Ausgetrocknete Seen und Flüsse sorgen für erhöhte Kohlenstoffdioxidemissionen. Bisher wurde dies kaum beachtet. Ein Projekt des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung will dies nun erforschen.
Selbst im Mitteleuropa trocknen Gewässer zumindest zeitweise immer häufiger aus. "Durch die fortschreitende globale Erwärmung werden Fließgewässer zunehmend auch in gemäßigten Klimazonen […] über längere Perioden trockenfallen", benennen die Springer-Autoren Gabriele Weigelhofer und Michael Tritthart im Zeitschriftenbeitrag Austrocknung von Bächen – eine Gefahr für die Wasserqualität? auf Seite 385 einen der Gründe.
Bisher kaum beachtet wurde, dass diese Austrocknung auch höhere Kohlenstoffdioxidemissionen verursacht und so zu einer weiteren Erwärmung des Klimas beitragen kann. Dies ist besonders gefährlich, da gerade die Gewässer durch ihre Fähigkeit zur Bindung von CO2 eine wichtige Rolle im Kohlenstoffkreislauf der Erde spielen.
Unterschätzte Gefahr
Die tatsächlichen Emissionen von Binnengewässern werden deutlich unterschätzt. Das zeigen die aktuellen Ergebnisse eines internationalen Forschungsprojekts unter der Leitung von Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) am Standort Magdeburg sowie des Katalanischen Instituts für Wasserforschung (ICRA).
"Alles begann 2013 während einer Messkampagne im spanischen Katalonien", berichtet Matthias Koschorreck, Biologe im Department Seenforschung des UFZ. Gemeinsam mit einem spanischen Team untersuchte er dort die Freisetzung von Treibhausgasen im Einzugsgebiet eines kleinen und im Sommer ausgetrockneten Flusses. Das Ergebnis: Die ausgetrockneten kiesigen Bereiche des Flussbettes setzten unerwartet große Mengen Kohlendioxid frei.
Die Ergebnisse an verschiedenen Messpunkten in Spanien und Deutschland ergaben gleiches. Dem sollte im wahrsten Sinne des Wortes auf den Grund gegangen werden. 2016 startete das Forschungsprojekt "dryflux". Zuerst wurde ein Mess- und Probenahmekonzept entwickelt und internationalen Netzwerke zum Mitmessen aktiviert.
Schließlich nahmen 24 Forscherteams aus aller Welt teil, die wiederum 196 Gebiete auf allen Kontinenten, mit Ausnahme der Antarktis, erfassten. Je Region wurden mindestens an drei trockenen Gewässern wie Fluss, See, Talsperre oder Teich drei sogenannte Kammermessungen durchgeführt. Dabei wird ein spezieller Messbehälter luftdicht auf den Boden gesetzt, so dass der Luftraum im Behälter von der Umgebungsluft getrennt ist. So kann die Veränderung des CO2-Gehalts in der Behälterkammer gemessen werden. Hinzu kamen Sedimentproben, bei denen Wassergehalt, organische Substanz und Salze sowie Temperatur und pH-Wert ermittelt wurden.
Problem in allen Klimazonen
"Über alle Klimazonen hinweg konnten wir deutliche CO2-Emissionen aus trockenen Bereichen von Gewässern ausmachen", erklärt Philipp Keller, der die Studienergebnisse auswertete. Die Forscher fanden zudem heraus, dass diese Emissionen häufig höher ausfallen als die Emissionen durchschnittlicher Wasseroberflächen der gleichen Größe. Würde all das in globalen Bilanzen von Gewässern berücksichtigt, erhöhte sich die CO2-Emission um insgesamt sechs Prozent.
Verantwortlich für den erhöhten CO2-Ausstoß sind Atmungsprozesse von Mikroorganismen. Je größer das Nahrungsangebot durch die organische Substanz im Boden, und je besser die Bedingungen wie Temperatur und Bodenfeuchte, desto aktiver sind sie und umso mehr Kohlendioxid wird freigesetzt. "Unsere Studie zeigt, dass die Kohlendioxidemissionen von Binnengewässern bislang signifikant unterschätzt werden", sagt Koschorreck.
Betroffen davon ist auch eine Energieform, die bisher als absolut nachhaltig und 100 Prozent CO2-frei galt: die Wasserkraft. "Die Verlandung und die Treibhausgasemissionen beeinflussen die Nachhaltigkeit von Stauseen in einem nicht zu unterschätzenden Ausmaß", stellen die Springer-Autoren Ardil Elicin, Yannick Dück und Christian Jokiel in ihrem Zeitschriftenbeitrag Entwicklung und Tests eines Verfahrens zur Reduzierung von Methanemissionen aus Stauseen auf Seite 26 fest.