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23.09.2019 | Transformation | Interview | Online-Artikel

"Wissen über die Chancen der Digitalisierung fehlt"

verfasst von: Andrea Amerland, Anja Schüür-Langkau

3:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurden:
Mirko Bass

ist seit über 25 Jahren in der Hightech-Branche tätig.

Herbert Stoffels

blickt auf über 20 Jahre Berufserfahrung im Medienbereich und in der Beratung zurück.

Digitale Macher in Organisationen haben eine klare Strategie, Führungsstärke und kommunizieren transparent. Was sie noch auszeichnet, erklären die Experten Mirko Bass und Herbert Stoffels im Interview.

springerprofessional.de: Mit welchen Widerständen müssen sich Organisationen bei der digitalen Transformation besonders auseinandersetzen?

Herbert Stoffels: Die meisten Organisationen sind ab einer gewissen Größe in Bereichen oder Abteilungen organisiert. Häufig ist zu beobachten, dass diese Abteilungen sich zu Silos ausgebildet haben. Sie lieferten bis dato in der Regel gute Ergebnisse, aber es bestand dabei kaum Neigung und oft auch nicht die Notwendigkeit, abteilungsübergreifend zu arbeiten. Das genau fordert aber die Digitalisierung, da Wertschöpfung beziehungsweise Mehrwerte in Zeiten der Digitalisierung nicht nur durch das Optimieren vertikaler Prozesse geschaffen werden, sondern das große Potenzial häufig in der horizontalen Verknüpfung unterschiedlichsten Spezialwissens und Fähigkeiten mittels der Digitalisierung besteht. 

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2019 | Buch

Die digitalen Macher

Wie sie Widerstände in ihren Organisationen überwinden

Die Autoren zeigen anhand von ausgewählten Porträts, wie es gelingen kann, die ausgeprägten Widerstände gegen die Digitalisierung in Städten, Vereinen, Unternehmen und in selbstverwalteten Organisationen zu knacken und den notwendigen Wandel einzuleiten.

Bei etlichen Führungskräften und langgedienten Mitarbeitern besteht wenig Neigung, sich auf die Erfolgsrezepte der Digitalisierung einzulassen, also auf Datentransparenz und Kooperation, über die Bereichs- und sogar Organisationsgrenzen hinaus. Problematisch ist zudem, dass auf der Entscheiderebene in Politik und Wirtschaft noch immer vielfach das Wissen über die Chancen der Digitalisierung fehlt. Das führt dazu, an den bekannten und vermeintlich sicheren Erfolgswegen festzuhalten und die Digitalisierung zu  blockieren. 

Welche Ansatzpunkte gibt es allgemein gesprochen, um diese Widerstände zu überwinden?

Mirko Bass: Jede Organisation unterliegt ihren eigenen Gesetzen. Dennoch zeigen die Beispiele der digitalen Macher taktische und strategische Erfolgsmuster. In der Regel wird von der Führung ein Kreis von digital affinen Mitarbeitern mit einem wesentlichen Projekt betraut. Ein solches Projekt zeichnet in der Regel aus, dass es eine bereichs- oder auch branchenübergreifende Lösung schafft. Erst wenn es zur Reife gelangt und erfolgreich ist, sollte es einem größeren Personenkreis innerhalb und außerhalb der Organisation vorgestellt werden. Trifft es dann - im besten Falle - auf eine hohe Akzeptanz, kann es auch von intern nicht mehr torpediert und als Leuchtturmprojekt weitergeführt werden. Ein solches Projekt, das die Strahlkraft hat, den Wandel in einer Organisation einzuleiten und zu prägen, sollte von einer Kommunikation flankiert werden, die weitestgehend hierarchiefrei abläuft. 

Welche digitale Entwicklung dürfen Unternehmen keinesfalls verschlafen?

Herbert Stoffels: Prinzipiell gilt: Alles was digitalisiert werden kann, wird in Zukunft digitalisiert werden. Wichtig ist aber nicht nur, vertikal im Unternehmen oder einer Behörde vorzugehen, sondern auch über die eigene Organisations- oder Branchengrenze hinaus die Verknüpfungsmöglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, um neue Produkte und Dienstleistungen zu schaffen. 

Wie müssen sich Behörden strukturell aufstellen, um den Anforderungen der digitalen Transformation gerecht zu werden? 

Mirko Bass: Bislang ist es in deutschen Behörden weiter Usus, dass man analog oder neuerdings digital einen Antrag stellen muss. Damit ist der Bürger weiterhin ein Bittsteller. Digitalisierung erlaubt aber, die Daten von Bürgern zusammenzuführen und zu personalisieren. Daraus ergibt sich im besten Fall, wie das Beispiel Österreich zeigt, ein ganz anderes Mindset im Umgang zwischen Verwaltung und Bürger. Während in Deutschland eine noch immer "antragsbezogene" Verwaltungsform vorherrscht, hat man in der Alpenrepublik gezielt den Kontakt zum Bürger via Beteiligungsverfahren gesucht, um zu ermitteln, wie die Verwaltung von morgen aussehen kann. Das Ergebnis des intensiven Austauschs mit den Bürgern ist eine "anlassbezogene" Vorgehensweise. Dies bedeutet etwa, die Daten eines Ehepaares liegen bei der Verwaltung vor. Melden die Eltern die Geburt eines Kindes, kann sofort die Kindergeldauszahlung von der Verwaltung veranlasst werden. 

Was können "digitale Macher" aus dem öffentlichen Sektor von der Privatwirtschaft lernen?

Herbert Stoffels: Die Beispiele in unserem Buch zeigen, dass die Rezepte der digitalen Macher für die erfolgreiche Umsetzung in ihren Organisationen häufig aus ähnlichen Zutaten bestehen, egal ob es sich um eine Stadtverwaltung wie Ulm oder Senden handelt oder Unternehmen wie die Deutsche Bahn oder Klöckner & Co. Es bedarf immer einer klaren Strategie, Führungsstärke und der Bereitschaft, transparent und auf Augenhöhe nach innen und außen zu kommunizieren. 

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