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Erschienen in:

01.04.2025 | Branche Zur Zeit gratis

(Un)berechenbares Risiko für Versicherer?

verfasst von: Marc Thamm

Erschienen in: Versicherungsmagazin | Ausgabe 4/2025

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Künstliche Intelligenz (KI) ist für Unternehmen ein wichtiges Werkzeug, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Durch komplexe Regulierungen gehen sie mit der Technik aber unabwägbare Risiken ein. Versicherer können sie beim Thema KI unterstützen, sehen sich jedoch mit einer ungeklärten Haftungsfrage konfrontiert.
Für 51,5 Prozent der IT-Dienstleister ist KI ein potenzielles Sicherheitsrisiko und stellt keine Chance dar. Das ergab 2024 eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts Statista unter Entscheiderinnen und Entscheidern in IT-Dienstleistungs- und IT-Beratungsunternehmen im Auftrag des Spezialversicherers Hiscox. Gleichzeitig nehmen 97 Prozent KI als wichtiges Wachstumsfeld wahr und als Technologie, die ihre Arbeit erleichtert (91 %).
Durch den Bedeutungszuwachs von KI für (IT-)Unternehmen und die gesamte Gesellschaft sollten sich Versicherer eingehend mit der Technologie auseinandersetzen, um Risiken, die KI mit sich bringt, für die eigenen Versicherungslösungen zu klären. Versicherer, die den Einsatz von KI pauschal ausschließen, vermeiden zwar komplexe Schadenfälle, indem sie die weitere Entwicklung dieser Technologie abwarten. Allerdings haben diese langfristig keine Zukunft, da sie nicht mit der Zeit gehen und die Bedürfnisse ihrer Versicherungsnehmer nicht berücksichtigen.

Ist Vorreiter der digitalen Transformation

Wie bedeutsam KI ist, zeigt sich bei der IT-Branche besonders gut, da sie als Wegbereiter der Wirtschaft beziehungsweise Industrie angesehen wird: Sie ermöglicht die Arbeit mit neuen Technologien und macht die Nutzer in Wirtschaft und Industrie zukunftsfähig. Als Vorreiter bei der digitalen Transformation steht die IT-Branche auch stets unter einem großen Innovationsdruck, dem sie nur standhalten kann, wenn sie möglichst kalkulierbare Risiken eingeht. Bei dieser konstanten Entwicklung sind Versicherungsunternehmen wichtige Partner, die IT-Firmen ermöglichen, Risiken auf sich zu nehmen, die sich durch Innovationen ergeben. Auch hier ist ein Risikotransfer durch Abschluss einer Versicherung unerlässlich, um den wirtschaftlichen Erfolg und das Überleben des IT-Unternehmens zu sichern.
Wie wichtig die Rolle von IT-Unternehmen für die Wirtschaft ist, verdeutlicht der stetig zunehmende Unterstützungsbedarf im Bereich KI: Beratende Berufe können ohne KI nicht mehr wettbewerbsfähig bleiben und brauchen Tools, die sie in ihrer alltäglichen Arbeit unterstützen und zum Beispiel Routineaufgaben übernehmen. Denn alle stehen vor dem gleichen Dilemma: Auftraggeber erwarten, dass Dienstleistungen zuverlässig, in Echtzeit erbracht werden, gleichzeitig sind Dienstleister dem Fachkräftemangel ausgesetzt. Auch IT-Unternehmen sind davon betroffen: 71 Prozent benutzen KI fast immer oder häufig. Die Künstliche Intelligenz übernimmt standardisierte Aufgaben, wie das Programmieren von Quellcodes, so dass sich die IT-Fachkräfte auf anspruchsvollere Aufgaben fokussieren können, die wiederum den Fortschritt im IT-Bereich vorantreiben.

Künstliche Intelligenz sorgt für neue Rollenprofile

Künstliche Intelligenz generell als Jobkiller anzusehen, ist falsch. Denn besonders in der IT-Branche zeigt sich, dass KI den Menschen nicht komplett ersetzen kann und auch nicht soll. Er ist wichtig, damit Aufgaben richtig sowie qualitativ hochwertig ausgeführt werden. Vielmehr transformiert KI die Aufgabenverteilung und sorgt für neue Rollenprofile. Dienstleister schreiben beispielsweise Prompts, um das gewünschte Ergebnis zu bekommen, und kontrollieren die Qualität des Outputs. Dadurch müssen sie die Informationen nicht selbst erarbeiten.
Zwar ist Künstliche Intelligenz in der IT-Branche eine große Chance, aber der Einsatz bringt auch viele Unsicherheiten mit sich. Gerade die Aspekte Haftung und Regulierung sind größtenteils noch unklar und bereiten IT-Dienstleistern deswegen Sorgen (46 %). Noch größer sind die Bedenken bei ihren Kundinnen und Kunden aus Sicht der Befragten (77 %). Außerdem rücken Verletzungen von Datenschutz- und Persönlichkeitsrechten durch generative KI stärker in den Fokus (43 %). Aber auch die mögliche Diskriminierung durch KI (29 %) sorgt für Bedenken.
Aufgrund der Unsicherheit bezüglich der erlaubten Nutzung und der Rechtsnormen zu KI (57 %) fordern 85 Prozent der befragten IT-Unternehmen eine klare Regulierung und Rechtsprechung für den Einsatz dieser Technik. Einen weltweit bisher einzigartigen Schritt in diese Richtung hat die Europäische Union mit der Verordnung über Künstliche Intelligenz (AI Act) gemacht. Dieses Papier erachten viele als sehr komplex, weshalb es auch kritisert wird. Der AI Act klärt erstmals - auch für Versicherer - relevante Grundsatzfragen wie die Definition von erlaubten und unerlaubten KI-Technologien. Bislang geht der AI Act aber nicht auf Aspekte wie das Durchsetzen von Schadenersatzansprüchen ein. Das führt dazu, dass sowohl die IT-Branche als auch Versicherer die Risiken nicht abschließend bewerten können. IT-Dienstleistende wünschen sich deswegen auch Unterstützung von ihrem Versicherer im Hinblick auf erlaubte Nutzung von KI (78 %) und einen Versicherungsschutz ohne Einschränkungen von Risiken durch KI-Nutzung oder bei einem Geschäftsmodell im Bereich KI (77 %).

Versicherungsbranche steht vor einem Dilemma

Versicherer sehen sich derzeit durch Unsicherheiten in der Regulierung mit komplexen Schadenfällen konfrontiert. Die Branche steht vor dem Dilemma, dass sie einschätzen muss, welche KI-Risiken sie beherrschbar absichern kann und wie sie aber auch den Anforderungen der Unternehmen gerecht werden kann. Beide Aspekte sind essenziell, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Für Kunden besonders attraktiv sind Versicherungslösungen mit „offenen Versicherungsbedingungen“, womit einfachformuliert alle Risikoszenarien abgedeckt sind, die nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind.
Die Umfrage zeigt am Beispiel der IT-Branche, dass IT-Dienstleister zwar ein sehr hohes Risikobewusstsein haben, es aber trotzdem Lücken im Versicherungsschutz gibt. Denn über ein Drittel der Befragten sind nicht gegen Cyber- und Datenrisiken abgesichert (38 %), 31 Prozent der befragten Unternehmen haben keine IT-Berufshaftpflicht und 29 Prozent besitzen keine IT-Betriebshaftpflicht, die bei KI-basierten Personen- und Sachschäden greift. Der Grund: Viele wissen nicht, dass es diverse Versicherungslösungen gibt, die die bestehenden Risiken absichern können. Über diese müssen Maklerinnen und Makler sowie Versicherer künftig noch stärker aufklären. Denn klar ist: KI ist gekommen, um zu bleiben.

Kompakt

  • Durch den Bedeutungszuwachs von KI sollten sich Versicherer eingehend mit dieser Technik beschäftigen, um Risiken, die KI mit sich bringt, für die eigenen Lösungen zu klären.
  • KI bietet in der IT-Branche große Chancen, der Einsatz bringt aber auch viele Unsicherheiten mit sich.
  • Die IT- und die Versicherungsbranche können die von KI ausgehenden Risiken nicht abschließend bewerten.

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Metadaten
Titel
(Un)berechenbares Risiko für Versicherer?
verfasst von
Marc Thamm
Publikationsdatum
01.04.2025
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Versicherungsmagazin / Ausgabe 4/2025
Print ISSN: 1616-1963
Elektronische ISSN: 2192-8622
DOI
https://doi.org/10.1007/s35128-025-2613-9