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Erschienen in:

Open Access 22.03.2025 | Originalarbeit

Tiefergehende Wertmetallrückgewinnung aus Aufbereitungsabgängen der Verbrennungsrückstandsbehandlung

verfasst von: Paul Demschar, Thomas Kremlicka, Klaus Philipp Sedlazeck

Erschienen in: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte | Ausgabe 5/2025

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Zusammenfassung

Der Artikel beleuchtet die Herausforderungen und Chancen der Wertmetallrückgewinnung aus Verbrennungsrückständen von Müllverbrennungsanlagen. Seit dem Deponierungsverbot für unbehandelte Siedlungsabfälle in Österreich im Jahr 2004 haben sich thermische und mechanisch-biologische Verfahren etabliert, wobei die thermische Behandlung dominiert. Diese Verfahren reduzieren das Abfallvolumen und die Masse erheblich und ermöglichen die Rückgewinnung von Energie. Der Fokus liegt auf der Rostfeuerung, die heterogene Verbrennungsrückstände erzeugt, die metallische und mineralische Wertstoffe enthalten. Trotz bestehender Aufbereitungsanlagen gehen wertvolle Metalle verloren, da sie in feinen Sortierresten deponiert werden. Das Forschungsprojekt MeteoR zielt darauf ab, diese Verluste zu minimieren, indem trockene mechanische Aufbereitungsverfahren zur Nachaufbereitung der deponierten Abgänge eingesetzt werden. Die Untersuchungen konzentrieren sich auf Verbrennungsrückstände aus einer MVA mit Rostfeuerungstechnologie, insbesondere dem Martin-SYNCOM-Prozess. Dieser Prozess zeichnet sich durch hohe Temperaturen und eine intensive Verschlackung aus, was die Rückgewinnung von Metallen erschwert. Die Analyse der Aufbereitungsabgänge zeigt, dass ein erheblicher Teil der Wertstoffe verschlackt ist. Durch selektive Zerkleinerung und Magnetscheidung konnten die metallischen Anteile signifikant erhöht werden. Die Ergebnisse zeigen, dass durch gezielte Verfahren bis zu 49 % der magnetischen Bestandteile rückgewonnen werden können. Die chemisch-mineralogische Charakterisierung der Fraktionen offenbart eine komplexe Zusammensetzung, die die Herausforderungen und Potenziale der Wertstoffrückgewinnung unterstreicht. Der Artikel schließt mit der Perspektive auf zukünftige Verwertungswege für die gewonnenen Fraktionen und hebt die Bedeutung der weiteren Forschung in diesem Bereich hervor.
Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einleitung

Die Einführung des Deponierungsverbotes für unbehandelte Siedlungsabfälle in Österreich 2004 hat zur Etablierung zweier Verfahren für die Behandlung von gemischten Siedlungsabfällen (SN 91101) geführt [1]. Die thermische Behandlung in Müllverbrennungsanlagen (MVA) stellt dabei mit einer Behandlungsmenge von etwa 1,9 Mio. t pro Jahr, im Gegensatz zur mechanisch biologischen Behandlung (MBA) mit rund 212.000 t pro Jahr, den dominierenden Prozess dar [2]. In diesen Anlagen wird der eingesetzte Abfall bei Temperaturen zwischen 800 und 1200 °C verbrannt, wodurch es zu einer Reduktion des Abfallvolumens und der Masse von bis zu 90 % respektive 70 % kommt [3]. Die hohen Temperaturen führen nicht nur zur Sterilisierung des Abfalls, sondern ermöglichen auch eine Inkorporation von Schadstoffen in kristalline und glasige Phasen. So kommt es beispielsweise zur Einbindung potenziell schädlicher Schwermetalle in stabile mineralische Phasen [4, 5]. Zusätzlich bietet der Verbrennungsprozess ein erhebliches Potenzial zur Energierückgewinnung, da die freigesetzte Wärme effizient zur Strom- und Wärmeproduktion genutzt werden kann [6].
Neben der Rostfeuerung (Verbrennungsrückstand: Rostaschen) existiert mit der Wirbelschichtfeuerung (Verbrennungsrückstand: Bettaschen) auch noch eine zweite Prozessroute für die thermische Abfallbehandlung [7]. Da auf Bettaschen in diesem Beitrag nicht eingegangen wird, erfolgt an dieser Stelle keine genaue Erläuterung der Wirbelschichttechnologie.
Beide Verfahrensweisen erzeugen jährlich Verbrennungsrückstände im Umfang von ca. 513.000 t [2]. Rostaschen sind heterogene Materialgemenge, die metallische und mineralische Wertstoffe enthalten und, je nach Prozessführung, stark oder weniger stark verschlackt sind [8]. Die Rückgewinnung der metallischen Wertstoffe in entsprechenden Verbrennungsrückstands-Aufbereitungsanlagen ist in Österreich bereits Stand der Technik, dennoch wird ein nicht unerheblicher Teil an Wertstoffen in Form feiner Sortierreste deponiert und geht dem Wertstoffkreislauf somit verloren [9]. Im FFG-geförderten Forschungsprojekt MeteoR wird versucht, die Metallausbeute durch Nachaufbereitung der bis dato deponierten Abgänge aus Aufbereitungsanlagen zu erhöhen. Dafür werden trockene Verfahren der mechanischen Aufbereitung herangezogen.

2 Methodisches Vorgehen

2.1 Probenursprung und Probenahme

Die in diesem Beitrag untersuchten Verbrennungsrückstände stammen aus einer MVA mit Rostfeuerungstechnologie. Dabei wird der angelieferte Abfall zunächst in Bunkern gesammelt und anschließend über einen Aufgabetrichter in die Brennkammer geleitet. Innerhalb der Brennkammer erfolgt der Transport des Abfalls über einen Vor- oder Rückschubrost, durch den von unten Verbrennungsluft eingeblasen wird. Dieses Verfahren ermöglicht eine gleichmäßige Durchmischung des Abfalls und sorgt für eine effiziente und vollständige Verbrennung. Als Besonderheit, setzt gegenständliche Anlage den Martin-SYNCOM-Prozess ein (siehe Abb. 1). Dieser Prozess unterscheidet sich von anderen Rostfeuerungstechnologien durch eine Anreicherung der Verbrennungsluft mit bis zu 35 % Sauerstoff. Zusätzlich wird gereinigtes Rauchgas als Sekundärluft in die Brennkammer zurückgeführt, wodurch Temperaturen von bis zu 1200 °C erreicht werden. Die vorherrschenden stark oxidierenden Bedingungen führen zu einer intensiven Verschlackung und Versinterung, die Produktion von Flugasche, Kohlenmonoxid (CO) und organischen Schadstoffen werden erheblich reduziert [5]. Am Ende des Verbrennungsprozesses erfolgt ein nasser Austrag der Verbrennungsrückstände, bei dem das heiße Material in einem Wasserbad schlagartig abgekühlt wird. Dies führt zu einer starken Anhaftung mineralischer Bestandteile an den in den Rückständen enthaltenen Metallen [10].
Abb. 1
Darstellung des Martin-SYNCOM Verfahrens. (Verändert von [11])
Das abgelöschte Material wird anschließend per LKW zur ca. 80 km entfernten Deponie transportiert. Um Metalle in den Materialkreislauf zurückzuführen, werden die Rostaschen vor der Deponierung in einer mobilen Anlage mechanisch behandelt. Dieser Prozess umfasst das Brechen mittels Prallbrecher, das Klassieren in die Korngrößenklassen (KG-Klassen) 0|4 mm, 4|16 mm und 16|35 mm sowie jeweils eine Magnet- und Wirbelstromscheidung in den erstellten KG-Klassen. Dadurch ist eine teilweise Rückgewinnung wertvoller FE- und NE-Metalle aus den Verbrennungsrückständen möglich.
Nach der Behandlung wird der entmetallisierte Rest über Förderbänder aus der Anlage ausgetragen, zu Haufen aufgeschüttet und anschließend mittels Radlader in die Deponie eingebaut. Die drei Aufbereitungsabgänge der mobilen Rostaschenbehandlung in den definierten KG-Klassen stellen die Ausgangsfraktionen für diese Arbeit dar. Für die Versuche erfolgte die Probenahme in den ausgetragenen Haufwerken gemäß [12] separat für die jeweilige KG-Klasse 0|4 mm, 4|16 mm und 16|35 mm. Während die Fraktionen 4|16 und 16|35 mm einer chemisch-mineralogischen Charakterisierung sowie weitergehenden Aufbereitungsversuchen unterzogen wurden, erfolgte für die Fraktion 0|4 mm ausschließlich eine chemisch-mineralogische Charakterisierung.

2.2 Aufbereitungstechnische Methoden

Die Laborproben wurden in einem ersten Schritt klassiert und eine massenbasierte Korngrößenverteilung erstellt, bevor aus den verschiedenen Kornklassen durch Vierteln und Vereinigen Sortierproben entnommen wurden. Eine Handsortierung diente jeweils der Bestimmung des Aufschlussgrades in den jeweiligen Fraktionen und KG-Klassen.
Durch Magnet- und Wirbelstromscheidung wurden die Anteile an abtrennbarer FE- sowie NE-Fraktion in den Ausgangsproben bestimmt.
Für die Erhebung des aus den jeweiligen KG-Klassen rückgewinnbaren Anteils an magnetischen und leitenden Partikeln erfolgte ein Aufschluss mittels Backenbrecher unter Ausnutzung der selektiven Zerkleinerung. Diese fußt auf der unterschiedlichen Bruchcharakteristik duktiler (metallischer) und spröder (mineralischer) Partikel. Während spröde Körner im Backenbrecher durch Zerkleinerung in einen feineren Korngrößenbereich überführt werden können, kommt es bei duktilen Körnern lediglich zu einer Verformung. Die Geometrie duktiler Partikel verschiebt sich bei Durchdringen des Brechspaltes hin zu einem kleineren Dicken zu Längenverhältnis. Die Partikelgröße (definiert als Maschenweite quadratischer Siebmaschen) kann dadurch nicht verringert werden. Die Trennung der mineralischen Fraktion in magnetische und nicht magnetische Anteile erfolgte unter Einsatz eines Magnetscheiders im Labormaßstab.
An allen erstellten Fraktionen wurden Klassier- und Sortieranalysen durchgeführt, um Massen- und Inhaltsbilanzen erstellen zu können.

2.3 Chemisch-mineralogische Charakterisierung

Die chemische Charakterisierung der Aufbereitungsabgänge erfolgte mittels Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-MS) gemäß [13]. Für die ICP-MS-Analysen wurden die Proben gebrochen, gemahlen und in einer Mischung aus Königswasser und Flusssäure vollaufgeschlossen. Röntgendiffraktometrie (XRD) wurde angewendet, um die kristallinen Hauptbestandteile qualitativ zu charakterisieren. Optische Mikroskopie kam in unterstützender Funktion zum Einsatz. Zusätzlich wurden Analysen mit der Elektronenstrahlmikrosonde (EPMA) mitsamt wellenlängendispersiver Röntgenspektroskopie (WDX) durchgeführt.

3 Ergebnisse

3.1 Charakterisierung des Ausgangsmaterials

Sortieranalysen mit dem Ausgangsmaterial zeigten, dass der Aufschlussgrad der Phasen direkt nach dem Nassaustrag gering ist. In den Kornklassen 4|16 mm und 16|35 mm liegen jeweils etwa 10 % (Massen% in Bezug auf OS) in Form freier Glas‑, Keramik‑, Stein- oder Porzellanpartikel vor. Demnach führt das Verbrennungsverfahren zu einer starken Verschlackung der Wertstoffe (90 % liegen verschlackt vor). Dies ist auf die Prozessführung der Anlage im Martin-SYNCOM Prozess zurückzuführen (siehe oben). Die besonders starke Versinterung der Rückstände aus diesem Verbrennungsverfahren wird auch in der Fachliteratur bestätigt [5].
Magnet (FE-) und Wirbelstromscheidung (NE) in den Ausgangsproben der KG-Klassen 4|16 mm und 16|35 mm erbrachten die Ausgangswerte für die experimentellen Versuche zur Steigerung der Metallausbeute. Die Ergebnisse dieser ersten Trennversuche sind in Tab. 1 dargestellt.
TABELLE 1
Metallausbeute nach Magnet- und Wirbelstromscheidung in den Ausgangsproben
Korngrößenklasse [mm]
FE-Fraktion [%OS]
NE-Fraktion [%OS]
4|16
16
0,6
16|35
15
0,7
Sämtliche abgetrennte Teilfraktionen sind keineswegs als rein metallisch zu identifizieren, sondern weisen stark verschlacken bzw. versinterten Charakter auf (Abb. 2).
Abb. 2
Ausgangsproben nach anfänglicher Magnet- und Wirbelstromscheidung. (a 4|16 mm FE-Fraktion, b 4|16 mm NE-Fraktion, c 16|35 mm FE-Fraktion, d 16|35 mm NE-Fraktion)
Zudem hat sich gezeigt, dass die rückgewinnbare Menge an NE-Metallen stark unter jener an magnetischer Fraktion (FE) liegt. Dies ist durch die unterschiedlichen apparativen Ausgestaltungen der beiden Trennoperationen im mobilen Aufbereitungsprozess am Deponiestandort bedingt. In den experimentellen Untersuchungen wurden für die FE-Abscheidung Trommelscheider und für die NE-Abscheidung Bandscheider eingesetzt. In beiden Fällen sind die trennwirksamen Magnetfelder sehr nahe am Gutstrom und wirken eine abstoßende Kraft an auszutragende Partikel aus. Bei der großtechnischen Verarbeitung in der mobilen Aufbereitungsanlage wird für die FE-Abscheidung ein Überbandmagnet eingesetzt und für die NE-Abscheidung ein Bandscheider. Auf magnetisierbare Partikel wird daher, im Gegensatz zu den experimentellen Untersuchungen, eine aushebende Kraft nach oben ausgeübt. Die apparativen Anordnungen zur NE-Abtrennung zwischen Laborversuch und Anlage unterscheiden sich nicht. Demzufolge ist die NE-Abscheidung im großtechnischen Anlagenbetrieb sehr trennscharf und der Restgehalt mit 1 % durchwegs gering. Bei der FE-Abscheidung hingegen arbeitet der Trommelscheider in der experimentellen Anordnung deutlich präziser und erlaubt die Rückgewinnung weiterer 15 % FE-Fraktion. Aus diesem Grund beschränken sich die weiteren Untersuchungen auf die tiefergehende Rückgewinnung von magnetisierbaren Bestandteilen.

3.2 Selektive Zerkleinerung

Um die Ausbeute an magnetischen Bestandteilen zu erhöhen und die metallischen Wertstoffe selektiv rückzugewinnen, ist ein weiterer Aufschluss erforderlich. In den Versuchen erfolgte dies durch Zerkleinerung mittels Backenbrecher bei einer Spaltweite von 4 mm. Das Material wurde separat in den Fraktionen 4|16 mm und 16|35 mm dem Brecher aufgegeben. Für das Überkorn der nachgeschalteten Kontrollsiebung bei 10 mm erfolgte eine dreimalige Aufgabe in Form einer Kreislaufzerkleinerung. Diese Anordnung ist als rein experimentell anzusehen, da es zu einer Anreicherung von Material > 10 mm am Kontrollsieb kommt. Dies wurde in den Versuchen durch manuelle Intervention unterbunden. Im nächsten Schritt wurde der Siebunterlauf des Kontrollsiebes (< 10 mm) mittels Magnetscheider in einen magnetischen und einen nichtmagnetischen Teilstrom getrennt. Während die nicht magnetische Fraktion ausschließlich aus mineralischen, verschlackten Bestandteilen besteht, finden sich in der magnetischen Fraktion metallische und mineralische Bestandteile. Aufgrund der unterschiedlichen Bruchcharakteristik ist eine weitere selektive Trennung der Magnetfraktion durch das Setzen gezielter Siebschnitte möglich. Die metallischen Bestandteile weisen duktiles Verhalten auf und können durch die Belastung des Backenbrechers nicht zerkleinert, sondern lediglich verformt werden. Diese gelangen daher in den Siebüberlauf. Die mineralischen Bestandteile hingegen sind spröde, werden zerkleinert und gelangen ins Unterkorn. Der experimentell durchgeführte Prozess ist in Abb. 3 visualisiert.
Abb. 3
Schematische Darstellung der durchgeführten Versuche zu selektiver Zerkleinerung und Trennung
Die Ergebnisse aus diesem Versuch sind in Tab. 2 angeführt. Der Anteil an rückgewinnbarer Magnetfraktion aus den deponierten Rostaschenrückständen kann durch weitere Zerkleinerung, erneute Magnetscheidung und gezielte Siebung deutlich erhöht werden. Im Korngrößenbereich 4|16 mm auf 49 % und im Korngrößenbereich 16|35 mm auf 34 %. Dabei besteht diese Fraktion überwiegend aus mineralischem magnetischem Material. Je gröber die Partikel werden, umso mehr kommt es zu einem Ausgleich der Massen an mineralischen und metallischen Anteilen. Dies liegt an der deutlich höheren Dichte und größeren Korngröße der metallischen Partikel. In Bezug auf das Volumen überwiegt jedoch auch in den groben Kornspangen der mineralische Anteil.
TABELLE 2
Anteil der rückgewinnbaren Magnetfraktion [%OS]
 
Ohne Zerkleinerung
Mit Zerkleinerung
Kornklasse [mm]
Gesamt
Gesamt
Mineralisch
Metallisch
4|16
16
49
44
5
16|35
15
34
18
16
Bei der magnetischen, metallischen Fraktion handelt es sich um Eisenschrott. Durch Verschlackungen, Versinterungen und Verwachsungen sind in dieser Fraktion auch andere metallische und mineralische Bestandteile nicht auszuschließen. Die erstellten Fraktionen sind in Abb. 4 zu sehen.
Abb. 4
Durch selektive Zerkleinerung, Magnetscheidung und gezielte Siebung erstellte Teilfraktionen. (a magnetisch metallisch, b magnetisch mineralisch, c nichtmagnetisch mineralisch)

3.3 Trennung anhand unterschiedlicher Suszeptibilitäten

Die Trennung der magnetischen Fraktion durch das Setzen gezielter Siebschnitte ist nur bedingt trennscharf. Metallische Partikel, deren Korngröße unter der Maschenweite des jeweiligen Siebes liegen gelangen ungehindert in die mineralische Magnetfraktion. Dieser Effekt ist in Abb. 4 erkennbar. Um dies und den damit verbundenen Fehlkornaustrag zu verhindern, erfolgte zusätzlich bzw. als Alternative zur gezielten Klassierung die Trennung der beiden magnetischen Fraktionen anhand unterschiedlicher Suszeptibilitäten. Dafür wurde das in der selektiven Zerkleinerung erstellte Materialgemisch einem Magnetscheider mit variabler Feldstärke aufgegeben. Durch Variation des zufließenden Stromes ist es möglich, die Feldstärke des Trommelscheiders zu variieren.
Es hat sich gezeigt, dass für die magnetischen metallischen Bestandteile ab einer Stromstärke von 2,5 A ein selektiver Austrag stattfindet, ab 5,6 A erfolgt ein Austrag der magnetisch mineralischen Fraktion. Die magnetisch metallische Fraktion hat eine deutlich höhere Suszeptibilität als die mineralische Fraktion und ist daher bereits durch geringere Feldstärken magnetisierbar. Diese Beobachtungen haben den Nachweis erbracht, dass die Dreistofftrennung (magnetisch metallisch, magnetisch mineralisch, nichtmagnetisch mineralisch) auch anhand der Suszeptibilitätsunterschiede unter Einsatz von Magnetscheidung möglich ist.

3.4 Chemisch-mineralogische Charakterisierung

Die chemischen Analyseergebnisse zeigen eine Zusammensetzung, welche der Erdkruste ähnelt wobei die Hauptelemente Sauerstoff, Silizium, Aluminium, Eisen, Magnesium und Calcium sind [14]. Die Daten in der untenstehenden Tabelle (Tab. 3) zeigen eine signifikante Anreicherung von Eisen innerhalb der magnetischen mineralischen Fraktion, die mit einer gleichzeitigen Abnahme des Silizium- und Kaliumgehaltes korreliert. Im Gegensatz dazu lässt sich keine eindeutige Verlagerung der Magnesiumkonzentration beobachten, was auf eine unterschiedliche Mobilität der Elemente und den gegebenen Bedingungen hinweist.
TABELLE 3
Ein Auszug der chemischen Zusammensetzung der mineralischen Fraktion und der magnetischen mineralischen Fraktion in mg/kg
Element
Nichtmagnetisch mineralisch [mg/kg]
Magnetisch mineralisch [mg/kg]
Na
21.300
16.000
Mg
15.000
14.600
K
7500
4500
Si
144.000
99.800
Cr
1310
1000
Fe
50.000
167.000
Die in Abb. 5 dargestellten Röntgenspektren veranschaulichen die mineralogischen Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Fraktionen. Die Analyse der magnetischen mineralischen Fraktion zeigt das Vorhandensein mehrerer charakteristischer Phasen, darunter Magnetit (Fe3O4), Calcit (CaCO3), Quarz (SiO2), Augit ((Ca, Na)(Mg, Fe, Al, Ti)(Si, Al)2O6), Cristobalit (SiO2), Hämatit (Fe2O3) und Monticellite (CaMgSiO4) sowie die Mischkristallreihe der Melilite zwischen Åkermanit (Ca2MgSi2O7) und Gehlenit (Ca2Al[AlSiO7]). Die nichtmagnetische mineralische Fraktion weist eine vergleichbare Phasenzusammensetzung auf, unterscheidet sich jedoch durch das zusätzliche Auftreten der Plagioklase Anorthit (CaAl2Si2O8) und Albit (NaAlSi3O8) sowie von Mullit (Al6Si2O13). Auffällig ist das Fehlen der Eisenoxide Magnetit und Hämatit in dieser Fraktion, während sich durch das Vorkommen der Plagioklase und des Mullits eine größere Anzahl silikatischer Minerale nachweisen lassen. Zur besseren Sichtbarkeit dieser Differenz wurden die Positionen der Magnetit Peaks in den Spektren durch vertikale grüne Linien hervorgehoben.
Abb. 5
Röntgenspektren der magnetischen mineralischen und der nichtmagnetischen mineralischen Fraktion. (Die Hauptphasen sind markiert und die Positionen der Magnetit Peaks sind mittels vertikaler grüner Linien hervorgehoben)
Die Anwesenheit von Magnetit Kristallen konnte zusätzlich durch den Einsatz mikroskopischer Methoden bestätigt werden. Im Elektronenrückstreubild (Abb. 6) sind die idiomorphen Magnetit Kristalle durch ihre helle Darstellung deutlich erkennbar. Die graue Matrix repräsentiert die umgebende Hostphase, während die schwarzen Bereiche das Harz zur Einbettung aus der Probenpräparation darstellen. Die idiomorphe Ausbildung der Magnetit Kristalle deutet darauf hin, dass sie unter Bedingungen kristallisiert sind, die eine weitgehende Ausbildung ihrer charakteristischen Morphologie ermöglicht haben.
Abb. 6
Elektronenrückstreubild eines Korns welches idiomorphe Magnetit Kristalle enthält

4 Schlussfolgerung

Die Versuche haben gezeigt, dass in den betrachteten Abgängen einer mobilen Aufbereitungsanlage für Verbrennungsrückstände noch erhebliche magnetische Anteile enthalten sind. Je nach Korngröße beträgt der rückgewinnbare Anteil zwischen 49 % (4|16 mm) und 34 % (16|35 mm). Dieser Anteil unterteilt sich in eine metallische und eine mineralische Magnetfraktion. Leitende NE-Fraktionen hingegen können mit der mobilen Aufbereitungsanlage trennscharf rückgewonnen werden, was ein Restgehalt von < 1 % bestätigt.
Durch erneute Zerkleinerung, Magnetscheidung und gezielte Klassierung kann ein selektiver Zerkleinerungseffekt erzielt und die magnetischen Komponenten in einem trockenen, mechanischen Aufbereitungsverfahren selektiv getrennt werden. Außerdem kann das Materialgemisch, sofern entsprechende Aufschlussverhältnisse vorliegen, anhand der unterschiedlichen Suszeptibilitäten mittels Magnetscheidung in die Teilfraktionen magnetisch metallisch, magnetisch mineralisch und nichtmagnetisch mineralisch separiert werden. Die ferromagnetische Eigenschaft der magnetischen mineralischen Fraktion kann auf die Anwesenheit von Magnetit zurückgeführt werden.
Aktuell wird im Projekt MeteoR daran gearbeitet, geeignete Verwertungswege für die aus den Rostaschenrückständen erzeugten Fraktionen aufzuzeigen und diese versuchstechnisch zu erproben. Dabei steht der Einsatz der mineralischen Magnetfraktion als alternatives Bindemittel, Schlackenzuschlagstoff in pyrometallurgischen Verfahren oder als Eisenträger für metallurgische Anwendungen im Fokus.

Danksagung

Die Autoren bedanken sich bei den Projektpartnern (Bernegger GmbH, FCC Austria Abfall Service AG, Holcim (Österreich) GmbH, IFE Aufbereitungstechnik GmbH, RWTH Aachen, TU Graz, Universität Innsbruck), der Förderagentur FFG (www.​ffg.​at, Fördernummer FO999897764) und dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie für ihre Beiträge.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Literatur
1.
Zurück zum Zitat Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Deponien. Deponieverordnung. DVO (2008) Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Deponien. Deponieverordnung. DVO (2008)
2.
Zurück zum Zitat Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie: Die Bestandsaufnahme der Abfallwirtschaft in Österreich (2023) Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie: Die Bestandsaufnahme der Abfallwirtschaft in Österreich (2023)
7.
Zurück zum Zitat Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie: Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2023. Teil 1. Wien (2023) Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie: Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2023. Teil 1. Wien (2023)
10.
Zurück zum Zitat Bourtsalas, A.: Review of WTE ash utilization processes under development in northwest Europe. Technical report. (2012) Bourtsalas, A.: Review of WTE ash utilization processes under development in northwest Europe. Technical report. (2012)
12.
Zurück zum Zitat Austrian Standards International: Grundlegende Charakterisierung von Abfallhaufen oder von festen Abfällen aus Behältnissen und Transportfahrzeugen(2127) (2011) Austrian Standards International: Grundlegende Charakterisierung von Abfallhaufen oder von festen Abfällen aus Behältnissen und Transportfahrzeugen(2127) (2011)
13.
Zurück zum Zitat Austrian Standards International: Wasserbeschaffenheit – Anwendung der induktiv gekoppelten Plasma-Massenspektrometrie (ICP-MS) – Teil 2: Bestimmung von ausgewählten Elementen einschließlich Uran-Isotope (ISO 17294-2:2016)(17294-2) (2017) Austrian Standards International: Wasserbeschaffenheit – Anwendung der induktiv gekoppelten Plasma-Massenspektrometrie (ICP-MS) – Teil 2: Bestimmung von ausgewählten Elementen einschließlich Uran-Isotope (ISO 17294-2:2016)(17294-2) (2017)
Metadaten
Titel
Tiefergehende Wertmetallrückgewinnung aus Aufbereitungsabgängen der Verbrennungsrückstandsbehandlung
verfasst von
Paul Demschar
Thomas Kremlicka
Klaus Philipp Sedlazeck
Publikationsdatum
22.03.2025
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte / Ausgabe 5/2025
Print ISSN: 0005-8912
Elektronische ISSN: 1613-7531
DOI
https://doi.org/10.1007/s00501-025-01575-8

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    Die im Laufe eines Jahres in der „adhäsion“ veröffentlichten Marktübersichten helfen Anwendern verschiedenster Branchen, sich einen gezielten Überblick über Lieferantenangebote zu verschaffen.