Ukraine-, Energie-, Wirtschafts- und Corona-Krise: So schlimm war es seit Jahrzehnten nicht. Doch während die Politik unter den aktuellen Herausforderungen ächzt, sehen sich die CEOs trotz Rezession gut gerüstet, ergibt eine globale Umfrage.
Schlimmer geht immer, scheint die Devise der Unternehmenslenker in den größten Unternehmen der Welt zu sein. Sie stecken den Kopf angesichts der gestiegenen Energiekosten und der wirtschaftlichen Flaute keinesfalls in den Sand, sondern blicken optimistisch in die Zukunft. Das hat eine weltweite KPMG-Umfrage unter 1.325 CEOs im August ergeben, darunter 125 aus Deutschland.
Alle Unternehmen, die von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für den CEO-Outlook 2022 befragt wurden, haben einen Jahresumsatz von mehr als 500 Millionen US-Dollar und stammen neben Deutschland aus Australien, Kanada, China, Frankreich, Indien, Italien, Japan, Spanien, dem Vereinigten Königreich sowie den USA.
CEOs rechnen mit kurzer Rezession
Auch wenn die meisten befragten CEOs nur eine kurze Rezessionsphase erwarten (58 Prozent), gehen 71 Prozent davon aus, dass der Gewinn ihres Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten um bis zu zehn Prozent schrumpfen könnte. Ebenso viele sehen die weltwirtschaftliche Entwicklung der kommenden drei Jahre aber grundsätzlich positiv. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Corona-Pandemie.
Eine Erklärung für die durchaus positive Stimmung mag sein, dass drei Viertel (76 Prozent) bereits vorbeugende Maßnahmen für eine drohende Rezession getroffen haben. Daher sind die Führungskräfte in Hinblick auf die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft in den nächsten sechs Monaten zuversichtlich (73 Prozent). Auch sind 47 Prozent geneigt, über Fusionen zu expandieren.
Als Risiken für das angestrebte Wachstum nennen die Firmenchefs neue beziehungsweise disruptive Technologien, Betriebsprobleme, regulatorische Bedenken, auch rund um die ESG-Bestrebungen (Environment, Social, Governance), den Klimawandel sowie Reputationsgefahren. Um die Wachstumsziele zu sichern, hat die Gewinnung und Bindung qualifizierter Arbeitskräfte hohe Priorität.
Wie Unternehmen krisenresilient werden
Wie Unternehmen Resilienzmaßnahmen als Schutz vor Krisen herleiten können, beschreibt Achim Röhe. Ein Modell ist das "Semantische Muster der Risikoklassen", mit dessen Hilfe sich Gefahren einordnen und nach Wahrscheinlichkeit clustern lassen.
Risikoklassen | Relevanz für Unternehmen | Betroffene von Schadensereignissen | Probleme bezüglich der Resilienz |
Unmittelbare Bedrohung | Unternehmen, die über technische Risiken mit hohem Katastrophenpotenzial verfügen | Alle Mitarbeiter, unter Umständen große Teile der Bevölkerung | Geringe Eintrittswahrscheinlichkeit |
Schicksalsschlag | Alle | Alle Mitarbeiter | Geringe Eintrittswahrscheinlichkeit |
Herausforderung der eigenen Kräfte | Alle | Alles Mitarbeiter | Variable Eintrittswahrscheinlichkeit, abhängig vom Verhalten einzelner Individuen |
Glückspiel | Alle | Vorrangig Management | Variable Eintrittswahrscheinlichkeit, abhängig von Gewinn- oder Verlustwahrscheinlichkeiten |
Frühindikator schleichender Gefahren | Alle | Alle | Mangelnde Risikoeinschätzung, Abhängigkeit von Experten |
Quelle: Buch "Das resiliente Unternehmen – Die Krisen der Zukunft erfolgreich meistern" (2022), Seite 75.
Auch wenn nicht alle Risikoklassen auf den ersten Blick zu Unternehmen zu passen scheinen, zeigt der Springer-Autor am konkreten Beispiel die Relevanz auf. So sind mit 'Schicksalsschläge' Ereignisse wie ein Jahrhunderthochwasser gemeint, das Unternehmen, Mitarbeiter und Bevölkerung gleichermaßen treffen könne.
'Glücksspiel' als Kategorie kann auf Firmen angewandt etwa ein großes Compliance-Problem darstellen. Denn es kommt nicht selten vor, dass Firmengelder missbraucht oder veruntreut werden. Ein konkretes Beispiel dafür sind laut Röhe riskante Zinsspekulationen.
Risikoklassen und Krisenprävention
Den Nutzen der "Semantische Muster der Risikoklassen" für die Krisenprävention fasst der Experte folgendermaßen zusammen (Seite 79 f.):
- Die Abwehr von Risiken führt zu unternehmerischer Robustheit.
- Je mehr Erfahrung mit Risiken und Risikoklassen besteht, desto besser ist ein Risiko einschätzbar.
- Je besser ein Risiko quantifizierbar ist, desto genauer lassen sich Resilienzmaßnahmen definieren.
- Lineare Risiken sind besser bewertbar als Risiken, die einem stochastischen Ursache-Wirkungszusammenhang unterliegen.
- Je höher das Risiko ist, desto umfangreicher sind die zu treffenden Schritte für mehr Widerstandskraft.
- Die Steigerung von Resilienz lässt sich in drei Maßnahmenarten untergliedern: in initiale (einmalig zu definieren), kontinuierliche (regelmäßig zu prüfen und anzupassen) und finanzielle (regelmäßig zu prüfen und anzupassen).
- Totalvermeidung eines Risikos ist meist nur eine theoretische Möglichkeit.
Unternehmen sollten ich auf jeden Fall bewusst machen, dass ein präventiv minimiertes Risiko dazu führt, resilienter gegen die von diesem ausgehenden Gefahren zu werden.