Eine starke Unternehmenskultur ist für manche ein netter weicher Faktor. Dabei tragen klare kulturelle Wertemuster in Krisen zur Resilienz von Unternehmen bei. Deutsche Firmen haben im internationalen Vergleich gerade auf diesem Gebiet Nachholbedarf, zeigt eine Studie.
Eine eindeutige Wertedefinition trifft in vielen Unternehmen auf fruchtbaren Boden - bei Mitarbeitern und Bewerbern. Dazu müssen Unternehmen ihre Werte allerdings wie eine Marke kommunizieren.
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In der Tat kann Resilienz in Zeiten digitalen Wandels, finanzieller Engpässe, konjunktureller Schwankungen und damit verbundener Umstrukturierungen, Firmenkäufe und Fusionen sowie schneller und paralleler Veränderungsprozesse dafür sorgen, Stabilität, Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sicherzustellen. Bei akuten Krisen gelingt es so, zumindest das Überleben und die Handlungsfähigkeit der Organisation zu ermöglichen.
So beschreibt Mirjam Rolfe im Buchkapitel "Resiliente Organisationen: Was Unternehmen krisenfest, gesund, agil und wirksam macht" die Notwendigkeit und Bedeutung organisationaler Resilienz. Da die Unternehmenskultur auf die Gesundheit und die Widerstandkraft der Mitarbeiter einen großen Einfluss hat, gilt sie nach Einschätzung der Trainerin und Beraterin als "prioritäres Lern- und Handlungsfeld." (Seite 49).
Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil
Offenbar müssen aber auch Personalverantwortliche in deutschen Unternehmen auf diesem Gebiet noch einiges lernen. Das zeigt die Umfrage "Global Culture Survey" von Strategy &, der Strategieberatung von Pricewaterhouse Coopers, für die knapp 200 Personen, meist Entscheider aus deutschen Unternehmen, befragt wurden. Weltweit nahmen mehr als 3.000 Beschäftigte an der Umfrage teil. Flexibilität, Resilienz, schnelle Entscheidungsfindung und agile Arbeitsmethoden werden für Unternehmen gerade in Krisenzeiten und in Zeiten großer Veränderungen zum Erfolgsfaktor, schicken die Berater von Strategy & den Studienergebnissen als Einschätzung voraus.
Doch nur 57 Prozent der deutschen Entscheider sehen laut Umfrage in ihrer Unternehmenskultur einen Wettbewerbsvorteil, um die Corona-Krise besser bewältigen zu können. Und lediglich 44 Prozent finden die Unternehmenskultur wichtiger als die Strategie oder das Geschäftsmodell.
Krisenfeste Unternehmenskultur und Resilienz
Immerhin bezeichnen im Durchschnitt 65 Prozent der europäischen Personalverantwortlichen ihre Unternehmenskultur als krisenfest und gehen davon aus, dadurch Wettbewerbsvorteile zu haben. Global sind es hingegen 68 Prozent. Allerdings leben Führungskräfte trotz dieser Ansicht die Unternehmenswerte nicht immer vor. In Deutschland gehen nur 54 Prozent mit gutem Beispiel voran, weltweit sind es nach eigener Einschätzung 60 Prozent.
Da deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich weniger krisengeschüttelt auf die Pandemie reagiert haben, sehen die Manager hierzulande auch weniger Handlungsbedarf bei ihren Prozessen und Geschäftsmodellen. Gleichzeitig legen sie auch weniger Wert auf agile Strukturen als ihre globalen Kollegen, so ein weiteres Teilergebnis der Studie.
Starke Unternehmenskultur minimiert Risiken
Ein Fehler, wie Peter Gassmann, Global Leader von Strategy &, findet. Seiner Ansicht nach müssten die "Flexibilisierung von Liefer- und Produktionsketten, die damit verbundene agile Planung und kurze Entscheidungswege" bei CEOs eine ganz hohe Priorität genießen, um global bestehen zu können. Dazu sollten leitende Angestellte als Lehre aus der Corona-Krise ihre Organisationen jetzt resilienter gestalten, um künftig besser gegen Risiken gewappnet zu sein und sich dadurch Wettbewerbsvorteile zu sichern.
"Dazu ist es notwendig, nicht nur zukünftige Risiken zu bewerten oder neue Risiken zu identifizieren, sondern aus ihnen präventiv-operative Antworten, unternehmenskulturelle Aspekte und Werte sowie organisatorisch notwendige Adaptionsprozesse zu entwickeln", urteilen Martin Fontanari und Theresa Reiche im Buchkapitel "Resilienz als Merkmal verantwortlicher Unternehmensführung" (Seite 186 f.). Die unternehmenskulturelle Auseinandersetzung biete sich an, da "Ressourcen optimal für das Marktgeschehen eingesetzt werden" müssen, schreiben die Springer-Autoren (Seite 165).
Auch Elsa Pieper und Gregor Weber betonen: "Gerade in Zeiten der Krise ist eine gesunde Unternehmens- und Führungskultur einmal mehr das Fundament für Stabilität und Nachhaltigkeit/Zukunftsfähigkeit [...]", heißt es im Buchkapitel "Zukunftsorientierte Unternehmenskultur" (Seite 146). Fühlt sich die Belegschaft in seinem "Kultur- und Führungsumfeld" wohl, trotze sie so manchen Turbulenzen. Voraussetzung dafür sei, in guten Zeiten auf Kulturmaßnahmen zu setzen, da diese erst mittel- bis langfristig greifen, um sich in Krisenzeiten darauf verlassen zu können, dass das Team funktioniert. Insofern ist die Unternehmenskultur mehr als bloß ein netter weicher Faktor, sondern wichtiger Teil der Zukunfts- und Überlebensstrategie von Unternehmen.