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12.01.2017 | Vergütung | Kommentar | Online-Artikel

Bürokratiemonster statt Lohngerechtigkeit

verfasst von: Andrea Amerland

2:30 Min. Lesedauer

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Das Gesetz zur Lohngerechtigkeit ist verabschiedet. Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern müssen jetzt Gehälter offenlegen und erklären, wie sie Frauen fördern und Diskriminierung bekämpfen. Aber Deutschland bleibt ein Gleichstellungsentwicklungsland. 

Es ist ein Prestigeprojekt für Frauen- und Familienministerin Manuela Schwesig (SPD), das Thema "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" jetzt endlich in ein Gesetz zu gießen. Frauen dürfen künftig fragen, was männliche Kollegen in einer vergleichbaren Position verdienen. Sie können dabei nicht nur Auskunft über das Grundgehalt erhalten, sondern auch über Boni oder einen Dienstwagen. Unternehmen ab 500 Mitarbeitern sollen zudem verpflichtet werden, geregelte betriebliche Verfahren einzuführen, um Lohngleichheit herstellen- und einführen zu können. 

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Einleitung: Gleichstellung messbar machen

Mit der Ausweitung von Gleichstellungs- und Diversitätspolitiken stieg der Bedarf an fundierten empirischen Analysen, um Handlungsbedarf aufzuzeigen, den Ist-Zustand zu beschreiben oder die Effekte von Maßnahmen und Politiken zu evaluieren. 


So soll die Gehaltskluft zwischen den Geschlechtern geschlossen werden, die der Global Gender Gap Index jedes Jahr für 135 Länder misst. Der Index "weist die Integrationsdifferenz zwischen Frauen und Männern in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Bildung und Gesundheit aus. Der Index bewertet unter anderem den Frauenanteil in den parlamentarischen Vertretungen, Lohngleichheit bei gleicher Arbeit zwischen Frauen und Männern und die Frauenquote in wirtschaftlichen Führungspositionen", erläutert Christine Rudolf in "Das neue finanzpolitische Instrument: Gender Budgeting".

Deutschland schneidet bei Gleichstellung schlecht ab

Die Erhebung zeigt immer wieder, so die Springer-Autorin weiter, dass Deutschland im internationalen Vergleich bei der Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern ein Entwicklungsland ist. Darüber kann auch das neue Prestigegesetz nicht hinwegtäuschen. Doch ob Schwesigs Konzept aufgehen wird, ist fraglich. Denn das Gesetz ist zwar gut gemeint, aber ist es auch gut gemacht? 

Die Personaler in Unternehmen beantworten diese Frage sicher mit einem Nein. Denn sie werden die Hauptlast tragen, wenn es darum geht, Gehaltstransparenz herzustellen und nachzuweisen, dass Frauen in der Firma nicht diskriminiert werden. Die Beweislawine beziehungsweise Beweislast, die auf Personalabteilungen zurollt, ist nicht zu unterschätzen. Denn Unternehmen müssen künftig detailliert dokumentieren, wen sie wie warum bezahlen. Ohne eine staatliche Antidiskriminierungsstelle, die ein Prüfverfahren und Zertifizierungen etabliert, wird dieses Unterfangen sicher nicht auskommen. 

Lohnlücke ist kleiner als gedacht

Der bürokratische Aufwand ist erheblich, die Wirkung zweifelhaft. Denn Frauen verdienen durchschnittlich 21 Prozent weniger als Männer, weil sie in Teilzeit oder in Branchen arbeiten, wo die Gehälter per se geringer ausfallen. Die Gehaltskluft resultiert also aus persönlichen Lebensentscheidungen, hat unlängst das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ermittelt. "Die Annahme, bei der Lohnlücke handele es sich um Diskriminierung durch die Unternehmen, ist unsachgemäß“, sagte IW-Direktor Michael Hüther dazu. Werden Faktoren wie Branche und Unternehmensgröße berücksichtigt, beläuft sich die Lohnlücke nur noch auf rund sieben Prozent.

Eine weiteres Problem: Mitarbeiterinnen müssen sich erst einmal auf die Hinterbeine stellen und Transparenz einfordern. Unruhe in den Unternehmen ist also programmiert. Das Gesetz zur Lohngerechtigkeit ist also nicht ganz zu Ende gedacht, wohl aber ein Gleichstellungsthema, mit dem die SPD im Bundestagswahljahr punkten will.  

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