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22.09.2023 | Unternehmenskredit | Im Fokus | Online-Artikel

Bürokratie hemmt Finanzierung grüner Investitionen

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

3:30 Min. Lesedauer
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Eine aktuelle Studie belegt die enorme Anpassungsfähigkeit des Mittelstands während der Corona-Krise. Doch zur Finanzierung der grünen Transformation brauchen die Betriebe bessere Rahmenbedingungen und weniger Bürokratie.

Die Corona-Pandemie hat bei einem Teil des deutschen Mittelstands in der Anfangsphase zu einem deutlichen Gewinnrückgang und einem erschwerten Zugang zu externem Kapital geführt. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen, die sogenannten KMU, berichteten doppelt so häufig von Schwierigkeiten, wenn sie eine Fremdfinanzierung anfragten. 

Wie eine im Herbst veröffentlichte Untersuchung des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM Bonn) nun belegt, verzeichneten 56,6 Prozent der KMU zu Pandemiebeginn deutlich sinkende Gewinne. Zwar haben die Betriebe in der Folge staatlicher Sofortmaßnahmen ihre variablen Kosten reduziert. Allerdings kompensierte dies nicht vollständig die entstandenen finanziellen Lücken, was sich negativ auf ihre Kreditwürdigkeit auswirkte. 

Öffentliche Darlehen in der Krise beliebt

Statt des üblichen Bankdarlehens, griffen die Unternehmen deshalb besonders gerne zu öffentlichen Mitteln, wie etwa subventionierte Darlehen und Zuschüsse zu den Lohnkosten. Diese waren der Analyse zufolge für den Mittelstand nicht nur besser zugänglich, "sondern bildeten auch im Vergleich zu den Vorjahren einen größeren Bestandteil der Finanzierung deutscher KMU". 

Die Betriebe bewerteten die zahlreichen Unterstützungsmaßnahmen im Zeitraum von Oktober 2020 bis März 2021 als "sehr bedeutsam". Im Herbst 2022 lag der Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen, die von größeren Problemen beim Zugang zu Finanzierungen berichten, dann wieder auf dem Vorpandemieniveau.

Nachteile gegenüber Großunternehmen

"Mit dem Abklingen der Pandemie gewinnen allerdings andere Problemfelder an Bedeutung und könnten die KMU vor längerfristige Herausforderungen stellen", berichten die Studienautoren André Pahnke, Sebastian Nielen, Christian Dienes und Christian Schröder. Reicht eine Innenfinanzierung nicht aus, versuchen Unternehmen insbesondere mit Bankkrediten ihre Liquidität sicherzustellen. Doch in Zeiten hoher wirtschaftlicher Unsicherheit tun sich kleine Mittelständler damit schwerer als beispielsweise Großunternehmen. 

"Ursächlich sind Unvollkommenheiten auf den Kreditmärkten, die auf unterschiedlichen Wegen zu Kreditrationierungen führen können", beschreiben es die Wirtschaftsforscher. Verschärfte Vergaberichtlinien der Institute sowie höhere Kreditkosten, beispielsweise in Folge gestiegener Zinssätze, führen dazu, dass Antragsteller einen Kredit nicht in Anspruch nehmen. In beiden Fällen sind KMU im Vergleich zu größeren Unternehmen aufgrund ihrer höheren Abhängigkeit von Bankkrediten überproportional betroffen. 

KMU in Eigentümerhand sind zudem meist abhängig von einer oder wenigen Personen. Diese geringere Streuung des Kapitals sowie der Sicherheiten machen das Finanzierungsgeschäfte risikoreicher. Jungunternehmen fehlt es außerdem häufig an einer Kredithistorie und entsprechenden Gewinne. Das kann im Vergleich zu etablierten Wettbewerbern zu einer höheren Bewertung des Kreditausfallsrisikos durch die kreditgebenden Finanzinstitute führen. Dann gleichen alternative Formen der Finanzierung wie etwa Handelskredite, Leasing oder auch familieninterne Kredite einen möglichen Mangel an Bankkrediten zumindest teilweise aus, heißt es in der Studie. 

Rahmenbedingungen für KMU verbessern

Auch wenn die Wissenschaftler des IfM Bonn die Anpassungsfähigkeit der KMU in Zeiten finanzieller Engpässe hervorheben, fordern sie, die Rahmenbedingungen für den Mittelstand zu verbessern. Die ungünstige Kostenentwicklung stellt ihrer Ansicht nach "eine deutlich größere Herausforderung" für die Finanzierung kleinerer Mittelständler dar als die Corona-Pandemie. 

Den Kostensteigerungen liegen mit dem Fachkräftemangel aufgrund des demografischen Wandels und mit Engpässen in der Energie- und Rohstoffversorgung infolge des Kriegs in der Ukraine strukturelle Ursachen zu Grunde, sodass von einem längerfristigen Trend auszugehen ist. Entsprechend gilt es gerade auch mit Blick auf den zusätzlichen Investitionsaufwand im Zuge der grünen Transformation, die Anpassungsfähigkeit der KMU zu nutzen, ohne diese durch zu hohe Kosten in kurzer Zeit zu überfordern."

Bürokratie erhöht Fixkosten bei KMU

In diesem Zusammenhang verweist das Autoren-Quartett auf aktuelle EU-Regulierungen, durch die bei Finanzinstituten neue Informationsbedarfe in Bezug auf ihre Unternehmenskunden entstehen. So sollen bei der Kreditvergabe einerseits Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigt und andererseits über die Nachhaltigkeit der Kreditvergabe berichtet werden. Das erhöhe den mit einer Kreditfinanzierung verbundenen Aufwand der Unternehmen und deren Fixkosten. 

Dies lasse den Kreditaufwand derart steigen, dass die Außenfinanzierung auch nachhaltiger Investitionen unattraktiv wird. "Da gleichzeitig die Möglichkeiten zur Eigenfinanzierung größerer Investitionen im Mittelstand begrenzt sind, könnten dadurch Investitionen in eine nachhaltigere Produktion gebremst werden."

Förderlich seien hingegen Ansätze, die eine sukzessive Verteuerung der negativen externen Effekte auf die Umwelt vorsehen. Dazu gehört beispielsweise die Besteuerung von CO2. "Auf diese Weise werden Anreize für umweltfreundliche Investitionen geschaffen", folgern Pahnke, Nielen, Dienes und Schröder. 

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Quelle:
Transformationsfinanzierung

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