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29.01.2014 | Unternehmensführung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Eine Agenda für gute Führung

4 Min. Lesedauer

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Gegensätze und Widersprüche prägen den Alltag vieler Top-Manager. Wie vor diesem komplexen Hintergrund gute Führung gelingen kann, beschreibt Springer-Autor Burkhard Schwenker in einem Gastbeitrag.

Wer hätte vor nur zehn Jahren gedacht, dass das Internet doch noch den Einzelhandel revolutioniert oder dass grüne Technologien unseren Wachstumskurs bestimmen; dass China zur größten Exportnation aufsteigt und Amerika das "Pacific Age" ausruft; dass die Finanzmärkte völlig außer Kontrolle geraten und so die  größte Wirtschaftskrise seit 80 Jahren entsteht; oder dass Schiefergas und Fracking die internationalen Energiemärkte in kürzester Zeit auf den Kopf stellen?

Wir wissen, dass Trends und Prognosen nicht mehr verlässlich sind, und trotzdem müssen wir planen, rechnen und über Investitionen entscheiden. Wir wissen, dass wir interdisziplinär denken müssen, um den Überblick zu behalten, und gleichzeitig brauchen wir exzellente funktionale Kompetenzen, um unsere Unternehmen im Tagesgeschäft gut zu führen. Gegensätze und Widersprüche wie diese prägen heute den Alltag eines jeden Top-Managers. Wie kann vor diesem Hintergrund gute Führung aussehen?

Fundamentale Zweifel an der Vorhersagbarkeit der Zukunft

Ungewissheit begleitet uns heute in der Unternehmensführung fast überall. Risiken werden größer, technologische Sprünge dynamischer, globale Verwicklungen komplexer. War die Welt früher dadurch gekennzeichnet, dass wir zumindest mit der Fiktion einer mittelfristigen Gewissheit arbeiten konnten, sind wir heute konstant mit fundamentalen Zweifeln an der Vorhersehbarkeit der Zukunft konfrontiert.

Heute kann sich niemand mehr hinter einer Zahl verstecken, sondern muss imstande sein zu erläutern, was seine Überzeugung ist und welches Zukunftsbild er vor Augen hat. Führung wird wieder direkter und persönlicher, weniger technokratisch, näher an den Menschen, näher am Geschäft, an Kunden, an Technologien. Kurz: Führung wird unternehmerischer! Sie erfordert Persönlichkeit, Mut, Reflexionsvermögen und ein festes Wertegerüst. Es geht darum, Stellung zu beziehen, Überzeugungen zu haben und diese durchzusetzen.

Wer sich nicht verändert, verschwindet

Fehlen einem Manager die Eigenschaften, den Wandel erkennen und darauf kraftvoll und mutig reagieren zu können, führt das künftig immer schneller zum Scheitern. Die wichtigste Aufgabe des Top-Managements ist es also, Veränderungen zu analysieren und aus den Beobachtungen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Denn Unternehmen scheitern vor allem, weil sie (also ihre Führung) sich zu lange auf ihren Lorbeeren ausruhen, der Mut und manchmal auch die Kreativität fehlen, sich schnell und grundlegend zu verändern, und die Entscheider nicht aus überkommenen Denkmustern ausbrechen können. Die Frage, wie unternehmerische Entscheidungen gut – also schnell, konsequent, überzeugend – umgesetzt werden, stellt sich immer wieder neu, genauso wie die Frage nach dem Erreichen eines nachhaltigen Wachstumskurses. Vier Punkte erscheinen mir dafür wichtig:

Die Elemente guter Führung

Erstens: Interdisziplinäres Denken fördern! Es kommt heute wieder mehr auf unternehmerisches Gespür an, weil die Berechenbarkeit abnimmt. Es ist wichtig, ein eigenes Bild der Zukunft entwickeln zu können, nicht jedem Trend nachzulaufen. Wenn wir der Ungewissheit erfolgreich begegnen wollen, müssen wir Brücken bauen zwischen betriebswirtschaftlichem Denken (wie erreicht man Wettbewerbsvorteile?), volkswirtschaftlichem Denken (wie funktioniert Wachstum?), gesellschaftspolitischem Denken (welche Einstellungen prägen künftig Gesellschaften?) und geopolitischem Denken (was bedeuten regionale Bündnisse?).

Zweitens: Für den richtigen Nachwuchs sorgen! Reflexion und interdisziplinäres Denken entstehen nicht von allein. Wir müssen an den Hochschulen (wieder) "mehr Theorie wagen", philosophische Grundlagen vermitteln, analytische Denkmodelle in den Vordergrund stellen. Und gleichzeitig müssen wir die Rekrutierungspolitik in unseren Unternehmen anpassen. Es geht nicht mehr (allein) um den "optimierten Lebenslauf" mit kurzen Studienzeiten, Praxiswissen und passenden Praktika, sondern auch um Ecken und Kanten, um die Erfahrungen aus anderen Disziplinen und Lebenswelten.

Drittens: Leadership und Management austarieren! Wir brauchen ein neues Gleichgewicht: Dem Glamour, "vorne zu stehen", muss ein selbstbewusstes Eintreten für gutes, handwerkliches Management entgegengesetzt werden. Gute Führungskräfte "denken und sagen wir statt ich" (Peter Drucker) – und stehen für die Eigenschaften, die das ausmachen: Optimismus, Mut, Balance halten, Vertrauen, Fairness, Integrität.

Viertens: Werte persönlich machen! Wenn die Menschen in unseren Unternehmen durch die Ungewissheit verunsichert sind, dann spielt vor allem das Vertrauen in die Führungskräfte eine entscheidende Rolle. Deswegen reicht es nicht, konzeptionell über Werte zu reden; Werte wirken nur, wenn sie auch persönlich werden. Im Kern geht es, frei nach Martin Hilb, um drei zentrale Eigenschaften: a cool head, a warm heart and working hands. Oder in meiner Übersetzung: Gute Führung braucht einen "kühlen Kopf", denn analytische Fähigkeiten sind im Umgang mit Komplexität von entscheidender Bedeutung; gute Führung braucht ein "warmes Herz", denn wer führen will, muss Menschen mögen und bereit sein, Verantwortung zu übernehmen; gute Führung braucht "tatkräftige Hände". Denn führen heißt, hart zu arbeiten und Risiken zu tragen.

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