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06.02.2024 | Motorentechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mazdas Mut zum Wankel

verfasst von: Christiane Köllner

5 Min. Lesedauer

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Vor über 55 Jahren erscheint mit dem Mazda Cosmo das erste Wankel-Auto mit Zweischeiben-Motor. Jetzt feiern die Japaner die Wiedergeburt der "Entwicklungsgruppe Kreiskolbenmotoren".

Vor über 55 Jahren, am 30. Mai 1967, hat Mazda den legendären Supersportwagen Cosmo Sport 110 S als erstes Modell der Marke mit einem nach dem Kreiskolben-Prinzip arbeitenden Triebwerk präsentiert – zugleich war es das weltweit erstes Serienfahrzeug mit Zweischeiben-Kreiskolben-Motor. Auch andere Fahrzeughersteller haben sich in den späten 60er- und frühen 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts intensiv mit dem Kreiskolbenmotor beschäftigt. Erfolg hat der Motor jedoch nur bei Mazda. Den Japanern gelang es bis heute, mehr als zwei Millionen Kreiskolbenmotoren in Serie zu produzieren.

Und Mazda beschleunigt die Entwicklung von Kreiskolbenmotoren weiter. Zum 1. Februar wurde die "Entwicklungsgruppe Kreiskolbenmotoren" in der Antriebsentwicklung wiedereingesetzt. Forschungsgebiete sind der Einsatz als Generatorantrieb in Kombination mit der Nutzung CO2-neutraler Kraftstoffe. Damit passt Mazda den Motor an die Erfordernisse der heutigen Zeit an, wie auch der neue Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV illustriert. Der Kreiskolbenmotor in diesem Fahrzeug wird nun nicht mehr für den direkten mechanischen Antrieb des Fahrzeugs eingesetzt, sondern zur Erzeugung elektrischer Energie. Die Produktion des Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV startete bereits im Juni 2023. In Deutschland ist der serielle Plug-in-Hybrid nun erhältlich – das zwölfte Modell der Mazda-Geschichte mit Kreiskolbenmotor.

Mazda Cosmo Sport 110 S

Der Kreiskolbenmotor besitzt eine einzigartige Struktur: Energie wird hier durch die Drehung eines dreieckigen Rotors erzeugt. Ein Jahrzehnt nachdem der Erfinder Felix Wankel erstmals Kreiskolben- beziehungsweise Wankel-Motoren bei dem deutschen Hersteller NSU auf dem Prüfstand testete, kam dieses Antriebsprinzip ab 1967 in Mazda-Serienmodellen zum Einsatz – darunter den Familia Rotary, das Luce Rotary Coupe, den Capella Rotary (RX-2 außerhalb Japans), den Savanna (RX-3) und das Sportcoupé RX-7. So entstand ein Motor, der weder Hubkolben noch Zylinder benötigt. Stattdessen ersetzen rotierende Scheiben das Auf und Ab der Kolben. Ähnliche Innovationsfreude zeigte Mazda auch mit seinen Skyactiv genannten Motoren, mit denen sich die Japaner dem Downsizing-Trend widersetzten.

Erreichte der Wankelmotor bei anderen Herstellern nur das Versuchsstadium oder tauchte in Kleinserien auf – etwa beim Citroën GS Birotor – so errang Mazda den größten Triumph mit seinem Kreiskolbenmotor 1991 in Le Mans. Dort gewann der Mazda 787 B mit Vierscheiben-Kreiskolben-Motor als erstes japanisches Fahrzeug das legendäre Langstreckenrennen.

Alternative zum Hubkolbenmotor?

In den 1960er Jahren versprach der Kreiskolbenmotor eine Alternative zum Hubkolbenmotor zu werden. "Seine Kinematik, Leistungsdichte und kompakte Bauart sind Vorteile gegenüber Hubkolben-Triebwerken", beschreiben die Springer-Autoren Claus Breuer und Stefan Zima die Vorzüge des Motors im Kapitel Geschichtlicher Rückblick aus dem Handbuch Verbrennungsmotor. Für ihn spricht auch die Einsatzmöglichkeit alternativer Kraftstoffe wie Wasserstoff. 

Doch 1974 kommen die Schwierigkeiten, wie die Springer-Autoren Fred Schäfer, Andreas Bilek und Tim Gegg im Kapitel Motoren aus dem Handbuch Verbrennungsmotor erläutern. "Steigende Kraftstoffpreise während der ersten Energiekrise und verschärfte Abgasvorschriften in Amerika stoppen die Weiterentwicklung des Wankelmotors", so die Autoren. General Motors und Daimler-Benz hätten weit gediehene Wankel-Projekte aufgegeben. Peugeot habe 1975 die gerade erst 1974 angelaufene Birotor-Produktion der Konzerntochter Citroën gestoppt. Und Audi habe zwei Jahre später die Produktion des von NSU übernommenen Ro 80 beendet. 2010 sah es kurz so aus, als würde Audi zum Wankelmotor zurückkehren. Auf dem Genfer Autosalon zeigte der Ingolstädter Hersteller den Audi A1 E-tron mit Wankelmotor als Range Extender, jedoch ging die Technik nie Serie.

Letztlich haben für viele Automobilhersteller auch die Nachteile des Kreiskolbenmotors überwogen. "Begrenztes Verdichtungsverhältnis, ungünstiger Brennraum, Verbrennung mit hohem Gleichdruckanteil, 'späte' Verbrennung in die Expansion hinein, problematische Abdichtung des Arbeitsraumes führen zu hohen Verbräuchen und schlechten Abgaswerten", erklären die Springer-Autoren Breuer und Zima. Lediglich Mazda sei es mit einigem Erfolg gelungen, sportliche Fahrzeuge mit Wankelmotor zu bauen. Bei den Motorradherstellern hat die britische Firma Norton das Wankel-Prinzip für die heimischen Polizeimaschinen genutzt.

Mazda kommt vom Kreiskolbenmotor nicht los

In eine gänzlich neue Ära startete Mazda 2003 mit dem Front-/Mittelmotorsportwagen RX-8. In dem viertürigen und viersitzigen Sportcoupe feierte der neue Renesis-Motor sein Debüt. Im Jahr 2009 hat Mazda seinen ersten 5 Hydrogen RE Hybrid ausgeliefert. Das Fahrzeug besitzt einen 110 kW starken Hybridantrieb mit Kreiskolbenmotor und Wechselstrom-Synchronmotor und kann sowohl mit Wasserstoff als auch mit Benzin betrieben werden. 

Die Produktion des Mazda RX-8 endete zwar im Jahr 2012, aber die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten am Kreiskolbenmotor gingen bei Mazda weiter. So präsentierte der Prototyp Mazda Taiki einen neuen gewichtsreduzierten Kreiskolben-Motor mit Direkteineinspritzung. Und bei der Entwicklung der seit 2012 eingeführten Skyactiv-Technik für Motor, Getriebe, Fahrwerk und Karosserie zählt der Mazda Kreiskolbenmotor ebenfalls zu den Bestandteilen. Eine kleines Mazda-Ingenieursteam forschte auch weiterhin an Kreiskolben-Wasserstoffmotoren, wie Andreas Burkert in seinem Report Wasserstoff lässt sich auch gut verbrennen aus der MTZ 4-2017 erläutert.

Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV: Plug-in-Hybrid mit Kreiskolbenmotor

Was folgte war die Sportwagenstudie RX-Vision mit Skyactiv-R-Kreiskolben-Motor, die der japanische Automobilhersteller auf der Tokyo Motor Show 2015 gezeigt hat. Auf der diesjährigen Japan Mobility Show 2023 (ehemals Tokyo Motor Show) ist der Wankelmotor als Range Extender wieder aufgetaucht: im Sportwagenkonzept Mazda Iconic SP, das auf einen Elektroantrieb und Zweischeiben-Kreiskolbenmotor als Generator setzt. 

Dass auch künftig kein Ende von Mazda-Wankelfahrzeugen zu erwarten ist, macht nun das jüngste Serienmodell deutlich, das bereits Anfang 2023 auf der Motor Show in Brüssel vorgestellt wurde: der Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV, ein serieller Plug-in-Hybridantrieb mit Elektromotor, Kreiskolbenmotor und Generator. Während es sich beim Renesis-Motor des Mazda RX-8 (Motortyp 13B) um einen Zweischeiben-Motor mit 2 x 654 cm3 Kammervolumen handelte, kommt im neuen Mazda MX-30 e-Skyactiv R-EV ein vollständig neu entwickelter Einscheiben-Motor mit einem Kammervolumen von 830 cm3 (Motortyp 8C) zum Einsatz, der ausschließlich einen kompakten Hochleistungsgenerator antreibt. Der Motor leistet maximal 55 kW (75 PS) und arbeitet mit einer Benzin-Direkteinspritzung sowie einem Verdichtungsverhältnis von 11,9:1. Zur weiteren Steigerung der Effizienz kommt zudem ein Abgasrückführungssystem (AGR) zum Einsatz.

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2017 | OriginalPaper | Buchkapitel

Motoren

Quelle:
Handbuch Verbrennungsmotor

01.10.2002 | Entwicklung

Der Rotationskolbenmotor Renesis

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