So manche Neugründung scheitert hierzulande an der "German Angst", eine Bruchlandung hinzulegen, oder an der Finanzierung. Dagegen kann das Modell eines Corp-up helfen, so Gastautor Didier Dumont. Es sichert vor allem am Anfang das Überleben von Start-ups.
Gründer sind in Deutschland rar und die Zahlen gehen von Jahr zu Jahr weiter zurück. Die Covid-19-Pandemie wird diese Abwärtsspirale weiter beschleunigen. Aktuell fürchten bereits 70 Prozent der Start-ups um ihre Existenz, keine rosigen Aussichten für Gründer. Auch für Neugründungen ist nicht die richtige Zeit, denn Investoren werden momentan vergeblich gesucht und US-Investoren ziehen sich aufgrund von Corona aus Europa zurück.
Diese sind aber nötig, um eine langfristiges Bestehen zu garantieren. Vor allem am Anfang sichern sie das Überleben vieler Start-ups, denn das Risiko zu scheitern ist hoch. Allein in Deutschland liegt die Zahl der Start-ups, die die ersten drei Jahre nicht überleben bei 80 Prozent. Gründer dürften deshalb an einem alternativen Weg interessiert sein, der ihr Start-up zum Scale-up macht.
In der Krise zum Scheitern verurteilt
Airbnb, Flix Mobility und N26 sind nur einige Beispiele für disruptive Start-ups, die innerhalb eines Jahrzehnts ganze Branchen aufgemischt haben. Damit haben sie den Durchbruch geschafft. Doch in den hart umkämpften Geschäftsbereichen schafft es ein Großteil der Unternehmen nicht. Zwar wirkt anfangs die Zukunft für viele Gründer noch vielversprechend. Trotzdem werden sie häufig nach kurzer Zeit zur Kapitulation gezwungen. Die aktuelle Lage sorgt zunehmend für Unsicherheit, denn auch Unterstützer sind vorsichtig. Damit sind besonders junge Unternehmen von der Krise schwer getroffen und stehen schnell vor dem Aus.
Corp-up, eine Win-Win-Alternative?
Ein alternatives Geschäftsmodelle ist das Corp-up. Ein Corp-up entsteht mit der Adoption eines Start-ups durch ein Unternehmen. Der Name für diese Unternehmensform setzt sich aus dem englischen Begriff "Corporate" und "Start-up" zusammen. Das Corp-up ist in seiner Organisationsform dem Start-up sehr ähnlich, doch das Mutterunternehmen fungiert als beständiger Partner.
Diese Gründungssform stellt junge Unternehmen durch die Partnerschaft mit einem etablierten Unternehmen auf solide Füße. Die hybride Unternehmensvariante vereint die Denkweise eines Start-ups mit den Vorteilen eines großen Unternehmens. Schon jetzt kooperieren 67 Prozent der Start-ups in Deutschland mit Unternehmen, die sich bereits am Markt bewährt haben. Ein Corp-up ist eine gute Möglichkeit, eine solche Kooperation zu intensivieren.
Große Unternehmen sind in der Regel gut strukturiert, haben klare Hierarchien, planen mit wenig Risiko und verfolgen eine Langzeitstrategie. Start-ups sind hingegen dafür bekannt, risikofreudig zu sein und kurzfristig zu planen. Sie weisen flache Hierarchien auf und haben einen starken internen Zusammenhalt. Durch eine Kooperation mit einem Start-up und die Übernahme der Best Practices des nun eingegliederten Unternehmens erhofft sich das Mutterunternehmen innovativer, flexibler und kreativer zu werden. Start-ups profitieren auf der anderen Seite von einer dauerhaften, nachhaltigen Finanzierung durch das Unternehmen.
Das Corp-up schlägt also einen Mittelweg ein: Es kombiniert kurzfristige und langfristige Ziele. Auch die Risikobereitschaft hält die Waage. Das Wachstum ist bei einem Corp-up zwar für gewöhnlich langsamer als bei einem klassischen Start-up, dafür aber stabil und abgesichert. Die Erfahrung und das Netzwerk des Unternehmens helfen dabei, schnell international zu expandieren. Diese Vernunftheirat scheint die Lösung der Probleme beider Parteien zu sein. Trotzdem darf man nicht unterschätzen, dass eine erfolgreiche Kooperation nicht mühelos entsteht.
Kooperation von Start-up und Traditionsunternehmen kein Kinderspiel
Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung beim Wachstum ist keine leichte Aufgabe. Die Unterschiede in der Organisationsstruktur, Entwicklung und Unternehmenskultur müssen überwunden werden. Dafür sind Transparenz und eine offene Kommunikation die Voraussetzung. Zudem ist ein gemeinsamer Rahmen wichtig, der die Stärken beider Parteien bewahrt und klare Regeln festsetzt. Unternehmer und Innovationsmanager müssen sich im Vorfeld Gedanken machen, wie sie die zwei Welten miteinander verbinden. Denn der risikoreiche Ansatz eines Start-ups kollidiert häufig mit der vorsichtigen Strategie eines etablierten und prozessgebunden arbeitenden Unternehmens. Diese Unterschiede können jedoch auch als Nährboden für neue Inspiration und Prozesse dienen.
Fazit: Neben klassischen Gründungen gibt es für Start-ups eine weitere erfolgversprechende Form: Die Kooperation mit einem etablierten Unternehmen als Corp-up. Ein Corp-up handelt agil und verzeichnet ein schnelles Wachstum. Gleichzeitig ist es finanziell abgesichert. Besonders Start-ups stoßen in der aktuellen Krise aufgrund von ausbleibender Finanzierung, fehlender Nachfrage oder anderen Gründen an ihre Grenzen. Jetzt profitieren die unter ihnen, die ein großes Unternehmen an ihrer Seite haben. Diese zusätzliche Absicherung zahlt sich vor allem in Zeiten der Ungewissheit aus. Außerhalb von Krisenzeiten kann eine solche Kooperation den nötigen Startschuss für den Erfolg eines jungen Unternehmens bieten.
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