In Kooperation von zwei Hochschulen und Industriepartnern wurde im Projekt "Flex4Beton" ein Schalungswerkzeug für gekrümmte Betonbauteile entwickelt, das immer wieder verwendet werden kann.
Zweifach gekrümmte Sichtbetonbauteile in der Hochschule München.
Andreas Fraundorfer
Mit Beton ist jede beliebige Form möglich, wenn sie statisch nachgewiesen werden kann, heißt es im Kapitel "Auswirkungen auf die Konstruktion" des Springer-Fachbuchs "Beton – Stahlbeton – Faserbeton". Randbedingungen würden dabei entweder die Schalung oder die Erhärtungszusätze spielen, die eine freie Formgebung zulassen würden. Und so schreibt auch José Luis Moro im Kapitel "Beton" des Springer-Fachbuchs "Baukonstruktion – vom Prinzip zum Detail": "Er (Anm. d. Red.: der Beton) weist gegenüber Naturstein den kaum zu überschätzenden Vorteil auf, im Verarbeitungszustand gießbar zu sein. Er kann sich folglich jeder beliebigen Form anpassen und erlaubt insbesondere auch die Schaffung fugenloser monolithischer Strukturen in größeren Maßstäben, bis hin zum kompletten Bauwerk."
Genau diese Eigenschaft würden sich Architekten und Bauherren gerne öfter zu eigen machen, indem sie bei ihren Bauten durch den Einsatz dreidimensionaler Freiformflächen besondere Akzente setzen wollen, die zudem noch die Eigenschaft haben, zugleich ein effizientes Tragsystem zu sein. Allerdings lassen sich solche Strukturen im klassischen Schalungsbau für Beton nur mit großem Arbeits- und Ressourcenaufwand bewerkstelligen. Inwieweit Beton Druck- und Zugkräfte aufnehmen kann, auch dies erläutert Moro im bereits erwähnten Kapitel "Beton". Zudem beschäftigen sich die Autoren des Kapitels "Druckkräfte und Zugkräfte" im Springer-Fachbuch "Kleine Baustatik" intensiv mit dem Thema.
Einfacher, schneller und kostengünstiger
Um entwerfenden Architekten größere kreative Möglichkeiten und Handlungsspielräume an die Hand zu geben, hatten sich die am Projekt "Flex4Beton" Beteiligten die Entwicklung eines Verfahrens zum Ziel gesetzt, mit dem dreidimensional gekrümmte Geometrien im Betonfertigteilbau einfacher, schneller und kostengünstiger realisierbar sein sollen. Denn vor allem bei komplexen Krümmungen ist das Einwegmaterial des konventionellen Schalungsbaus zu teuer – bereits nach einmaliger Benutzung sind die Schalungen nicht mehr zu gebrauchen und müssen entsorgt oder kostenintensiv modifiziert werden. Die hohen Kosten und Nachhaltigkeitsaspekte verhindern so oft die Umsetzung solcher Entwürfe.
Neben der Hochschule München und der Technischen Hochschule Nürnberg waren an dem Projekt auch fünf Unternehmen beteiligt, Projektträger war das VDI Technologiezentrum. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderlinie "FHProfUnt". Von Seite der Beteiligten heißt es, dass nur vereinzelte Projekte namhafter Architekten, wie der Zollhof in Düsseldorf von Frank O. Gehry – erwähnt im Kapitel "Freeform Construction Application Research" des Springer-Fachbuchs "Advances in Engineering Structures, Mechanics & Construction" – oder Betonbauwerke von Zaha Hadid, Beispiele dafür seien, wie geschwungene Fassaden in ihren Tragwerksformen zugleich dem Kraftfluss angepasst sind.
Einsatz der Multipoint Tooling-Technologie
Im Projekt Flex4Beton gelang es den Beteiligten, mit der sogenannten Multipoint Tooling-Technologie einen Prozess für flexibel konfigurierbare Schalungen für dickwandige Betonbauteile zu entwickeln. Dabei wird eine beliebig gekrümmte Form durch eine Vielzahl von individuell stufenlos einstellbaren Stiften aus CAD-Daten heraus abgebildet. Die Abbildung der gewünschten Freiform wird dabei durch eine auf den Stiften aufliegende, elastische Kunststoffschicht geglättet. Diese sogenannte Interpolationsschicht muss eine ausreichend hohe Querkrafttragfähigkeit sowie Biegesteifigkeit gegenüber dem Frischbetondruck aufweisen, sodass die Durchbiegung zwischen den Stützstellen gering ist und sich die Stifte nicht im fertigen Produkt abzeichnen. Außerdem muss eine ausreichende Elastizität beziehungsweise hohe Verformungsfähigkeit in der Ebene gegenüber den Spannungen vorhanden sein, die bei der Einstellung von zweifach gekrümmten Formen in der Fläche entstehen.
So entstand schließlich ein Schalungswerkzeug für Betonbauteile, das immer wieder verwendet werden kann und die Produktion von dickwandigen Bauteilen ermöglicht, die als tragende Elemente in der Konstruktion eingesetzt werden können. Ein Prototyp des Schalungswerkzeugs wurde bereits erstellt, das für den Einsatz im Fertigteilwerk optimiert ist. Für eine Serienreife im Baustelleneinsatz sind noch weitere Entwicklungsschritte zur Modulkopplung, Fugenausbildung und Beulung der Stützstellen bei großen Krümmungen erforderlich.