Das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM hat zusammen mit Industriepartnern ein Tunnel-Inspektionssystem entwickelt, mit dem sich der Bauwerkszustand ohne Verkehrssperrungen erfassen lässt.
Das Multisensor-System TIS vom Fraunhofer IPM misst alle wichtigen Zustandsparameter optisch in einem einzigen Messvorgang.
Amberg Technologies AG
"Infrastrukturbauwerke haben eine vorgegebene Funktion aus den genannten Bereichen der gesellschaftlich-sozialen, der ökonomischen oder der Verkehrsinfrastruktur zu erfüllen. Dem Widerstand des Bauwerkes R in Form des Zusammenwirkens von Baumaterial und statischem System steht die Einwirkung S infolge der äußeren Lasten aus der spezifischen Nutzung und der Umwelt gegenüber. Zu jedem Zeitpunkt der Nutzung muss der Widerstand der Bauwerkssubstanz mit ausreichender Sicherheit γ größer sein als die äußere Einwirkung, das heißt es muss gelten: R >γ S", schreibt Horst Czichos im Kapitel "Bauliche Infrastruktur" des Springer-Fachbuchs "Mechatronik".
An dieser Prämisse orientiert sich auch das vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM und Industriepartnern laserbasierte Inspektionssystem TIS. Dieses misst mithilfe eines Sensors auf einem Messfahrzeug alle für die Tunnelinspektion relevanten Parameter: Geometrie, Oberflächenstruktur und Feuchte. Und dies bei Fahrgeschwindigkeiten des Messfahrzeugs von bis zu 80 Kilometern die Stunde, was dazu führe, dass Bauwerksüberwachung in Zukunft deutlich effizienter als mit bisher üblichen kamerabasierten oder taktilen Messmethoden durchgeführt werden könnten, so das IPM. Außerdem würden alle vom Scanner erhobenen hochaufgelösten und georeferenzierten Messdaten direkt digital vorliegen. Das mache ein langfristiges Infrastruktur-Monitoring und eine BIM-konforme Bauplanung möglich. Unterschiedlichste Messverfahren zur Bauwerksüberwachung werden im Kapitel "Geotechnische Messverfahren" des Springer-Fachbuchs „Handbuch Geotechnik“ vorgestellt und erläutert.
Selbst wenige Millimeter kleine Risse sind erkennbar
Basis der TIS-Technologie ist ein Hochgeschwindigkeitsscanner, der die Tunnelwand in der Vorwärtsbewegung mithilfe mehrerer Laser unterschiedlicher Wellenlängen in einem Winkel vom 360 Grad erfasst. Die Bauwerksgeometrie wird über die Laufzeit des rückgestreuten Lichts eines Lasers millimetergenau vermessen – wobei bis zu zwei Millionen Messpunkte pro Sekunde für eine entsprechende Auflösung sorgen. Aus der Intensität des rückgestreuten Lichts würden sich bei einer solch hohe Messfrequenz sogar Oberflächen-Strukturmerkmale ableiten lassen, schreiben die Entwickler. Eine speziell angepasste Empfangsoptik erzeuge ein fotorealistisches Grauwertbild der Tunnelwand, auf dem selbst wenige Millimeter kleine Risse erkennbar seien.
Auch zur Messung der Oberflächenfeuchtigkeit kommen Laser mit unterschiedlichen Wellenlängen zum Einsatz: zwei kollinear ausgesendete Laserstrahlen unterschiedlicher Wellenlänge – 1,3 und 1,45 Mikrometer, die von Wasser unterschiedlich stark, aber sehr spezifisch absorbiert werden. So erhalten die Inspekteure Aufschluss über die Feuchte an der Oberfläche der Tunnelwand.