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08.09.2020 | Umweltschutz | Schwerpunkt | Online-Artikel

Es braucht eine Strategie gegen Obsoleszenz

verfasst von: Christoph Berger

4 Min. Lesedauer

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Die vorzeitige Obsoleszenz von Produkten ist nicht im Sinn des European Green Deal und des Aktionsplans Circular Economy der Europäischen Kommission. Doch schon wenige Maßnahmen könnten das ändern.

"'Geplante Obsoleszenz' ist der Oberbegriff für betriebliche Strategien und Methoden von Herstellern und Handel, die zu einer Verkürzung der vom Verbraucher erwarteten Nutzungsdauer führen, um so den Neukauf zu beschleunigen. Die erste Beschreibung dieses Zusammenhangs geht auf Paul M. Gregory zurück, wobei dieser die geplante Obsoleszenz noch 'absichtliche Obsoleszenz' nannte", heißt es im Kapitel "Konsum neu denken – damit die Dinge besser werden" im Springer-Fachbuch "Verbraucherpolitik von unten".

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Wirtschaftswachstum beruht zu einem erheblichen Teil auf einer Durchsatzökonomie, die Überproduktion, sinkende Qualität und Lebensdauer von Produkten bei steigenden Abfallmengen in Gang gesetzt hat. In Deutschland und der gesamten EU besteht …

Doch genau diese Obsoleszenz ist es, auf der das Wirtschaftswachstum laut Helmut Maurer beruht. Im in der Springer-Fachzeitschrift "Nachhaltige Industrie" (Ausgabe 1/2020) von ihm veröffentlichten Fachartikel "Rahmengesetzgebung für eine nachhaltige Produktpolitik" schreibt er: "Wirtschaftswachstum beruht zu einem erheblichen Teil auf einer Durchsatzökonomie, die Überproduktion, sinkende Qualität und Lebensdauer von Produkten bei steigenden Abfallmengen in Gang gesetzt hat." In Deutschland und der gesamten EU bestehe daher dringender Handlungsbedarf.

Längere Haltbarkeit und Nutzung von Elektro- und Elektronikgeräten

Dies sehen das Öko-Institut und das Zentrum für Verbraucherforschung und nachhaltigen Konsum (vunk Pforzheim) ähnlich. Gemeinsam erarbeiteten sie im Auftrag des Umweltbundesamtes Vorschläge, die zu einer längeren Haltbarkeit und Nutzung von Elektro- und Elektronikgeräten führen. Denn Obsoleszenz widerspreche sowohl den Inhalten des European Green Deal als auch dem Aktionplan Circular Economy der Europäischen Kommission.

So heißt es im Green Deal, dass der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft auch Maßnahmen umfassen wird, mit denen Unternehmen ermutigt werden sollen, wiederverwendbare, langlebige und reparierbare Produkte anzubieten, und die es den Verbrauchern ermöglichen sollen, sich für solche Produkte zu entscheiden. Weiter ist zu lesen: "Im Rahmen des Aktionsplans wird untersucht, ob das Recht, Reparaturen durchzuführen, garantiert werden muss, und die geplante Obsoleszenz von Geräten, vor allem Elektronikgeräten, angegangen." Die Verbraucherpolitik werde dazu beitragen, die Verbraucher in die Lage zu versetzen, bewusste Entscheidungen zu treffen und aktiv am ökologischen Wandel mitzuwirken.

Transparenz für Verbraucher

Und im "Ein neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft – Für ein saubereres und wettbewerbsfähigeres Europa" ist festgehalten: "Die Kommission wird die weitere Stärkung des Schutzes der Verbraucher vor Grünfärberei und vorzeitiger Obsoleszenz prüfen und Mindestanforderungen für Nachhaltigkeitssiegel/-logos sowie für Informationsinstrumente festlegen."

"Um eine längere Haltbarkeit von Elektro- und Elektronikgeräten zu erreichen, benötigen wir eine breit angelegte Strategie gegen Obsoleszenz, die auch rechtliche Instrumente auf nationaler und europäischer Ebene umfasst", sagt demnach auch Friedhelm Keimeyer, Rechtsexperte für Umwelt- und Energierecht am Öko-Institut. Auch er und seine Kollegen formulierten in dem von ihnen verfassten Papier "Weiterentwicklung von Strategien gegen Obsoleszenz einschließlich rechtlicher Instrumente" Maßnahmen, die der Kreislaufwirtschaft gerecht werden:

  • Hersteller sollen die Mindestlebensdauer ihrer Produkte beim Kauf angeben müssen, damit Verbraucher diese beim Kauf berücksichtigen können. Verschleiße ein Gerät früher, sollten Käufer ihre Gewährleistungsrechte geltend machen können.
  • Durch eine Überarbeitung des deutschen Kaufrechts sollten die Rechte der Käufer gestärkt werden – wegen der neuen europäischen Warenkaufrichtlinie müsse dieses ohnehin bis spätestens 2021 reformiert werden. In diesem Zuge sollte die Gewährleistung bei defekten Produkten auf die erwartbare Lebensdauer angepasst werden und nicht länger auf zwei Jahre begrenzt bleiben. Und: In den ersten sechs Monaten nach einem Produktkauf sollte das Produkt verkaufende Unternehmen nachweisen müssen, dass das Produkt bei der Übergabe beziehungsweise Lieferung mangelfrei war.
  • Die neuen Reparatur- und Ersatzteilanforderungen der EU-Ökodesign-Richtlinie sollten nicht nur für die bislang beschriebenen fünf Produktgruppen, sondern für alle Elektro- und Elektronikgeräte gelten. Auch für diese müssten dann etwa Ersatzteile länger verfügbar und lieferbar sein – denn auch die nicht mehr garantierte Verfügbarkeit von Komponenten ist ein Problem mit der Obsoleszenz, wie im Kapitel "Obsoleszenzmanagement" des Springer-Fachbuchs "Betriebliche Instandhaltung" erklärt wird. In diesem Zusammenhang sollten die EU-Mitgliedstaaten ein unabhängiges Register für sogenannte "fachlich kompetente Reparateure" einrichten, empfehlen die Autoren vom Öko-Institut und vunk Pforzheim.

Produkte schon bei der Gestaltung "denken"

Eine weitere Maßnahme bringt schließlich noch Stefan Laser im Kapitel "Einführung: Rethinking waste und das Recycling von Elektroschrott" im Springer-Fachbuch "Hightech am Ende" ins Spiel. Und zwar geht es um die Gestaltung von Produkten, um deren Design und Aufbau. Laser schreibt: "Konkret habe ich mich mit 'modularen Smartphones' auseinandergesetzt, die baukastenförmig gestaltet seien sollten, sodass Elektroschrott als Problem von vornherein 'mitgedacht' wird." Auch dies würde der Kreislaufwirtschaft zugutekommen, da Einzelteile so nicht mehr fest verankert wären und damit nach Verschleiß leichter ausgetauscht werden könnten.

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