Skip to main content

28.09.2022 | Thermodynamik + Thermomanagement | Interview | Online-Artikel

"Simulation ist wichtig bei der Entwicklung neuer Kältemittel"

verfasst von: Christiane Köllner, Patrick Schäfer

4:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Honeywell arbeitet mit Automobilherstellern an der Entwicklung von Wärmemanagementlösungen. Welche Vorteile das Kältemittel 1234yf dabei bietet, erläutern Rick Winick und Ryan Hulse von Honeywell im Interview.

Springer Professional: Die zunehmende Verschmelzung von Kühlungs- und Klimatisierungsaufgaben in Elektrofahrzeugen führt zu komplexeren Kreisläufen sowie einem höheren Regelungs- und Abstimmungsaufwand. Wie gehen sie bei Honeywell damit um?

Winick: Honeywell verfügt über jahrelange Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Automobilherstellern, um sie bei der Anpassung von Systemen zum Heizen und Kühlen von Fahrzeuginnenräumen, Motoren und elektronischen Komponenten zu unterstützen. Wärmepumpensysteme für Elektrofahrzeuge (EVs) können so konzipiert werden, dass sie die Wärmequellen im Fahrzeug nutzen, damit neuere EV-Wärmepumpensysteme so effizient wie möglich arbeiten.

Die Entwicklung von Wärmemanagementlösungen, wie sie heute in Elektroautos verwendet werden, erforderte jahrelange Entwicklungs- und Integrationsarbeit sowie erhebliche Investitionen seitens der Automobilzulieferer und der Automobilhersteller selbst. Wärmepumpensysteme, die das Kältemittel 1234yf verwenden, haben sich als die beste Option zur Verbesserung der Heizeffizienz in kalten Klimazonen erwiesen. Diese Systeme wurden so optimiert, dass sie weniger Strom verbrauchen und so die Reichweite von Elektrofahrzeugen erhöhen. Honeywell arbeitet nicht nur mit OEMs an Hardware-Designs, sondern kann auch auf eine langjährige Erfahrung in der Entwicklung neuer Materialien mit breit gefächerten Leistungseigenschaften zurückblicken, die strenge Umweltvorschriften auf der ganzen Welt erfüllen. 

Empfehlung der Redaktion

01.09.2022 | Entwicklung

Thermomanagement bei elektrifizierten Antriebssystemen

Bei der Entwicklung von Antrieben für Elektro-Pkw muss eine Reihe thermischer Effekte berücksichtigt werden, die sich aus den wechselnden Umgebungsbedingungen und Energieumwandlungsprozessen beim Fahrzeugbetrieb ergibt. 

Wie verhält sich HFO-1234yf gegenüber R744 (Kohlendioxid) als Kältemittel in Wärmepumpen? 

Hulse: Eine Wärmepumpe muss unter Verwendung eines bestimmten Kältemittels sowohl effizient kühlen als auch heizen und dabei unter allen Bedingungen die beste Leistung erbringen. Unter normalen Fahrzeugbetriebsbedingungen übertrifft HFO-1234yf R-744 (Kohlendioxid). Kohlendioxidsysteme werden häufig in extrem kalten Umgebungen eingesetzt. 

Die Leistungszahl (COP) von Kohlendioxid – die Kennzahl für die Effizienz von Wärmepumpen – ist bei vielen Kühlanwendungen ungünstig, da Kohlendioxid mehr Energie verbraucht, was die Reichweite verringert. Darüber hinaus ist die Hardware für R-744 pro Fahrzeug viel teurer und arbeitet mit einem viel höheren Druck. Dies führt zu mehr Garantieansprüchen. Außerdem sind die meisten Techniker vor Ort nicht für die Arbeit an diesen Systemen geschult. Die Mitarbeiter müssten daher auf dem Anschlussmarkt für die Arbeit an R-744-Systemen umgeschult werden.

Betrachtet man die Klimaleistung über den gesamten Lebenszyklus, benötigt das R-744-System mehr Energie für den Betrieb und ist weniger energieeffizient.

Das Kältemittel HFO-1234yf hat den Vorteil eines niedrigem Treibhauspotenzials. Von ihm geht aber auch eine erhöhte Brandgefahr aus und es bildet beim Verbrennen Fluorwasserstoff. Wie kann das Risiko minimiert werden?

HFO-1234yf wurde gründlich untersucht und im Rahmen eines internationalen kooperativen Forschungsprojekts der Society of Automotive Engineers (SAE) von allen Automobilherstellern weltweit als sicher eingestuft. Die Arbeit der SAE wurde von angesehenen globalen Brandschutzbehörden, den Sicherheitsbehörden der Europäischen Union und den Sicherheitsbehörden der Vereinigten Staaten geprüft. Alle waren sich einig, dass das Risiko eines Fahrzeugbrandes im Zusammenhang mit dem Kältemittel in einem Kraftfahrzeug so gering ist, dass es vernachlässigbar ist. In den letzten 10 Jahren, in denen weltweit fast 185 Millionen Autos mit HFO-1234yf unterwegs waren, gab es kein einziges dokumentiertes Brandsicherheitsproblem. Die Ergebnisse aus der Praxis haben die Schlussfolgerungen der Risikobewertung der Industrie bestätigt, dass HFO-1234yf in einem Auto ähnlich sicher ist wie das früher häufiger verwendete R-134a. Die Feuerwehrleute sind bereits für die Bewältigung dieser Probleme ausgerüstet, und das Kältemittel erhöht oder verändert das mit einem Fahrzeugbrand verbundene Risiko nicht wesentlich.

Eine R1234yf-Wärmepumpe lässt sich nur leistungsstark und effizient bis circa -5 °C betreiben. Bei tieferen Werten ist eine elektrische Zusatzheizung erforderlich. Wie gehen Sie damit um? Wie wirkt sich das wiederum auf die Reichweite des Fahrzeugs aus?

Um zu sehen, wie sich eine Wärmepumpe mit einem bestimmten Kältemittel auf die Reichweite eines Fahrzeugs auswirkt, muss man den gesamten Betrieb unter allen Gegebenheiten betrachten. Betrachtet man nur eine Voraussetzung, zum Beispiel minus 20 Grad Celsius, und bewertet die Reichweite nur für diese sehr niedrige Temperatur, dann ist die Leistung unter weniger extremen Konditionen weniger effizient als unter jenen, unter denen das Auto die meiste Zeit betrieben wird. Das Wichtigste für die Reichweite ist, dass die Leistung unter allen typischen Betriebsbedingungen, denen ein Auto ausgesetzt ist, so effizient wie möglich ist.

Welche Rolle spielt Simulation bei der Auslegung des Kältemittels für Thermomanagementsysteme?

Das Forschungs- und Entwicklungsteam von Honeywell hat umfangreiche Simulationen und Protokolle durchgeführt, um neue Kältemittel für Kühlkreisläufe zu entwickeln. Die Simulation spielt eine große Rolle im Vorfeld des Entwicklungsprozesses und bei der Optimierung des Kühlkreislaufs in einem Fahrzeug. Es ist uns gelungen, diese Entwürfe in reale Testfälle umzusetzen, die derzeit in Testlabors laufen, um zu zeigen, dass es sich um die optimalen Entwürfe handelt. Es hat wahrscheinlich zwischen 20 und 50 verschiedene Zyklen gebraucht, bis der optimierte HFO-1234yf EV-Wärmepumpenzyklus entdeckt und gebaut wurde. Die Simulation ist auch weiterhin ein wichtiger Bestandteil unseres Instrumentariums bei der Entwicklung neuer Kältemittel für EV-Kältekreisläufe.

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren

    Premium Partner