Wer verdient was in deutschen Vorständen und Geschäftsführungen? Auskunft darüber gibt ein aktueller Benchmark. Wenig überraschend verdienen CEOs am meisten. Außerdem geht die Entwicklung deutlich Richtung Long Term Incentives. Aus guten Gründen.
Der Boss verdient am meisten, aber wie glücklich ist die Verteilung von variablen Vergütungen in den Vorständen wirklich?
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Über Geld spricht man nicht und schon gar nicht das eigene. Einerseits, weil es irgendwie unschicklich erscheint, andererseits, weil Arbeitnehmer immer wieder durch Verschwiegenheitsklauseln in ihren Arbeitsverträgen zum Stillschweigen über die Höhe ihrer Einkünfte verpflichtet werden. Auch wenn Letzteres rechtlich nicht haltbar ist, kommt in den Kaffeeküchen der Führungsetagen das Thema Verdienst und Vergütung auf, werden die Nebelschwaden unversehens dichter.
Denn Gehaltsfragen gehören in Deutschland zu den Tabuthemen. "Dabei würden vor allem die Führungskräfte bei einem Blick auf die Gehaltsabrechnung der Kollegen ins Staunen kommen", schreibt Springer-Autor André Kasten über die Vergütung der Führungskraft (Seite 28). Grund dafür sind die teilweise gravierenden Einkommensunterschiede auf gleicher Führungsebene. Wie richtig Kasten mit der Einschätzung liegt, zeigt der Vergütungsbenchmark des Personalberaters Lurse.
Personalverantwortliche verdienen am wenigsten
Rund 50 Prozent über den durchschnittlichen Einkünften der anderen Geschäftsführungsmitglieder liegen die Einkünfte von CEOs, so das Ergebnis der branchenübergreifenden Befragung von mehr als 240 Gesellschaften und 517 Positionsinhabern nicht-börsennotierter Unternehmen in Deutschland. Geschuldet ist das signifikante Plus der wirtschaftlichen Verantwortung und den repräsentativen Verpflichtungen des Vorstandsvorsitzenden.
Das wäre, wie auch Springer-Autor Kasten anmerkt, für Unternehmen "meist auch zu rechtfertigen" (Seite 28). Aber wie kommen die Verdienstunterschiede in den Ressorts zustande? Laut Benchmark verdienen Vertriebschefs im Schnitt sechs Prozent und Technikchefs im Schnitt vier Prozent mehr als die Kollegen der übrigen Ressorts. Das andere Ende der Skala besetzen Personalvorstände. Sie bekommen um die sieben Prozent weniger Vergütung als alle übrigen Mitglieder der Geschäftsführung ausgezahlt.
Anteil an variabler Vergütung auf Managementebene hoch
Die Studie zeigt, mit zunehmender Verantwortung steigen auch die erfolgsabhängigen variablen Anteile der Vergütung in Form von Long Term Incentives (LTI) und Short-Term-Incentives (STI). In mehr als der Hälfte aller Unternehmen wird der LTI zusätzlich zum STI ausgezahlt. Mit der variablen Zieldirektvergütung (STI) setzt übrigens fast jedes Unternehmen (98 Prozent) Anreize.
Führungskräfte sollen so einerseits zu mehr Leistung motiviert, andererseits an das Unternehmen gebunden werden. In zwei Drittel aller Unternehmen werden STIs in Form von Prämien on top zur Jahresbarvergütung bezahlt. Sie sind somit nicht mehr Teil des Fixgehaltes. Die Studienexperten sprechen weiterhin von einem Perspektivwechsel, der sich in den vergangenen Jahren vollzogen habe "mit der Reduzierung kurzfristiger und der Erhöhung langfristiger, variabler Vergütung".
Managerprämien wirken unfair
Variable Vergütungen lassen Führungskräfte direkt an den wirtschaftlichen Erfolgen ihrer Unternehmen partizipieren, für die sie maßgeblich mitverantwortlich waren. Erfolgsorientiertes Handeln und Eigeninitiative sollen gefördert und am Ende des Tages belohnt werden. Soweit das Ideal. Variable Vergütungen zielen damit direkt auf die intrinsische Motivation. Allerdings, so weiß Springer-Autor Kasten, sind Streitigkeiten über variable Vergütungen oder Boni, sobald Kürzungen im Raum stehen, immer auch Anlass für rechtliche Auseinandersetzung zwischen Führungskraft und Unternehmen.
Daneben lassen sich weitere negative Auswirkungen von kurzfristigen variablen Vergütungen feststellen. Geschlechterungerechtigkeiten und Formen von wahrgenommener oder getätigter Unfairness gehören dazu. Auch, dass Boni Mitarbeiter zunehmend unter Erfolgsdruck setzen und auf Dauer gesundheitsgefährdend stressen. Ist die schnelle Prämie also kontraproduktiv?
"Die Verknüpfung der Zielvereinbarung mit variablem Entgelt ist ein extrinsischer Motivator", bringen die Springer-Autoren Eckhard Eyer und Thomas Haussmann die Sicht des Mitarbeiters in die Debatte (Seite 121). Außerdem: Je kurzfristiger Erfolge mit Barem belohnt werden, umso mehr gehe es um den Eigengewinn und nicht mehr um Firmenideale. Die Diskussion um Zielvereinbarungen dürfe also nicht als Schwarz-Weiß-Dabatte geführt werden, sondern müsse Grautöne zulassen, schlussfolgern die Autoren (Seite 121).
Stock Options als wirkungsvoller Anreiz
"Eine weitere Form der variablen Vergütung ist die Mitarbeiterbeteiligung, bei der man zwischen immaterieller und materieller Beteiligung unterscheidet", schreibt André Kasten (Seite 37). Eine solche immaterielle Beteiligung wäre etwa die Übernahme unternehmerischer Verantwortung oder die Ausgabe von Aktienoptionen. Aktienoptionen motivieren Führungskräfte, zur Steigerung des Aktienkurses hinzuarbeiten und verringern den in der Literatur häufig beschriebenen Prinzipal-Agent-Konflikt zwischen Unternehmen und Management.
Bestandteile von Stock Options-Vereinbarungen (Seite 38) |
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Long Term Incentives wie Stock Options haben die feine Nebenwirkung, dass Unternehmen für Führungskräfte an Attraktivität gewinnen, die Personalkosten aber nicht erhöht werden müssen. Allerdings, so warnt Kasten, gilt auch hier die im AGB-Recht enthaltene Transparenzpflicht und das Verbot von unangemessener Benachteiligung.