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21.09.2016 | Unternehmensstrategie | Interview | Online-Artikel

"Viele Industrieunternehmen besitzen keine explizite Energiestrategie"

3 Min. Lesedauer

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Interviewt wurden:
Dr. Frank J. Matzen

ist Executive Director bei der Unternehmensberatung EY.

Ralf Tesch

gründete die auf Prozesskostenoptimierung in der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie spezialisierte Nutreon Engineering GmbH 2010. 

Die Energiewende verläuft schleppend, aber langfristig wird kein Unternehmen auf eine Energiestrategie verzichten können. Nur so können Engpässe vermieden, Kosten gespart und Firmen wettbewerbsfähig bleiben, so Frank Matzen und Ralf Tesch im Gespräch.

Springer Professional: Warum brauchen energieintensive Unternehmen eine Energiestrategie?

Frank J. Matzen: Die Energiewende ist die Generationsaufgabe für die nächsten Jahrzehnte. Dabei wird dem Umgang mit Energie eine ebenso große Rolle zukommen, wie der strategischen Positionierung des Unternehmens im energiewirtschaftlichen Umfeld. Für energieintensive Unternehmen stellen die Energiekosten naturgemäß eine wesentliche Kostenposition dar. Diese Kosten werden bereits heute maßgeblich von den energiepolitischen Lenkungsmaßnahmen beeinflusst, mit denen die Energiewende von den politischen Entscheidungsträgern gelenkt wird. Die Industrie verantwortet direkt oder indirekt mehr als 50 Prozent des nationalen Energieverbrauchs. Von daher kann die Energiewende nur gelingen, wenn neben der Erzeugung und Verteilung von Energie auch das Verbrauchsverhalten von industriellen Großverbrauchen berücksichtigt wird. Energieintensive Unternehmen können es sich unserer Ansicht nach nicht mehr leisten, sich diesen für sie existentiellen Entwicklungen gegenüber nicht strategisch zu positionieren.

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Industrielle Energiestrategie

Praxishandbuch für Entscheider des produzierenden Gewerbes

Dieses Herausgeberwerk zeigt die Chancen, die sich für Industrieunternehmen aus einer expliziten Energiestrategie ergeben. Denn trotz intensiver Diskussionen über die Herausforderungen der Energiewende besitzen viele energieintensive Unternehmen keine eigene Energiestrategie.


Wie gehen Unternehmen am besten vor, wenn Sie eine Energiestrategie entwickeln wollen?

Ralf Tesch: Eine umfassende Energiestrategie ist weit mehr als ein Energiemanagementsystem, zum Beispiel nach ISO 50001, wie es die meisten Unternehmen in den vergangenen Jahren eingeführt haben. Energiestrategie bedeutet, den Einfluss von energieinduzierten Fragestellungen auf alle Unternehmensfunktionen zu verstehen und daraus ein Zielsystem abzuleiten, das im Einklang mit anderen Teilstrategien des Unternehmens steht.

Für die Formulierung einer Energiestrategie ist es ratsam, dem Konzept der Lösungsmuster zu folgen, dass in der Architektur und Softwareentwicklung Einzug gehalten hat. Lösungsmuster helfen energiestrategische Zielvorgaben zu formulieren, die dann auf teilweise äußerst spezifische Weise in den unterschiedlichen Standorten und Bereichen des Unternehmens umgesetzt werden. Wie umfangreich und unterschiedlich der Einfluss von Energie auf die verschiedenen Unternehmensbereiche sein wird, haben wir im Praxishandbuch Industrielle Energiestrategie beleuchtet. Wir können festhalten: Mit dem Fortschreiten der Energiewende wird es wohl keinen Unternehmensteil geben, der nicht in irgendeiner Weise davon betroffen sein wird.

Welche Zielkonflikte sind die größten Hürden bei der Umsetzung?

Frank J. Matzen: Eine der größten Herausforderungen ist sicherlich, ein konsistentes Zielsystem zu entwickeln, und frei von Zielkonflikten im Einklang steht mit den anderen Teilstrategien des Unternehmens. Bei der Beschäftigung mit den unterschiedlichen Leistungsbereichen in Industrieunternehmen zeigte sich, dass hier vor allem primäre und auch sekundär Aktivitäten betroffen sein können. Weiterhin ist es naturgemäß schwierig, in einem sich sehr schnell ändernden und von starker politischer Einflussnahme geprägten energiewirtschaftlichen Umfeld eine strategische Positionierung für das eigene Unternehmen zu definieren. Viele Industrieunternehmen besitzen keine explizite Energiestrategie. Diese Dynamik und Komplexität ist mitunter der Grund dafür. Wir gehen jedoch davon aus, dass gerade diejenigen Unternehmen, denen es gelingen wird, die Chancen zu ergreifen, die sich aus den vielfältigen Veränderungen, die sich aus der Energiewende ergeben werden, diejenigen Unternehmen sein werden, die ihren Unternehmenswert und ihre Wettbewerbsposition überdurchschnittlich stark steigern werden.

Welche Rolle spielt die Energiestrategie für das Thema Corporate Social Responsibility?

Ralf Tesch: Mit unseren Überlegungen zur Energiestrategie zielen wir vor allem auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ab. Dennoch ist eine explizite Energiestrategie auch ein Beitrag der Industrieunternehmens zum Gelingen der Energiewende und somit gelebte Corporate Social Responsibility. Milliarden von Euro, Tausende von Ingenieuren, Betriebswirten, Techniker, Rechtsanwälte, Politiker und viele mehr arbeiten tagtäglich daran, damit wir die gesellschaftliche Verantwortung gegenüber den zukünftigen Generationen zu übernehmen. Dabei geht es sowohl auf globaler Ebene um die Bekämpfung der Folgen durch die Klimaerwärmung, aber auch ganz konkret um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen in der Welt.

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