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1998 | OriginalPaper | Buchkapitel

Verhältnis von Art. 92 Abs. 1 EGV zu Art. 90 Abs. 2 EGV im Hinblick auf die Gebührenfinanzierung

verfasst von : Andreas Damm

Erschienen in: Gebührenprivileg und Beihilferecht

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Vor der beihilferechtlichen Analyse der Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stellt sich die Frage, ob Art. 90 Abs. 2 EGV einer Anwendung des Beihilferegimes auf die Gebührenfinanzierung entgegensteht. Nach dieser Vorschrift gelten die Vorschriften des Vertrages, insbesondere die Wettbewerbsregeln, für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist eine Anwendung dieser Freistellungsklausel mit Blick auf dessen Grundversorgungsaufgabe in Erwägung zu ziehen. Die damit verbundene strittige Frage, ob die Ausstrahlung von grundversorgungsspezifischen Programmen als Dienstleistung im „allgemeinen wirtschaftlichen Interesse“i.S.d. Art. 90 Abs. 2 S. 1 EGV anzusehen ist4, kann an dieser Stelle jedoch offenbleiben, weil nach der zutreffenden Rechtsprechung des EuGH diese Norm gegenüber Art. 92 Abs. 1 EGV zunächst zurücktritt. In der Rechtssache „Banco Exterior de España“hat sich der EuGH ausdrücklich gegen das Vorbringen der spanischen und griechischen Regierungen ausgesprochen, eine Beihilfe sei nicht anhand von Art. 92, 93 EGV zu erörtern sei, weil Art. 90 Abs. 2 EGV Vorrang vor den Vorschriften des Beihilferechts zukomme5. Nach Meinung des EuGH steht dieser Sichtweise die in Art. 93 EGV vorgesehene Prüfungs- und Überwachungsfunktion der Kommission im Zusammenhang mit Beihilfevorhaben entgegen6. Zudem könnten bei einem generellen Ausschluß der Beihilfevorschriften weitere Verfahrensgrundsätze, wie die Notifizierungspflicht bei Neubeihilfen nach Art. 93 Abs. 3 S. 1 EGV umgangen werden. Solange die Kommission nicht die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt hat. Kommt es demzufolge auf die Frage eines Dispenses nach Art. 90 Abs. 2 S. 1 EGV nicht an7. Einer tatbestandsausschließenden Wirkung steht schließlich auch der Wortlaut des Art. 90 Abs. 2 S. 1 EGV entgegen, der die Verhinderung der besonderen Aufgabe durch die Anwendung des Gemeinschaftsrechts voraussetzt. Dies begründet die Notwendigkeit, vor Art. 90 Abs. 2 S. 1 EGV zunächst die Tatbestandsmäßigkeit der dieser Funktion entgegenstehenden Vorschrift zu bestimmen. Eine vorangestellte Betrachtung von Art. 90 Abs. 2 EGV vermag zudem nicht dem Erfordernis Rechnung zu tragen, eine Freistellung auf das notwendige Maß („soweit“) zu beschränken, weil auch dieser Abwägungsvorgang einen vertragswidrigen Sachverhalt voraussetzt.

Metadaten
Titel
Verhältnis von Art. 92 Abs. 1 EGV zu Art. 90 Abs. 2 EGV im Hinblick auf die Gebührenfinanzierung
verfasst von
Andreas Damm
Copyright-Jahr
1998
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-72089-5_9