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15.04.2019 | Transformation | Schwerpunkt | Online-Artikel

Politik und Digitalisierung - bislang kein Traumpaar

verfasst von: Anne Steinbach

5 Min. Lesedauer

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Unterstützung der Bundesregierung in Sachen Digitalisierung? Darauf wartet der Großteil der Deutschen bisher vergebens. Das ist das Ergebnis einer Studie, bei der 9.000 Menschen in neun Ländern befragt wurden.
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Gerade einmal 44 Prozent der Befragten einer Studie des Vodafone Instituts für Gesellschaft und Kommunikation glauben, dass die Bundesregierung den Willen dazu hat, innerhalb der Digitalisierung zu fördern, zu unterstützen und zu bilden. Dass sie dafür auch die Fähigkeit besitzt, denken allerdings nur 37 Prozent. Im Gesamtwert für Europa liegen die Werte leicht darunter, nämlich bei 34 Prozent. Ganz anders sieht es mit dem Vertrauen in Indien aus. Hier sprechen 75 Prozent ihrer Regierung die nötigen Fähigkeiten für die digitale Transformation zu. 

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Digitalisierung im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Recht

2. Band: Wissenschaft und Recht

Dieses Beitragswerk bringt Vorreiter, öffentliche Meinungsbildner und renommierte Fachexperten zu Fragestellungen des digitalen Wandels zusammen und bündelt deren Blickwinkel auf dieses entscheidende Zukunftsthema.


Es ist Zeit, bei der Digitalisierung aufzuwachen

Mit der Verabschiedung der Digitalen Agenda im Jahre 2014 zeigte die Bundesregierung bereits, dass das Thema langsam wichtiger wird. Doch die Umsetzung kommt nicht schnell genug voran.

Die Politik sollte schleunigst erkennen, dass es ihre Aufgabe ist, fortschreitend mit der technologischen Entwicklung die Grenzen zu definieren und sicherzustellen, dass sie eingehalten werden.

Das erklärt Springer-Autor Peter Schütt im Buchkapitel "Digitalisierung und die Rolle der Politik" aus dem Buch "Der Weg zum Digitalen Unternehmen" (Seite 33). 

Mehr Austausch, mehr Diskussion, mehr Verständnis

Notwendig für größeres Vertrauen in den Staat ist nach Meinung der Befragten und der Experten, klaren Ziele zu formulieren und ein glaubwürdiges Bekenntnis zur Digitalisierung. 

Das findet auch Springer-Autor Key Pousttchi in "Politik unter den Rahmenbedingungen der Digitalisierung – Problemstellungen und Handlungsfelder" aus dem Buch "Digitalisierung im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Recht".

Wenn ich jedoch als Politik den Auftrag hätte, ein Land ressourcenoptimal in die digitale Zukunft zu führen, würde ich auf einer seriösen Diskussion bestehen wollen – die in diesem Fall nur über einzelne Anwendungsszenarien und nicht über ein allgemeines Schlagwort führt (Seite 223).

Damit meint der Autor, dass große Begrifflichkeiten wie Blockchain oder Künstliche Intelligenz nicht im einzelnen behandelt und diskutiert werden sollten. Besser wäre es, konkrete Situationen zu schaffen, in denen ein Austausch zwischen Politik, Unternehmern und Anwendern realisiert wird. Er selbst formuliert konkrete Ziele auf vier Ebenen, die die Politik in Hinblick auf die Digitalisierung verfolgen sollte: Recht, Sicherheit, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung.

Induktive Veränderungen im Recht

Google und Co. haben schon lange die Möglichkeit, aus sämtlichen E-Mails der Endnutzer gefährliche Daten herauszufiltern. Das allerdings verstößt gegen viele Artikel des Gesetzbuches, in denen die Persönlichkeitsrechte und die Privatsphäre gewahrt werden. Damit stoßen die Gesetze innerhalb der Digitalisierung bereits an eine Grenze, die zwischen "Was dürfen wir tun?" und "Was sollten wir tun?" liegt.

Das sieht auch Peter Schütt so und unterstreicht, dass es bis heute an einer rechtlichen Grundlage, "etwa bei der Nutzung von Cloud Services" mangelt. Er fordert daher "mehr Rechtssicherheit auf dem Stand aktueller und absehbarer Technologien" (Seite 31).

Laut Pousttchi könnte dies durch die Weiterentwicklung der jetzigen Rechtsgrundlage funktionieren. Diese sollte seiner Meinung nach induktiv geregelt werden und darauf abzielen, dass tatsächlich gewünschte Ergebnisse erzielt werden (Seite 224).

Datensicherheit ausbaufähig 

Auch bei den Kompetenzen bezüglich der Datensicherheit sehen die Menschen in Europa noch Potenzial. Nur 28 Prozent haben den Eindruck, dass ihre Regierung die Daten schützt. In Indien (57 Prozent) ist der Anteil wesentlich höher.

"Die wichtigste Maßnahme muss hier sein, das System wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen und die dafür zuständigen staatlichen Organe, Streitkräfte und Polizei, durch Ausstattung und Ausbildung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im digitalen Raum zu befähigen", erklärt Pousttchi (Seite 224).

So plädiert er dafür, jegliche Instrumente mit in die Sicherheitswahrung der digitalen Welt einzubeziehen. Das sehen auch 57 Prozent der Befragten so, die der Aussage "Digitale Leistungen im öffentlichen Bereich kann der Staat nicht allein bereitstellen. Er ist auf Kooperation mit IT-Spezialisten bzw. Unternehmen angewiesen" zustimmten. 

Der digitalen Krise so nah

Auf wirtschaftlicher Ebene ist es wichtig, auch die dritte Dimension der Digitalisierung, nämlich die der Kunden, mit in die Veränderung und in das politische Grundgerüst einzubeziehen. Sollte die nicht passieren, "wird ein großer Teil der heimischen Wirtschaft in eine digitale Krise ungeahnten Ausmaßes steuern und die Wirkung auf den Arbeitsmarkt wird stärker sein, als diejenige durch die Automatisierung", unterstreicht Pousttchi (Seite 225).

Eine "Smart City" mit smarten Bürgern

"Die 'Smart City' sollte nicht nur aus intelligenten Parkplätzen und Mülltonnen bestehen, die miteinander kommunizieren, sondern auch aus intelligenten Bürgern, die dies tun – und die vielleicht auch zu neuen Formen der politischen Willensbildung finden (Stichwort: Liquid Feedback)", fordert Pousttchi (Seite 225).

Bei dem Stichwort "intelligente Bürger" schaltet sich auch Schütt ein und betont, wie wichtig es ist, heutzutage im Thema Medienkompetenz geförderte und ausgebildete Menschen zu haben. Das Hauptproblem sei, dass viele Schulen und Ausbildungsstätten nur oberflächlich auf die medialen Themen eingehen würden (Seite 33). 

Allerdings geht "Medienkompetenz [...] über die Informationsbeschaffung und -bewertung hinaus und muss auch Kompetenz zur Steuerung der eigenen Aufmerksamkeit aufbauen helfen", so Schütt (Seite 35). Er plädiert damit nicht nur für eine ausgereifte Medienkompetenz, die in den Ausbildungsstätten vermittelt werden soll, sondern auch für ein sich stetig änderndes Lernkonzept und verstärkte Ausbildungs- und Forschungsförderung in digitalen Themen.

Fazit: Das braucht die Digitalisierung von der Politik

  • Klare Ziele, die auf die Digitalisierung abgestimmt sind
  • Eine ganzheitliche Betrachtung des Themas
  • Rechtssicherheit, bezogen auf dem aktuellen Stand der Technologie
  • Einbeziehung jeglicher Organe in das Thema "Sicherheit und Digitalisierung"
  • Veränderung des politischen Grundgerüstes
  • Förderung der Digitalbildung von Bürgern

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