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03.07.2020 | Umweltbelastung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mobile Station soll Feinstaub besser messen

verfasst von: Frank Urbansky

3:30 Min. Lesedauer

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Feste Messstationen für Luftemissionen sind oft unpräzise und stark vom Wetter abhängig. Die DLR entwickelte eine Messstation, die mobil ist und Emissionen in Echtzeit dort misst, wo sie entstehen.

Die Luftverschmutzung durch den Verkehr ist erheblich. "Dabei verursacht der motorisierte Straßenverkehr Luftschadstoffe wie Stickstoffdioxid und Feinstaub, Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan sowie Lärm und stellt damit ein gesundheitliches Risiko für die Bevölkerung und Reduzierung der Lebensqualität dar", beschreiben dies die Springer-Gabler-Autoren Jan Garde, Dirk Wittowsky, Ann-Kathrin Lieven und Volker Waßmuth in ihrem Buchkapitel Transformationen stadtregionaler Mobilitätssysteme auf Seite 262.

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Dabei gibt es ein durch den Europäischen Gerichtshof bestätigtes Recht auf saubere Luft. Immer weniger Städte sind in der Lage, die dafür vorgesehenen Messwerte einzuhalten. Feste Messstationen bestätigen immer wieder ein Überschreiten der Grenzwerte, woraufhin eigentlich eine Einschränkung des Verkehrs folgen müsste.

Stationäre Messstationen wenig präzise

Doch Kritiker bemängeln schon seit langem die mangelnde Präzision der festen Messstationen. Die Daten würden nicht in Echtzeit erfasst. Zudem spiele das Wetter eine große Rolle beim Entstehen der Werte. Und die Standorte seien häufig so gewählt, dass die Grenzwerte garantiert überschritten würden – etwa durch eine Platzierung zu nah am Straßenrand oder in Tallagen.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat nun ein Messfahrzeug entwickelt, das diese Nachteile aufwiegen soll. Es kann präzise, mobil und in Echtzeit Schadstoffe wie Ruß, Stickoxide oder CO2 in der Luft untersuchen.

Im DLR-Institut für Verbrennungstechnik wurde dafür ein Kleintransporter mit den notwendigen Messgeräten und Sensoren bestückt. Das fahrende Labor kann alle gasförmigen Schadstoffe und Partikelemissionen messen. Dabei geht die Auflösung weit über das Umweltmonitoring der stationären Messstationen hinaus.
Ein besonderes Augenmerk wurde auf ultrafeine Partikel (UFP) mit weniger als 100 Nanometern Durchmesser gelegt, die etwa im Ruß enthalten sind.

Diese können mit regulärer Umweltmesstechnik meist nicht erfasst werden. Sie sind jedoch besonders gesundheitsschädlich, da sie aufgrund ihrer geringen Größe tief ins Lungengewebe eindringen können. Der spezielle Rußmonitor des DLR-Messfahrzeugs kann kleinste Rußkonzentrationen bis zu 500 Nanogramm pro Kubikmeter Luft nachweisen.

"In den Diskussionen rund um Emissionsschutz und Schadstoffminderung tragen mobile Messungen zu einem deutlich umfassenderen Bild bei", so Tobias Schripp, der das Projekt am Stuttgarter DLR-Institut leitet. Mit dem Fahrzeug identifiziere man besonders belastete Bereiche wie Verkehrskreuzungen, und mache Emissionsquellen ausfindig. So könne man bestehende Daten zur Luftqualität besser bewerten und statistisch absichern.

Messungen an Flugzeugtriebwerken Vorbild

Die Spezialanalytik des mobilen Messlabors beruht auf den umfangreichen Erfahrungen des DLR-Instituts für Verbrennungstechnik bei der Messung und Analyse von Emissionen an Flugzeugtriebwerken. In Zukunft wird das Messfahrzeug bei Studien zum Einsatz kommen, die etwa alternative Treibstoffe in der Luftfahrt untersuchen. Weitere Anwendungsszenarien sind Messkampagnen in Forschungsprojekten sowie für öffentliche Auftraggeber, etwa für Untersuchungen im Autoverkehr und in der Schifffahrt oder eben Tests der Luftqualität in Städten.

Vor jeder Messkampagne wird ein individuelles Konzept erarbeitet, das Positionen, Routen und Dauer der Messungen sowie die zu erfassenden Parameter festgelegt. Das Fahrzeug verfügt über einen Euro-6d-Dieselantrieb. Der Auspuff ist dabei so ausgerichtet, dass er die Messergebnisse nicht beeinflusst. Eine Kombination aus Batterie, zusätzlicher Lichtmaschine und Solarzellen auf dem Dach des Fahrzeugs versorgt die Messgeräte mit Strom.

Aktuell werden erste Versuchsfahrten unternommen, um die Instrumente des mobilen Labors zu testen und zu justieren. Unterwegs waren sie zum Beispiel Mitte April 2020 rund um den Stuttgarter Flughafen. Aufgrund von Bauarbeiten an der Start- und Landebahn war der Flugbetrieb dort für einige Tage eingestellt. Diese einmalige Gelegenheit wurde genutzt, um Hintergrundmessungen zu machen. So konnte man Daten sammeln, wie sich die Luftqualität entwickelt, wenn keine Flugzeuge unterwegs sind und das Verkehrsaufkommen auf den umliegenden Straßen aufgrund der Corona-Krise deutlich reduziert ist. Weitere Einsätze des Messfahrzeugs sind im Zuge von Forschungsarbeiten im Bereich der Luftqualität etwa in Stuttgart und Braunschweig geplant.

Wie wichtig solche Projekte sind, ist auch auf die vielen Skandale rund um Messwerte oder Abgasmanipulationen zurückzuführen. "Spätestens seit dem Dieselskandal und der damit verbundenen Diskussion um Feinstaub ist die Luft in unseren Städten zu einem Symbol für den Umweltschutz geworden", benennt dies Springer-Autor Holger Albers in seinem Zeitschriftenbeitrag Dicke Luft messbar machen auf Seite 27.

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