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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

7. Verhandlungen

verfasst von : Jiska Gojowczyk

Erschienen in: Umweltschutz in katholischen Orden

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

In Verhandlung zwischen Ordensleuten, die einen ähnlichen Orientierungsrahmen aufweisen, werden abweichende Wissensbestände zumeist schnell harmonisiert. In Situationen formalisierter Verhandlung, die ein geteiltes Ergebnis forcieren, erfolgt Harmonisierung unterschiedlicher Perspektiven auch auf der Grundlage explizierter, geteilter Wissensbestände. Verhandlungen sind in der Tendenz besonders dann konfliktiv, wenn die aus dem Ziel abgeleiteten Handlungsimplikationen von Ordensmitgliedern andere Ordensmitglieder unmittelbar betreffen, entweder aufgrund intern aktivistischer Interpretationen oder extern aktivistischer mit Kosten für die Gemeinschaft. Überraschenderweise stoßen Interpretationen entlang des Typs der Spiritualität eher auf grundsätzliche Skepsis als die anderen Interpretationsvarianten. Ordensleute theoretisieren Erfahrungen und entwickeln und ändern Strategien zur Verbreitung ihrer Zielinterpretation. Führende Ordensleute der Provinzen sind von Vornherein mit umfassenden Entscheidungsbefugnissen bezüglich Ausbildungsund Karrieregestaltung von Mitbrüdern ausgestattet. Mit diesen Entscheidungen wird bestimmt, welche Erfahrungen Ordensleute machen (können). Es bietet sich darin für Leitende der Orden eine Chance, auf die Wissensbestände Einfluss zu nehmen, auf welche die Ordensleute der Gemeinschaften bei Interpretation und Verhandlung von Ordenszielen zurückgreifen können.

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Fußnoten
1
Ich diskutiere beispielsweise nicht ausführlicher, als ich es in den vorherigen Kapiteln getan habe, wie Ordensleute zusammen mit Mitarbeitenden ihrer Einrichtungen das Thema bearbeiten (vgl. hierzu z. B. Favis und Cuyegkeng 2011) oder mit Akteuren wie Regierungen oder Unternehmen verhandeln (aber vgl. für die Frage des politischen Wirkens von religiösen Gemeinschaften zum Beispiel Bush 2005; Kerber 2014; Nepstad 2002; Trigeaud 2012).
 
2
Aufgrund der schmalen Materialbasis ist das eher eine Tendenz angebende Hypothese.
 
3
Im Wortlaut war der entsprechende Impuls: „So, you just mentioned that it is one of the priorities […] in the province. […] So, do you remember when those priorities came about?“ und kurz darauf: „This new priority. Do you remember how it was introduced, how YOU got in contact with this theme of reconciliation with creation for the first time?”
 
4
Ein Experte für GFBS sagte beispielsweise: „Usually, if you tell people they have to do something, they do the opposite.”
 
5
Vergleiche hierzu auch Leons Aussage, die Ordensgemeinschaft hätte das Wohnprojekt, in dem er lebt, befürwortet, weil die Mitbrüder ihn liebten (Unterkapitel 7.1.3).
 
6
Dies äußerte sich beispielsweise in Antworten wie dieser:
JG:
Could you tell me a little bit more about the last document that you were talking about? The daily life document?
Franziskaner:
Well, actually, if you want to, you can just go to our webpage.
Ich war bemüht, genauer nach dem Prozess der Formulierung zu fragen, erreichte aber keine so genauen Schilderungen wie bei den Jesuiten. Oft antworteten die Experten, sie erinnerten sich nicht genau.
 
7
Der philippinische Teilnehmer der Arbeitsgruppe reflektiert in einem Vortrag im Februar 2012 im Rahmen der Faculty Conversations of the Association of Jesuit Colleges and Universities der Loyola University Chicago den Prozess, den er später auch als Text veröffentlicht:
The announcement of the newly named Social Justice and Ecology Secretariat in 2010 showed the first indication of change. The SJES under Fr. Fernando Franco and Jesuit Higher Education Secretariat, initially with Fr. Paul Locatelli and then Fr. Ron Anton, were tasked with animating the programs on the environment with the intention of engaging people in various fields. I believe discussion on the proposal for the creation of a task force on Jesuit Mission and Ecology began by January. The intention was to implement Decree 3 of GC 35: “to appreciate more deeply our covenant with creation” (36) and the care of the environment “touches the core of our faith in and love for God” (32). This was reinforced by the Benedict XVI in his message on Peace entitled “If you want to cultivate peace protect Creation”[..] and also a chapter in Caritas in Veritate. (Walpole 2012, S. 67)
 
8
Technische Assistenz bedeutet hier nicht, dass sie keine Entscheidungen beeinflusste: Sie traf beispielsweise die Entscheidung, keine Skype-Gespräche durchzuführen, sondern die Kommunikation zwischen den Treffen vor allem über Email zu führen und gestaltete die finale Version bedeutend mit.
 
9
Dieser Zugang wurde mir gleichzeitig in anderen Gesprächen als durchaus üblich vermittelt: „wenn man solche Texte formuliert, versucht man sie ja so zu formulieren, dass sie nicht polarisieren, sondern dass sie zusammenführen, dass sie sozusagen von allen angenommen werden können“ (Friedrich).
 
10
Auch andere Gesprächspartner bezeichneten die Theologie in Bezug auf ökologische Fragen vor der Enzyklika Laudato Si‘ als defizitär.
 
11
Das Dokument zu Lebensstiländerungen scheint auch durch ein Treffen des internationalen Rates der GFBS-Koordinatoren der verschiedenen Provinzen angeregt worden zu sein.
 
12
Laut des Leiter des Büros für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung ist das Thema des Gebets allerdings qualitativ zu unterscheiden als kein direkter Anwendungsbereich: „Prayer is not a concrete application of the […] of the issues involved with […]. We pray for them and that’s fine. And we’re proposing that to everybody but it’s not a practical application of ecological principles. Prayer should be involved in all the different elements of what we talk about.”
 
13
Im Vokabular der dokumentarischen Methode würde dies wie folgt ausgedrückt: Es zeigen sich in der Passage handlungsleitende Orientierungsgehalte. Die Textpassage wurde allerdings nicht mit der dokumentarischen Methode analysiert, da das Gespräch als exploratives Experteninterview dafür weniger gut geeignet ist als andere Gespräche.
 
14
Andere Texte, die durch Franziskaner als Hauptautoren verfasst wurden, weisen allerdings diese Struktur auf.
 
15
In Dokumenten zu verwandten Themen, deren Zielsetzung den hier diskutierten ähnlich sind und an denen Franziskaner maßgeblich mitgearbeitet haben, konnte ich die Struktur ebenfalls explizit finden. Ein Zitat aus einer Fokusgruppendiskussion mit philippinischen Jesuiten in Ausbildung verweist außerdem darauf, dass die theologische Ausbildung verschiedene Verfahren der Bewertung vermittelt, die in dieser Arbeit nicht eingehender untersucht werden, sofern sie nicht im Material im Zusammenhang mit den Umweltschutzzielen identifiziert werden. So stellt der Teilnehmende zu den vor ihm liegenden Stapeln von Assoziationskarten zum Thema Versöhnung mit der Schöpfung fest, die die Gruppe zuvor entsprechend angeordnet hatte: “[Like] the one that we are always taught in B1 [course], like in B1 the praxis cycle, the reality, social reflection, scripture of passage and then discerned action.” Er konstatiert, die Ordnung entspräche dem Praxiszyklus als einem theologischen Reflektionsverfahren, das ihnen innerhalb der jesuitischen Ausbildung vermittelt wurde. Dieses spezifische Verfahren, welches in den Grundzügen dem des Sehen-Urteilen-Handelns ähnelt, findet sich im Material ansonsten nicht wieder.
 
16
Vom Leiter des franziskanischen Büros für GFBS werden Übersetzungen beispielsweise auf die Frage hin angesprochen, welche Gemeinschaften mit dem Dokument Care for Creation arbeiten: „I know of people using it. It was translated into some other languages, you know, so, because we do it in three official languages, and then we try to encourage others to, you know, translate it into their own language.”
 
17
Gesprochen wurde außerhalb dieses Tagesordnungspunktes beispielsweise über ökologische Beschaffung und Ernährung, über biologischen Anbau von Wein und das Naturerleben in Friedwäldern.
 
18
Mit Blick auf die Frage, ob Versöhnung mit der Schöpfung der Versöhnung mit sich selbst und mit Gott nachgelagert ist oder ob die drei gleichwertig und parallel verlaufen, argumentierten mehrere Teilnehmer für ein gegenseitiges Bedingen der Versöhnungsakte. Dabei führte einer aus:
[I]ch kann nicht ALLEINE bestimmen, wie ich leben will, sondern ihr als Kommunität, ihr unterstützt mich. Und damit meine ich, klar kann bei mir beginnen, aber dann steht etwas an, dann brauche ich die Kommunität. Und wenn die Kommunität sich querstellt, muss ich wieder zurück zu mir. Also, das ist immer ein Beziehungsgeschehen. Und mit Kommunität meine ich jetzt Umwelt und Schöpfung.
 
19
Der Grund dafür lässt sich aus meinen Daten heraus nicht ermitteln. Möglich wäre, dass die Gesprächspartner ein unangenehmes Thema vermeiden wollten oder auch, dass der Konflikt in einer Internetrecherche größer erscheint, als er in der Gemeinschaft wahrgenommen wurde oder vor dem Hintergrund der jüngeren Auseinandersetzungen zum Positionspapier weniger präsent ist.
 
20
Sprachlich wird das Vorgehen jener Überprüfung als Instrument beziehungsweise Methode vermittelt, so beispielsweise durch die Verwendung des Verbs anwenden („apply“) und der Bewertung als nützlich („useful“). Der Satz „it is useful to bear in mind the following ethical principles from Catholic social teaching“ (Ecoteneo 2012, S. 2) lässt sich meiner Meinung nach eher als eine Überleitung denn als eine Erklärung lesen.
 
21
Der Forderung wird im Text insofern entsprochen, als der Absatz zu Dialogen mit privatwirtschaftlichen Akteuren keinen negativen Gegenhorizont enthält. Im Text findet sich auch ein Verweis auf die Notwendigkeit, in Gesetzgebungsprozessen auf die Interessen der Industrie ebenfalls eingehen zu müssen (Ecoteneo 2012, S. 8).
 
22
Als zweiter ‚Schlag‘ ist vermutlich die Stellungnahme der Ateneo School of Government gemeint (siehe erster Abschnitt dieses Unterkapitels).
 
23
Die Gruppe setzte sich aus sechs Teilnehmenden zusammen. Während Kye der zweitälteste in Bezug auf das Eintrittsalter ist, liegt sein Eintritt nur ein bzw. zwei Jahre vor dem von Dave, James und Phil. Kye ist zum Zeitpunkt des Gesprächs neun Jahre in Ausbildung als Jesuit, die drei ‚Opponenten‘ sieben oder acht Jahre. Nur einer der Teilnehmer ist mit drei Jahren in Ausbildung deutlich ‚jünger‘ als die anderen; er ergriff aber in dieser Passage nicht das Wort ebenso wie der ‚älteste‘, der zum Zeitpunkt des Gesprächs zehn Jahre in Ausbildung ist. Die Unterscheidung zwischen jüngeren und älteren Brüdern in Ausbildung mag weniger Erklärung für die unterschiedliche Perspektive auf die Generalkongregationen sein als eventuell als Identitätsmarker der Abgrenzung von James, Dave und Phil zum ‚älteren‘ Kye.
 
24
Da mir einiges zu diesem Unterpunkt mit der Bitte um Vertraulichkeit erzählt wurde, bleiben manche empirischen Details vage. Es bleiben jedoch keine Aspekte gänzlich unadressiert.
 
25
Auch hier zeigte sich handlungsleitend, dass Bill verschiedene Möglichkeiten fand und wahrnahm, die jungen Franziskaner dem Thema der Bewahrung der Schöpfung durch konkrete Erfahrungen näherzubringen.
 
26
Dass es möglich ist, dass auch Verhandlungssituationen in formalisierten Zusammenhängen in Dissens enden, zeigt eine formalisierte Situation innerhalb meines Datenmaterials. Da keiner der beiden Beteiligten Mitglied einer der beiden hier untersuchten Orden ist, habe ich mich gegen eine prominente Diskussion dieser Verhandlung entschieden. Sie ist jedoch ein Hinweis auf möglichen Dissens in formalisierten Situationen auch innerhalb der franziskanischen Gemeinschaft. Beim INFAG-Grundlagenseminar der franziskanischen Familie nehmen sich Ordensleute mit unterschiedlichen Bewertungsmaßstäben bezüglich der Frage, ob demeter-Produkte gekauft werden sollten (obwohl demeter einer anthroposophischen Lehre folgt). Dabei steht dem Bewertungsmaßstab des Tierschutzes ein spirituell-theologischer gegenüber. Anders als in einigen anderen formalisierten Situationen besteht in der Situation keine Notwendigkeit der Einigung im Sinne eines formalisierten harmonisierten Ergebnisses. Die Protagonisten gehören unterschiedlichen Ordensgemeinschaften an, wodurch Dissens womöglich noch weniger problematisch ist.
 
27
Leider lässt sich auf Grundlage der Daten nicht beantworten, welche Rolle sie in Verhandlungen zu Lebensstilen einnehmen. Denkbar wäre, dass sie in Verhandlungen aktivistisch orientierte Mitbrüder unterstützen, aber auch, dass sie ihnen aufgrund anderer Priorisierung von Zielen entgegenstehen.
 
Metadaten
Titel
Verhandlungen
verfasst von
Jiska Gojowczyk
Copyright-Jahr
2020
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31314-2_7