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06.02.2025 | Unternehmenskredit | Interview | Online-Artikel

"Kleine Betriebe sind oft auf Fremdfinanzierung angewiesen"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

6 Min. Lesedauer

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Kleinunternehmen kämpfen mit hohen Kosten und einer unsicheren Planung. Finanzierungsexperte Daniel Rosenkranz erläutert im Interview die kritischen Aspekte, die sich daraus für die Betreuung von Firmenkunden ergeben.

Springerprofessional.de: Viele Mittelständler und vor allem Kleinunternehmen leiden laut Ihrer aktuellen Studie angesichts hoher Kosten unter anhaltenden Liquiditätsengpässen. Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen und wie gehen die Betriebe damit um?

Daniel Rosenkranz: Die aktuelle Konjunkturschwäche und das volatile Marktumfeld führen zu großen Herausforderungen und erschweren die Planungssicherheit, gerade bei kleinen Unternehmen. Wie unsere aktuelle Kleinunternehmerstudie aus dem November zeigt, sind es vor allem die hohen Kosten, beispielsweise bei Energie, aber auch Steuern und Abgaben sowie Bürokratie und Regulierung, die zu Belastungen bei kleinen Betrieben führen. Ein Fünftel bewertet diese Faktoren sogar als "extrem belastend". Hier ist klar die Politik gefragt. Denn unsere aktuelle Studie macht ebenfalls deutlich, dass nur noch 27 Prozent der kleinen Betriebe die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen für förderlich halten. Das sind nochmal acht Prozent weniger als in unserer Vorbefragung vom April 2024. Trotz der vielfältigen Herausforderungen geht aber lediglich ein Fünftel der Befragten von einer schlechteren Zukunftsperspektive aus. Knapp 40 Prozent erwarten, dass sich seine wirtschaftliche Situation in den kommenden zwölf Monaten verbessern wird.

Nun sind trotz aller wirtschaftlichen Hürden in etlichen Bereichen Investitionen notwendig und Unternehmen auch gewillt, Kapital zum Beispiel in die nachhaltige Transformation zu stecken. In welche Projekte wollen die Betriebe vorrangig investieren?

Wir sehen, dass kleine Unternehmen im Rahmen der vielfältigen Herausforderungen vorsichtiger investiert haben. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass nur knapp die Hälfte der Befragten nach Plan vorgegangen ist. Knapp 40 Prozent haben Investitionen verschoben oder sogar ganz abgesagt. Für die Zukunft sehen wir jedoch wieder mehr Zuversicht bei den Unternehmen. So geben 60 Prozent an, dass sie in den kommenden zwölf Monaten Investitionsbedarf haben. Ein Großteil plant Erweiterungsinvestitionen, aber auch nachhaltige Vorhaben bleiben für die Hälfte aller Befragten relevant.

Welche konkreten Vorhaben stehen dabei im Fokus?

Diese haben sich im Vergleich zu unserer Vorbefragung leicht verändert. Grüne Energie, also etwa Photovoltaikanlagen oder Stromspeicher, und E-Mobilität haben mit 16 Prozent beziehungsweise 14 Prozent etwas an Relevanz eingebüßt. Nun wollen die meisten Firmen in nachhaltige Geschäftsausstattung und Prozesse (26 Prozent) investieren. Vermutlich spiegelt sich in dieser Verschiebung eine Reaktion der Unternehmen auf das veränderte Förderumfeld wider.

Was sind die Herausforderungen bei der Finanzierung entsprechender nachhaltiger Vorhaben für die Banken? 

Tatsächlich ist gerade die Finanzierung nachhaltiger Objekte nicht ganz so einfach und auch Banken bewegen sich dabei stellenweise noch auf unbekanntem Terrain. So liegen nicht immer gesicherte Erkenntnisse zu den jeweiligen Werteverläufen oder Restwerten vor. So hängt zum Beispiel die Leistung eines E-Fahrzeugs im Wesentlichen von seiner Batterie ab. Fehlen aber Erfahrungswerte zu der Lebensdauer dieser Batterien, lässt sich der Werteverlauf und damit der Restwert noch nicht zuverlässig kalkulieren. Eine weitere Unsicherheit liegt darin, dass aktuell noch nicht absehbar ist, welche Technologien sich langfristig durchsetzen werden. Gleichzeitig steigt der Bedarf nach solchen Finanzierungen im Rahmen steigender Energiekosten und regulatorischer Anforderungen wie beispielsweise dem Lieferkettengesetz. 

Nun ziehen vor allem kleine Betriebe die Eigenkapitalfinanzierung der Fremdfinanzierung vor. Was bedeutet das für Finanzinstitute und deren Firmenkundengeschäft?

Dass kleine Unternehmen eine Finanzierung aus dem Eigenkapital vorziehen, ist ein wichtiger Hinweis für Finanzinstitute hinsichtlich ihrer Beratung im Firmenkundengeschäft. Denn auf den ersten Blick mag dies vielleicht risikoärmer erscheinen. In der Praxis sind kleine Betriebe jedoch oft auf Fremdkapital angewiesen, um unternehmerische Vorhaben oder Investitionen umsetzen zu können. Finanzinstitute können die Kunden beraten, inwieweit passgenaue Lösungen wie Kredite, Leasing oder Mietkauf für sie dabei einen Mehrwert bieten. Denn mit solchen Finanzierungslösungen wird die Liquidität der Unternehmen geschont und durch die ratierliche Zahlungsweise und flexiblen Laufzeiten eine gute betriebswirtschaftliche Planung ermöglicht. Steuerliche und bilanzielle Vorteile können je nach Finanzierungsart ebenfalls ein wichtiges Argument darstellen, um eine Fremdfinanzierung in Betracht zu ziehen. 

Bietet die aktuelle Lage vielleicht auch Chancen, um zum Beispiel über alternative (digitale) Vertriebskanäle wie Finanzierungsplattformen neue Zielgruppen unter kleinen Mittelständlern zu erreichen?

Der Trend zur Digitalisierung im Finanz- und Geschäftsalltag von kleinen Unternehmen setzt sich fort. Wir sehen insgesamt, dass der Bedarf der Kunden zunimmt, auch Finanzprodukte über diesen Weg anzufragen und abzuschließen. So steigen bei der VR Smart Finanz kontinuierlich die Anfragen über digitale Vertriebskanäle. Gleichzeitig zeigen das auch die Befragungsergebnisse aus unserer Studie vom April 2023, in der wir gezielt nach der Online-Affinität und abschlussbereitschaft beim Banking gefragt haben. Dabei gaben mehr als zwei Drittel der Kleinunternehmen an, dass sie sich vorstellen können, eine Finanzierung online abzuschließen, bei den jüngeren Befragten waren es sogar 85 Prozent. Auch alternative digitale Vertriebskanäle nahmen dabei an Bedeutung zu: Mehr als die Hälfte der Betriebe signalisierte in unserer Befragung die Bereitschaft, einen Abschluss über eine Finanzierungsplattform zu tätigen. Wichtig ist daher, dass Banken ihre Angebote so gestalten und dort bereitstellen, wie und wo der Kunde sie braucht. Das heißt sowohl vor Ort in der Bank, aber genauso über digitale und digital-persönliche Kontaktpunkte.

Wie sollten Online-Angebote und -Prozesse optimiert werden, um den hohen Erwartungen jüngerer Unternehmergenerationen an digitale Finanzierungslösungen gerecht zu werden?

Die jüngere Unternehmergeneration erwartet zunehmend Online-Angebote und -Prozesse, die benutzerfreundlich, schnell verfügbar und leicht zugänglich sind. Daher sollten Finanzierungslösungen vollständig digital verfügbar sein − von der Anfrage über die schnelle Entscheidung bis hin zum Abschluss in Echtzeit. Darüber hinaus ist es wichtig, auf diesem Weg auch über die Finanzierung hinaus im Geschäftsalltag unterstützen. Dazu gehören beispielsweise digitale Tools zur Finanzplanung oder Anwendungen, die beim Verständnis und der Optimierung der eigenen Bonität helfen und dadurch bessere Kreditkonditionen ermöglichen können. Das langfristige Ziel sollte es sein, ein umfassendes digitales Ökosystem zu schaffen, das nicht nur Finanzierungsfragen löst, sondern auch Herausforderungen im täglichen Geschäft der Unternehmen adressiert, etwa bei der Finanzplanung.

Welche Maßnahmen sollten Banken ergreifen, um langfristig eine starke Kundenbindung zu Kleinunternehmen zu gewährleisten und sich als bevorzugte Partner in Krisenzeiten zu positionieren?

Der Schlüssel zu einer guten Kundenbindung ist grundsätzlich, dass Banken passgenaue Finanzprodukte anbieten, die den spezifischen Bedürfnissen von Kleinunternehmern gerecht werden. Dazu gehört der erleichterte Zugang zu Liquidität und Investitionsfinanzierung, da Kleinunternehmer auf flexible Finanzierungslösungen angewiesen sind, um Wachstumschancen zu nutzen und kurzfristige Engpässe zu überbrücken. Aber auch eine Unterstützung im Geschäftsalltag, die über Finanzierungen hinausreicht, kann die Kundenbindung weiter stärken. Das können beispielsweise Tools sein, die bei der Finanzplanung helfen oder bei der Optimierung der Unternehmensbonität. Indem die Banken auch und gerade in Krisenzeiten den Betrieben in dieser Weise partnerschaftlich zur Seite stehen, werden sie ihre Position als bevorzugte Partner stärken und die Grundlage für langfristige Kundenbeziehungen legen. Gleichzeitig tragen sie damit gesamtwirtschaftlich zur Stabilität und zum Wachstum des Kleinunternehmenssektors bei, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
 

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