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2014 | OriginalPaper | Buchkapitel

Verfassungsfragen einer einmaligen Vermögensabgabe nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG

verfasst von : Otto Depenheuer

Erschienen in: Staatssanierung durch Enteignung?

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Die Politik hat die Vermögensabgabe entdeckt. Mehr als 60 Jahre hat dieses Finanzierungsinstitut in einem tiefen verfassungsrechtlichen Dornröschenschlaf verbracht. Vor dem Hintergrund eines exorbitanten Verschuldensstands der öffentlichen Haushalte erlebt es nunmehr eine Wiederauferstehung. Tatsächlich hat die Verschuldung der öffentlichen Haushalte nie zuvor gekannte Höhen erklommen und beläuft sich derzeit auf ca. 2 Billionen Euro. Gleichzeitig verfügen die privaten Haushalte über ein Vermögen von geschätzten 6 Billionen Euro. Der Gedanke, dieses Privatvermögen in verstärktem Maße zur Entlastung der öffentlichen Haushalte durch Verminderung der Staatsschuldenquote, Euro-Stabilisierung etc. einzusetzen, muß für die Politik überaus reizvoll erscheinen. Hinzu kommt, daß sich mittels der „einmaligen Vermögensabgabe“ nicht nur neue Finanzmittel für chronisch überschuldete Haushalte generieren ließen. Vielmehr mutiert sie in der politischen Diskussion zur Allzweckfinanzierungsoption für politische Großprojekte jeder Art. Als denkbare Einsatzmöglichkeiten der zusätzlich zu den regelmäßigen Steuereinnahmen generierten Finanzmittel via „einmalige Vermögensabgabe“ werden derzeit verschiedene Projekte genannt: Bewältigung der Staatsschuldenkrise, Finanzierung der Euro-Rettungsmaßnahmen, Finanzierung der Energiewende, Dämpfung und Ausgleich einer diagnostizierten wachsenden Spreizung der Vermögensverhältnisse, eine gerechtigkeitsorientierte Umverteilung, d. h. größere Beteiligung der großen Vermögen an den Lasten des Gemeinwesens u. a. m. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat im Juli 2012 eine einmalige Vermögensabgabe auf höhere Privatvermögen vorgeschlagen, die zum Abbau der Staatsschulden in Europa herangezogen werden könne. Bündnis 90/DIE GRÜNEN haben am 25. September 2012 den Entwurf eines „Gesetzes zur Erhebung einer Vermögensabgabe“ vorgelegt. Damit stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sich die „einmalige Vermögensabgabe“ verfassungsrechtlich für die Finanzierung der zahlreichen politischen Wunschlisten instrumentalisieren läßt.

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Fußnoten
1
DIW Berlin, Wochenbericht 28 (2012): Vermögensabgaben – ein Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen in Europa.
 
2
BT.-Drs. 17/10770.
 
3
Gregor Kirchhof, Vermögensabgaben aus verfassungsrechtlicher Sicht, StuW 2011, 189 ff.; Joachim Wieland, Vermögensabgaben im Sinne von Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG. Rechtsgutachten im Auftrag der Hans-Böcker-Stiftung v. 17. August 2012 (MS); Johanna Hey, Zukunft der Vermögensbesteuerung, IFSt Nr. 483, November 2012, S. 10 ff.; Christoph Degenhart, Die Vermögensabgabe und das Grundgesetz, NJW-aktuell, 40/2012, 12; Jasmin Merati-Kashani, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Vermögensabgabe. Ausarbeitung des Wissenschaftliches Dienstes des Deutschen Bundestages vom 29.10.2008 (WD 4– 3000– 176/08); Lothar Schemmel, Verfassungsfragen einer Vermögensabgabe, Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler Nr. 37 (Oktober 1999).
 
4
Josef Isensee, Steuerstaat als Staatsform, in: Festschrift Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 ff.; Christian Waldhoff, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: HStR V, 3. Aufl., 2007, § 116 Rn. 5.
 
5
Alle anderen Einnahmen (Gebühren, Beiträge, Sonderabgaben) beruhen auf einer staatlichen Gegenleistung und werden in einer Form des Äquivalenzprinzips erhoben.
 
6
Die Vermögensabgabe ist also verfassungsrechtlich – ungeachtet der Form ihrer Realisierung – als eine spezifische Form der Steuer zu qualifizieren. Mit den Sonderabgaben im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat sie hingegen nichts zu tun.
 
7
BVerfGE 93, 121 (137 ff): „Die verfassungsrechtlichen Schranken der Besteuerung des Vermögens durch Einkommen- und Vermögensteuer begrenzen den steuerlichen Zugriff auf die Ertragsfähigkeit des Vermögens.“ Kritik: Sondervotum BVerfGE 93, 149 (152 ff.); Hey (N 3), S. 33–39.
 
8
Die einmalige Vermögensabgabe darf schon deswegen der Vermögenssteuer nicht gleichartig sein, weil deren Ertrag nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 1 GG den Ländern zusteht. – Von der Konfiskation unterscheidet sich die Vermögensabgabe dadurch, daß sie eine einmalige und allgemeine Geldleistungspflicht statuiert, die den Bürger zwar in seinem Vermögen als Ganzen betrifft, die ihn aber nur unspezifisch zur Zahlung eines Geldbetrages verpflichtet, der aus beliebigen (anderen) Einnahmequellen aufgebracht werden kann.
 
9
BVerfGE 93, 121 (138 f.).
 
10
Darstellung Wieland (N 3), S. 7 ff.
 
11
Ebda., S. 20 f.
 
12
Schemmel (N 3), S. 9 f.
 
13
Wehrbeitragsgesetz vom 3. Juli 1913 (RGBl. 1913 S. 505).
 
14
Reichsnotopfergesetz vom 31. Dezember 1919 (RGBl. II 1919 S. 2189).
 
15
Lastenausgleichsgesetz vom 14. August 1952 (BGBl. I 1952 S. 446).
 
16
Ebenso: Hey (N 3), S. 68 f.; Kirchhof (N 3), S. 192 f.; Christian Jahndorf, Grundlagen der Staatsfinanzierung durch Kredite und alternativ Finanzierungsformen im Finanzverfassungs und Europarecht, 2003, S. 11; Degenhart (N 3), S. 12.
 
17
Wieland (N 3), S. 20.
 
18
Wieland (N 3), S. 22.
 
19
Ebda. S. 22.
 
20
BVerfGE 112, 268 (279); st. Rspr.
 
21
BVerfGE 110, 274 (291); st. Rspr.
 
22
BVerfGE 105, 73 (125); 107, 27 (46 f.).
 
23
BVerfGE 117, 1 (30 f.).
 
24
BVerfGE 93, 121 (135).
 
25
Vgl. BVerfGE 23, 242 (257); 25, 216 (226); 30, 129 (143 f.); 41, 269 (280, 282 f.); 93, 165 (172 f.).
 
26
Immerhin unterliegen diese dem Schutz der Eigentumsgarantie, so daß kein Weg daran vorbeiführt, sie dem Vermögen des Steuerpflichtigen zuzurechnen.
 
27
Vgl. BVerfGE 84, 239 (273 f.).
 
28
BVerfGE 84, 239 (268).
 
29
BVerfGE 84, 239 (268).
 
30
Näher zu den Bewertungsproblemen BVerfGE 93, 121 (136, 144 ff.); 117, 1 (30 ff.).
 
31
Ebenso Jahndorf (N 16), S. 11; Wieland (N 3), S. 28.
 
32
Vgl. Hey (N 3), S. 69.
 
33
So der Gesetzesentwurf von „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“, BT.-Drs. 17/10770, S. 13.
 
34
„Umverteilende Sozialpolitik“ ist schon sprachlich ein Pleonasmus: Sozialpolitik ist begrifflich immer umverteilungswirksam.
 
Metadaten
Titel
Verfassungsfragen einer einmaligen Vermögensabgabe nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG
verfasst von
Otto Depenheuer
Copyright-Jahr
2014
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-45015-0_6

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