Die europäische Compositesindustrie wächst, sie ist jedoch zunehmend auf Innovationen angewiesen, um ihre starke Stellung am Weltmarkt zu behaupten. Zahlreiche neue Produkte und Verfahren präsentierten die über 400 Aussteller auf der 12. Composites Europe, der europäischen Fachmesse für Verbundwerkstoffe, die von diesem Jahr an ausschließlich in Stuttgart stattfinden wird. Die Veranstalter rechnen mit circa 10.000 Besuchern.
Zur Eröffnung des 3. Internationalen Composites Congress ICC, der im Rahmen der Messe stattfand, skizzierte Dr. Michael Effing, Vorstandsvorsitzender von Composites Germany, die Attraktivität der Compositesmarkt für unterschiedliche Industriezweige. Mit einem jährlichen Wachstum von zuletzt 5 bis 6 Prozent ist der europäische Markt bis zum Jahr 2016 auf eine Größe von 30 Milliarde Euro gewachsen. Damit ist er in etwa schon halb so groß wie der Markt für Aluminium. "Unserer Industrie geht es gut", fasste Effing zusammen, mahnte jedoch auch Anstrengungen an, um ein Abwandern der Compositesindustrie in Niedriglohnländer zu verhindern.
GFK: Europa verliert Marktanteile
Die Bedeutung des europäischen Anteils am Weltmarkt unterstrich auch Dr. Elmar Witten von der Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe AVK. Er präsentierte aktuelle Marktzahlen zum europäischen Markt der glasfaserverstärkten Kunststoffe, die den größten Teil der hergestellten Composites ausmachen. In Europa wurden 2016 2,8 Millionen Tonnen faserverstärkter Kunststoffe produziert, was in etwa einem Drittel des Weltmarkts entspricht. Trotz eines erwarteten Wachstums von 2 Prozent in diesem Jahr ist der europäische Anteil an der Weltproduktion nach Wittens Angaben jedoch rückläufig. Als Hemmnis für ein stärkeres Wachstum sieht der AVK die Tatsache, dass die Eigenschaften und der Umgang mit Composites vielen Entscheidern weiterhin noch zu wenig bekannt seien. Zudem fordert der Verband Fortschritte bei Automatisierung und Optimierung der Verarbeitung von Verbundwerkstoffen.
Am dynamischsten entwickeln sich aktuell der Markt für pultrudierte GFK-Profile, der mit 6 % überdurchschnittlich wächst, und für der für glasmatten- und langfaserverstärkte Thermoplaste, der 2017 um 3,6 Prozent wächst. Die mit Abstand zumeist eingesetzten Verfahren sind jedoch weiterhin jene auf Basis von Sheet Moulding Compounds (SMC) und Bulk Moulding Compounds (BMC) sowie offene Verfahren wie Handlaminieren und Faserspritzen. Zum vorgestellten GFK-Markt mit einem Volumen von 1,12 Millionen Tonnen addieren sich die 1,36 Millionen Tonnen kurzfaserverstärkter Kunststoffe. Insgesamt machten die in Europa produzierten glasfaserverstärkten Kunststoffe im vergangenen Jahr etwa ein Drittel des Weltmarktes für Composites aus.
Stabiler CFK-Markt
Dem anteilig kleinen, jedoch wirtschaftlich interessanten Markt der kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffe widmete sich Michael Kühnel vom Verband CCeV. Er beschreibt den Markt als mittlerweile gereift und stabil, da CFK bereits in sehr vielen Produkten unterschiedlicher Branchen zum Einsatz kommt. So habe selbst die angelaufene Produktion des BMW-Modells i3 nicht zu signifikanten Ausschlägen bei den Absatzmengen geführt. Kühnle schätzt, dass der Bedarf an CFK in Europa größer als die Herstellkapazität ist. Mit Blick auf die im weltweiten Maßstab vergleichsweise hohen Strompreise warnt er sogar vor der Gefahr, dass die Wirtschaft Teile ihrer aufgebauten Wertschöpfungskette zu verlieren drohe. Laut Kühnle wird der Bedarf der Automobilindustrie an CFK etwa im Jahr 2020 den der Luftfahrt übertreffen. Der größere Umsatz würde jedoch vorerst weiterhin im Luftfahrtbereich erzielt.