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12.10.2017 | Verbrennungsmotor | Nachricht | Online-Artikel

Stefan Pischinger: "Der Verbrennungsmotor ist nicht tot"

verfasst von: Mathias Heerwagen

4 Min. Lesedauer

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Im Verbrennungsmotor steckt noch viel Potenzial. Wie es sich heben lässt, haben Branchenexperten auf dem 26. Aachener Kolloquium diskutiert.

"Der Verbrennungsmotor ist nicht tot", sagte Professor Dr. Stefan Pischinger, Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen der RWTH Aachen, gleich zu Beginn des 26. Aachener Kolloquiums und brachte damit das Wichtigste auf den Punkt. Mehr als 1800 Teilnehmer aus rund 30 Nationen informierten sich in rund 100 Vorträgen über die neuesten Entwicklungen, Trends und Herausforderungen im Bereich Fahrzeug- und Motorentechnik. Effizienz, Sicherheit und Konnektivität standen im Mittelpunkt, doch während der Tagung sollten die Teilnehmer Anregungen erhalten, auch in andere Richtungen zu denken: Alternative Kraftstoffe bieten etwa die Möglichkeit, die Stickoxidemissionen deutlich zu reduzieren. Auch die Brennstoffzelle ist laut Professor Dr. Lutz Eckstein, Institut für Kraftfahrzeuge Aachen, nach wie vor eine hoch attraktive Technologie. 

Reduzierung der CO₂-Emissionen durch Erhöhung des Wirkungsgrades

Dennoch steckt im Verbrennungsmotor viel Potenzial, in Zukunft kann ein Wirkungsgrad von mehr als 50 Prozent erreicht werden. Wie das gelingen kann, erläutert Toshihiro Hirai, Alliance Global Director und Corporate Vice President der Nissan Motor Co., Ltd., in seiner Keynote. Bis zum Jahre 2050 will Nissan die CO₂-Emissionen seiner Fahrzeuge um 90 Prozent reduzieren. Dazu ist es unter anderem nötig, den Wirkungsgrad von derzeit rund 40 Prozent deutlich zu erhöhen – eine Möglichkeit dazu ist die variable Kompression, die Nissan zur Serienreife entwickelt hat. Neben neuen Motorentechnologien setzen die Japaner selbstverständlich auch auf die Elektrifizierung des Antriebsstrangs. Durch den herkömmlichen Ansatz in der Entwicklung werden die Motoren immer komplexer und teurer. Laut Hirai ermöglicht die Elektrifizierung die Verwendung weniger und einfacherer Teile, was deutliche Kostenvorteile bietet. Nissan wird in den kommenden sechs Jahren zwölf reine Elektrofahrzeuge auf den Markt bringen. 

Noch ambitionierter geht Borgward vor. Jedes Jahr soll ein neues Modell auf den Markt kommen, dabei ist die Traditionsmarke erst seit Kurzem wieder präsent. In zwei Jahren von 0 auf 100 – so präsentiert Thomas Anliker, Senior Vice President Global Sales, Marketing & Aftersales der Borgward Group AG, die Entwicklung von Borgward. 2015 auf der IAA erstmals vorgestellt, hat sich das Unternehmen mittlerweile zumindest auf dem chinesischen Markt etabliert. 60.000 Fahrzeuge setzte Borgward bislang dort ab, Ende des Jahres wollen die Chinesen mit dem SUV BX7 auch in Deutschland ein Fahrzeug auf den Markt bringen. Die Kapazitäten für die rasche Expansion sind vorhanden. Auf einer neuen Rohbaustraße im chinesischen Werk lassen sich bis zu acht Modelle fertigen, rund 360.000 Fahrzeuge können pro Jahr nach europäischen Maßstäben vom Band rollen. Geplant ist zudem ein Produktionsaufbau in Bremen. "In China herrscht eine Aufbruchstimmung die vergleichbar ist mit den Wirtschaftswunderzeiten in Deutschland in den 50er- und 60er-Jahren", sagt Anliker abschließend und vom Borgward-Erfolg überzeugt. "Der Anspruch ändert sich", sagt er und ergänzt: "autonomes Fahren, Digitalisierung und Vernetzung der Fahrzeuge sind in Zukunft nicht mehr wegzudenken."

HD-Karten für autonomes Fahren

Dem kann Professor Dr. Ralf Herrtwich vom Kartendienst Here nur beipflichten. Autonomes Fahren ist aber nur möglich, wenn das benötigte Kartenmaterial immer auf dem neuesten Stand ist. Rund 400 Fahrzeuge sind für Here weltweit unterwegs, ausgestattet mit GPS, Lidar und HD-Kameras, um exakte Straßendaten zu erfassen. Echtzeit-Informationen kommen bereits heute schon von vernetzten Fahrzeugen: "Wir haben Kooperationen mit Audi, BMW und Mercedes-Benz, dementsprechend gut sind die Daten in Ingolstadt, München und Stuttgart", sagt Herrtwich. Eine hochwertige Datenbasis sei bereit gewährleistet, wenn nur zwei Prozent aller Fahrzeuge vernetzt wären und die Verkehrsdaten in die Cloud übertragen würden. Laut Ralf Herrtwich erfolge das Datenhandling entsprechend der europäischen Datenschutzrichtlinien, es werden keine persönlichen Fahrerinformationen übertragen. Auf die Frage aus dem Publikum, ob die Infrastruktur in Zukunft für den Datenverkehr ausreiche, antwortet der Experte von Here, dass es mit dem Ausbau der Mobilfunknetze auf 5G keine Probleme geben sollte. Die Datenmengen aus den Fahrzeugen seien vergleichsweise klein.

Neue Motorentechnologien, neue Marken, lernende Karten für automatisierte Fahrzeuge – die Keynotes zeigten die Bandbreite der Vorträge auf dem Aachener Kolloquium. Von Fahrzeugkonzepten und E-Antrieben über Motorregelung und RDE bis zu Batteriekonzepten, Einspritztechnik, Vernetzung oder Reifentechnologien – die Vielfalt der Themen war wie jedes Jahr beeindruckend. 

In der begleitenden Fachausstellung präsentierten zudem 63 OEM und Zulieferer, darunter BMW, Daimler, Jaguar Land Rover, Continental, Bosch und Delphi, ihre Kompetenzen. Parallel zum Vortragsprogramm hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, verschiedene Antriebs- und Fahrzeugkonzepte auf der ika-Teststrecke persönlich zu erfahren. 

Auch im kommenden Jahr findet das Aachener Kolloquium statt, dann vom 8. bis 10. Oktober 2018.  

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