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2025 | Buch

Varianzen der Transformation

Gesellschaftliche und industriepolitische Rahmenbedingungen für einen sozial-ökologischen Umbau

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Über dieses Buch

Dieser Sammelband gibt Denkanstöße für Antworten auf die Frage, welche Akteurskonstellationen im politischen System für die Transformation benötigt werden und wie die sozial-ökologische Wende in zentralen industriellen Sektoren gelingen kann. Wie können auf Grundlage der sich abzeichnenden Verteilungskonflikte des ökologischen Umbaus konkrete transformative Maßnahmen mit Blick auf ihre sozialen Implikationen umgesetzt werden? Hierzu erarbeitet der Band eine theoretische Grundlage für die Gelingensbedingungen zur Umsetzung der Transformation. Darauf aufbauend werden die territorialen Ebenen des Wandels in Ostdeutschland und im Ruhrgebiet und Konfliktlinien zwischen Stadt und Land beleuchtet, sowie das Potential regionaler Innovationsnetzwerke besprochen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Varianzen der Transformation – Ursprünge, Widersprüche und Perspektiven der sozial-ökologischen Transformation in Deutschland
Zusammenfassung
Die Dringlichkeit einer Transformation der fossilen Grundlagen von Wirtschaft und Gesellschaft steht seit über 50 Jahren auf der politischen Agenda. Mit der Gründung des Club of Rome (1968) und der Veröffentlichung des Berichts „Die Grenzen des Wachstums“ wurde der Grundstein für den Diskurs rund um nachhaltige Entwicklung gelegt und die Forderung nach einem ökologisch und sozial nachhaltigen Wirtschaftssystem öffentlichkeitswirksam begründet. Seither wurden zwar viele kleine Schritte gegen den Klimawandel unternommen, doch erst mit dem Pariser Klimaabkommen 2015 dringt die Einsicht in den breiten gesellschaftlichen und politischen Diskurs durch: Zur Erhaltung der planetaren Lebensgrundlagen braucht es dringend einen strukturellen Wandel von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, der alle Bereiche des Wirtschaftens und des menschlichen Zusammenlebens einbezieht. Der vorliegende Sammelband zeichnet das Bild eines vielschichtigen, hochkomplexen und von Widersprüchen geprägten Projekts der Dekarbonisierung. Die Beiträge entwerfen vielfältige Szenarien zur Rolle von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in der Gestaltung des Wandels. Dabei versteht der Band die Transformation zur Klimaneutralität nicht als geradlinigen, einzelne Sektoren betreffenden und dementsprechend durch simple Weichenstellungen zu erreichenden Wandel. Vielmehr analysiert er die Ausgangsbedingungen und Transformationspfade immer mit Blick auf komplexe Zusammenhänge zwischen den Sektoren, aber auch zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.
Wolfgang Schroeder, Florian Ranft, Johanna Siebert

Regionale Varianzen: Bestehende Ungleichheiten und Transformationserfahrungen

Frontmatter
Ostdeutsche Strukturbruch-Erfahrungen als Transformationsbremse
Zusammenfassung
Es stellt sich die Frage, inwieweit die in den ostdeutschen Ländern geringere Zustimmung zur Politik der Bundesregierung eher ein temporäres Phänomen ist oder auf eine grundlegend geringer ausgeprägte Bereitschaft zur Akzeptanz von tiefgreifenden Veränderungen zurückzuführen ist. Der Beitrag argumentiert, dass die Umbruchserfahrungen seit 1990 in Ostdeutschland vielfach negativ waren, so dass eine klimaschutzorientierte „Transformation“ der Wirtschaft hier vielfach auf Ablehnung stößt. Zusammen mit den nach wie vor bestehenden strukturellen Benachteiligungen Ostdeutschlands führt dies dazu, dass viele Menschen populistische Parteien wählen. Die Möglichkeit der Politik, dem entgegenzuwirken, scheinen allerdings beschränkt. Sinnvoll scheint es aber, die Befindlichkeiten der Menschen in Ostdeutschland ernster zu nehmen als es derzeit häufig geschieht.
Joachim Ragnitz
Transformationserfahrungen aus dem Ruhrgebiet
Zusammenfassung
Das Ruhrgebiet ist eine polyzentrisch strukturierte Agglomeration und obwohl die Region in ihrer Außenwirkung als zusammenhängende Einheit wahrgenommen wird, verstehen sich ihre Bürger:innen primär als Einwohner:innen von unterschiedlichen Städten. Keine andere Region weltweit hat den tiefgreifenden Umbau so sozialverträglich über einen „verhandelten“ Strukturwandel gelöst. Allerdings hat die Transformation auch soziale Spaltungsprozesse nicht verhindern können. Das Ruhrgebiet wird in neueren Rankings nicht mehr nur als Absteiger gesehen, sondern einzelne Städte verzeichnen Wachstumserfolge (insbesondere hat sich die Region durch den Aufbau einer breit gefächerten Hochschullandschaft profiliert). Die Transformation in Richtung einer ökologisch ausgerichteten Wissensregion wird weitrergehen, bedarf aber einer noch intensiveren Kooperation aller beteiligten Akteure und gemeinsamer „Vorwärtserzählungen“.
Rolf G. Heinze
Wie hältst Du’s mit der Transformation? Wie Alter und Wohnort die Haltung zur sozial-ökologischen Transformation bestimmen und warum eine verbindende Erzählung gut täte
Zusammenfassung
Alte Menschen sind nicht bereit für den tiefgreifenden Wandel der sozial-ökologischen Transformation, junge Menschen hingegen drängen auf strengere Regeln? Städter:innen wollen Klimaschutz, die Landbevölkerung nur Digitalisierung? Diese Aussagen greifen zu kurz. Zwar hängen sowohl das Alter als auch der Wohnort einer Person eng mit ihren Einstellungen zur Transformation zusammen. Wirklich aussagekräftig wird dieser Zusammenhang jedoch erst, wenn man die beiden Perspektiven miteinander verbindet. Und dann stehen nicht die Alten, sondern die Jungen im Mittelpunkt. Unsere Erhebungen zeigen, dass besonders jüngere Menschen Einstellungsunterschiede aufweisen, je nachdem, ob sie im städtischen oder ländlichen Raum wohnen. Bei Älteren sind die Unterschiede deutlich kleiner. Die divergierenden Transformationsvorstellungen der Jüngeren in Stadt und Land spiegeln sich auch in ihrer Parteipräferenz wider. Während zum Beispiel unter jüngeren Grünen-Sympathisant:innen im städtischen Raum große Zustimmung zu Verboten als Mittel gegen die Klimakrise herrscht, bevorzugen jüngere FDP-Sympathisant:innen auf dem Land technische Lösungen. Um die Mehrheit der Bevölkerung in all ihrer Pluralität für das große, gemeinsame Ziel zusammenzubringen, täte die Ampelregierung gut daran, ihre jeweiligen Transformationsangebote zu einem gemeinsamen, attraktiven Angebot zusammenzuführen und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Anliegen der Jüngeren zu richten.
Paulina Fröhlich, Lukas Haffert
Regionale Transformationsnetzwerke als innovative industriepolitische Akteure des Wandels
Zusammenfassung
Um den Industriestandort Deutschland hin zur Klimaneutralität zu transformieren, ist ein neues Wachstums- und Innovationsparadigma, ein „Green New Deal“ notwendig. Der Weg dorthin führt nicht allein über den Markt oder den Staat. Dafür braucht es auch ein innovatives Zusammenspiel von marktlichen, gesellschaftlichen und staatlichen Initiativen und Arrangements. Ein innovativer Baustein dieser neuartigen Form der Governance von Innovationssystemen sind regionale (Transformations-)Netzwerke. Dieser Beitrag befasst sich deshalb mit der Frage, für welche Herausforderungen regionaler Transformation(-en) die Transformationsnetzwerke eine Lösung darstellen, beziehungsweise an welche Grenzen sie dabei stoßen. Er gibt einen Überblick über die Netzwerklandschaft in Deutschland und beschreibt, wie die überregionalen Fördersysteme aufgestellt sein müssen, damit regionale Netzwerke einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Transformation leisten können. Wie erfolgreich sie diese Aufgabe erfüllen können, hängt von der Ausgestaltung der Netzwerke ab.
Wolfgang Schroeder

Sektorale Varianzen: Transformationspfade in zentralen Sektoren

Frontmatter
Transformative Industriepolitik als Beitrag zum Klimaschutz
Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht die Rolle der Industriepolitik im Rahmen des Klimaschutzes in Deutschland. Angesichts der ambitionierten Klimaziele ist eine grundlegende Transformation der Industrie bis 2045 notwendig. Der Schwerpunkt liegt auf der Dekarbonisierung energieintensiver Industrien und der Skalierung emissionsarmer Technologien. Die deutsche Industrie sieht sich im globalen Wettbewerb um klimafreundliche Technologien, wobei der Staat eine aktive Rolle bei der Förderung und Lenkung dieses Prozesses übernehmen muss. Der Beitrag argumentiert, dass Marktmechanismen allein nicht ausreichen und gezielte staatliche Eingriffe erforderlich sind, um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu sichern und die Transformation sozial gerecht zu gestalten. Abschließend wird die Bedeutung einer integrierten Klima- und Industriepolitik betont, die ökonomische, ökologische und soziale Ziele miteinander verbindet.
Barbara Praetorius
Der Europäische Instrumentenmix für eine sozial gerechte Energiewende
Zusammenfassung
Die soziale Dimension der Energiewende hat seit der Verkündung des European Green Deal im europäischen Mehrebenensystem erheblich an Bedeutung gewonnen. Auf europäischer Ebene werden zunehmend Instrumente zur Umsetzung einer gerechten Energiewende entwickelt und eingesetzt. Das vorliegende Kapitel macht es sich daher zur Aufgabe, den entstandenen europäischen Instrumentenmix strukturiert darzustellen. Dabei wird herausgearbeitet, dass die EU zwar das gesamte Spektrum von Instrumententypen nutzt, jedoch nicht alle zu bewältigenden Herausforderungen adressiert. Zudem wird deutlich, dass den Mitgliedstaaten weiterhin die entscheidende Rolle für eine sozial gerechte Energiewende zukommt.
Niklas Klüh
Die Rolle wissenschaftlicher Politikberatung in der Großen Transformation
Zusammenfassung
Die Wissenschaft scheint eine der letzten verbliebenen Autoritäten der Gegenwart zu sein. Wenngleich fast alle gesellschaftlichen Institutionen an Vertrauen in der Bevölkerung einbüßen, ist das Vertrauen in Universitäten mit 79 % auf vergleichsweise sehr hohem Niveau – bei Gerichten sind es 68 %, bei der Presse 46 %. Zudem steigt die Relevanz von Wissen für den politischen Prozess stetig an, weil Staatsfunktionen beständig ausgeweitet werden und Wissenschaft immer spezialisierter wird.
Stefan Brüggemann, Hannah Scharrenberg
Verkehrswende: Mehr als nur ein neuer Antrieb
Zusammenfassung
Die Verkehrswende wollen alle, die Klimarettung ist zur Ouvertüre jeder Sonntagsrede geworden. Nach jahrelangem Verzögern und Zaudern soll es nun die Elektromobilität richten. Mit der Antriebswende müsste es jetzt nur noch schneller gehen, dann würde der Klimawandel gestoppt. Doch ist die Verkehrswende mehr als nur eine Antriebswende, denn es gibt einfach zu viele Autos.
Weert Canzler
Die Ökologisierung der gebauten Umwelt steht an
Zusammenfassung
Kaum eine Branche ist mit so vielen Lebensbereichen und Wirtschaftszweigen so stark verknüpft wie die Bauwirtschaft. Bauen, Stadt- und Raumentwicklung haben eine ökologische, ökonomische und sozio-kulturelle Dimension, die für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDG’s) in mehrfacher Hinsicht wichtige Voraussetzungen schafft, ob es um bezahlbaren Wohnraum geht, Zugang zu klimafreundlicher und bezahlbarer Energie und sauberem Trinkwasser, oder um gleichwertige Lebensverhältnisse zwischen städtischem und ländlichem Raum.
Lamia Messari-Becker
Steuerpolitische Eckpunkte einer sozial-ökologischen Transformation
Zusammenfassung
Bei der sozial-ökologischen Transformation geht es darum, Wirtschaft und Gesellschaft klimaneutral umzugestalten, zukunftsfähige Jobs zu erhalten und neue zu schaffen sowie die Grundlagen des geschaffenen Wohlstands für diese und die folgenden Generationen zu bewahren. Dabei gilt es, eine gesellschaftlich getragene Vision der Transformation zu entwickeln, in der potenzielle soziale Härten aufgefangen und Verursacher:innen von Klima- und Umweltschäden zu größerer Verantwortung herangezogen werden. Ein Schlüssel dafür ist eine neue Steuerpolitik. Gerade vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und zunehmenden Inflationsdrucks stellt sich die Frage, wie der Umbau sozialverträglich gestaltet werden kann.
Brigitte Knopf, Matthias Kalkuhl, Marie-Louise Zeller, Katja Treichel-Grass
Metadaten
Titel
Varianzen der Transformation
herausgegeben von
Wolfgang Schroeder
Florian Ranft
Copyright-Jahr
2025
Electronic ISBN
978-3-658-44721-2
Print ISBN
978-3-658-44720-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-44721-2