheorie (vgl. Koenig, Eagly 2014, Eagly, Karau 2002). In der Soziologie beschreibt diese die jeweiligen Anforderungen an soziale Akteur:innen gemäß der ihnen zugeschriebenen Rolle.
Geschlechterrollen beziehen sich somit auf die geschlechtsspezifische Rollenverteilung innerhalb der Gesellschaft:
Mit Geschlechterrollen sind bestimmte normative Erwartungen verbunden, die ihrerseits durch geschlechterstereotype Zuschreibungen entstanden sind, bspw. Erwartungen an eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung oder ein ‚rollenkonformes‘ Verhalten. (Thiele 2023, S. 143)
Während Frauen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung überdurchschnittlich häufig Care-Arbeit verrichten, besetzen Männer außergewöhnlich oft Führungspositionen (vgl. Abschnitt 2.2.1 Frauen im Beruf: Eine historische Perspektive). Die mit diesen Tätigkeiten verbundenen Attribute bilden die stereotypen Annahmen über die entsprechenden Personengruppen (Frauen: warmherzig, empathisch; Männer: zielorientiert, ehrgeizig). Koenig und Eagly konnten nachweisen, dass die zugeschriebenen Rollen statistisch tatsächlich am häufigsten von der jeweiligen Personengruppe belegt werden und die zugeschriebenen Stereotype damit auf die gesamte Gruppe übertragen werden, unabhängig davon, in welchen Bereichen Individuen tatsächlich arbeiten (vgl. 2014, S. 371 ff.). Befinden sich nun Gruppen in Bereichen, die ihnen stereotypisch nicht zugeschrieben werden, wie beispielsweise Frauen in Führungspositionen, so kann ein Rollenkonflikt entstehen. Die Frauen selbst ebenso wie ihre Umwelt führen einen Vergleich mit dem Stereotyp einer Führungskraft durch und stellen dabei eine Dissonanz fest (vgl. Barthel, Büngeler 2023, S. 3 ff.), bei der das wahrgenommene Geschlecht und die impliziten Erwartungen im Widerspruch zur Rolle als Führungskraft stehen. Es zeigt sich somit, dass Geschlechterstereotype auch im beruflichen Kontext wirken.
Die Zuordnung zu den Kategorien ‚männlich‘ und ‚weiblich‘ wird auch Geschlechtsidentität genannt und bezeichnet „[…] die Qualität und Stärke der mentalen Verbindungen […], die das Individuum zwischen sich selbst und der Geschlechtskategorie männlich bzw. weiblich ausbildet“ (Tobin et al. 2010, S. 601 f.). Daraus resultiert auch die gesellschaftlich verbreitete, soziologisch und biologisch überholte Annahme von Geschlechterbinarität (vgl. Darwin 2022). Kinder erlernen diese im frühen Alter von gut zwei Jahren, indem sie ihre soziale Umwelt hinsichtlich ‚Geschlecht‘ erfassen und sich somit der Kategorie ‚Junge‘ oder ‚Mädchen‘ zuordnen (vgl. Serbin et al. 2001, S. 7 ff.):
During the exploratory stage of children’s socialization […] they learn that only two social identities are routinely available to them, the identity of „baby“, or, depending on the configuration of their external genitalia, either „big boy“ or „big girl.“ Moreover, others subtly inform them that the identity of „baby“ is a discrediting one. When, for example, children engage in disapproved behavior, they are often told „You’re a baby“ or „Be a big boy.“ In effect, these typical verbal responses to young children’s behavior convey to them that they must behaviorally choose between the discrediting identity of „baby“ and their anatomically determined sex identity. (Cahill 1986, S. 175)
Kleinkinder haben also keine andere Wahl, als sich dem zugeschriebenen Geschlecht entsprechend zu verhalten, um nicht als „Baby“ getadelt zu werden. Bis zum Schulalter erlernen Kinder dann sowohl die vermeintliche Zuordnung von Gegenständen und Aktivitäten zum Geschlecht – etwa, dass Jungen blau tragen und toben, während Mädchen rosa tragen und mit Puppen spielen – als auch später die Zuschreibung von Geschlechterstereotypen im Sinne von Fähigkeiten und Eigenschaften, wie eine Metaanalyse von 1993 verdeutlicht (vgl. Signorella et al., S. 147 ff.). Sie bemühen sich also um genderkonformes Verhalten. Erst in der Schule verstehen Kinder langsam, dass die erlernten Stereotypen flexibel gehandhabt werden können und keineswegs zu jeder Zeit erfüllt werden müssen (vgl. Trautner et al. 2005, S. 365 ff.). Sie begreifen auch, dass sich ihr eigenes Geschlecht nicht ändert, wenn sie sich gendernonkonform verhalten.
Obgleich Kinder also die zunächst starke Fokussierung auf das Geschlecht bei der Einordnung ihrer Umwelt in gewissem Maße wieder verlernen, kann die frühe Prägung und Wahrnehmung dieser Stereotype nicht vollständig zurückgesetzt werden. Das spielt auch bei der Betrachtung von Geschlechterstereotypen im Beruf eine Rolle. Problematisch wird eine solche Prägung dadurch, dass bestimmte Leistungen lebenslang den Geschlechtern zugeordnet werden:
Geschlechtsstereotype können auch darüber ursächlich zur Entstehung von Geschlechtsunterschieden beitragen, dass sie die Geschlechtsidentität oder das Ausmaß beeinflussen, in dem eine Person sich selbst geschlechtstypisierte Attribute zuschreibt. Einhergehend mit dem Erwerb von Geschlechtsstereotypen integrieren bereits Kinder Teile des Wissens, das in diesen Stereotypen enthalten ist, in ihr Selbstkonzept. (Hannover, Wolter 2019, S. 207)
Die sich selbst erfüllende Prophezeiung eines Verhaltens gilt also sowohl für die Umwelt als auch für die Person selbst und beeinflusst deren Leistung unabhängig davon, ob sie an diese Stereotype glaubt oder nicht. Insbesondere in Feldern, die stereotyp nicht dem eigenen Geschlecht zugeordnet werden,
leidet die Person unter der Vorstellung, das negative Stereotyp – an das sie selbst nicht glauben muss – möglicherweise zu bestätigen. Insbesondere dann, wenn eine Person mit der jeweiligen fachlichen Domäne stark identifiziert ist, bleibt sie in ihren Leistungen hinter ihrem Potenzial zurück – und verifiziert damit wiederum das zugrunde liegende Geschlechtsstereotyp (Steele 1997). Zahlreiche Studien belegen den beeinträchtigenden Effekt, den die Aktivierung von Geschlechtsstereotypen auf Motivation und Leistung von Mädchen und Frauen in männlich konnotierten fachlichen Domänen hat (Nguyen, Ryan 2008). (Hannover, Wolter 2019, S. 208)
Geschlechterstereotypen haben also Einfluss auf die (berufliche) Leistung, unabhängig davon, ob das Individuum an sie glaubt oder nicht. Die damit verbundenen Herausforderungen für Frauen in vermeintlich männlichen Rollen wie der einer Führungskraft werden auch als Backlash Effect beschrieben:
Women are ignored by the organization when their behaviors and styles are not associated with masculinity. In order to overcome that barrier and to be seen as fit for managerial positions, they behave in an agentic way (i.e., not communal but dominative). However, since agentic women are viewed as socially deficient, they become the subject of another discrimination and face another barrier. (Aktepe 2020, o. S.)
Das Konzept der Geschlechterstereotype begleitet Menschen ein Leben lang, sowohl im Selbstbild als auch in der Interaktion mit und Einschätzung durch die Umwelt. Die Wahrnehmung von Frauen in männlich konnotierten Bereichen wie der Beratungsbranche wird folglich auch von solchen Geschlechterstereotypen beeinflusst. Die Bewertung ihrer individuellen Leistungen kann durch einen Filter erfolgen, was Auswirkungen auf die Organisation, die Individuen und deren Interaktionen hat. Geschlechterstereotype entstehen also auf der Makro-Ebene und wurden aus diesem Grund hier zuvorderst aufgeführt; ihre Wirkung erstreckt sich jedoch auch auf die Meso- und Mikro-Ebene.
3.2.3 Einflüsse auf organisationaler Ebene
Im Folgenden werden Einflüsse auf der Meso-Ebene beschrieben, die Zusammenhänge auf Ebene von Institutionen, interpersonalen Beziehungen in Unternehmen und organisationalen Effekten beleuchtet (vgl. Abschnitt 3.2 Geschlecht im beruflichen Kontext). Sie ist zwischen den Bereichen der Makro- und Mikro-Ebene situiert und bietet mehreren Konzepten Platz.
Tokenism
Das Konzept des Tokenism6 wurde 1977 von Kanter eingeführt. Es basiert auf den Erfahrungen von Frauen in Führungsrollen in Großkonzernen und ihrer damaligen Situation als „Vorzeigefrauen“ von Organisationen. Obgleich die weiblichen Führungskräfte eine kleine Minderheit darstellten, wurden sie an repräsentativer Stelle übermäßig in den Vordergrund gerückt, um Geschlechterdiversität zu suggerieren. Gleichzeitig erwartete das Umfeld von ihnen ein typisch weibliches, geschlechterkonformes Verhalten und schloss sie von weiterer beruflicher Entwicklung aus. (vgl. Kanter 1977, S. 298 ff.)
Die Frauen selbst wurden sich des Tokenism und dessen negativer Folgen oft erst nach längerer Zeit bewusst. Männliche Kolleg:innen und Führungskräfte bewerteten die repräsentative öffentliche Darstellung dagegen sogar als Kompliment und Chance und negierten negative Erfahrungen in diesem Zusammenhang. (vgl. ebd.)
In seiner wissenschaftlichen Verwendung bezeichnet Tokenism heute das Phänomen, dass eine Person oder Gruppe in einer Organisation in sehr geringer Zahl vertreten ist und verschiedene, mit ihrer sozialen Minderheit verbundene Nachteile erfährt (vgl. King et al. 2010, S. 483). Die Forschenden beschreiben drei Folgen dieser Minorität: einerseits eine erhöhte Sichtbarkeit, andererseits das Gefühl von Isolation und schließlich den Druck, nicht als Individuum, sondern als Vertreter:innen einer ganzen Gruppe wahrgenommen zu werden. Tokenism kann hinsichtlich jeder Diskriminierungskategorie stattfinden, darunter das Geschlecht.
Während eine verstärkte Sichtbarkeit positiv konnotiert sein kann, ist sie im Falle von Tokenism mit dem erschwerten Zugang zu beruflichen Netzwerken und informellen dienstlichen Aktivitäten verbunden. Die Person, der Token, erfährt sowohl unbewusste Nichtberücksichtigung als auch aktive Ausgrenzung. Hierdurch kann ein Gefühl der Isolation entstehen, verbunden mit dem Druck, trotzdem eine gute Performance liefern zu müssen. (vgl. Yoder 1991, S. 50) Darüber hinaus manifestiert sich eine übertriebene Betonung der Andersartigkeit des Individuums im Vergleich zur Gruppe. So wird beispielsweise einer Frau in einer männlich geführten Abteilung vermittelt, dass sie aufgrund ihres Geschlechts anders sei als die Mitarbeiter. Die Unterschiede werden hervorgehoben, die Gemeinsamkeiten hingegen wenig berücksichtigt. Die einzelne Person vertritt aus Sicht der Gruppe die gesamte Minderheit und sollte sich adäquat verhalten (vgl. Kanter 1977). Dies führt dazu, dass Frauen, die vom Phänomen des Tokenism betroffen sind, unter dem Druck leiden, stets Repräsentantin aller Frauen zu sein und sich genderkonform verhalten zu müssen.
Auch individuelle Kosten für die betroffene Person oder den betroffenen Personenkreis resultieren aus dem Phänomen des Tokenism. Durch die Stereotypisierung werden individuelle Leistungen und Fähigkeiten häufig nicht anerkannt. Die Menschen werden nach den Maßstäben der ihnen zugeschriebenen Gruppe bewertet und aufgrund dieser vermeintlichen Andersartigkeit wahlweise ausgegrenzt oder als Repräsentant:in für Diversität in den Vordergrund gestellt. Dies kann sowohl aufgrund des Geschlechts als auch intersektional betrachtet (zusätzlich) aufgrund der Hautfarbe, einer Behinderung oder eines anderen Diversitätsmerkmals geschehen, solange der Anteil an Personen dieser Minderheit in der Organisation weniger als 15 % beträgt. (vgl. Yoder 1991, S. 51)
Kanter konnte in ihrer Veröffentlichung zeigen, dass zu den individuellen Kosten für Frauen in männlich besetzten Organisationen negative Auswirkungen auf die Arbeitsleistung, das Selbstbewusstsein und die Karrierechancen zählen. Sie betont, dass es nicht ausreicht, Frauen in Führungspositionen nur symbolisch zu repräsentieren, sondern dass es entscheidend ist, die tatsächliche Integration, zahlenmäßige Repräsentanz und Gleichstellung von Frauen in allen Bereichen des Unternehmens zu fördern (vgl. 1977, S. 206 ff.).
Gendered Organization
Die Theorie der Gendered Organization stammt aus der Organisationssoziologie und beleuchtet die Konstruktion von Gender in Organisationen. Sie wurde von Acker erstmals 1990 in einem Artikel erwähnt und ausführlich dann 1992 in „Gendering Organizational Theory“ beschrieben. Die Theorie belegt, dass Unternehmen nicht die geschlechtsneutralen oder geschlechtsfreien Räume darstellen, als die sie im wirtschaftswissenschaftlichen und organisationssoziologischen Diskurs zum Teil betrachtet werden (vgl. Rodriguez, Guenther 2022, S. 1 in Anlehnung an Acker 1990). Vielmehr spielt Gender eine zentrale Rolle in Organisationen und wird durch Hierarchie (vgl. Cockburn 1991), Mitarbeitende (vgl. Acker 1990) und (berufliche) Interaktion (vgl. West, Zimmerman 1987) reproduziert. Gleichzeitig nehmen auch andere sozial konstruierte Kategorien wie beispielsweise Religion, soziale Herkunft und Race eine relevante Rolle im beruflichen Kontext ein und interagieren mit Gender, bedingen oder verstärken sich gegenseitig (vgl. Rodrigues, Guenther 2022, S. 3). Die intersektionale Perspektive wurde bereits in Abschnitt 3.2.1 Verständnis von Geschlecht und Intersektionalität beschrieben. Privilegien und Machtverhältnisse können nicht allein auf eine Ursache zurückgeführt werden. Für den Fokus dieser Arbeit ist es jedoch notwendig, Gender als zentrale Kategorie näher zu beleuchten und deren Wirken in Organisationen zu untersuchen – insbesondere vor dem Hintergrund einer Normalisierung von Gender Blindness (vgl. Rodrigues, Guenther 2022, S. 5) in der Forschung, die auch Bishu et al. beschreiben (vgl. 2019). Die Annahme, dass Geschlecht im wirtschaftlichen Kontext vernachlässigt wird, wurde auch in der Beratungsforschung beobachtet (vgl. Dornheim 2015, S. 57).
Acker identifiziert mehrere Gründe für die Theorie einer gendered, also geschlechtlich geprägten, Organisation, darunter die Geschlechtersegregation im Arbeitskontext, die mit geringeren Gehältern und schlechteren Arbeitsbedingungen für Frauen einhergeht und die Ungleichheit der Geschlechter im gesellschaftlichen Kontext, die sie (auch) im organisationalen Raum begründet sieht (vgl. 1990, S. 141). Ihrer Auffassung zufolge kann eine Organisation kein geschlechtsneutraler Raum sein. Acker bezieht sich dabei unter anderem auf Kanter, die herausgearbeitet hat, dass die Herausforderungen von weiblichen Angestellten in großen Unternehmen auf die Strukturen und nicht auf individuelles Verhalten von Männern und Frauen zurückzuführen sind (vgl. Kanter 1977, S. 291). Dadurch schlussfolgerte Acker, dass diese Strukturen gendered sein müssen. Um dies zu verdeutlichen, beschreibt sie verschiedene Dimensionen, in denen sich die Gendered Organization manifestiert und untersucht werden kann:
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Symbolische Strukturen: Dies bezieht sich auf die Konstruktion von Geschlecht in Organisationsdiskursen, Symbolen und Kategorisierungen. Es umfasst die Art und Weise, wie Geschlecht in der Organisationskultur repräsentiert und wahrgenommen wird (vgl. 1990, S. 146).
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Geschlechtsbezogene Interaktionen: Diese Dimension bezieht sich auf die Geschlechterdynamik auf der individuellen Ebene, wie zum Beispiel Kommunikationsmuster, Rollenerwartungen und Stereotype. Acker argumentiert, dass soziale Interaktionen innerhalb der Organisation dazu beitragen, Geschlechterungleichheiten aufrechtzuerhalten (vgl. 1992, S. 181).
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Organisationsstrukturen: Diese beschreiben die formale Struktur der Organisation, einschließlich der Hierarchie, der Arbeitsaufteilung und der Machtverteilung. Acker betont, dass diese Strukturen geschlechtsspezifische Dimensionen haben und dazu beitragen können, Geschlechterungleichheiten zu reproduzieren (vgl. 1990, S. 140).
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Institutionelle Kontexte: Diese Dimension bezieht sich auf die breiteren sozialen und kulturellen Kontexte, in denen Organisationen existieren. Acker argumentiert, dass geschlechtsspezifische Normen, Werte und Ideologien aus der Gesellschaft in Organisationen übertragen werden und die Geschlechterungleichheiten beeinflussen (vgl. ebd., S. 154, 155).
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Konstruktion geschlechtsbezogener Identitäten: Hier geht es um die Sichtbarmachung der inneren Konstruktion von Gender, die sich im Äußeren zeigt, beispielsweise durch beabsichtigte oder unbeabsichtigte Handlungen wie Kleidung, Sprache oder Arbeitsweisen (vgl. ebd., S. 147).
Diese Dimensionen werden in Abschnitt 6.3.2 Nachweis einer Male Gendered Organization in der Beratungsbranche zur Auswertung der empirisch erhobenen Ergebnisse herangezogen.
Die Folgen einer Gendered Organization sind vielfältig und wirken sich nachteilig auf dasjenige Geschlecht aus, das sich nicht in der Organisationsidentität wiederfindet. So beeinflussen Geschlechterstereotype im beruflichen Kontext die Wahrnehmung und Bewertung von Mitarbeiter:innen in Organisationen (vgl. Eagly 1987). Sie legen fest, welches Verhalten belohnt wird und ob gleiches Verhalten bei verschiedenen Geschlechtern unterschiedlich bewertet wird. Die Organisationskultur beeinflusst außerdem, welche Werte in Organisationen gefördert und belohnt werden.
Eine männlich geprägte Organisationskultur kann zur Benachteiligung von Frauen beitragen (vgl. Acker 1990, S. 141). Sichtbarer als Stereotype ist die Arbeitsteilung, die zwischen Frauen und Männern in solchen Organisationen nach Geschlecht differenziert sein kann: Frauen sind häufiger in unterstützenden und administrativen Tätigkeiten tätig, während Männer eher in Führungspositionen und technischen Bereichen arbeiten (vgl. Hördt 2002, S. 31). Auch die Karriereverläufe in male gendered Organisationen offenbaren Unterschiede, da Frauen dort schlechtere Aufstiegschancen vorfinden und im Durchschnitt weniger verdienen als Männer (vgl. Bonaccolto-Töpfer et al. 2023). Während die Anzahl der Frauen auf den unteren Karrierestufen oft noch dem männlichen Anteil ähnelt, nimmt sie nach oben hin ab. Doing Gender (vgl. Abschnitt 3.2.4 Einflüsse auf individueller und zwischenmenschlicher Ebene) spielt in Organisationen ebenfalls eine Rolle, da es die Interaktion zwischen Mitarbeiter:innen beeinflusst (vgl. West, Zimmerman 1987). Diese Komponente kann entweder kaum sichtbar ablaufen oder aber bewusst genutzt werden, um Macht zu konsolidieren (vgl. Cockburn 1991, S. 261). Zum Beispiel können sexistische Bemerkungen oder Verhaltensweisen als Teil der Unternehmenskultur dazu führen, dass Frauen sich in der Organisation unwohl fühlen und sich weniger engagieren (vgl. West, Zimmerman 1987). Die Theorie der Gendered Organization beleuchtet also neben der Konstruktion und Anwesenheit von Geschlecht auch das Machtgefälle zwischen einer vorherrschenden Gruppe und den in einer Organisation vertretenen Minderheiten.
Geschlecht ist demnach mit Macht und Hierarchie verbunden (vgl. Hannover, Wolter 2019, S. 203), die im kapitalistisch geprägten, westlichen Wirtschaftssystem beim männlichen Geschlecht allokiert sind. Bates formuliert sogar, dass alle einer Organisation und ihren Arbeitsplätzen zugrundeliegenden Substrukturen männlich konnotiert sind:
Acker (1990, pp. 139–155) argues that organizations and jobs are inherently gendered masculine through an under-lying [sic!] substructure of gender difference, which reflects the interests of men. This is evident in her discussion of the “ideal worker”: “men’s bodies, sexuality, and relationships to procreation and paid work are subsumed in the image of the worker. [This worker] in actual social reality is a man.” (Bates 2021, S. 1045)
Die der Organisation inhärente Struktur dient vor allem den Interessen der Männer, die sie kreiert haben. Für weiblich gelesene Menschen in männlich gegenderten Organisationen wie der Beratungsbranche kann dies zu Nachteilen führen, die ihre Karrierechancen beeinflussen (vgl. Jeanes et al. 2011). Gleichzeitig entsteht ein Vorteil für Männer, die ihre Wahrnehmung und ihr Verhalten als Maßstab heranziehen und damit die männlich geprägte Organisation als neutral wahrnehmen (vgl. Dornheim 2015, S. 5). So wird ein männlicher Habitus positiv konnotiert, ohne dass die Gründe hierfür offensichtlich sind. Die Gendered Organization bietet hierfür Erklärungsansätze und macht hierarchische Wirkprinzipien sichtbar.
Aus heutiger Sicht ergeben sich einige Einschränkungen: Bates äußert sich 2021 in einem Artikel kritisch über die weite Verbreitung und Nutzung von Ackers Theorie der Gendered Organization. Während sie anerkennt, dass die Veröffentlichung zu ihrer Zeit (1990) bahnbrechend war, kritisiert sie die Verwendung der Gendered Organization als Theorie. Aus ihrer Perspektive wird diese stets eingesetzt, um zu belegen, dass Organisationen gendered sind, nicht um zu prüfen, ob sie es sind (vgl. Bates 2021, S. 1047). Dabei kritisiert Bates die mangelhafte Anwendung aller fünf Dimensionen einer Gendered Organization (vgl. Acker 1990, S. 146 ff.) und den Einsatz des gesamten Frameworks nach Acker. Es fehle an empirischer Evidenz, die sich jedoch in der Sozialforschung aufgrund der widersprüchlichen Erkenntnisse bei der Untersuchung von Menschen und ihrem Verhalten schwer herstellen ließe:
Caught between “mess” on the one hand and a felt need to publish a “tidy” account of my findings on the other, I was sorely tempted to overlook aspects of the data during analysis that did not “fit” neatly within Acker’s theory. (Bates 2021, S. 1043)
Bates kritisiert, dass Daten aus der empirischen Sozialforschung unter dem Druck stünden, klare Ergebnisse zu produzieren. Diese seien jedoch bei qualitativer Forschung nicht immer eindeutig. Um das zu kaschieren, würden einzelne Aspekte absichtlich übersehen, sodass die Daten zur Theorie der Gendered Organization passen.
Eine widersprüchliche Datenlage muss laut Bates jedoch keinen Gegenbeweis zu den Gendered Organizations darstellen. Sie belege lediglich, dass weitere Forschung notwendig ist. Gleichzeitig erkennt Bates an, dass die Arbeit mit einem kompletten Framework von der vorliegenden Komplexität „incredibly challenging“ (S. 1047) sein kann. Dieser Annahme folgend wird die Gendered Organization in dieser Arbeit als eines von mehreren Konzepten herangezogen und hinsichtlich aller fünf Dimensionen überprüft (vgl. Acker 1990, 1992).
Jüngere Veröffentlichungen eröffnen weitere Perspektiven auf die Theorie der Gendered Organization. Rodriguez und Guenther fordern sogar, den Aspekt Geschlecht zugunsten einer intersektionalen Perspektive auf die Gendered Organization nicht länger in den Vordergrund zu stellen:
More specifically, in order to advance discussions about gendered organization theory, the centrality of gender needs to be challenged because it largely overlooks and ignores inequalities, promoting binary thinking and positions inequalities within a simplistic analytical axis. (2022, S. 3)
In der Tat kann die Theorie eine binäre Perspektive auf Organisationen forcieren, wenn dem nicht aktiv entgegengewirkt wird. Darüber hinaus vernachlässigt sie die Interdependenzen intersektionaler Kategorien und überhöht möglicherweise die Relevanz von Gender. Aufgrund des Fokus auf Frauen in der Beratungsbranche und der fehlenden Forschung zu Non-Binarität in diesem Bereich, wird die Theorie der Gendered Organization dennoch im Ergebnisteil herangezogen, um Erkenntnisse einzuordnen.
Gleichzeitig wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kritik als gerechtfertigt betrachtet wird und in zukünftigen Betrachtungen im Bereich der Organisationsforschung berücksichtigt werden sollte. Dies unterstreicht auch die Autorin der Theorie, Joan Acker, rund 20 Jahre nach Veröffentlichung: „I realize that I am one of those who has not used it a great deal to inform empirical work” (2012, S. 211).
Role-Congruity-Theory
Die Role-Congruity-Theory wurde von Eagly und Karau (2002) auf Basis von Forschungsergebnissen aus der Sozialpsychologie, der Soziologie und der Verhaltenslehre im Berufskontext entwickelt, um Mechanismen der Ungleichheit in der Behandlung der Geschlechter aufzuzeigen. Die Theorie basiert auf Geschlechterstereotypen und der damit verknüpften Stereotypkonformität und -inkongruenz von Individuen sowie auf einer Statusdifferenzierung zwischen Männern und Frauen aufgrund sozialer Kategorisierung. So werden Attribute wie Emotionalität, soziales Verhalten und Kooperationsbereitschaft als typisch weibliche Eigenschaften, Durchsetzungsfähigkeit, Rationalität und Unabhängigkeit hingegen als männliche Eigenschaften eingeordnet. Verhalten sich Menschen stereotypkonform, wird dies mit einer positiven Beurteilung durch die Umwelt belohnt.
Dies ist sowohl im Doing Gender, also in der Interaktion zwischen Individuen, als auch in Gendered Organizations auf struktureller Ebene zu beobachten. Die Autor:innen fassen ihre Theorie in zwei Aspekten zusammen:
A distinctive feature of our theory is the proposition that prejudice toward female leaders and potential leaders takes two forms: (a) less favorable evaluation of women’s (than men’s) potential for leadership because leadership ability is more stereotypical of men than women and (b) less favorable evaluation of the actual leadership behavior of women than men because such behavior is perceived as less desirable in women than men. (Eagly, Karau 2002, S. 576)
Die Geschlechterrolle und die Führungsrolle ergeben bei Frauen also eine Inkongruenz, da diese nicht gleichzeitig in beiden Rollen stereotypkonform agieren können. Die Erwartungen an eine Frau in einer Führungsposition stimmen somit nicht mit den stereotypischen Vorstellungen über weibliches Verhalten überein. Im Vergleich zu Männern in Führungspositionen führt dies potenziell zu einer negativeren Bewertung durch die Umwelt.
Die Bewertung in der Rolle als Frau kann dadurch verbessert werden, dass trotz der Führungsposition typisch weibliches Verhalten gezeigt wird; dies hat jedoch wiederum eine negative Bewertung als Führungskraft zur Folge. Es ergibt sich ein Dilemma, das sich sowohl bei der Potenzialbewertung als auch bei der Leistungsevaluation manifestiert. (vgl. Eagly, Karau 2002, S. 575 ff.)
Gleichzeitig umfasst die Role-Congruity-Theory auch eine Statusdifferenzierung zwischen den Geschlechtern aufgrund sozialer Kategorisierung. Ihr zufolge haben Männer in der westlich geprägten Gesellschaft oft einen höheren Status als Frauen, der durch die traditionelle Rollenverteilung und die noch bestehende Ungleichheit in Führungspositionen in Wirtschaft und Gesellschaft bedingt und reproduziert wird (vgl. Bates 2021, Kanter 1977). Diese Statusdifferenzierung kann dazu führen, dass Frauen in Führungspositionen weniger Akzeptanz erfahren als Männer und in ihrer Kompetenz und Autorität angezweifelt werden (vgl. Gregory-Mina 2012, Eagly, Carli 2007). Viele in der Forschung beschriebene Phänomene wie etwa die Unterrepräsentation von Frauen im Management, die Gläserne Decke (vgl. Abschnitt 4.1.1 Das Phänomen der Gläsernen Decke) oder der Gender Pay Gap (vgl. 4.2.4 Gender Pay Gap und Motherhood Wage Penalty unter Beraterinnen) können auf die Role-Congruity-Theory zurückgeführt werden (vgl. Eagly, Karau 2002). Auch Barrieren, denen Frauen in männlich dominierten Bereichen gegenüberstehen und die unterschiedliche Wahrnehmung und Bewertung von Frauen im Vergleich zu Männern können hierdurch erklärt werden.
Weitere Veröffentlichungen zum Thema stammen unter anderen von Glick und Fiske, die 1996 mit der „Ambivalent Sexism Theory“ die Role-Congruity-Theory untermauerten. Auch Kanter hat seit den 1980er Jahren zur Rolle von Stereotypen und Vorurteilen bei der Karriereentwicklung von Frauen geforscht und die Theorie dabei mit dem auf der Meso-Ebene eingeführten Begriff Tokenism für Frauen als Aushängeschilder männlich geprägter Unternehmen assoziiert (1977).
Einen weiteren Zusammenhang zur Role-Congruity-Theory ermittelten Ryan und Haslam 2005 in ihrer Studie zur Glass-Cliff-Theory. Diese beschreibt das Phänomen, dass Frauen häufig zum Zeitpunkt einer Unternehmenskrise oder in einer anderen schwierigen Situation in Führungspositionen berufen werden. Die Theorie besagt, dass Frauen oft genau dann ausgewählt werden, wenn es herausfordernd ist, das Unternehmen zu führen und das Risiko eines Scheiterns hoch ist, sie also an einer unsichtbaren Klippe (Glass Cliff) stehen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass weibliche Führungskräfte aufgrund ihrer stereotypen Eigenschaften als einfühlsamer und sozialer betrachtet werden und daher eher als Männer eingestellt werden, um eine Krise zu bewältigen. Die Autor:innen gehen davon aus, dass Frauen in solchen Lagen dazu gezwungen werden, schwierige Entscheidungen zu treffen, ohne die notwendigen Ressourcen und Unterstützung zur Verfügung zu haben. Die Glass-Cliff-Theory soll das Bewusstsein für die Schwierigkeiten schärfen, denen Frauen gegenüberstehen, wenn sie – insbesondere in Krisenzeiten – in Führungspositionen befördert werden. Damit untermauert sie die Role-Congruity-Theory und die ihr zugrundeliegenden Geschlechterstereotypen und Risiken für Frauen. (vgl. ebd., S. 81 ff.)
Kritik an der Role-Congruity-Theory ist sowohl von den Autor:innen selbst als auch von anderen Wissenschaftler:innen geäußert worden. Die Einwände umfassen unter anderem Bedenken, dass zu wenig Rücksicht auf kulturelle und individuelle Unterschiede genommen werde. So sei die Wahrnehmung insbesondere der Geschlechter interkulturell unterschiedlich. Aus praktischer Sicht wird außerdem die starke Fokussierung auf stereotype Geschlechterrollen kritisiert, die nur geringe Möglichkeiten für eine langfristige Transformation der Vorurteile zulässt. Zwei weitere Kritikpunkte betreffen die mangelnde Berücksichtigung von Beziehungsgeflechten im Arbeitskontext sowie die fehlende Intersektionalität. (vgl. Morgan 2008, Eagly, Carli 2007) Wissenschaftlich betrachtet kann die Role-Congruity-Theory dennoch als komplexe, gut erforschte und mit Studien belegte Theorie eingeordnet werden, um Mechanismen in Bezug auf eine Forschungsfrage aus dem Bereich Frauen und Führung auf der Meso-Ebene zu untersuchen.
Lack-of-Fit-Model
Das Lack-of-Fit-Model weist einige Parallelen zur Role-Congruity-Theory auf und ist ein Konzept aus der Organisationspsychologie, das sich mit der Passung zwischen einer Person und einer Organisation befasst. Die Theorie wurde erstmal 1983 von Heilman erwähnt und belegt, dass die Kongruenz zwischen den Eigenschaften einer Person und den Anforderungen einer Organisation einen relevanten Faktor für deren Erfolg und auch Zufriedenheit in der Organisation darstellt. Betrachtet werden dabei mehrere Aspekte: erstens die Eigenschaften, Fähigkeiten, Einstellungen und Werte einer Person, die sie absichtlich oder unbewusst mit in den Arbeitskontext trägt, und zweitens die Anforderungen und Erwartungen der Organisation an ihre Mitarbeiter:innen, wie Kompetenzen, Arbeitsaufgaben, Kultur und allgemeine Wertvorstellungen (vgl. ebd., S. 269). Aus den Eigenschaften des Individuums und den Anforderungen der Organisation ergibt sich sodann eine entsprechende Passung oder Diskrepanz.
Ist die Passung sehr hoch, kann dies ein bedeutender Faktor für den Erfolg einer Person in einem Unternehmen sein, der mit einer hohen Zufriedenheit, höheren Leistungen und einer längeren Verweildauer in der Organisation einhergeht (vgl. Schneider 2001, S. 150 f.). Eine Diskrepanz zwischen Eigenschaften und Anforderungen hingegen verringert diese positiven Einflüsse und kann zu Dissonanzen im Arbeitsalltag und in der Leistungsbewertung führen. Die Theorie spricht hier vom Lack of fit, woher auch der Name der Theorie stammt. (vgl. Heilman 1983, S. 270 ff.)
Die Grundlagen für die vorliegende Theorie wurden in den vorangegangenen Jahrzehnten entwickelt, in denen Schein bereits ähnliche Aspekte im Kontext der Organisationssoziologie erwähnte (vgl. 1968). Er unterscheidet zwischen drei verschiedenen Arten von Person-Organisation-Fit: erstens, dem Person-Job-Fit, der die Übereinstimmung zwischen den Fähigkeiten, Interessen und Werten einer Person und den Anforderungen des Rollenprofils betrachtet; zweitens, dem Person-Organisation-Fit, der die Ähnlichkeiten zwischen den Werten, Zielen und Normen einer Person und denen der Organisation analysiert; und drittens, dem Person-Gruppe-Fit. Dieser berücksichtigt die Übereinstimmung zwischen den Fähigkeiten, Interessen und Werten einer Person und den Anforderungen sowie der Kultur ihrer Arbeitsgruppe. (vgl. Schein 1985, 1968, Schein, Hall 1978) Scheins Erkenntnisse haben bis heute großen Einfluss sowohl auf die Personalentwicklung als auch auf das Personalmanagement von Organisationen und haben auf wissenschaftlicher Ebene den Weg für das Lack-of-Fit-Model geebnet.
In verschiedenen Studien zur Bedeutung des Lack-of-Fit-Models haben Kristof-Brown et al. aufgezeigt, dass eine hohe Passung zwischen den Werten und Interessen der einzelnen Mitarbeiter:innen und denen eines Unternehmens in höherer Arbeitszufriedenheit und Leistung resultiert (vgl. 2005, S. 281). Sie untersuchten mehr als 172 existierende Veröffentlichungen zum Person-Gruppe-, Person-Organisation- und Person-Job-Fit und belegten eine Evidenz für das Lack-of-Fit-Model, insbesondere hinsichtlich der Verhaltensweisen und Einstellungen des Individuums und der Organisation (vgl. Kristof-Brown et al. 2005, S. 281, 327). Bezogen auf Gender im Berufskontext und den Lack of fit von Frauen in Führungspositionen ergeben sich mögliche negative Auswirkungen auf den beigemessenen Erfolg der weiblichen Führungskräfte, ihre Verweildauer in der Organisation und ihre Zufriedenheit (vgl. Schneider 2001, S. 150 f.). Das Modell wird deshalb im Ergebnisteil für die Einordnung der empirisch erhobenen Daten verwendet.
3.2.4 Einflüsse auf individueller und zwischenmenschlicher Ebene
Die Mikro-Ebene umfasst Interaktionen von Individuen oder Kleingruppen auf individueller Ebene und macht soziales Handeln und Beziehungen, Bewertungen und Entscheidungen sowie Verhaltensmuster sichtbar (vgl. Garfinkel 1967). Im Folgenden werden zwei relevante theoretische Konzepte vorgestellt, die einen starken Einfluss auf der Mikro-Ebene ausüben.
Doing Gender
Basierend auf der in der Einleitung zu diesem Kapitel beschriebenen konstruktivistischen Sicht auf Gender in Abgrenzung zu Geschlecht im Sinne des biologischen Sex (vgl. Butler 1990) entwickelten West und Zimmermann 1987 mit Doing Gender ein einflussreiches Konzept. Auch sie verstehen Gender als ein soziales Konstrukt, das unweigerlich aktiv „getan“ und damit reproduziert wird:
In the beginning, there was sex and there was gender. Those of us who taught courses in the area in the late 1960s and early 1970s were careful to distinguish one from the other. Sex, we told students, was what was ascribed by biology: anatomy, hormones, and physiology. Gender, we said, was an achieved status: that which is constructed through psychological, cultural, and social means. (West, Zimmerman 1987, S. 125)
Die Autorinnen folgen der Annahme von Gender als ein Status, der im Laufe des Lebens erreicht und verinnerlicht wird. Doing Gender umfasst die komplexe Kombination aus sozialem Verhalten, Wahrnehmung und Interaktion auf der Mikro-Ebene, die von Mitgliedern der Gesellschaft ausgeführt wird, welche mit den entsprechenden Regeln und Normen sozialisiert wurden. West und Zimmerman folgend ist das Geschlecht als Kategorie in allen Situationen omnirelevant und Doing Gender damit potenziell zu jeder Zeit gegeben. (vgl. ebd., S. 140) Ihre Theorie hat bis heute ihre Gültigkeit behalten und wird als Grundlage zahlreicher Forschungsarbeiten verwendet (vgl. u. a. Dornheim 2015).
Diesem Ansatz folgend ist Gender das Ergebnis sozialer Interaktionen und ständiger Reproduktion im Alltag. Diese geschieht durch geschlechter(un)stereotypisches Verhalten eines Individuums und dessen gesellschaftlicher Bewertung (vgl. West, Zimmerman 1987, S. 134). Doing Gender wird täglich neu vollzogen:
Wenn Frauen Stöckelschuhe, Röcke oder Kopftücher tragen, werden sie zu ‚weiblichen‘ Objekten, woraufhin die Personen, die sich in dieser Weise kleiden, zu Frauen gemacht werden. (in Anlehnung an: Villa 2000, S. 76, zitiert nach: Winker, Degele 2009, S. 20)
Es ist dabei eher unerheblich, warum eine Person sich so kleidet, verhält und was sie selbst damit ausdrücken möchte; vielmehr ergibt sich ein ständiger, interaktiver und zirkulärer Prozess, der zu keinem Zeitpunkt aufgehalten werden könne (vgl. ebd.).
Dieser Prozess kann in Alltagsszenen beobachtet werden, beispielsweise in der Interaktion zwischen einer weiblich und einer männlich gelesenen Person, die zeitgleich einen Raum durch eine Tür betreten wollen. Der Mann wird der Frau entsprechend seiner kulturellen Prägung und aufgrund von gesellschaftlichen Erwartungen möglicherweise den Vortritt lassen, ihr vielleicht sogar die Tür öffnen. Alternativ wird er entgegen den Erwartungen nicht einfach annehmen, der Frau den Vortritt lassen zu müssen, sondern sie vielleicht fragen, ob sie sich dies wünscht. Die Frau wird das Angebot entweder annehmen, sich vielleicht bedanken, oder entgegen der gesellschaftlichen Erwartung dem Mann bedeuten, er solle bitte vorgehen oder ihr nicht die Tür aufhalten. In allen Fällen findet Doing Gender statt: Die Individuen verhalten sich entsprechend ihrer gesellschaftlich geprägten Geschlechterrollen – der Mann als charmant, schützend, zuvorkommend, die Frau als schützenswert, dankbar, lenkbar – oder konträr zu diesen (vgl. Eagly, Karau 2002). Auch die aktive oder unbeabsichtigte Entscheidung, sich nicht entsprechend der Erwartungen zu verhalten, stellt also Doing Gender dar. Der gesamte Prozess basiert zudem auf dem gelesenen Geschlecht und ist häufig mit der Einordnung in eine binäre Geschlechterkategorie verbunden.
Wie stark Menschen darauf abzielen, andere als ‚männlich‘ oder ‚weiblich‘ zu lesen, wird sichtbar, wenn eine Person aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbilds und Verhaltens nicht offensichtlich einem Geschlecht zuzuordnen ist. Dies kann Irritation, Ablehnung und sogar Aggressivität auslösen (vgl. West, Zimmerman 1987, S. 135 ff.). Diese Beobachtung verdeutlicht die Anschlussfähigkeit von Genderforschung an Alltagswissen und -handeln. Sie zeigt auch, dass es sich bei der Wahrnehmung von Gender nicht um eine binäre Skala, sondern vielmehr um ein performatives Spektrum handelt, das entsprechend der gesellschaftlichen Stereotype voll oder auch nur teilweise ausgeschöpft werden kann. Diese Beobachtung folgt der Perspektive auf Gender als soziale Konstruktion aus Abschnitt 3.2.1 Verständnis von Geschlecht und Intersektionalität. Die sich daraus ergebende Bedeutung für diese Arbeit zeigt sich durch Doing Gender im Berufskontext, das eine ständige Wirkung auf den professionellen Umgang von Menschen hat und Gender reproduziert.
Schönheitshandeln
Schönheit im Sinne der besonderen Aufbereitung und Präsentation des Äußeren ist auch am Arbeitsplatz von Bedeutung (vgl. Koppetsch 2000). Die Bezeichnung des Schönheitshandelns als Sammelbegriff für alle Unternehmungen zur Optimierung, Veränderung und Aufbereitung des eigenen Äußeren zugunsten eines gesellschaftlichen Schönheitsideals wurde 2004 von Degele geprägt:
Schönheitshandeln – dazu verwende ich auch den Begriff beautification – ist ein Medium der Kommunikation und dient der Inszenierung der eigenen Außenwirkung zum Zweck der Erlangung von Aufmerksamkeit und Sicherung der eigenen Identität. Schönheitshandeln ist ein sozialer Prozess, in dem Menschen versuchen, soziale (Anerkennungs-)Effekte zu erzielen. (S. 10)
Ihrer Untersuchung folgend ist Schönheitshandeln also eine Form der Inszenierung im Außen und weist eine soziale Funktion auf. Die Suggestion, Schönheitshandeln fände ausschließlich für das eigene Wohlgefühl statt, beschreibt Degele als inkorrekt (vgl. ebd., S. 9). Make-Up, Kleiderwahl, Frisur oder Muskeln sind ihr zufolge kein privates Handeln, sondern vielmehr ein Akt der Kommunikation (vgl. ebd., S. 17), ein Interaktionsangebot (Posch 1999) und damit „instrumentelles Handeln“ (Degele 2004, S. 17), das sich auch im Berufskontext manifestiert. Dieser Annahme folgt auch diese Arbeit. Es liegt nahe, dass ein möglicher Vorteil von Schönheit im geschäftlichen Kontext in Form von besseren Karrierechancen oder höherem Gehalt in der Anziehungskraft und Sympathie von Normschönheit, entsprechend der gesellschaftlichen Auffassung, begründet liegt (vgl. Burkart 2000, S. 68, Posch 1999, S. 181 ff.).
Attraktivität kann unter Umständen auch in der Beratungsbranche als Verstärkung der eigenen Kompetenz wirken (vgl. Degele 2004, S. 144, Burkart 2000, S. 68), was weiblich gelesene Personen vor eine Herausforderung stellt: In einer männlich geprägten Umgebung wie der Unternehmensberatung wird berufliche Kompetenz über ein männliches Erscheinungsbild und Auftreten inkorporiert (vgl. Degele 2004, S. 148). Das bedeutet für Männer, dass sie Anforderungen leichter erfüllen können, indem sie sich an Dresscodes halten und damit dem Idealbild der Branche entsprechen. Für Frauen jedoch kann es problematisch sein, die fast unausweichliche Präsentation von Weiblichkeit in Einklang mit Professionalität zu bringen:
Weibliches Schönheitshandeln in professionellen Zusammenhängen ist also mit mehr Aufwand verbunden als das von Männern, weil die Botschaft der beruflichen Kompetenz nicht automatisch über die äußere Erscheinung hergestellt und vermittelt wird. Eher im Gegenteil müssen Frauen im Beruf Geschlecht aktiv zum Verschwinden bringen – was nur eingeschränkt gelingen kann. (ebd., S. 149)
Frauen können Versuche unternehmen, das eigene Geschlecht zu verbergen, was durch Undoing Gender7 angestrebt wird (vgl. Dornheim 2015, S. 108, 120). Alternativ können sie begehrenswert und normschön auftreten. In beiden Fällen müssen sie im Vergleich zu Männern mehr Energie in ihr Schönheitshandeln investieren, um den Anforderungen der Branche und den gleichzeitigen gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen gerecht zu werden. Hier wird das Schönheitshandeln noch um eine machttheoretische Komponente ergänzt: Die Vergeschlechtlichung von Berufen geht mit einer Aufwertung männlicher Attribute und einer gleichzeitigen Abwertung von weiblichen Eigenschaften einher (vgl. Degele 2004, S. 145, in Bezug auf Bourdieu 2001, S. 16 f.). Mronga beschreibt die sich daraus ergebenden Regeln für das Verhalten in leitenden Positionen:
Bemerkenswerterweise gelten für Frauen in Führungsebenen andere Regeln der Sexualität. Frauen in hoher Führungsverantwortung sind „sexuell“ absolut zurückhaltend in der Gruppe – sowohl verbal als auch faktisch –, sie sind „sympathisch“, aber nicht sexuell und trennen beruflich und privat strikt voneinander. (2013, S. 236)
Dieser Mechanismus stellt eine zusätzliche Herausforderung für Beraterinnen dar, der ihre männlichen Pendants nur eingeschränkt gegenüberstehen. Die mit dieser Herausforderung verbundene hierarchische Differenz verfestigt sich dadurch stetig weiter. (vgl. Degele 2004, S. 145 f.) Inwiefern Schönheitshandeln die Karrierewege von Beraterinnen beeinflusst, wird in Abschnitt 6.4.2 Zusatzaufwand durch Schönheitshandeln diskutiert.
Die ausgewählten gendertheoretischen Ansätze, die bezogen auf die drei Ebenen vorgestellt wurden, werden später in der Arbeit zur Deutung der empirisch erhobenen Daten wieder herangezogen (vgl. ab Abschnitt 6.2 Ergebnisse aus den Interviews auf der Makro-Ebene). Das ermöglicht unterschiedliche Analyseperspektiven der Vergeschlechtlichungen auf Makro-, Meso- und Mikro-Ebene. Bedingt durch die gewonnenen Erkenntnisse werden zudem einzelne neue Ansätze hinzugefügt und in den Kontext eingeordnet.
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