Die grüne Transformation von Unternehmen kommt nicht voran. Gründe sind die Unsicherheit bei den politischen Leitplanken sowie die komplizierten Regularien. Das hat eine Studie der Bertelsmann Stiftung ergeben.
Es geht bei der nachhaltigen Transformation langsamer voran als erhofft. Ein Grund ist die unklare politische Strategie rund um ESG.
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Viele Unternehmen müssen ihr Umweltengagement, soziale Aspekte sowie Fragen der Unternehmensführung (Environmental, Social, Governance, kurz ESG) bereits in Nachhaltigkeitsberichten für Investoren und andere Stakeholder transparent kommunizieren.
Mit der Absicht, ihre Treibhausgase zu reduzieren, entwickeln immer mehr Firmen Maßnahmen mit dem Ziel der Klimaneutralität. Allerdings sorgen die politischen Vorgaben und Regelwerke aktuell für große Verunsicherung und torpedieren den nachhaltigen Wandel in der Wirtschaft.
So äußerten im "Sustainability Transformation Monitor" der Bertelsmann Stiftung von rund 600 Unternehmen etwa 71 Prozent der Befragten in der Realwirtschaft (422 Teilnehmer) und fast 80 Prozent der Teilnehmer (170) in der Finanzbranche, ihnen bereite diese Unsicherheit mehr Kopfzerbrechen als in den Vorjahren.
Realwirtschaft hadert mit Klimazielen
Zur Realwirtschaft zählen Betriebe, die mit der Produktion sowie dem Vertrieb und Konsum von Gütern und Dienstleistungen befasst sind. Laut Studie stagniere hier die nachhaltige Transformation in vielen Bereichen. Demnach ist es nur 13 Prozent der befragten Unternehmen gelungen, ihre Klimapläne aus dem Vorjahr umzusetzen. 77 Prozent blieben rund um ihre Treibhausgasbilanz tatenlos und zehn Prozent haben ihre Nachhaltigkeitsziele zwischenzeitlich sogar aufgegeben.
Neben der unklaren politischen Situation, mangelt es offenbar auch an den nötigen finanziellen Anreizen. 82 Prozent der Betriebe aus der Realwirtschaft und 75 Prozent der Finanzbranche gaben laut Bertelsmann Stiftung an, dass die Nachhaltigkeitsziele nicht an die Vergütung von Führungskräften oder anderen relevanten Entscheidungsträgern gekoppelt sind.
ESG-Investitionen rückläufig
Erschwerend hinzu kommt laut der Studienautoren, dass das Thema Nachhaltigkeit bei Finanzierungsentscheidungen an Bedeutung verliere. Für knapp die Hälfte der Unternehmen sind ESG-Aspekte demnach in Investitionsgesprächen "unwichtig" oder "eher unwichtig".
Eine positive Entwicklung kann die Studie allerdings auch ermitteln: Denn immer mehr Unternehmen verfügen über eine eigene Nachhaltigkeitsabteilung. In der Realwirtschaft ist deren Anteil sogar um 15 Prozentpunkte auf 51 Prozent gestiegen. Fortschritte gibt laut es Bertelsmann Stiftung auch dabei, die CO2-Emissionen der Unternehmen zu erheben. Mittlerweile messen beinahe 60 Prozent der befragten Firmen ihren Kohlendioxidausstoß entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Das mag auch mit den gesetzlichen Berichtspflichten wie der Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD, zusammenhängen. Allerdings monieren die Unternehmen der Realwirtschaft, dass bei dieser Regulatorik der Aufwand den Nutzen überwiege.
Politik bremst nicht nur
Auch wenn sich viele Unternehmen durch politische Unwägbarkeiten bei einer nachhaltigen Entwicklung behindert sehen, sprechen sie den politischen Akteuren durchaus zu, dennoch Treiber der Transformation zu sein. Während sich bei den Banken rund 70 Prozent in diesem Tenor äußern, sind es in der Realwirtschaft 62 Prozent.
Als wichtigste Motivation für mehr ökologische und soziale Entwicklung bezeichnen die Umfrageteilnehmer ferner künftige Mitarbeitende. Während fast 74 Prozent der Firmen die Arbeitgeberattraktivität für Bewerber nennen, sehen rund 61 Prozent der Befragten die Jugend im Allgemeinen als Katalysator.
Die Studienautoren entdecken neben den negativen Entwicklungen in Summe durchaus auch Lichtblicke. "Mehr eigenständige Nachhaltigkeitsabteilungen, die Anbindung an den Vorstand, mehr Routine im Umgang mit den Vorgaben: All das zeigt, dass das Thema Nachhaltigkeit in den Unternehmen tief verankert ist", sagt Nachhaltigkeitsexperte Fritz Putzhammer. "Auch wenn der Fortschritt derzeit langsamer voranschreitet, steht fest: Nachhaltigkeit wird immer mehr ein zentraler Bestandteil unserer Wirtschaft."