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19.10.2018 | Unternehmensstrategie | Schwerpunkt | Online-Artikel

Beschaffung muss disruptiver werden

verfasst von: Anne Steinbach

4 Min. Lesedauer

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Neue digitale Entwicklungen stellen Firmen aus jeglichen Branchen vor eine Bewährungsprobe. Disruptionen sorgen rasant für tiefgreifende Veränderungen – eine Entwicklung, auf die Einkaufsabteilungen nicht vorbereitet sind.


Der Einkauf nimmt industrieübergreifend eine Schlüsselrolle ein. Er muss in einem volatilen Umfeld seine bisherigen Strukturen auflösen und neu ausrichten. Dabei kommt es zumeist zu Verzögerungen und Fehlentscheidungen. Welche Schritte für die erfolgreiche Transformation des Einkaufs notwendig sind und vor welchen Herausforderungen der Einkauf steht, zeigt die Roland Berger-Studie "Procurement-Endgame - Die Zukunft des Einkaufs im Zeitalter von Digitalisierung und Disruption".

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Digitale Transformation der Beschaffung am Beispiel der deutschen Automobilindustrie

Spätestens Tesla hätte die Automobilindustrie aufwecken sollen: Innovative Marktteilnehmer und technische Innovationen forcieren auch in dieser Branche eine Veränderung von Geschäftsprozessen oder ganzen Geschäftsmodellen. 


Gesucht werden Antworten auf disruptive Kräfte

Der Einkauf in der Automobilindustrie muss sich heute mit dem Batteriekauf, strategischen Partnerschaften für ein vernetztes Auto und dem Einkauf neuer Softwarearten beschäftigen. Doch mit neuen Rahmenbedingungen sehen sich auch die Einkaufsabteilungen in anderen Branchen konfrontiert, ob nun Maschinenbau, Banken und Versicherungen oder die chemisch-pharmazeutische Industrie. Einzig die Wirkungen der technologischen Veränderungen auf die einzelnen Branchen ist unterschiedlich.

"Wer auf disruptive Kräfte in der eigenen Industrie keine Antworten in Bezug auf Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle parat hat beziehungsweise nicht schnell darauf reagieren kann, riskiert seine Marktposition", warnt Oliver Knapp, Senior Partner von Roland Berger.

Auch die Springer-Autoren Marc Cloosterman und Laurens Hoekstra bestätigen, wie wichtig es ist, ein Gespür für disruptive Möglichkeiten zu haben und erklären in ihrem Buchkapitel "Willkommen in der Zukunft Ihres Unternehmens" (Seite 5): "Man muss nicht Ingenieur sein, um die neuen Technologien zu verstehen. Entscheidend ist, deren Potenziale für Menschen zu verstehen und sie für die eigene Marke konsequent zu erschließen."

Welche Merkmale disruptive Kräfte und Innovationen überhaupt haben, fassen die Springer-Autoren Andreas Moring und Sonja Deurloo in ihrem Buchkapitel "Digitale Transformation und Veränderungen in der Wertschöpfung" aus dem Buch "Binäre Innovation – Kreativität und Geschäft für digitale Märkte" zusammen (Seite 21):

"Disruptive Kräfte und Innovationen

  • weisen eine geringere Leistungsfähigkeit als etablierte Produkte und Angebote auf,
  • sprechen einen bisher unbekannten Kundennutzen und kleine, neue Kundengruppen an und
  • sind billiger, einfacher und bequemer in der Nutzung."

Eben die Adaption solcher Innovationen ist für den Einkauf mit seiner zentralen Position im Unternehmen unabdingbar. "Der Einkauf kann und muss sich neu positionieren und seine Rolle als Wertschöpfungspartner im Unternehmen neu definieren", so Knapp.

Gefährlich defensiv bei Digitalisierung der Beschaffung 

Damit ein Unternehmen weiterhin konkurrenzfähig bleibt, muss sich der Einkauf neu ausrichten und vor allem zwei Bereiche berücksichtigen. "Die neuen Anforderungen an den Einkauf aus disruptiven Trends und die eigene Digitalisierung müssen in der Einkaufsstrategie unbedingt berücksichtigt werden", rät Knapp.

So werden mit zunehmender digitaler Innovation im Einkauf neben operativen, mittlerweile auch komplexere Aufgaben automatisiert erledigt: "Spezialisierte Computer-Bots und Künstliche Intelligenz können heute Themen bearbeiten, die weit über die einfache Automatisierung hinausgehen", erklärt Sven Marlinghaus, Senior Partner von Roland Berger.

Gemeint sind damit unter anderem die "Möglichkeit der Nutzung von aktueller und spezifischer Daten bei Einkaufsverhandlungen, dem kurzfristigen Auffinden einer Alternative für einen ausgefallenen Lieferanten, dem Aufbau eines neuen Innovationslieferanten oder der Risikoüberwachung der Lieferantenkette". So erklären es die Springer-Autoren Christian Heinrich, Gregor Stühler in ihrem Buchkapitel "Die Digitale Wertschöpfungskette: Künstliche Intelligenz im Einkauf und Supply Chain Management" auf Seite 77 bis 78. 

Erfolgreiche Transformation für den Einkauf 

Insgesamt sind die Veränderungen bereits weit vorangeschritten, was das Zeitfenster für eine erfolgreiche Transformation immer kleiner werden lässt. Dennoch halten sich viele Unternehmen bei der Umgestaltung des Einkaufs zurück. "Das liegt an einer gewissen Unsicherheit, wie Firmen die notwendige Neuausrichtung angehen sollen", sagt Marlinghaus.

Dabei, so erklären Springer-Autor Gerd Kerkhoff und Dirk Schäfer im Buchkapitel "Restrukturierungsmethoden im Einkauf", spielt gerade der Einkauf eine wichtige Rolle innerhalb der Transformation. Die Autoren betonen: "Gezielte taktische Maßnahmen zur Verbesserung der Einkaufsleistung können die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, als eine der größten Schuldenpositionen in der Bilanz, signifikant reduzieren. Auch das Ergebnis der Gewinn-und-Verlustrechnung kann durch den Einkauf positiv beeinflusst werden, indem die Kosten für Material und sonstige, auch interne, Aufwendungen gesenkt werden" (Seite 1000). 

In wenigen Schritten zur modernen Beschaffung

Laut der Roland-Berger-Studie ist die notwendige Transformation des Einkaufs solide in einem mehrstufigen Prozess machbar. Dafür sollten die folgenden Schritte eingehalten werden:

  1. Rahmenbedingungen, also branchenspezifische Trends, die Unternehmensstrategie sowie die individuellen Erfolgsfaktoren des Unternehmens betrachten und Analyse der Leistung der zukünftigen Einkaufsfunktion 
  2. Kalkulation der Zeit für die Transformation
  3. Definition der Organisation und Rolle des Einkaufs sowie das Zuliefernetzwerk 
  4. Analyse darüber, wie viele Kapazitäten durch die digitale Standardisierung frei werden
  5. Gewichtung und Bewertung aller Faktoren
  6. Realisierung von Szenarien und strategischen Maßnahmen zu realisieren. 

"Mit einer solchen Roadmap lässt sich die Transformation Schritt für Schritt steuern und erfolgreich umsetzen", sagt Marlinghaus. "Passt sich die Performance der Einkaufsabteilungen nicht schnell an die disruptiven Trends an, verliert das Unternehmen seine Wettbewerbsfähigkeit."

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