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2022 | Buch

Unbemannte Flugsysteme in der medizinischen Versorgung

Strategien zur Überwindung von Innovationsbarrieren

herausgegeben von: Dr. Mina Baumgarten, Prof. Dr. med. Klaus Hahnenkamp, Prof. Dr. Steffen Fleßa

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Über dieses Buch

Unbemannte Flugsysteme (unmanned aerial systems, UAS) in der medizinischen Versorgung einsetzen – was für viele noch ein wenig futuristisch klingt, ist aktuell Gegenstand mehrerer Projekte in Deutschland. Über 20 Autoren verschiedenster Fachgebiete präsentieren in diesem Buch ihre Erfahrungen, Analysen und Ergebnisse als interdisziplinäres Positionspapier. Sie stellen den Status quo der UAS-Entwicklung in Deutschland vor, entwickeln Anwendungsszenarien für unbemannte Flugsysteme in künftigen medizinischen Versorgungskonzepten, identifizieren die wichtigsten Innovationsbarrieren bei der Umsetzung in aktuellen Strukturen der Gesundheitsversorgung und zeigen Wege zu ihrer Überwindung auf. Dabei werden sowohl versorgungsstrukturelle, technische, rechtliche, gesetzliche als auch konzeptionelle Barrieren und Fragestellungen thematisiert. Den Experten gelingt es, die komplexen Inhalte aus den vier Themengebieten zur medizinischen Versorgung, Richtlinien, UAS-Technik sowie zur Entwicklung künftiger Betriebskonzepte verständlich zu machen. Angesprochen werden alle Akteure des Innovationsprozesses um medizinische UAS. Für künftig standardisierte Einsätze zählen darunter politische Akteure mit Richtlinienkompetenz, medizinische Anwender und Kaufleute des Versorgungssystems, wie auch Entwickler von UAS-Technik und Infrastruktur im Gesundheitssektor.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Innovation durch unbemannte Flugsysteme im Gesundheitswesen

Frontmatter
1. Innovation in der Gesundheitsversorgung
Zusammenfassung
Die Veränderung der Altersstruktur in Deutschland ist auf zwei wesentliche Faktoren zurückzuführen. Zum einen steigt, durchaus auch im medizinisch-technischen Fortschritt begründet, die Lebenserwartung der Bevölkerung. Zum anderen stehen dieser Entwicklung sinkende Geburtenzahlen gegenüber (Vgl. Kühn, 2017). Abb. 1.1 zeigt die Altersverteilung der deutschen Bevölkerung im Jahr 2018 und vergleichend dazu die Prognose für das Jahr 2060. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich im Jahr 2060 die Altersstruktur weiter zu Lasten der jüngeren Bevölkerung verschoben haben wird.
Julia Kuntosch, Johann Röper, Mina Baumgarten, Klaus Hahnenkamp, Steffen Fleßa
2. Allgemeine rechtliche Rahmenbedingungen für die Nutzung von UAS
Zusammenfassung
Auf nationaler Ebene wird der Betrieb von UAS luftrechtlich maßgeblich durch das Luftverkehrsgesetz (LuftVG), die Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) und die Luftverkehrs-Zulassung-Ordnung (LuftVZO) geregelt. Auf europäischer Ebene sind die Delegierte Verordnung (EU) 2019/945 und die Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 anzuwenden (s. dazu Abschn. 2.2), wobei erstere maßgeblich die Konstruktion und Herstellung von UAS zum Gegenstand hat und zweite insbesondere detaillierte Bestimmungen für den Betrieb von UAS sowie für das Personal enthält. Die Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 gilt seit 31. Dezember 2020 unmittelbar in den Mitgliedsstaaten. Sofern das deutsche Recht in Erwartung der in Arbeit befindlichen Anpassung dem unmittelbar geltenden EU-Recht derzeit noch entgegensteht, wird hierauf im Folgenden gesondert hingewiesen. Darüber hinaus hat das damalige Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Dezember 2020 einen Referentenentwurf (in der Folge „RefE“) veröffentlicht, aus dem hervorgeht, inwiefern das nationale Luftrecht an die Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 angepasst werden soll. Die nachfolgenden Ausführungen sind daher stets vor diesem Hintergrund zu lesen.
Mina Baumgarten, Oliver Heinrich, Felix Schwarz, Paul Studt

Teil II

Frontmatter
3. Zustellung von medizinischem Gerät am Beispiel von automatischen externen Defibrillatoren
Zusammenfassung
Die Zustellung von automatischen externen Defibrillatoren (AEDs) ist als exemplarisch für den Transport von medizintechnischem Kleingerät zu betrachten. Das Nutzungspotenzial eines bestehenden UAS-Netzwerkes und die Möglichkeiten zu dessen Erweiterung sind weitreichend: So könnte neben AEDs auch weiteres medizinisches Gerät transportiert werden, etwa Rettungsbojen der Wasserwacht oder telemedizinisches Gerät für audiovisuelle Aufnahmen und Wiedergaben. Die beteiligten Projekte befassen sich aktuell noch vorrangig mit der Zuführung von AEDs, Konzepte zur Ausweitung der Nutzung sind jedoch bereits in Arbeit.
Mina Baumgarten, Johann Röper, Julia Kuntosch, Steffen Fleßa, Oliver Heinrich, Skadi Stier, Klaus Hahnenkamp
4. Transport von Labor- und Gewebeproben sowie Blutprodukten
Zusammenfassung
Labormedizinische und pathologische Untersuchungen stellen teils hoch spezialisierte Leistungen der Gesundheitsversorgung dar, die zentral für verschiedene Leistungserbringer vorgehalten werden. Im Rahmen der epidemiologischen Transition, die auch künftig zunehmende chronische Krankheiten für das deutsche Krankheitspanorama impliziert, kommt diesen Laboreinrichtungen eine steigende Bedeutung zu. Zentrale Organisationsstrukturen resultieren aus dem Grad der Spezialisierung und der Kostenintensität der angebotenen Leistungen. Zudem besteht ein hoher Mangel an medizinischem Personal. Eine zentrale Organisationsstruktur vermeidet daher Ineffizienzen und ermöglicht die Versorgung weiterer Krankenhäuser, die die spezialisierten Einrichtungen nicht selber vorhalten müssen.
Sabrina John, Dominik Eichbaum, Beate Elbers, Oliver Heinrich, Adrian Scheunemann, Andreas Greinacher, Holger Schulze, Klaus Tenning
5. Multifunktionale UAS im Krisenmanagement
Zusammenfassung
Multifunktionale UAS müssen nicht nur für einen speziellen Einsatzzweck in der Notfallversorgung vorgehalten werden. Vielmehr können sie in einer Vielzahl von Szenarien im Rahmen von Rettungseinsätzen genutzt werden. Die Aufgaben, bei denen UAS Rettungskräfte oder Personen direkt am Einsatzort oder in Krisensituationen spezielle Unterstützung bieten können, erstrecken sich über sechs Bereiche.
Mina Baumgarten, Andreas Follmann, Michael Czaplik, Oliver Heinrich, Johann Röper

Teil III

Frontmatter
6. Entwicklungshindernisse aus dem aktuellen Versorgungssystem
Zusammenfassung
Die vorgenannten Forschungsprojekte stellen Förderansätze politischer Auftraggeber/innen dar und folgen oftmals gleichen oder ähnlichen Zielsetzungen. Der Erfolg der Projekte führt zu sehr unterschiedlichen Umsetzungen und bereichert somit zunächst die Forschung und Entwicklung. Diese Vielfalt liegt in der unterschiedlichen Bewertung komplexer Sachverhalte und Entwicklung projektbezogener Lösungen begründet, die jedoch nicht ohne weiteres übertragbar sind. Deshalb ergeben sich Insellösungen, die die Schwierigkeit illustrieren, außerhalb von geschützten Projekträumen flächendeckende Innovationen umzusetzen. Zeitgleich birgt dies das hohe Risiko eines redundanten Ressourceneinsatzes, insbesondere dort, wo den Forschungsansätzen Transparenz und Zwischenergebnisse fehlen.
Berthold Henkel, Beate Elbers, Johann Röper, Julia Kuntosch, Skadi Stier, Steffen Fleßa, Mina Baumgarten, Klaus Hahnenkamp
7. Gesetzliche Betriebshindernisse
Zusammenfassung
Jeglicher Einsatz von UAS wird von rechtlichen Rahmenbedingungen geregelt, aus denen sich praktische Hindernisse für den spezifischen wie auch für den allgemeinen Flugbetrieb ergeben. Dabei werden die besonderen Anforderungen von UAS-Einsätzen kaum berücksichtigt, zudem errichten diese Regelungen wesentliche Barrieren für die Innovationsadoption, zumal sie nicht mit der technischen Entwicklung Schritt halten (können).
Mina Baumgarten, Oliver Heinrich, Felix Schwarz, Paul Studt
8. Technische Entwicklungslücken
Zusammenfassung
Schnelligkeit spielt im medizinischen Einsatz in der Regel eine wesentliche Rolle, Fluggeräte müssen deshalb gewisse Mindestgeschwindigkeiten über Grund aufweisen. Für die Limitierung der Reisegeschwindigkeit ist die jeweilige Bauweise des UAS-Systems verantwortlich. So können Multicopter-Schwebesysteme aufgrund ihrer Bauart bei gleicher Systemleistung nicht das Tempo eines Starrflüglers erreichen. Aber auch Umwelteinflüsse, Wind und Wetter erschweren die Start- und Landevorgänge und mindern die erreichbaren Reisegeschwindigkeiten erheblich. Das heißt, dass die unbemannten Luftfahrzeuge in der Lage sein müssen, solche Beeinträchtigungen zu kompensieren, wodurch das tatsächliche Versorgungsgebiet erheblich verkleinert wird.
Sabrina John, Gordon Strickert, Holger Schulze
9. Klärungsbedarf für Betriebskonzepte
Zusammenfassung
Bisher herrscht Unsicherheit, wie Vergabe- und Leistungserstellungsmechanismen für Dienstleistungen im Bereich UAS-basierter Medizinlogistik mit möglichst hoher innovationsfördernder Wirkung gestaltet werden könnten. Gleiches gilt auch für die Leistungsvergütung, die für die Entstehung von die für die Entstehung von Märkten rahmengebend wäre. Die Innovationsbarriere besteht somit im hier Vorgang der Übertragung öffentlicher Aufgaben zur Daseinsvorsorge im Gesundheitswesen auf (mögliche) nicht-öffentliche Leistungserbringende.
Johann Röper, Julia Kuntosch, Sabrina John, Hanna Steinebach, Suzan Lara Tunc, Steffen Fleßa, Klaus Hahnenkamp, Mina Baumgarten

Teil IV

Frontmatter
10. Zukünftiges Design von Versorgungssystemen
Zusammenfassung
Um die anzustrebende flächendeckende und standardisierte Umsetzung von medizinischer UAS-Versorgung zu realisieren, bedarf es eines einheitlichen Förderkonzeptes in Deutschland. Nach einer Initialphase, in der die Diversität der Ideen in kleineren Projekten noch im Vordergrund stehen mag, ist zunehmend eine langfristige Verknüpfung erfolgreicher Projekte anzustreben.
Berthold Henkel, Beate Elbers, Johann Röper, Julia Kuntosch, Skadi Stier, Steffen Fleßa, Mina Baumgarten, Klaus Hahnenkamp
11. Vorschläge zur Gestaltung von Richtlinien
Zusammenfassung
Um ein Angebot von UAS-Betreibern in der Gesundheitsversorgung aufzubauen, sind möglichst einfache Erlaubnis- und Genehmigungsverfahren zu schaffen. Hilfreich wäre sowohl von Behörden- als auch Betriebsseite die Erstellung klarer, auf die Gesundheitsversorgung zugeschnittener Anforderungskataloge. Bei deren Erfüllung muss eine gebundene Entscheidung zur Erteilung der Betriebserlaubnis erfolgen. Selbst wenn aufgrund privilegierten Betriebs eine solche Erlaubnis formal nicht erforderlich ist, böte ein Anforderungskatalog eine wertvolle Leitlinie für Behörden und andere privilegierte Betreiber, um allgemein die Anforderungen an den sicheren Luftverkehr und speziell die Sicherheitsziele der EU-Verordnungen einzuhalten.
Mina Baumgarten, Oliver Heinrich, Felix Schwarz, Paul Studt
12. Anforderung an Hersteller der UAS-Technik
Zusammenfassung
Die Reichweite und die Nutzlast der Fluggeräte müssen auf die geplanten Einsatzanforderungen ausgelegt sein. Dabei ist zu beachten, dass die UAS in der Regel am Einsatzort keine Möglichkeit des Akkuwechsels haben werden. Insofern müssten genug Reserven einberechnet werden, damit das UAS wieder zum Ausgangspunkt zurückfliegen könnte und darüber hinaus noch genug Kapazitäten für ein Contingency Management, also z. B. dem Ausweichen gegenüber anderen Luftverkehrsteilnehmern, vorhanden sind.
Gordon Strickert, Sabrina John, Johann Röper, Holger Schulze
13. Voraussetzungen für Betriebskonzepte
Zusammenfassung
In der Schnittmenge der drei anderen Themengebiete dieses Positionspapiers – Versorgungssysteme, Richtlinien und Technik – bilden sich die Konzepte zur Ausgestaltung UAS-basierter Medizinlogistik. Für eine langfristige Innovationsadoption ihres systematischen Betriebs bedarf es indes einer logistischen Infrastruktur. Bisher konnte der aktuelle Forschungsstand zu medizinischen UAS in Deutschland nicht zum Design von Betriebskonzepten mit reellen Umsetzungschancen in einem langfristigen Realbetrieb führen.
Johann Röper, Julia Kuntosch, Sabrina John, Hanna Steinebach, Suzan Lara Tunc, Steffen Fleßa, Klaus Hahnenkamp, Mina Baumgarten
Backmatter
Metadaten
Titel
Unbemannte Flugsysteme in der medizinischen Versorgung
herausgegeben von
Dr. Mina Baumgarten
Prof. Dr. med. Klaus Hahnenkamp
Prof. Dr. Steffen Fleßa
Copyright-Jahr
2022
Electronic ISBN
978-3-658-35372-8
Print ISBN
978-3-658-35371-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35372-8