Ab dem 1. Juli 2021 gibt es im E-Commerce einige steuerliche Änderungen. Der Grund ist das Mehrwertsteuer-Digitalpaket. Unternehmen müssen sich entsprechend vorbereiten. Denn neue Verfahren sollen zum Beispiel die Deklarationspflichten erleichtern.
Die Corona-Pandemie hat dem E-Commerce noch einmal richtig Auftrieb gegeben. Häufig kommen die gelieferten Waren aus anderen Ländern. Wer über die Grenzen hinweg versendet, muss sich nun auf neue Steuerregelungen einstellen.
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Versandhändler und Online-Verkaufsplattformen erlebten in Zeiten von Corona einen Boom. Der Lockdown erschwerte es für viele Menschen, sich in lokalen Geschäften mit entsprechenden Waren einzudecken. Viele Händler haben das erkannt und ihre Angebotspalette im Internet erweitert. Springer-Autorin Louisa Specht-Riemenschneider stellt in ihrem Buchkapital "E-Commerce" (Seite 267) fest: "Der elektronische Geschäftsverkehr gewinnt zunehmend an Bedeutung und verzeichnete insbesondere im Bereich des klassischen Versandhandels in den vergangenen Jahren erhebliche Wachstumsraten."
E-Commerce muss Mehrwertsteuer-Digitalpaket umsetzen
Der elektronische Geschäftsverkehr findet häufig grenzüberschreitend statt. Denn selten war es einfacher, Produkte von Versandhändlern aus anderen Ländern zu bestellen. Das gilt sowohl für B2C- als auch B2B-Geschäfte. Im Handel spielen dabei vor allem umsatzsteuerliche Besonderheiten eine große Rolle. Die Europäische Union hat mit dem Mehrwertsteuer-Digitalpaket nun neue Regeln auf den Weg gebracht, die zu einer Vereinfachung bei der Umsatzsteuer im Falle von grenzüberschreitenden Lieferungen – vor allem solche an Privatpersonen – führen sollen.
Werden Waren über die Grenzen eines Landes geliefert, stellen sich verschiedene Fragen: An welchen Staat ist Umsatzsteuer zu entrichten? Welche Zollbestimmungen sind zu beachten? Wie müssen die Umsätze bei den jeweiligen Staaten erklärt werden? Erste Regeln wurden hierbei bereits zum 1. Januar 2019 in nationales Recht umgesetzt. Hierzu nahm das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 14. Dezember 2018 Stellung. Etwa zur
- Bestimmung des Orts von sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, von Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und von auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen (§ 3a Abs. 5 UStG),
- Anwendung der Vorschriften über die Rechnungsstellung in Verbindung mit dem One-Stop-Shop-Verfahren.
In einer nächsten Stufe sollten bereits zum 1. Januar 2021 weitere Neuregelungen umgesetzt werden. Da jedoch viele Unternehmen aufgrund der Corona-Pandemie starke Zusatzbelastungen zu stemmen hatten, wurde dieses Vorhaben auf 1. Juli 2021 verschoben. Für Unternehmen ergibt sich hieraus nun dringender Handlungsbedarf, denn viele Geschäftsvorfälle müssen neu beurteilt werden. Und auch neue Sonderregelungen sollten geprüft und gegebenenfalls Teilnahmeanträge gestellt werden.
One-Stop-Shop-Regelung vereinfacht Deklarationsverfahren
So wird beispielsweise das bisherige Mini-One-Stop-Shop-Verfahren von der neuen Sonderregelung One-Stop-Shop abgelöst. Mit diesem Verfahren können Unternehmen ihre Deklarationspflichten gegenüber den EU-Mitgliedstaaten auf Dauer erheblich vereinfachen, indem sie eine zentrale Anlaufstelle nutzen.
Die Vorteile erläutert die Finanzverwaltung wie folgt:
Der One-Stop-Shop ermöglicht es Unternehmern, ihre unter die Sonderregelung fallenden Umsätze in einer besonderen Steuererklärung zu erklären, diese Steuererklärung zentral über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf elektronischem Weg zu übermitteln und die sich ergebende Steuer insgesamt zu entrichten."
Wer bereits am Mini-One-Stop-Shop-Verfahren teilgenommen hat, übernimmt auch automatisch das neue Verfahren. Alle anderen Unternehmen müssen jedoch eine Teilnahme beim BZSt beantragen.
Interessant kann zudem die Teilnahme an dem so genannten Import-One-Stop-Shop-Verfahren (IOSS) sein. Es handelt sich bei diesem Verfahren um eine umsatzsteuerliche Sonderregelung für Unternehmer, die von aus dem Drittlandsgebiet importierte Waren mit einem Sachwert von bis zu 150 Euro an Privatpersonen veräußern. Dank diesem Verfahren werden Zollerklärungen vereinfacht. Diese Sonderregelungen sind also für viele Firmen auf Dauer ressourcenschonend und damit auch wirtschaftlich attraktiv. Umgekehrt sind Deklarationspflichten zu beachten, die zunächst zu erheblichem Zusatzaufwand führen können.
Finanzverwaltung beantwortet Umsetzungsfragen
Informationen zu dem neuen Verfahren und zur Registrierung gibt das Bundeszentralamt für Steuern. In einem umfangreichen Schreiben hat auch das Bundesfinanzministerium zu wichtigen Umsetzungsfragen rund um die geänderten Regelungen Stellung bezogen. So beispielsweise zu folgenden Punkten:
- Bestimmung des Orts der Lieferung bei der Versandhandelsregelung (neu: Ort der Lieferung eines innergemeinschaftlichen Fernverkaufs)
- Einbeziehung von Betreibern elektronischer Schnittstellen in fiktive Lieferketten
- Erweiterung der einzigen Anlaufstelle (Nicht-EU-Verfahren und EU-Verfahren)
- Verfahren des Import-One-Stop-Shop (IOSS) nach § 18k UStG
- Einführung einer Sonderregelung zur Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer
- Abschaffung der 22 Euro-Freigrenze
Unternehmen sollten sich also die umsatzsteuerlichen Besonderheiten sehr genau anschauen. Wer hier Fehler macht, muss im Ernstfall mit erheblichen finanziellen Nachteilen rechnen. Zwar können auf Dauer mit den aktuellen gesetzlichen Maßnahmen grenzüberschreitende Geschäftsvorfälle vereinfacht werden, doch nicht selten besteht bei gewünschten Vereinfachungen im Steuerrecht erst einmal Klärungsbedarf. Denn die Neuregelungen sind umfangreich und komplex.
Eine Beratung durch einen externen Experten macht daher für viele, gerade kleinere und im Steuerrecht weniger versierte Unternehmen Sinn. Das gilt vor allem im Hinblick auf mögliche Umsetzungsfragen. Denn die Zeit bis zum 1. Juli ist knapp, um die internen Prozesse im Hinblick auf Steuern und Zoll entsprechend anzupassen.