Der Beitrag basiert auf Ergebnissen einer qualitativen Längsschnittuntersuchung überschuldeter Mittelschichtspaare und geht der Frage nach, welche Rolle Arbeit im Hinblick auf die Aufrechterhaltung einer Mittelschichtsidentität im Zusammenhang mit Überschuldung spielt. Im folgenden Beitrag steht mit Angehörigen der Mittelschicht eine Gruppe von Überschuldeten im Fokus, die aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer Erwerbsintegration bislang keine grundlegenden gesellschaftlichen Ausgrenzungserfahrungen erleben mussten. Menschen, die sich in einer Überschuldungssituation oder in Insolvenz befinden, erleben Irritationen ihrer Identität, mit der Überschuldung ist ihre Lebenswelt von massiven Veränderungen und Einschränkungen bedroht. Es soll der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung Arbeit für die Identitätsarbeit überschuldeter Menschen der Mittelschicht hat und dies anhand der Analyse von drei herausgearbeiteten Identitätsarbeitsstrategien beleuchtet werden.
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Zum Thema (Nicht-)Nutzung von Sozialen Schuldnerberatungen sei auf Herzog (2015, 2020) verwiesen. Herzog stellt fest, dass Angebote dann hilfreich sein können, „wenn sie von den Ratsuchenden zur Bearbeitungen ihrer schwierigen Situationen genutzt werden können und damit ein selbstbestimmtes Leben nach eigenen Vorstellungen ermöglichen“ (Herzog 2020, S. 4).
So zeigt beispielsweise der Forschungsbericht des DISW von 2017 für Hamburg, dass praktisch „nahezu alle Ratsuchenden der Sozialen Schuldnerberatung einkommensarm sind; d. h. sie beziehen entweder eine Sozialleistung gemäß SGB II (Regelleistung, Sozialgeld, Mehrkostenerstattung, Wohngeld) und/oder erhalten ein (Netto-)Einkommen unterhalb der gesetzlich definierten Einkommensgrenze“ (Ansen et al. 2017, S. 6).
Die vorgestellten Befunde beziehen sich auf Ergebnisse des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts „Identität unter Druck. Mit welchen Praktiken bearbeiten überschuldete Menschen aus der Mittelschicht ihre gefährdete soziale Identität und welche Handlungsoptionen und Handlungsrestriktionen erwachsen daraus?“, das von 2012 bis 2015 an der Universität Duisburg-Essen durchgeführt wurde.
Dies gilt zumindest für die Männer des Samples. So lassen sich bei einigen Paaren tradierte Rollenvorstellungen finden, die die Sicherung des Lebensunterhalts dem männlichen Partner zuordnen, entsprechend gilt die normative Erwartung des beruflich Tätigsein nur für ihn. In der Krise wird diese Vorstellung nicht unbedingt aufgebrochen, es findet aber aufgrund der faktischen Notwendigkeit eine Veränderung statt.