Skip to main content

2024 | Buch

Vegetationsgeschichte der Landschaften in Deutschland

herausgegeben von: Ingo Feeser, Walter Dörfler, Manfred Rösch, Susanne Jahns, Steffen Wolters, Felix Bittmann

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Klima oder Mensch, Wald oder Acker – was prägte die Vegetationsbedeckung der Landschaften in Deutschland seit dem Ende der letzten Eiszeit vor 15.000 Jahren? Wie wandelte sich der Wald in Süddeutschland, als Doggerland in der Nordsee versank? Ab wann gab es Landwirtschaft und welche Folgen hatte sie schon frühzeitig für die Umwelt? Die Untersuchung von fossilem Blütenstaub gibt Antwort auf derartige Fragen. Sie lässt uns die Entwicklung von der Kältesteppe nach dem Abschmelzen der Gletscher zu den dichten Wäldern der Nacheiszeit und vom Beginn des Ackerbaus bis hin zur heutigen Kulturlandschaft nachvollziehen.

65 Autorinnen und Autoren legen in diesem Band den neuesten Kenntnisstand zur Vegetationsgeschichte in 39 Naturräumen von den Alpen über die Mittelgebirge bis in die Tiefebene vor – erstmals auf der Basis von standardisierten Pollendiagrammen mit zeitlicher Vergleichbarkeit. Sie zeigen, dass unterschiedliche Landschaften unter Einfluss des Klimas eine große Vielfalt an Waldformationen hervorbrachten, bis der Mensch sie nach und nach in die typischen Kulturlandschaften, wie wir sie heute kennen, umwandelte. Weiterhin informieren 6 Einleitungskapitel und 23 Exkurse über frühe Formen der Land- und Ressourcennutzung sowie über Naturphänomene und methodische Aspekte. Die Entstehung und die Merkmale naturnaher wie auch menschlich geprägter Ökosysteme wird durch diese historische Perspektive verständlich.

Mit diesem Buch erfüllt sich der lang gehegte Wunsch nach einem modernen Standardwerk für an der Geschichte von Vegetation, Klima und Landnutzung interessierte Leserinnen und Leser.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Teil I

Frontmatter
1. Allgemeine Geographie und Naturraum Deutschlands

Der geologische Aufbau Deutschlands resultiert aus einer langen erdgeschichtlichen Entwicklung, die im ausgehenden Präkambrium vor ca. 600 Mio. Jahren begann und drei Gebirgsbildungsphasen umfasst. Die relevanten tektonischen Großeinheiten setzen sich aus dem mit jüngeren Ablagerungen überdeckten cadomischen Grundgebirge (älter als 535 Mio. a) in Norddeutschland, dem südlich anschließenden variszischen Gebirge (ca. 420 bis 250 Mio. a) sowie dem alpidischen Gebirgsgürtel (jünger als 250 Mio. a) zusammen (Meschede 2018). Über dem kristallinen Grundgebirge aus vorwiegend metamorphen Gesteinen und Plutoniten liegt das kaum deformierte Deckgebirge aus Sedimentgesteinen des Karbons bis Paläogens (360 Mio. bis 66 Mio. a), das in Deutschland weitverbreitet ansteht (Abb. 1.1). Grund- und Deckgebirge sowie vulkanische Gesteine, die ältere Schichten durchbrochen haben, bauen die deutschen Mittelgebirge auf. Im Zuge der alpidischen Orogenese kommt es in den älteren variszischen Gesteinspaketen zu einer ungleichmäßigen Hebung und Bruchtektonik, die in zahlreichen Verwerfungen und Grabenstrukturen (z. B. Oberrheingraben, Fränkische Linie) sowie vulkanischen Aktivitäten (u. a. Kaiserstuhl, Vogelsberg, Rhön, Zittauer Gebirge) ihren Ausdruck findet. Mit der Heraushebung der Alpen werden stark verfaltete, komprimierte und überschobene Gesteinsdecken südlich an die im Variszikum gebildeten Mittelgebirge angegliedert. Im Vorfeld des Alpenbogens bildete sich eine Randsenke (Molassebecken) aus, die den Abtragungsschutt der sich weiter hebenden Alpen aufnahm. Der deutsche Alpenanteil besteht als Teil der Nördlichen Kalkalpen aus überwiegend karbonatischen Sedimentgesteinen des Mesozoikums (ca. 250 bis 66 Mio. a, Abb. 1.2).

Arne Friedmann
2. Paläoklimatologie und Klimageschichte

Für das Verständnis der Vegetationsgeschichte der Landschaften Deutschlands ist die Klimageschichte von zentraler Bedeutung. Die in einem Gebiet lebenden Pflanzen kommen nur deshalb dort vor, weil sie an das Klima ihres Lebensraums angepasst sind. Daher beeinflusst die Variabilität des Klimas die Überlebensmöglichkeit einzelner Pflanzen und somit die Zusammensetzung der Vegetation. Grundsätzlich gehen alle Vegetationsänderungen direkt oder indirekt auf Klimaänderungen zurück, wenn man vom menschlichen Einfluss absieht. Der Einfluss spielt sich auf allen zeitlichen Skalen ab, direkt und recht schnell durch Einzelereignisse wie besonders harte Winter oder durch lange anhaltende Trockenperioden oder über längere Zeiträume durch allmähliche Klimaänderungen. Letztere verschieben die Dominanzverhältnisse zugunsten der jeweils bestangepassten und dadurch konkurrenzfähigsten Arten. Andere Arten dagegen gehen in ihrer Häufigkeit zurück oder müssen das Feld ganz räumen. Indirekte, ebenfalls vom Klima beeinflusste Faktoren sind zum Beispiel die Bodenentwicklung und die Entwicklung von Schädlingen und Krankheiten.

Norbert Kühl
3. Forschungsgeschichte

Unter dem Dach der Geologie hatte sich innerhalb der Paläontologie die Disziplin der Paläobotanik herausgebildet, in der es um die Entfaltung und Differenzierung der Pflanzenfamilien und -arten im Verlauf der Erdgeschichte ging. Dieser Begriff wurde zunächst auch auf die Erforschung der Entwicklungsstufen der rezenten Vegetation angewandt und wird gelegentlich auch heute noch in diesem Sinne gebraucht. Zur besseren Klarstellung sollte er jedoch strikt nur noch für die präquartäre Zeit benutzt werden, während sich der Begriff der Vegetationsgeschichte, der sich inzwischen weitgehend durchgesetzt hat, auf die zeitliche Entwicklung der heutigen Vegetation und Flora bezieht.

Karl-Ernst Behre
4. Von der späten Altsteinzeit bis zum Spätmittelalter

Die Entwicklung menschlicher Gesellschaften in Mitteleuropa ist vom Spätglazial bis zum Industriezeitalter durch zahlreiche umwelt- und technologiebedingte Veränderungen geprägt, die ganz wesentlich zur Formation unterschiedlicher gesellschaftlicher Ausprägungen beigetragen haben (Müller und Kirleis 2019; von Schnurbein 2014; Bánffy et al. 2020). Chronologisch betrachtet haben wir es mit

Johannes Müller
5. Die Pollenanalyse als Methode der Paläoökologie und Vegetationsgeschichte

Die Vegetationsgeschichte befasst sich mit der Entwicklung der Vegetation im Verlauf der Erdgeschichte. In älteren Abschnitten der Erdgeschichte kommt der Untersuchung fossiler Großreste oder deren Abdrücken besondere Bedeutung zu, während in der jüngeren Erdgeschichte, vor allem im Quartär, in den vergangenen 2,6 Mio. Jahren, die Palynologie die gebräuchlichste Methode zur Rekonstruktion vergangener Umweltveränderungen ist, insbesondere der Vegetationsbedeckung. Dieses Kapitel ist Gerhard Lang (1924–2016) gewidmet, der mich als Lehrer und Mentor nachhaltig beeinflusst hat.

André F. Lotter
6. Berechnung und Darstellung der standardisierten Pollendiagramme

Die Idee zu diesem Buch hat die Beschreibung der regionalen Vegetationsgeschichte von der letzten Nacheiszeit bis heute anhand ausgewählter Pollendiagramme im Mittelpunkt. Um einen bestmöglichen Vergleich der einzelnen Regionen zu gewährleisten, sollten diese auf eine einheitliche Weise berechnet und dargestellt werden. Da die Datengrundlage für die einzelnen Regionen, sowohl was die zeitliche Auflösung als auch die Datierungsgenauigkeit angeht, recht unterschiedlich ist, wurde eine Darstellung von Kurven ausgewählter Pollentaxa (Tab. 6.1) in Zeitscheiben von 250 Jahren festgelegt. Oftmals decken Datensätze nicht alle Zeitabschnitte ab. In diesen Fällen sind die sogenannten Standardpollendiagramme abschnittsweise aus unterschiedlichen Pollenprofilen der Region zusammengesetzt.

Ingo Feeser

Teil II

Frontmatter
7. Die Verlandung von Gewässern und ihre Konsequenzen für den Pollengehalt von Torfen und Mudden

Die Verlandung von Gewässern erfolgt in Abhängigkeit von der Wassertiefe und den Eigenschaften des Wasserkörpers (Trophie, Kalkgehalt) unter Bildung typischer Gewässersedimente (Mudde, Gyttja) oder Torfe. Im Wasser lebende Pflanzen und Tiere des Planktons und des Bentos, eingewehte und eingeschwemmte mineralische Partikel und ausgefällter Kalk bilden die Hauptkomponenten von Mudden in unterschiedlichen Anteilen. Torfe können subaquatisch am Gewässergrund durch Röhrichte (z. B. Schilf, Schneide, Schachtelhalm) oder semiaquatisch durch Schwingdecken gebildet werden (z. B. durch Seggen, Sumpflappenfarn, Fieberklee, Abb. 7.1). Als Ende einer Verlandung kann sowohl das vollständige Schließen des Gewässers durch eine Schwingdecke als auch die vollständige Auffüllung des Beckens und die Etablierung von Moorwald oder einem anderen hydrogenetischen Moortyp angesehen werden.

Dierk Michaelis
8. Chronologie/Zeit-Tiefen-Modellierung

Um Aussagen zum zeitlichen Verlauf von Vegetationsveränderungen treffen zu können, müssen den untersuchten Proben in einem Pollenprofil Alter zugeordnet werden. Hierzu dienen Zeit-Tiefen-Modelle. Die Erstellung von Zeit-Tiefen-Modellen basiert auf Datierungen und Altersabschätzungen für ausgewählte Sedimentabschnitte sowie auf sedimentationsstratigraphischen Beobachtungen. Die Menge und die Qualität der Informationen, die in das Modell einfließen, sind dabei von entscheidender Bedeutung.

Ingo Feeser

Teil III

Frontmatter
9. Nördliche Kalkalpen

Blick von der Tuftelalm auf das Lermooser Becken mit Zugspitze und Mieminger Gebirge im Hintergrund. (Foto: K. Oeggl)

Klaus Oeggl
10. Bodenseegebiet/Ehemaliger Rheingletscher nördlich des Bodensees

Blick von Norden auf den Bodensee-Untersee. Im Hintergrund das Schweizer Mittelland und die Alpen. Links vor dem Untersee der Mindelsee, rechts davon auf Höhe der Mettnau-Spitze die Buchenseen, am rechten unteren Bildrand der Steißlinger See. (Foto: O. Braasch)

Manfred Rösch
11. Schwäbisch-Bayerische Alt- und Jungmoränenlandschaft

Blick vom Rand des Auerbergs nach Süden in das Alpenvorland mit der Jungmoränenlandschaft des ehemaligen Lechgletschers und der dort vorherrschenden Landnutzung (Wiesen, Weiden und Forstwirtschaft). Im Bildmittelgrund sind die Aufragungen der gefalteten Vorlandmolasse und im Bildhintergrund ist der Alpenkörper mit Blick auf das Trogtal des ehemaligen Lechgletschers zu erkennen. (Foto: A. Friedmann)

Philipp Stojakowits, Arne Friedmann, Michael Peters
12. Iller-Lech-Platte, Tertiärhügelland und Schotterplatten

Kulturlandschaftsimpression aus dem Tertiärhügelland im nördlichen Dachauer Land westlich der Ortschaft Ainshofen. (Foto: M. Peters)

Arne Friedmann, Philipp Stojakowits, Michael Peters

Teil IV

Frontmatter
13. Ackerbau

Die Wende von der Mittelsteinzeit zur Jungsteinzeit ist in erster Linie durch den Übergang vom Jagen und Sammeln zum Ackerbau gekennzeichnet. Dabei gab es von Süd nach Nord eine erhebliche Verzögerung mit dem Beginn des Ackerbaus und damit auch mit dem regionalen Beginn der Jungsteinzeit.

Karl-Ernst Behre
14. Haubergswirtschaft und Brandfeldbau

Eine noch heute für das Siegerland, das Lahn-Dill-Bergland und das südliche Sauerland typische Waldform ist der Niederwald, der mit Restflächenanteilen von über 30.000 ha das ehemals weit größere Wald- und Landnutzungsgebiet der Hauberge des südwestfälischen Berglandes kennzeichnet. Der Haubergsbegriff beinhaltet in forstlich-waldbaulicher Sicht genossenschaftlich bewirtschaftete Parzellen mit Verjüngung durch Stockausschlag. Aus der Holzkohlegewinnung für die Eisenverhüttung hat sich seit hallstattlichen Epochen und besonders in der Vorrömischen Eisenzeit diese spezifische Stockausschlagwirtschaft entwickelt. Im Jahre 1467 wird der Begriff Hauberg erstmals urkundlich erwähnt (Pott 1990).

Richard Pott
15. Heideentstehung und Plaggenwirtschaft

Die Entstehungsgeschichte der großen nordwestdeutschen Heiden war lange umstritten. Besonders um 1900 gab es harte Diskussionen, ob sie natürlich oder anthropogen seien, und die Entscheidung für das Letztere brachte zum großen Teil die Pollenanalyse. Sie zeigt bereits für das Neolithikum erste vorübergehende Verheidungen bei Siedlungsplätzen; größere folgten in der Bronzezeit. Später wurden zahlreiche Hügelgräber aus Heidesoden errichtet, wie das dafür typische Besenheidepodsol-Profil nachweist.

Karl-Ernst Behre
16. Moorbrand- und andere Moorkulturen

Nordwestdeutschland und die benachbarten Niederlande waren ursprünglich von riesigen Hochmooren bedeckt, von denen einige Flächen von jeweils über 100 km2 aufwiesen. Wegen ihrer extremen Nährstoffarmut waren sie siedlungsfeindlich und wurden lange nur zur Torfgewinnung herangezogen. Mit dem zunehmenden Bevölkerungsdruck kamen auch sie ins Blickfeld, und besonders nach dem Urbarmachungsedikt Friedrichs des Großen von 1765 für das damals preußische Ostfriesland setzte eine starke Moorkolonisation ein. Jetzt wurde auch die Oberfläche der Hochmoore für den Anbau von Kulturpflanzen genutzt. Düngemittel dafür standen nicht zur Verfügung.

Karl-Ernst Behre, Felix Bittmann
17. Weinbau

Die Weinrebe (Vitis vinifera), eine in zahlreichen Sorten gepflegte Kulturpflanze, ist ein Vertreter der 700 Arten zählenden Familie der Weinrebengewächse (Vitaceae). Als ihre Stammform gilt die in den Auenwäldern des Mittelmeergebietes und nördlich angrenzender Gebiete vorkommende europäische Wildrebe (V. vinifera sylvestris). Es sind Auenwaldlianen, ausdauernde, tiefwurzelnde rankende Holzgewächse, die eine Höhe von mehr als 30 m erreichen können. Ihre Beeren gehören zu den Früchten mit dem höchsten Zuckergehalt. Die Samen sind öl- und eiweißreich.

Manfred Rösch
18. Almwirtschaft

Die Almen der subalpinen und alpinen Stufe stellen einen besonderen Teil der Kulturlandschaft in den Alpen dar (Abb. 18.1 und 18.2). Allgemein steht der Begriff „Alm“ für Bergweiden samt Infrastruktur, und unter Almwirtschaft oder Hochweidewirtschaft wird der saisonale Auftrieb, die Sömmerung von Groß- und Kleinvieh auf meist oberhalb der alpinen Waldgrenze gelegenes Grasland verstanden. Der Anfang dieser Viehwirtschaft wurde mit dem Fund der neolithischen Gletschermumie „Ötzi“ in den Ötztaler Alpen in Zusammenhang gebracht. Die Ausbreitung von Weidezeigern in Pollendiagrammen aus der Umgebung der Fundstelle wurden als Anzeichen einer frühen Hochweidewirtschaft schon tausend Jahre vor Lebzeiten der Gletschermumie gedeutet (Bortenschlager 2000). Weder archäologische Befunde (Spindler 1993) noch die Rekonstruktion der Äsung aus dem Dung von Ziegenartigen von der Fundstelle bestätigen jedoch einen neolithischen Weidegang in diesen Hochlagen. Das lässt starke Zweifel an einer derartig frühen Ausübung einer Hochweidewirtschaft im Alpenraum aufkommen. Zudem fiele der Beginn dieser frühen Weidewirtschaft mit einer ungünstigen Klimaphase zusammen.

Klaus Oeggl
19. Waldweide und Hudelandschaften

Seit dem Neolithikum wurden domestizierte Haustierrassen zu Nahrungskonkurrenten von Auerochse, Wisent und Wildpferd, die als Grasfresser zuvor lichte Bereiche der Wälder beweidet hatten und nunmehr Zuflucht in den Ufergebieten der weit verästelten Flüsse, in Sümpfen und Mooren suchten. Diese frei lebenden Tiere waren nicht in der Lage, auf Futterpflanzen des Waldes umzusteigen, da sie, anders als Rotwild, Rehwild und Elch, die Inhalts- und Abwehrstoffe zahlreicher Kräuter und Gehölze nicht verdauen oder neutralisieren können. Elche, die flachwasserreiche Wälder lieben, wurden jedoch allmählich nach Nord- und Osteuropa verdrängt. Rothirsch, Reh und Wildschwein blieben echte Waldtiere. Durch die anhaltende Beweidung durch Haustiere und sicher auch die Gewinnung von Laub als Winterfutter entstanden halb offene Hudelandschaften.

Joachim Hüppe, Richard Pott
20. Nieder- und Mittelwaldwirtschaft

Ein Urwald besteht aus unterschiedlichen Holzarten unterschiedlicher Altersklassen und hat verschiedene Stockwerke. Dabei überwiegen nach Flächendeckung meist wenige alte, hohe Bäume, nach Anzahl zahlreiche junge, niedrige oder mittelhohe. Urwald ist für den Menschen nur schwer nutzbar. Deshalb begann man schon früh, den Wald durch geeignete Maßnahmen zu verändern, sodass ein besser nutzbarer Wirtschaftswald entstand. Die einfachste Maßnahme ist das Abschlagen oder Abbrennen unerwünschter Bäume. Auch gezielte Maßnahmen des Waldmanagements zur Förderung fruchttragender Gehölze wie Hasel oder Apfelbaum gab es möglicherweise schon in der Steinzeit, doch sind sie schwer nachweisbar. In der Jungsteinzeit entwickelte sich aus dem wiederholten Abschlaggen von Gehölzbeständen die Niederwaldwirtschaft, die auch mit landwirtschaftlicher Zwischennutzung nach dem Einschlag verknüpft wurde (Wald-Feldbau). Durch Niederwaldwirtschaft entsteht ein Niederwald. Seine Bäume sind keine aus Samen entstandenen Kernwüchse, sondern haben sich aus bodennahen Knospen der Wurzelstöcke gefällter Bäume entwickelt. Bei allen Laubhölzern wie auch bei der Eibe überleben nämlich die Wurzelstöcke das Fällen des Baums und regenerieren aus bodennahen Knospen einen meist mehrstämmigen neuen Baum mit buschartigem Wuchs. Da der Bestand schon voll bewurzelt ist, ist der Holzzuwachs eines solchen Niederwalds anfangs wesentlich höher als bei einem gepflanzten Bestand. Das machte man sich ab der Bronzezeit und noch in der frühen Neuzeit vor allem in Bergbau- und frühen Industrierevieren zunutze. Dort wurde der Rohstoff knapp, und zur Erzeugung von Holzkohle oder Brennholz ist die Qualität des schwachen Niederwaldholzes ausreichend. Die Umtriebszeit des Niederwalds betrug je nach Wüchsigkeit des Bestands 15 bis 30 Jahre (Abb. 20.1). Noch in historischer Zeit wurde die Niederwaldwirtschaft oft mit ackerbaulicher Zwischennutzung verknüpft, und es wurde auch Eichenlohe geerntet. Aufgrund der unterschiedlichen Fähigkeit der Holzarten, mit dem regelmäßigen Kahlschlag zurechtzukommen, kommt es zu einer Selektion: Hasel, Hainbuche, Linde sowie lichtbedürftige Pioniere wie Salweide, Zitterpappel, Birke werden gefördert, Buche und Eiche gehemmt. Die Tanne verschwindet ganz. Im Pollenniederschlag wird das noch deutlicher, weil die Pioniere und die meisten Stockausschlagfreudigen auch früh mannbar werden: Bei Umtriebszeiten unter 25 Jahren kommen Buche und Eiche nicht mehr zur Blüte. Niederwaldwirtschaft wird heute nur noch auf weniger als 1 % der deutschen Waldfläche betrieben.

Manfred Rösch
21. Laubheu – Das Schneiteln von Bäumen zur Futtergewinnung in Mitteleuropa

Eine der größten Herausforderungen für die prähistorische Landwirtschaft in Europa war das Durchfüttern von Haustieren, wie Schafen, Ziegen, Rindern und Schweinen, durch die langen Winter, da das Verfüttern von Wiesenheu erst mit der Eisenzeit Einzug hielt (800 v. Chr.). Die Laubfuttergewinnung oder -wirtschaft war in der Jungsteinzeit und in der Bronzezeit vor allem in Gebirgsregionen von großer Bedeutung und ist es noch immer, sodass seit mindestens 6000 Jahren die sogenannte Schneitelwirtschaft, das Gewinnen von Baumlaub als Futter, eine zentrale Rolle spielte. Dabei wurden von fast allen europäischen Laubhölzern belaubte Zweige im Spätsommer mit dem sogenannten Gertelmesser abgeschlagen, die Zweige danach getrocknet, um schlussendlich als Trockenbiomasse und als nährstoff- und proteinreiches Laubfutter im Winterhalbjahr Verwendung zu finden, auch weil dadurch, gemäß dem Wissen vieler Landwirte, viel schmackhaftere Milchprodukte zu gewinnen sind. Historische Gemälde zeugen von der Bedeutung dieser Laubfutterwirtschaft (Abb. 21.1), und das heutige Schneiteln, das Ernten von Zweigen als Laubfutter, ist immer noch – in einigen Gebieten Mitteleuropas, im Schwarzwald, in Südtirol, im Zentralmassiv, im Lötschental im Wallis (Abb. 21.2) – eine gängige und wichtige Landwirtschaftspraxis. Im Spätsommer gewonnenes Eschenlaub gilt als das beste Laubfutter, da es gut verdaulich und besonders schmackhaft ist und sich jährlich ernten lässt. Weitere sehr beliebte Baumgattungen für die Laubheugewinnung, allerdings mit Jahresabständen von mindestens fünf Jahren zur Schonung der Bäume, sind Ahorn (Acer), Ulmen (Ulmus), Eichen (Quercus) und Ebereschen (Sorbus). In laubbaumarmen Regionen wie dem Schweizer Kanton Uri werden auch die Nadeläste von Tannen (Abies alba) im Winter abgehauen und zur Verfütterung genutzt. Interessanterweise führt das regelmäßige Abschneiden der Zweige von Laubfutterbäumen zu einer erhöhten Biodiversität unterhalb der Bäume (z. B. Kräuter, Insekten), wohl wegen der besseren Lichtverhältnisse am Boden. Zudem sind die eigentümlichen Schneitelbäume in vielen Gebieten Mitteleuropas eine touristische Attraktion, deren Erhalt aus traditionellen und ästhetischen Gründen, teils sogar mit finanzieller Förderung durch die öffentliche Hand subventioniert wird. Im archäologischen Kontext konnte anhand spezifischer holzanatomischer Strukturen der Nachweis erbracht werden, dass Laubfuttergewinnung schon während der Jungsteinzeit vor mehr als 6000 Jahren als landwirtschaftliche Praxis eingesetzt wurde. Für das Lötschental im Wallis konnte erstmalig palynologisch aufgezeigt werden, wie sich eine solche jahrhundertelange Laubfutterwirtschaft auf die Pollenproduktion der vor Ort stehenden typischen Laubfutterbäume Ahorn, Esche und Eberesche ausgewirkt hat (Abb. 21.3). Obwohl mehrere Jahrhunderte alte Laubfutterbäume noch heute in großer Zahl in unmittelbarer Nähe des Lötschental-Moores und im ganzen Lötschental wachsen, sind sie und auch ihre historischen Vorgängerbäume im pollenanalytischen Bild der letzten Jahrhunderte in keiner Weise erkennbar: So konnte von Ahorn, Esche und Eberesche – trotz hoher Pollensumme pro analysierter Probe – kein einziges Pollenkorn gefunden werden. Dies lässt sich auf die regelmäßige und bis vor Kurzem durchgeführte Schneitelung zurückführen, wodurch diese Laubbäume über Jahrhunderte keinerlei Blüten ausbilden konnten und damit auch keine Pollenverbreitung stattfand. Erst durch die lokale Aufgabe der Schneitelwirtschaft vor wenigen Jahrzehnten blühen diese früheren Laubheubäume, wie Esche und Ahorn, heute im oberen Lötschental wieder und produzieren Blütenstaub.

Jean Nicolas Haas, Benjamin Dietre, Brigitte Hechenblaickner, Werner Kofler, Werner H. Schoch, Sönke Szidat, Fabian Vassanelli

Teil V

Frontmatter
22. Das Pfälzische Berg- und Hügelland

Zwischen Hunsrück und Oberrheinischem Tiefland erstreckt sich im Südwesten Deutschlands eine Mittelgebirgsregion, die Firbas (1952) als Pfälzisches Berg- und Hügelland bezeichnete (Abb. 22.1). Als Teil des Nordfranzösischen Schichtstufenlandes setzt es sich aus den drei grenzüberschreitenden naturräumlichen Großregionen Pfälzerwald (Haardtgebirge), Pfälzisch-Saarländisches Muschelkalkgebiet und Saar-Nahe-Bergland zusammen. Die ersten beiden Einheiten reichen südwärts bis an die Vogesen heran.

Steffen Wolters
23. Schwarzwald

Das südwestlichste deutsche Mittelgebirge, der Schwarzwald, zieht sich auf 165 km Länge bei wechselnder Breite zwischen 30 und 60 km vom Kraichgau im Norden bis zum Hochrhein im Süden (Abb. 23.1). Im Westen fällt er steil zur Oberrheinebene ab, im Osten senkt er sich allmählich zum Oberen Gäu und zur südlich anschließenden Baar. Die Grenzen sind hauptsächlich geologisch bestimmt: Im Westen trennt ihn die Randverwerfung von der Vorbergzone und der anschließenden Oberrheinebene, im Osten und Norden bildet der Übergang vom Buntsandstein oder Grundgebirge zum Muschelkalk die Grenze, im Süden die Stufe zum Hochrheintal. Die feinere naturräumliche Gliederung unterscheidet Nördlichen, Mittleren, Südost- und Südschwarzwald.

Manfred Rösch
24. Hochrhein

Als Hochrhein wird der rund 140 km lange Abschnitt des Rheins zwischen dem Bodensee und dem Rheinknie bei Basel bezeichnet (Abb. 24.1). Die nördlich an den Hochrhein angrenzenden Landschaften sind der Dinkelberg und der Südschwarzwald (südlicher Hotzenwald) und weiter östlich der Klettgau sowie der Hegau. Die südliche Hochrheinregion ist durch die Hochplateaus und tief eingeschnittenen Täler des Tafeljuras mit dem Fricktal geprägt. Zwischen Schaffhausen und Bodensee schließt sich das nördliche Schweizer Mittelland an, das über die Hauptflüsse Aare und Thur in den Hochrhein entwässert. Diese Region, wie auch der Hegau, unterscheidet sich naturräumlich und vegetationsgeschichtlich nicht wesentlich von der Bodenseeregion. Sie wird hier daher nicht weiter berücksichtigt.

Lucia Wick
25. Oberrheinisches Tiefland

Das Oberrheinische Tiefland erstreckt sich auf einer Länge von rund 300 km und einer Breite von 30–50 km zwischen Basel und Mainz (Abb. 25.1). Im Süden ist es vom Schweizer Jura, im Westen von den Vogesen und im Osten vom Schwarzwald begrenzt. Im nördlichen Bereich bilden westlich der Pfälzerwald sowie östlich Kraichgau und Odenwald die Grenzen. Das Rhein-Main-Tiefland und das Rheinische Schiefergebirge grenzen das Gebiet nach Norden ab.

Siegfried Schloß, Lucia Wick, Andreas Lechner
26. Rhein-Main-Tiefland

Das Rhein-Main-Tiefland, benannt nach den dortigen Vorflutern, liegt im Süden des Landes Hessen und gehört zu den klimatischen Gunsträumen Deutschlands. Als eine der wirtschaftsstärksten Regionen in Europa wird es heute insbesondere durch die Finanzmetropole Frankfurt am Main geprägt (Abb. 26.1).

Astrid Stobbe
27. Odenwald und Spessart

Der Odenwald und der Spessart, beides Mittelgebirge des südwestdeutschen Schichtstufenlandes, liegen zu beiden Seiten des Mains zwischen Aschaffenburg im Norden und Wertheim im Süden (Abb. 27.1). Nach Westen grenzt sich der Odenwald durch einen abrupten Höhenabfall zur Oberrheinischen Tiefebene ab. Die südliche Grenze bildet der Kleine Odenwald, der durch das Durchbruchstal des Neckars vom restlichen Odenwald getrennt ist. Der nördlich des Mainvierecks gelegene Spessart wird im Norden und Nordosten durch den Verlauf der Flüsse Kinzig und Sinn eingefasst und grenzt hier an die Mittelgebirgszüge Vogelsberg und Rhön. Jedoch wird auch die östlich der Sinn gelegene Südrhön dem Arbeitsgebiet zugerechnet, da es sich geologisch um einen Ausläufer des Spessarts handelt und somit naturräumlich dem Odenwald und Spessart zugordnet wird.

Manfred Rösch, Felix Bittmann, Ingo Feeser
28. Schwäbische Alb

Die in Baden-Württemberg liegende Schwäbische Alb erstreckt sich vom Ries im Nordosten bis zum Hochrhein im Südwesten (Abb. 28.1). Die höchste Erhebung bildet im Südwesten der Lemberg mit 1015 m NN. Im Nordosten weist der Ipf bei Bopfingen dagegen nur 668 m auf, und das angrenzende Nördlinger Ries liegt bei etwa 430 m NN. Dieses Mittelgebirge entstand aus Meeresablagerungen während der Jurazeit, 200–150 Mio. Jahre vor heute, in Form gewaltiger Schichten aus Ton, Kalk und Mergel (Geyer und Gwinner 1986).

Hans W. Smettan
29. Neckarland

Das hier als Neckarland bezeichnete Gebiet umfasst mehrere Naturräume, die seinerzeit von Firbas (1952) gemeinsam abgehandelt wurden. Es handelt sich um oberes, mittleres und unteres Neckarland, Bauland, Strom- und Heuchelberg, Kraichgau, Tauberland, Kocher-Jagst-Ebene sowie Hohenloher und Haller Ebene, außerdem Schwäbisch-Fränkischer Wald, Schurwald und Welzheimer Wald und schließlich noch Stuttgarter Bucht, Filder, Albvorland, Glemswald, Schönbuch, Obere Gäue und Baar (Abb. 29.1). Es erstreckt sich über 150 km vom Quellgebiet des Neckars auf der Baar im Süden bis zum Odenwald im Norden. Die Höhe sinkt hierbei von 710 m NN beim Neckarursprung auf etwa 140 m NN im Norden.

Hans W. Smettan
30. Mittel- und unterfränkisches Maingebiet und Fränkische Alb

Der Naturraum lässt sich in die Naturraum-Haupteinheiten Fränkische Alb im Süden und Osten, das Fränkische Keuper-Lias-Land im Zentrum und die Mainfränkischen Platten mit dem mittleren Maintal im Nordwesten gliedern (Abb. 30.1). Der betrachtete Raum wird im Osten durch die Oberpfälzer Senke und im Süden durch die Donau begrenzt. Im Nordwesten bilden die Mittelgebirge Odenwald, Spessart und Rhön, im äußersten Norden die Werra und das Vorland des Thüringer Waldes die Grenze. Nach Westen schließen die Gäuplatten des Tauberlandes und das Schwäbische Schichtstufenland sowie im Südwesten das Ries an. Der Raum ist aus mesozoischem Deckgebirge aufgebaut und Teil des süddeutschen Schichtstufenlandes. Das Relief ist durch Becken- und Stufenlandschaften mit niedrigem Hügellandcharakter geprägt. Die höchsten Erhebungen erreichen 653 m NN am Poppberg in der Fränkischen Alb und 689 m NN am Hesselberg im nördlichen Vorland der südlichen Frankenalb. Die Stufenhochflächen erreichen Höhen zwischen 400 und 600 m NN. Die niedrigsten Punkte liegen im westlichen Unterfranken bei Homburg am Main mit etwa 140 m NN. Während der quartären Kaltzeiten war die Region nicht vergletschert, sondern durch Permafrost beeinflusstes Periglazialgebiet. Die entsprechenden reliktischen periglazialen Formen wie Sanddünen, Lössablagerungen, Deckschichten und Blockschutthalden sind noch zahlreich in der Landschaft anzutreffen. Oberflächlich stehen in den größeren Flusstälern von Main, Altmühl, Regnitz und Pegnitz, die das Hügelland durchziehen, Terrassensedimente und Schotter quartären Alters mit Auenböden an. Die Landschaft ist äußerst arm an Seen und Mooren. Nur sehr wenige degradierte Niedermoore oder abgedeckte Torfe treten auf, vor allem in Flusstälern. Es handelt sich um einen sehr günstigen Siedlungsraum, der früh besiedelt wurde. Er ist heute in den Tieflagen waldarm und nur in den Lagen oberhalb 500 m waldreicher (Abb. 30.2). Die Besiedlungsdichte ist bei einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung (u. a. Gemüseanbau und Sonderkulturen) hoch.

Philipp Stojakowits, Maria Knipping, Arne Friedmann
31. Oberpfälzer Senke

Die Region umfasst die Naturraumeinheit oberpfälzisches Hügelland mit einer Höhenlage zwischen 350 und 700 m NN. Sie liegt zwischen den Höhen der Fränkischen Alb im Westen und den Höhen des Oberpfälzer Waldes im Osten (Abb. 31.1) und gliedert sich in zwei Becken: das Weidener Becken im Norden und das Amberg-Schwandorf-Bodenwöhrer Becken im Süden, die durch einen wallartigen Höhenzug, die Kohlberger Höhen, voneinander getrennt sind. Der Untergrund wird von einer großen Zahl verschiedener mesozoischer Sedimentgesteine, wie Buntsandstein, aufgebaut. Die Gesteinseinheiten wurden infolge tektonischer Bewegungen vielfach in Gestalt einzelner Schollen gegeneinander verschoben, was zur Ausbildung einer Bruchschollenlandschaft führte. Morphologisch gesehen handelt es sich daher in weiten Teilen um eine Schichtstufenlandschaft mit unterschiedlich abtragungsresistenten Gesteinen, die im ausgehenden Tertiär und während des Quartärs ihre Formung erfuhr.

Philipp Stojakowits
32. Eifel und Hunsrück

Als Teil des Rheinischen Schiefergebirges erstreckt sich die Eifel linksrheinisch vom Südwesten Nordrhein-Westfalens bis ins nördliche Rheinland-Pfalz mit den Eckpunkten Aachen im Norden, Trier im Süden und Koblenz im Osten. Naturräumlich wird das Gebiet traditionell in Osteifel, Westeifel und Vennvorland gegliedert. Nördlich von Bonn fällt sie zur Niederrheinischen Bucht ab. Die Ardennen bilden den Fortsatz in Belgien und Luxemburg nach Westen. Das Moseltal bildet im Süden die Grenze zum Hunsrück; beide Mittelgebirge werden im Osten vom Rheintal begrenzt. Südlich des Hunsrücks schließt sich das Nordpfälzer Bergland an. Die höchste Erhebung der Eifel ist mit 746,9 m über NN der Vulkankegel Hohe Acht, im Hunsrück ist es mit 816,3 m NN der Erbeskopf (Abb. 32.1).

Thomas Litt, Walter Dörfler
33. Taunus

Der Taunus ist Teil des Rheinischen Schiefergebirges und erstreckt sich zwischen dem Rhein im Westen, der Lahn im Norden, der Wetterau im Osten und dem Main im Süden (Abb. 33.1). Er gliedert sich in den Vortaunus, den Hohen Taunus sowie den Hintertaunus, der seinerseits durch die Idsteiner Senke in den östlichen und westlichen Hintertaunus geteilt ist (Meyen und Schmithüsen 1953–1962).

Astrid Stobbe, Lisa Bringemeier, Gabriele Schmenkel, Lucia Wick
34. Sauerländisches Bergland und Westerwald

Die Mittelgebirge Sauerländisches Bergland und Westerwald sind Bestandteile des östlichen Rheinischen Schiefergebirges (Abb. 34.1). Sie entstanden vor etwa 400–290 Mio. Jahren im Zuge der variszischen Gebirgsbildung. Das sogenannte Rhenoherzynikum weist in Struktur und geologischer Entwicklung enge Zusammenhänge mit dem Harz weiter im Osten auf. Die Gesteine stammen bis auf eng begrenzte Gebiete mit älteren Schichten hauptsächlich aus dem Devon und Karbon. Randlich greifen Gesteine aus dem Zeitraum des Perms bis zur Kreide auf das Rheinische Schiefergebirge über. Die Bezeichnung Schiefergebirge verleitet zwar zu der Annahme, dass im Rheinischen Schiefergebirge besonders viel und fast überall Schiefer vorkommt, der als Baumaterial für den beliebten Dachschiefer vielerorts genutzt wurde und wird. Solche Schiefergesteine finden sich aber nur in begrenzten Bereichen aufgeschlossen, wie in Teilen des Bergischen Landes und im Siegerland. Die Hauptmasse der Gesteine im Sauerländischen Bergland und im Westerwald sind geschieferte, sandige Tonsteine, Sandsteine, Grauwacken und Quarzit. Massenkalke aus dem Mitteldevon sind punktuell eingeschaltet. Sie zeigen Karsterscheinungen mit Höhlenbildungen. Vulkanische Gesteine wie Basalt, Tuffstein und Bimsstein gibt es nur lokal im Westerwald; sie wurden im Paläogen und Neogen auf dem alten Gebirgsrumpf des Schiefergebirges abgelagert.

Richard Pott
35. Rhön, Vogelsberg, Knüll und Meißner und ihr Vorland

Als Teil der Mittelgebirge umfasst das Gebiet die beiden Naturräume Westhessisches Berg- und Senkenland sowie Osthessisches Bergland (Abb. 35.1). Neben Hessen sind Teile von Thüringen und Bayern inbegriffen. Zum Osthessischen Bergland gehören die Rhön (950 m NN), der Vogelsberg (773 m), das Knüllgebirge (635 m), das Fulda-Werra-Bergland mit dem Kaufunger Wald (643 m) und dem Meißner (753 m) sowie das Werratal (130–260 m). Durch das Osthessische Bergland verläuft die Rhein-Weser-Wasserscheide. Das Westhessische Berg- und Senkenland enthält den Kellerwald (675 m), den Habichtswälder Bergwald (615 m), den Burgwald (443 m) und die Westhessische Senke mit dem Kasseler Becken (ca. 160 m) und dem Amöneburger Becken (ca. 260–200 m), dem Vorderen Vogelsberg (400–200 m) und dem Marburg-Gießener Lahntal (ca. 200–150 m). Das Gebiet wird überwiegend durch mesozoische Gesteine gestaltet, flächenmäßig überwiegt der Buntsandstein. Bei der hessischen Senke handelt es sich um ein im Tertiär entstandenes Senkungsfeld, das infolge Bruchtektonik zerstückelt wurde und eine längs der Flusstäler entstandene Kette von intramontanen Becken bildet.

Monika Hellmund

Teil VI

Frontmatter
36. Holzkohle und Metallgewinnung

Bei unvollständiger Verbrennung von Holz entsteht Holzkohle (Abb. 36.1). Seit der Mensch Holz nutzt, ist anthropogene Holzkohle archäologisch überliefert (Ludemann und Nelle 2017). Als Abfall von Feuerstelle, Ofen und abgebranntem Haus dient die gegen mikrobiellen Abbau resistente Holzkohle heute als Proxy für Holznutzung und Umweltbedingungen. Doch im Laufe der Geschichte war sie auch Ressource. Ihr kommt eine essenzielle Rolle als leicht zu transportierender Energieträger, als wenig Rauch erzeugendes Brennmaterial, aber insbesondere und essenziell als Reduktionsmittel spätestens mit der Eisengewinnung und -verarbeitung zu, bevor seit dem 19. Jahrhundert Steinkohle diese Aufgabe übernahm.

Oliver Nelle
37. Die Gewinnung von Teer, Pech und Harz

Holzteer und Holzpech sind Produkte, die mittels Erhitzung von Holz und Rinde durch Pyrolyse bei verminderter Sauerstoffzufuhr erzeugt werden. Holzteer ist ein zähflüssiger Stoff, der gewonnen wird, indem man Holz erhitzt und verschwelt, ähnlich der Herstellung von Holzkohle (vgl. Exkurs Kap. 36 ). Holzpech ist hingegen ein schmelzbarer Rückstand, der bei der Destillation von Holzteer entsteht. Die beiden Begriffe wurden früher häufig synonym verwendet und erst in jüngerer Zeit nach DIN-Norm definiert. Gemäß ihren Eigenschaften: klebend, dichtend, schmierend, desinfizierend, brennbar, waren und sind die Verwendungsmöglichkeiten für Teer und Pech vielfältig. Stellvertretend genannt sei hier nur die große Bedeutung für die Seefahrt mit hölzernen Schiffen, für die ein großer Teil des insgesamt hergestellten Holzteers zum Kalfatern des gesamten Schiffsrumpfs verwendet wurde. Bei großen Schiffen wurden bis zu 20 t Teer und Pech benötigt.

Susanne Jahns, Dieter Todtenhaupt
38. Ziegeleien, Kalkbrennereien, Glashütten und Salinen

Neben den Metallurgen zählen die Ziegler, Kalkbrenner, Glas- und Salzmacher zu den historischen Gewerben mit dem höchsten Energiebedarf. Außer den Rohstoffen – Ton, Kalkstein, Quarzsand und Holzasche oder Sole – wird für den Herstellungsprozess viel Holz oder Holzkohle benötigt. Darum hatte die Etablierung dieser Techniken drastische Auswirkungen auf die Waldbestände. Während für die Einrichtung von Metallhütten das Vorkommen von Erzen und für Salinen das Vorkommen von Sole das entscheidende Kriterium war, konnten Ziegeleien, Kalkbrennereien und Glashütten fast überall errichtet werden, wo das Endprodukt benötigt wurde oder wo die Ressourcen ausreichend zur Verfügung standen. Heute zeugen oftmals nur noch Straßen- und Flurnamen von den ehemaligen Gewerben. Die Techniken waren im Römischen Reich weitverbreitet, gelangten aber nach dessen Zusammenbruch erst im Laufe des frühen Hochmittelalters wieder in die Regionen nördlich der Alpen.

Walter Dörfler
39. Fasergewinnung

Der Bast bildet als Leitungsgewebe von Bäumen zwischen Holz und Borke lange parallele Zellstrukturen aus, die als Fasern genutzt werden können. Solche pflanzlichen Fasern dienten bereits in der Steinzeit zur Herstellung von feinen Fäden, Schnüren und Seilen, aus denen wiederum Tragevorrichtungen wie Netze, Beutel, Taschen, Halterungen für Gefäße, Siebe und Gewebe wie Matten und Kleidungsstücke und vieles mehr angefertigt wurden (Karg 2022a). Archäologische Funde belegen, dass Baumbast der Eiche vor mehr als 8500 Jahren sogar verwoben wurde (Rast-Eicher et al. 2021). Aus der ca. 10.000 Jahre alten mesolithischen Fundstelle Friesack im brandenburgischen Havelland gibt es Netzfragmente, deren Fäden aus dem Bast von Weiden gefertigt wurden (Körber-Grohne 1995) (Abb. 39.1). Baumbast von Linden und Eichen fand häufig für die Herstellung von Schuhen und Hüten in den neolithischen Seeufersiedlungen im Alpenvorland Verwendung. Wie die Faserbestimmung an zahlreichen archäologischen Geflecht- und Gewebefunden zeigt, bildete Baumbast durch alle Zeitepochen hinweg die allerwichtigste Rohstoffquelle. Verfügbarkeit und Qualität der einzelnen Baumarten spielten eine wichtige Rolle. So weisen Bastfasern je nach Baumart eine unterschiedliche Länge und Qualität auf. Die Linde, deren Bast lange, feine und sehr stabile Fasern hat, stand in Mitteleuropa ab dem frühen Atlantikum (ca. 7500 v. Chr.). als Rohstofflieferant zur Verfügung (Karg 2022a) (Abb. 39.2). Altdorfer (2010, 86) vermutet für neolithische Feuchtbodensiedlungen am Südrand des Pfäffikersees in der Schweiz eine bereits planmäßige Waldwirtschaft, in der Linden für die Bastgewinnung schon im 4. Jahrtausend v. Chr. gepflegt worden sind.

Sabine Karg
40. Beginn der Forstwirtschaft

Spätestens durch den mittelalterlichen Landesausbau erhielten die Wälder, sofern sie mit den damaligen technischen Möglichkeiten erschlossen werden konnten, in Mitteleuropa das Gepräge einer Kulturlandschaft. Dementsprechend war während des Mittelalters und in der frühen Neuzeit der menschliche Nutzungseinfluss auf den Wald in der Nähe von Siedlungen am größten. Eichen- und buchenreiche Weidewälder sowie Nieder- und Mittelwälder (s. Exkurs Kap. 20 ) zur Erzeugung von Bau- und Brennholz dienten einer Vielzahl von Nutzungsansprüchen. Erste auf eine Nachhaltigkeit der Holzerzeugung bedachte Regelungen finden sich dabei in den ab dem 16. Jahrhundert erlassenen landesherrlichen Forstordnungen und in den oft noch älteren, von den Waldeigentümern oder ihren Vertretern verfassten Waldordnungen (z. B. Weistümer, Mark- oder Märkerordnungen).

Andreas Mölder, Marcus Schmidt

Teil VII

Frontmatter
41. Weserbergland und nördliches Harzvorland

Als Weserbergland wird hier der nördlichste Mittelgebirgsbereich westlich des Harzes zusammengefasst. Es erhebt sich über die Norddeutsche Tiefebene und erstreckt sich von West nach Ost über 500 km vom Mittellandkanal über das Osnabrücker Land, das Lipper Bergland und das eigentliche Weser- und Leinebergland bis nach Halberstadt im nördlichen Harzvorland. Im Südwesten engt die Westfälische Bucht das Bergland zum Harz und zum Thüringer Becken hin auf eine Breite von etwa 200 km ein (Abb. 41.1). Hier reicht das Gebiet von der Paderborner Hochfläche über Eggegebirge, Oberwälder Land und Warburger Börde zur Weser und weiter über Solling, Reinhardswald und Leinetal bis in das Untereichsfeld bei Duderstadt. Der Zusammenfluss von Fulda und Werra markiert bei Hannoversch Münden (120 m NN) die Grenze zum südlich angrenzenden Hessischen Bergland. Aus der Vereinigung beider Flüsse geht die Weser hervor. Sie durchbricht das Sollinggewölbe zwischen Solling, Reinhards- und Habichtswald westwärts nach Bad Karlshafen, von wo die Weser einen großen Bogen in Richtung zur Porta Westfalica südlich von Minden macht, um zwischen Wiehen- und Wesergebirge hindurch in nur mehr 40 m Höhe ihr Bergland in Richtung Nordsee zu verlassen. Den geologischen Untergrund dominieren Sedimentgesteine des Erdmittelalters (Mesozoikum), in der Fläche die der Trias, in den umgebenden Randgebirgen besonders auch solche aus der Jura- und der Kreidezeit. In den Randgebirgen sind die Gesteinsschichten durch tektonische Prozesse stark versetzt und verstellt.

Frank Schlütz
42. Harz

Als nördlichstes Mittelgebirge Deutschlands ragt der Harz weit in das Norddeutsche Tiefland hinein, von dem er sich geologisch und klimatisch stark unterscheidet. Er erstreckt sich über etwa 90 km Länge zwischen Seesen im Nordwesten und der Lutherstadt Eisleben im Südosten. Die Breite beträgt bis zu 30 km. Im Landschaftsbild tritt er als Waldinsel inmitten einer weitgehend ausgeräumten Agrarlandschaft hervor. Geologisch lässt sich der Harz gegen das Harzvorland klar durch die Grenze von Gesteinen des Erdaltertums (Paläozoikum) zum Erdmittelalter (Mesozoikum) definieren. Vor allem im Norden und Westen ist diese Grenze auch in der Landschaft gut sichtbar, da sich hier das Gebirge steil über sein Vorland erhebt. Während der Hebung wurden dabei die Gesteine des Mesozoikums aufgerichtet und bilden an der Nordseite des Gebirges Höhenrücken, wie zum Beispiel die Teufelsmauer. Am südlichen Gebirgsrand tritt oft Gips des Zechsteins zutage. Im Südosten tauchen die Hochflächen allmählich unter das mesozoische Deckgebirge ab, sodass der Harzrand hier kaum noch als Höhenzug in Erscheinung tritt. Naturräumlich ergibt sich eine Gliederung in Oberharz, Unterharz und Östliche Harzabdachung. Als Hochharz wird der zentrale Bereich des Oberharzes oberhalb von 700 m NN mit dem Acker-Bruchberg-Zug (928 m), dem Achtermann (926 m), dem Wurmberg (971 m) und dem Brockengebiet abgetrennt (Abb. 42.1). Der höchste Berg ist der Brocken mit 1142 m NN.

Thomas Giesecke, Ricarda Voigt
43. Mitteldeutsches Trockengebiet

Naturräumlich beinhaltet das Gebiet das Östliche Harzvorland und die Börden sowie das Thüringer Becken mit Randplatten, somit den südlichen Teil Sachsen-Anhalts und weite Bereiche Thüringens (Abb. 43.1). Das Mitteldeutsche Trockengebiet im engeren Sinne umfasst den im Südosten um den Harz gelegenen halbmondförmigen Landstrich mit weniger als 500 mm jährlichen Niederschlägen. Dazu gehört auch das Nördliche Harzvorland, das hier zum Weserbergland und nördlichen Harzvorland (Kap. 41 ) gestellt wird. Für die Abgrenzung des Trockengebietes wird oft das Areal von Adonis vernalis (Frühlings-Adonisröschen) herangezogen.

Monika Hellmund
44. Thüringer Wald, Frankenwald und Vogtland

Der Thüringer Wald und das Thüringisch-Fränkische Schiefergebirge oder das Thüringer Schiefergebirge und der Frankenwald mit dem sich anschließenden Vogtland erstrecken sich über ca. 170 km vom Südwesten Thüringens über Oberfranken bis zum Fichtelgebirge. Der Höhenzug bildet zugleich die Wasserscheide zwischen der Elbe im Norden und dem Rhein im Süden und Südwesten. Er ist in vier größere Einheiten untergliedert (Abb. 44.1).

Heike Schneider
45. Fichtelgebirge

Das Fichtelgebirge nimmt im Nordosten Bayerns und in Tschechien eine hufeisenförmige Fläche von 1600 km2 ein (Abb. 45.1). Seine höchsten Erhebungen, Schneeberg und Ochsenkopf, erreichen 1051 und 1024 m NN, weitere Berge zwischen knapp 700 und über 900 m. Zusammen mit Thüringer Wald , Thüringer Schiefergebirge und Frankenwald bildet das Fichtelgebirge die naturräumliche Haupteinheitengruppe Thüringisch-Fränkisches Mittelgebirge , das zum Grundgebirge der Böhmischen Masse gehört. Das Fichtelgebirge wird von vier Flusssystemen in unterschiedliche Himmelsrichtungen entwässert: nach Norden durch die Sächsische Saale, nach Osten durch die Eger, nach Süden durch Fichtel- und Haidenaab sowie nach Westen durch den Weißen Main. Damit bildet es zugleich die europäische Hauptwasserscheide zwischen Donau, Rhein und Elbe. Der Gebirgsstock besteht hauptsächlich aus Granit.

Manfred Rösch, Jürgen Hahne
46. Oberpfälzer Wald

Der Oberpfälzer Wald wird vom Bayerischen Wald durch die Cham-Further Senke getrennt, an die er sich im Nordwesten anschließt. Er wird in den Vorderen und Hinteren Oberpfälzer Wald unterteilt, Letzterer befindet sich auf tschechischem Staatsgebiet. Westlich schließt sich die Oberpfälzer Senke und nördlich das Fichtelgebirge an.

Maria Knipping, Jutta Lechterbeck
47. Bayerischer Wald

Der Bayerische Wald ist ein ca. 100 km langer Mittelgebirgszug an der Grenze zwischen Bayern, der Tschechischen Republik und Österreich. Er umfasst eine Fläche von etwa 4650 km2 (Abb. 47.1) und gliedert sich in den Hinteren und den Vorderen Bayerischen Wald, getrennt durch die Täler der Regen und der Ilz. Im Nordosten grenzt er an den Böhmerwald, im Südwesten an die Iller-Lech-Platte. Im Norden schließen sich die Oberpfälzer Senke und der Oberpfälzer Wald an. Die höchsten Erhebungen im Hinteren Bayerischen Wald sind der Große Arber (1456 m) und der Rachel (1452 m), im Vorderen Bayerischen Wald der Einödriegel (1121 m) und der Dreitannenriegel (1090 m).

Jutta Lechterbeck, Maria Knipping
48. Erzgebirge

Das Erzgebirge (tschechisch Krušne hoří, engl. Ore Mountains) weist einen größeren deutsch-sächsischen und einen kleineren tschechisch-böhmischen Anteil mit einer Gesamtfläche von ca. 5300 km2 auf. Das etwa 130 km lange und 40 km breite Gebirge erstreckt sich vom Elbsandsteingebirge im Nordosten bis zum Elstergebirge (Vogtland) im Südwesten. Im Norden begrenzen das Erzgebirgsbecken und das Mulde-Lösshügelland, im Süden der Eger-/Ohřegraben und das Nordböhmische Becken/Mostecká pánev das Gebirge (Abb. 48.1). Das Erzgebirge wird in Ost-, Mittleres und Westerzgebirge mit unterschiedlicher Ausprägung vor allem der Geologie, der Geomorphologie und des Klimas unterteilt.

Martin Theuerkauf, Knut Kaiser
49. Elbsandstein- und Lausitzer Gebirge, Polzengebiet und Jeschkengebirge

Die Region am Nordrand des Böhmischen Beckens wird durch die böhmischen Randgebirge mit ihren in charakteristischer Weise verwitterten, kaolinitisch-lehmigen Sandsteinen gebildet. Die Hochplateaus sind mit Löss oder Lössderivaten des Oberpleistozäns bedeckt. Die heutigen Erhebungen der Plateaus liegen zwischen 250 und 300 m und werden von einer Reihe von Vulkankegeln von etwa 500 m Höhe durchschnitten. Die höchsten Erhebungen werden mit etwa 750 m im Lausitzer Gebirge und mit 1000 m im Jeschkengebirge erreicht, die beide im Norden am nördlichen Rand des Gebietes liegen (Abb. 49.1). Damit trennt die Region die Niederungen des Böhmischen Beckens im Süden (Tschechien) von der nordeuropäischen Tiefebene (Deutschland und Polen).

Petr Pokorný, Vojtěch Abraham

Teil VIII

Frontmatter
50. Waldregeneration und Sukzession

Bei heutigem Klima wären ohne menschlichen Einfluss und bis auf wenige Sonderstandorte wie alpine Hochlagen, salzige Marschen, übernasse Moorstandorte beschränkt, Wälder die dominierende Vegetationsform. Es ist die menschliche Aktivität, die zu einer Öffnung der Wälder und der Entstehung von Kulturlandschaften führte, mit einem Mosaik von Offenlandvegetationsformen wie Äcker, Weiden, Wiesen und Heiden. Stellt der Mensch die Nutzung dieser Flächen ein, beginnt ein Wiederbewaldungsprozess (Abb. 50.1), der durch eine schrittweise Abfolge typischer Pflanzenvergesellschaftungen charakterisiert ist. Wissenschaftlich ausgedrückt handelt es sich hierbei um eine sekundäre progressive Sukzession. Sukzession (von lat. succedere = nachrücken) bezeichnet einen Vegetationswandel, der durch eine Abfolge von Pflanzengesellschaften gekennzeichnet ist und durch umweltbedingte Veränderungen ausgelöst wird. Diese Auslöser können natürlichen Ursprungs sein wie die Verlandung eines Sees (s. Exkurs Kap. 7 ), aber auch kulturbedingt, wie eine Nutzungsaufgabe mit anschließendem Brachfallen. Man unterscheidet hierbei primäre und sekundäre Sukzession. Bei Ersterer handelt es sich um eine von Rohböden ausgehende Sukzession , wie zum Beispiel im Falle der Vegetationsentwicklung auf über lange Zeit vergletscherten Gebieten oder auf Standorten ohne Vegetation und ohne Diasporenbank im Boden. Bei der sekundären Sukzession gehen die Sukzessionsprozesse von bereits bestehender Vegetation und diasporenhaltigem Untergrund aus.

Ingo Feeser, Peter Poschlod
51. Megaherbivoren-Theorie und halb offene Weidelandschaften

Halb offene Weidelandschaften haben einen parkartigen Charakter und stellen einen für den Menschen angenehmen Landschaftstyp dar. Ob dabei die Tatsache eine Rolle spielt, dass man einerseits Feinde oder gefährliche Raubtiere von Weitem sehen kann, andererseits aber sich vor potenziellem Jagdwild verstecken kann, sei dahingestellt. Der Mensch bewegt sich gerne in einer solchen Landschaft. Ende der 1990er-Jahren stellte Vera (2000) die Hypothese auf, dass nicht der geschlossene Wald, sondern vielmehr eine durch Megaherbivoren, also große Pflanzenfresser, offen gehaltene Landschaft den natürlichen Zustand Mitteleuropas repräsentiert. Er argumentiert vor allem damit, dass sich die Eiche als Lichtkeimer unter dichter Beschattung nicht regenerieren kann. Pollendiagramme aus der Zeit, bevor der Mensch Ackerbau zu treiben und die Wälder aufzulichten begann, zeigen aber eine klare Dominanz von Waldbäumen. Kräuter und Gräser erreichen in der Regel nur Werte unter 5 % des Pollens aller Landpflanzen. Zwar sind die Bäume als gute Pollenproduzenten meist über- und Kräuter, besonders insektenbestäubte Arten, unterrepräsentiert, doch gibt es Möglichkeiten, dies rechnerisch auszugleichen (s. Kap. 5 ). So kommt man für die Zeit der Jäger und Sammler auf Offenlandflächen von maximal 10 bis 15 %. Dabei handelt es sich einerseits um natürliche Waldlichtungen, wo Bäume abgestorben sind. Solche Lichtungen können durch äsendes Wild einige Zeit offen gehalten worden sein. Andererseits gab es entlang von Flüssen und Bächen durch Biber gelichtete Bereiche. Der Biber verlässt den sicheren Bereich des Wassers zur Nahrungsaufnahme bis zu einer Entfernung von maximal 100 m. In diesem Bereich bringt er die Bäume durch Abfressen der Rinde oder direktes Fällen zum Absterben (Harthun 1999). Somit gestaltet er aktiv seine ökologische Nische als Pflanzenfresser. Lichtungen und diese Offenlandgalerien entlang der Gewässer bilden einerseits die Nahrungsgrundlage für Grasfresser wie Wisent, Auerochse und Pferd, andererseits bieten sie Standorte für die Regeneration von Eichen. Dass es den Wildtieren nicht gelungen ist, den Wald nachhaltig an der Ausbreitung zu hindern, liegt vor allem an dem Nahrungsengpass im Winter, der die Populationsgröße der Pflanzenfresser limitiert. So wurden die großen Pflanzenfresser des Glazials und Spätglazials wie Ren, Riesenhirsch und Mammut von dem sich ausbreitenden Wald verdrängt (s. Abb. 51.1). Darüber hinaus beschränken auch die Raubtiere, wie Wolf, Luchs und Bär, und nicht zuletzt der Mensch die Populationsgrößen der sich im Holozän etablierenden Herbivoren und der ebenfalls die Vegetation beeinflussenden Omnivoren und Nagetiere. Aus Sicht der Vegetationsgeschichte ist die Megaherbivoren-Hypothese von Vera somit widerlegt. Es mag parkartige Areale innerhalb des Waldes gegeben haben, aber der geschlossene Baumbestand hat dominiert.

Walter Dörfler
52. Magerrasen

Magerrasen sind anthropogene Lebensräume, die durch Beweidung und die damit einhergehende Ausmagerung entstanden sind. Die Ausmagerung geschah bis in das 20. Jahrhundert hinein durch die mit der zum Teil intensiven Beweidung einhergehenden Entnahme der Biomasse durch Rinder, Schafe oder Ziegen, seltener auch durch Pferde und die Deposition des Dungs durch die Pferchung auf Ackerflächen. Diese traditionelle Landnutzungspraxis wurde mit der zunehmend intensiveren Nutzung ackerbaulich genutzter Flächen (u. a. Düngung mit Mineraldünger) weitgehend aufgegeben. Heute werden Magerrasen fast nur mehr durch Schafbeweidung oder mechanische Landschaftspflegemaßnahmen offen gehalten.

Peter Poschlod
53. Der klassische Ulmenfall

Die Ulme aus der Familie der Ulmengewächse ist in Mitteleuropa mit drei Baumarten vertreten: der Flatterulme (Ulmus laevis), der Feldulme oder Rotrüster (Ulmus minor) und der Bergulme oder Weißrüster (Ulmus glabra). Hauptverbreitungsgebiete der Flatterulme sind die kontinentaleren östlichen bis nordöstlichen Teile von Mitteleuropa. Die Feldulme kommt in weiten Teilen Europas vor und erreicht im südlichen Skandinavien die Nordgrenze ihrer Verbreitung. Die Bergulme ist fast über ganz Europa verbreitet, mit Ausnahme des hohen Nordens. Sie ist vom Tiefland bis in eine Höhenlage von etwa 1300 m anzutreffen. In den Alpen steigt sie sogar bis zu einer Höhenlage von 1500 m auf. Die Flatterulme kommt vornehmlich in Auenwäldern vor und ist heute sehr selten, die Feldulme darüber hinaus in Feldgehölzen, die Bergulme hingegen vor allem in Berg- und Schluchtwäldern mittlerer Gebirgslagen. Der Pollen der Gattung ist zwar leicht identifizierbar, Ansätze zur Unterscheidung der Arten aufgrund der Zahl der äquatorial angeordneten Poren haben sich aber nicht als Routinemethode durchgesetzt.

Ingo Feeser, Manfred Rösch, Susanne Jahns

Teil IX

Frontmatter
54. Niederrhein

Das Niederrheingebiet untergliedert sich in die Kölner Bucht und das Niederrheinische Tiefland. Das hier vorgestellte Standarddiagramm stammt aus der Kölner Bucht, die eine vom Norden in das Rheinische Schiefergebirge hineinreichende Tiefebene aus glazial überprägten Ablagerungen des Tertiärs ist (Abb. 54.1). Westlich des Rheins werden die älteren glazialen Terrassenablagerungen des Rheins von fruchtbarem Löss überdeckt. Gegliedert werden die Lössplatten durch Taleinschnitte, die in der letzten Kaltzeit entstanden sind, im Holozän aber bis in die Eisenzeit lediglich ephemer durchflossene Trockentäler waren. Ständig wasserführende Flüsse und Bäche entspringen in der Eifel und durchqueren die Lössbörden entlang tektonischer Bruchlinien auf ihrem Weg zu Rhein und Maas (Schalich 1968). Nach Osten, zum Rhein, hin schließen sich die lössfreie Niederterrasse und die holozäne Rheinaue an.

Arie J. Kalis, Jutta Meurers-Balke
55. Westfälische Bucht

Die Westfälische Bucht ist eine nach Westen zum Niederrhein hin geöffnete Tieflandsbucht, die im Nordosten und Osten vom Teutoburger Wald, vom Eggegebirge und von der Paderborner Hochfläche begrenzt wird. Den Südrand markiert der Haarstrang mit den Hellwegbörden, an die sich das Bergisch-Sauerländische Gebirge anschließt (Abb. 55.1).

Till Kasielke, Jutta Meurers-Balke, Arie J. Kalis
56. Südliches niedersächsisches Altmoränengebiet

Das südliche niedersächsische Altmoränengebiet erstreckt sich in einem von Westen nach Osten auskeilenden Streifen von der deutsch-niederländischen Grenze bis in den Raum östlich von Helmstedt. Die Grenze im Norden verläuft südlich des Küstenkanals entlang der Geestkante von Lathen in Richtung Osten bis Bremen und folgt dann der Weser und der Aller nach Südosten. Über Celle und Wolfsburg wird der östlichste Bereich des Gebietes bei Haldensleben am Mittellandkanal in der südlichen Colbitz-Letzlinger Heide erreicht. Die Südgrenze bildet der Nordrand der Mittelgebirgsschwelle von den Ausläufern des Teutoburger Waldes im Westen über die Mittelgebirgszüge des Wiehen- und Wesergebirges bis zum Elm im Osten (Abb. 56.1, 56.2).

Andreas Bauerochse, Angelika Kleinmann, Josef Merkt
57. Küstennahe Geestgebiete

Die Geestgebiete umfassen die Altmoränengebiete Nordwestdeutschlands nördlich der Mittelgebirge. Sie gliedern sich grob in die küstennahen Regionen der Schleswig-Holsteinischen Geest, der Stader Geest und der Ostfriesisch-Oldenburgischen Geest (Abb. 57.1) und die sich südlich anschließenden küstenfernen Altmoränenlandschaften (s. Kap. 56 und 59 ). Während der Weichselkaltzeit waren die Geestgebiete nicht von Gletschern bedeckt und erhielten somit kein frisches, kalkreiches Moränenmaterial. Letztmalig bedeckten die Gletscher der Saalevereisung die Region, deren Moränenmaterial tiefgründig entkalkt ist. Verwitterungsprozesse führten somit seit mindestens 130.000 Jahren – nach dem Rückzug der saalezeitlichen Gletscher – zur Einebnung der Landschaft und Bildung saurer Sandböden, die die Geestgebiete prägen. Darauf weist die von dem niederdeutschen Wort „gest“ oder „güst“ für „trocken und unfruchtbar“ abgeleitete Bezeichnung hin (Behre 2008). Gegen Ende der letzten Kaltzeit, bei noch weitgehendem Fehlen einer geschlossenen Vegetationsdecke, wurden große Mengen von Sand zu Dünen und Flugsanddecken aufgeweht. Im Verlauf des Holozäns entstanden aus diesen Rohböden zunächst Ranker, später Parabraunerden und bei fortschreitender Versauerung Podsole (Abb. 57.2). In den Niederungen dominieren Gley und Pseudogley, vielfach haben sich Nieder- und Hochmoore gebildet. Die Geest setzt sich prinzipiell noch weit in den Bereich der heutigen Nordsee fort; dort wurde sie allerdings infolge des nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstiegs von den „jungen“ Marschsedimenten sukzessive überdeckt (s. Kap. 58 ).

Steffen Wolters, Felix Bittmann, Walter Dörfler, Karl-Ernst Behre
58. Nordsee und Nordseemarschen

Während der maximalen Vereisung der letzten Kaltzeit vor etwa 20.000 Jahren lag der Meeresspiegel um etwa 130 m tiefer als heute, und die arktische Eiskappe hatte sich weit nach Süden ausgedehnt: Sie bedeckte Mecklenburg-Vorpommern und Teile von Brandenburg, die östliche Hälfte von Schleswig-Holstein und Dänemark sowie die nördlichen Bereiche der Nordsee. Außerhalb der Gletscher blieb die Landschaft eisfrei und bildete das Periglazialgebiet. Mit dem Rückzug der Eismassen im Zuge der spät- und insbesondere der nacheiszeitlichen Erwärmung stieg der Meeresspiegel wieder an.

Steffen Wolters, Felix Bittmann, Karl-Ernst Behre
59. Prignitz, Wendland, Altmark und Lüneburger Heide

Das Gebiet ist ein Teil der norddeutschen Senke. Es wird vom Urstromtal der Elbe durchschnitten, das den westlichen Teil mit der Lüneburger Heide, dem Wendland und der Altmark vom östlichen Teil der Prignitz abgrenzt. Diese wird im Osten durch die Dosse-Niederung begrenzt. Im Norden schließt sich das mecklenburgische Seen- und Sandergebiet an. Nach Nordwesten erfolgt ein allmählicher Übergang zum Stader Geestgebiet, südlich schließen die Lössbörden sowie das östliche Harzvorland an (Abb. 59.1). Der Untergrund wird durch mehrere Tausend Meter mächtige Sande und Lehme gebildet, die als Folge der pleistozänen Kaltzeiten durchgemischt wurden. Das Gebiet wurde in der Elster- und Saalekaltzeit vom Eis mehrfach überfahren, die Weichselvereisung dagegen erreichte es nicht. Es lag somit dem Inlandeis vorgelagert im Periglazialraum, dessen einst kräftige Hügellandschaft intensiv abgetragen und nivelliert wurde. Somit können wir das gesamte Gebiet als Altmoränenlandschaft ansprechen (Liedtke 1994, S. 271 f.). Der präquartäre Untergrund spielt an den Stellen eine Rolle, an denen aufsteigende Salzstöcke des Zechsteinbeckens liegen. Beispiele dafür sind der Arendsee als tiefster Einbruchsee Norddeutschlands, der Maujahn, das Rambower Moor und der Rudower See. Letztere liegen in einer Subrosionsrinne über dem Gorleben-Rambower Salzstock. Zu nennen ist weiterhin der Lüneburger Salzstock, dessen Ausbeutung die Stadt Lüneburg ihren mittelalterlichen Wohlstand verdankt.

Wiebke Kirleis, Jörg Christiansen, Susanne Jahns
60. Westliches Jungmoränengebiet

Die Jungmoränenlandschaft des östlichen Schleswig-Holsteins und Nordwest-Mecklenburgs entstand vor rund 15.000 Jahren mit dem Ende der letzten Eiszeit (Weichseleiszeit). Mehrere Gletschervorstöße, deren Endmoränenzüge sich teilweise überlagern, führten zu einer abwechslungsreichen Landschaft mit Hügeln, Senken, Ebenen und zahlreichen Seen. Die Westgrenze der Region entspricht der ehemaligen Eisrandlage von der Flensburger Förde im Norden bis zum Alstertal nördlich von Hamburg (Abb. 60.1). Von dort verläuft die Grenze in östlicher Richtung bis zum Schweriner See südlich der Wismarer Bucht.

Ingo Feeser, Walter Dörfler
61. Östliches Jungmoränengebiet

Das Gebiet umfasst das Jungmoränengebiet in Mecklenburg-Vorpommern und im Nordosten Brandenburgs (Abb. 61.1). Es reicht von der Ostseeküste im Norden bis zur Frankfurter Eisrandlage der Weichselvereisung im Süden. Hier schließen sich die Prignitz, das brandenburg-pommersche Gebiet innerhalb der baltischen Endmoräne und das märkische Gebiet außerhalb der baltischen Endmoräne an (s. Kap. 59 , 62 und 63 ). Im Westen reicht das östliche Jungmoränengebiet an eine Linie vom Schweriner See bis zur Wismarbucht heran, im Osten bis an die polnische Staatsgrenze. Geologisch ist das Jungmoränengebiet eine eiszeitlich geprägte Landschaft mit flachwelligen und kuppigen Grundmoränenplatten, Endmoränen und Sandern. Es wird von ausgedehnten Tälern strukturiert, die als Gletscherzungenbecken oder Schmelzwasserrinnen entstanden. Das Gelände erreicht selten über 100 m Höhe; die höchsten Erhebungen sind die Helpter Berge mit 178 m NN. Es dominieren meist 50–100 m mächtige Sedimente der Weichsel- und früherer Vereisungen. Vereinzelt erreichen Schollen präquartärer Sedimente wie Kreiden und Tone die Oberfläche.

Martin Theuerkauf, Pim de Klerk, Dierk Michaelis
62. Brandenburgisch-pommersches Jungmoränengebiet innerhalb der baltischen Endmoräne

Das Gebiet ist Teil der Jungmoränenlandschaft des norddeutschen Flachlandes (Abb. 62.1). Überwiegend wird es von der Ostbrandenburgischen Platte mit Ablagerungen des Brandenburger und des Frankfurter Stadiums der Weichselvereisung gebildet. Im Norden wird das Gebiet vom Eberswalder Urstromtal, im Süden vom Berliner Urstromtal und im Westen von der Havelniederung begrenzt. Im Osten und Nordosten fällt die Hochfläche mit sehr steilem Abhang zum Odertal ab. Die Ostbrandenburgische Platte wird in die naturräumlichen Einheiten des Westbarnim, der Barnimplatte, der Lebuser Platte und des Buckower Hügel- und Kessellands – die Märkische Schweiz – unterteilt. Vorherrschend sind flachwellige Sand- und Lehmflächen, die von Grundmoränen gebildet werden und denen mancherorts steile End- und Stauchmoränen aufgesetzt sind, die im Oberbarnim Höhen von bis zu 150 m NN erreichen. Weiterhin findet man feuchte Niederungen und eingesenkte Rinnentäler, die überwiegend in Nord-Süd-Richtung verlaufen. Häufig haben sich in ihnen lang gestreckte Seen gebildet. Am Nord- und Westrand des Gebietes gibt es periglazial entstandene Geländeformen. Sein Nordrand ist durch ausgedehnte Dünenbildungen gekennzeichnet. Eine geologische Besonderheit der Barnimplatte ist der Muschelkalksattel bei Rüdersdorf. Dort steht der prätertiäre Untergrund, von einem Salzstock angehoben, an der Oberfläche an.

Susanne Jahns, Khadijeh Alinezhad
63. Märkisches Gebiet außerhalb der baltischen Endmoräne

Die Topographie des Gebietes (Abb. 63.1) wurde durch die Inlandvereisungen des Quartärs geformt. Dabei überprägte die letzte Vereisung (Weichseleiszeit) meist das ältere, während der vorletzten Vereisung (Saaleeiszeit) angelegte Relief. Der Seenreichtum in den nördlichen und östlichen Teilen geht ebenfalls auf die Weichselvereisung zurück, die lediglich diese Teile des hier beschriebenen Gebietes erreicht hat. Die Schmelzwässer haben dabei ein Netzwerk von weiten Urstromtälern geschaffen, welche die welligen Ebenen der Grundmoränen in Platten zerteilen. Südlich davon liegt der Fläming als Teil des Südlichen Landrückens, der am Hagelberg 200 m NN erreicht. Dieser Höhenzug wurde durch Eisrandlagen der saalezeitlichen Vereisung aufgeschoben, jedoch vor allem durch periglaziäre Vorgänge in der letzten Eiszeit weitgehend wieder abgetragen, sodass sich ein abgerundetes Relief ergibt. Südlich des Flämings fließt die Elbe im saalezeitlich geformten Breslau-Bremer (Baruther) Urstromtal, das den südlichen Teil des Gebietes charakterisiert.

Susanne Jahns, Arthur Brande, Thomas Giesecke, Steffen Wolters
64. Sächsische Tieflandsbucht

Die Sächsische Tieflandsbucht schließt sich südöstlich an das Mitteldeutsche Trockengebiet an. Ausgehend von der Leipziger Tieflandsbucht im Nordwesten erstreckt sich die Region über etwa 160 km nach Südosten bis ins Westlausitzer Hügel- und Bergland hinein (Abb. 64.1). Die durch Altmoränen geprägte Leipziger Tieflandsbucht stellt den südlichsten Ausläufer des Norddeutschen Tieflandes dar. Paläogeographisch befindet sich die Leipziger Tieflandsbucht an der Südgrenze der nordwesteuropäischen Tertiärsenke. Alternierend stattfindende Meeresvorstöße und Küstenvermoorungen ließen dort vom Eozän bis Untermiozän mächtige Schichtenfolgen aus marinen Sanden und ergiebigen Braunkohleflözen entstehen. Durch den Kohleabbau und anschließende Renaturierungsmaßnahmen ist die Landschaft des Ballungsraumes Leipzig-Halle heute tiefgreifend technogen überprägt (Abb. 64.2) (Eissmann und Litt 1994).

Martina Stebich, Dana Höfer
65. Niederlausitzer und Niederschlesische Heide

Die Region Niederlausitzer und Niederschlesische Heide gehört zum Altmoränengebiet des Norddeutschen Flachlandes (Abb. 65.1). Den nördlichen Teil, die Niederlausitz, prägt das Glogau-Baruther, den südlichen Teil, die Oberlausitz, das Lausitzer Urstromtal. Ersteres ist eine Abflussbahn der weichselzeitlichen, Letzteres der saalezeitlichen Schmelzwässer. Die Neiße-Aue ist die östliche Grenze des Gebietes. Unterschiedliche Formationen wie der Fläming, die Niederlausitzer Randhügel und die Ruhland-Königsbrücker Heiden bilden seine westliche Grenze. Nach Süden schließt das Lausitzer Lösshügelland an, das in die Mittelgebirgslandschaft des Elbsandstein- und Lausitzer Gebirges, des Polzengebiets und des Jeschkengebirges übergeht (s. Kap. 49 ).

Susanne Jahns, Michèle Dinies, Andrea Klimaschewski, Maria Knipping, Jaqueline Strahl

Teil X

Frontmatter
66. (Potenzielle) Natürliche Vegetation und Ökogramme nach Ellenberg

In vielen Regionalkapiteln wird auf die sogenannte potenzielle natürliche Vegetation (PNV) verwiesen. Unter diesem auf Tüxen (1956) zurückgehenden Konstrukt versteht man die hypothetisch sich letztendlich einstellende Vegetation , wie sie sich nach Aussetzen menschlicher Eingriffe im jeweiligen Gebiet entwickeln würde. Im Gegensatz zur natürlichen Vegetation sensu Hueck und Scamoni, die eine hypothetische Vegetation ohne jeglichen menschlichen Einfluss in Vergangenheit und Gegenwart darstellt (Scamoni 1964), geht die PNV also von den gegenwärtigen durch menschliche Nutzung veränderten Standortfaktoren und dem aktuellen Artengefüge inklusive aller vorhandenen Neophyten aus. Kritisiert wird das Konzept der PNV für die mangelnde Berücksichtigung der langfristigen Dynamik von Ökosystemen, wie z. B. Sukzessionsprozesse oder Bodenentwicklung, sowie Unsicherheiten bei der Beurteilung potenziell wichtiger Standortfaktoren, wie natürliche Feuer oder Wildverbiss (vergl. Exkurs Kap. 51 ). Ein interessanter Ansatz, die PNV experimentell zumindest kleinräumig zu erschließen, ist das Bannwaldkonzept. Ausgesuchte Waldgebiete in unterschiedlichen Wuchsregionen werden dabei aus der forstlichen Nutzung genommen und sich selbst überlassen. Sie sollen sich zu „Urwäldern“ aus zweiter Hand entwickeln. Die Beschreibung der PNV im Rahmen der Regionalkapitel soll als eine vegetationskundliche Charakterisierung des großräumigen Standortpotenzials bezüglich klimatischer und edaphischer Faktoren verstanden werden. Eine schematische Übersicht der grundlegenden standörtlichen Differenzierung für Mitteleuropa bezüglich ausgewählter abiotischer Faktoren hat Ellenberg (1986) in sogenannten Ökogrammen dargestellt. So zeigt Abb. 66.1 links die Verbreitung der rezenten mitteleuropäischen Laubwaldgesellschaften entlang des standörtlichen Feuchte- und Säuregradienten. Auf Grundlage der Boden- und Klimaansprüche kann man auch für vergangene Zeiten hypothetische Ökogramme erstellen, um die räumliche Verteilung der unterschiedlichen potenziellen prähistorischen Pflanzengesellschaften zu veranschaulichen (Knitter et al. 2019). Dies ist natürlich nur im groben Maßstab möglich, da auch die Böden und das Klima sich seit prähistorischen Zeiten weiterentwickelt und verändert haben. So kann z. B. für das späte Atlantikum – vor Einwanderung der Buche – eine Vegetation postuliert werden, die auf trockenen kalkreichen Böden von einem lindenreichen Eichenmischwald, auf trockenen sauren Böden hingegen von einem Eichen-Birken-Wald gebildet würde. Abb. 66.1 zeigt rechts diese Verteilung im Vergleich zu den rezenten von Buchen dominierten Waldgesellschaften. Soll aus einem Pollendiagramm eine flächige Verteilung abgeleitet werden, so muss die unterschiedliche Pollenproduktion und -verbreitung der einzelnen Arten und Gattungen allerdings berücksichtigt werden (siehe Kap. 5 : Kalibration von Pollendaten).

Walter Dörfler, Manfred Rösch, Ingo Feeser
67. Meeresspiegelbewegungen und ihre Folgen

Die Bewegungen des Meeresspiegels sind Folgen der Klimaentwicklung. Während der Kaltzeiten waren riesige Wassermassen im Eis gebunden, und entsprechend sank der Meeresspiegel – im Maximum der letzten Kaltzeit um etwa 130 m. Damit war der größte Teil der flachen Nordsee trockengefallen, und die Britischen Inseln waren mit dem Festland verbunden.

Karl-Ernst Behre
68. Anthropogene Bodenveränderungen

Spätestens seit dem Beginn der Sesshaftwerdung beeinflussen wirtschaftende Menschen die Böden Mitteleuropas. Dazu zählen Bodendegradierungen, aber auch die Schaffung landwirtschaftlich nutzbarer Böden.

Stefan Dreibrodt
Backmatter
Metadaten
Titel
Vegetationsgeschichte der Landschaften in Deutschland
herausgegeben von
Ingo Feeser
Walter Dörfler
Manfred Rösch
Susanne Jahns
Steffen Wolters
Felix Bittmann
Copyright-Jahr
2024
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-68936-3
Print ISBN
978-3-662-68935-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-68936-3