Sowohl Kalifornien als auch Deutschland haben ambitionierte Klimaschutzziele. Doch der US-Bundesstaat hat den Ausbau von Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge schneller vorantreiben können als Deutschland. Woran liegt das?
Was macht Kalifornien bei der Elektrifizierung des Verkehrs besser?
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Kalifornien und Deutschland verfolgen ehrgeizige Ziele zur Emissionsreduzierung. Beide Regionen haben sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu sein. Doch Kalifornien ist Deutschland bei der Elektrifizierung des Verkehrs in mehreren Bereichen voraus, darunter bei der Anzahl der öffentlichen Ladestationen. Warum ist das so?
Antworten gibt die Studie "Coordinating the energy transition: Electrifying transportation in California and Germany", die von Dr. Nicholas Goedeking (German Institute of Development and Sustainability; IDOS) und Professor Jonas Meckling (University of California, Berkeley) verfasst wurde. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Energy Policy veröffentlicht.
Unterschiedliche Koordinierungspolitik
Demnach sollen sich die voneinander abweichenden Ergebnisse durch die unterschiedliche Koordinierungspolitik in Kalifornien und Deutschland erklären lassen. Dabei identifiziert die Studie die Marktstruktur und sektorale Koordination als entscheidende Faktoren, die den jeweiligen Fortschritt bei der Elektrifizierung des Verkehrs beeinflussen.
Konkret bedeutet das: Der regulierte Strommarkt in Kalifornien bietet Energieversorgern laut Studie garantierte Renditen auf Infrastrukturinvestitionen. Dies motiviere Energieunternehmen, so die Forscher, eine führende Rolle beim Ausbau öffentlicher Ladestationen für Elektrofahrzeuge zu übernehmen. In Kalifornien habe dies zu einer starken "Elektrifizierungs-Koalition" geführt. "In dieser wirken Energieversorger, Autohersteller und unabhängige Ladeunternehmen aktiv am Aufbau von E-Fahrzeug-Infrastruktur mit. Im Gegensatz dazu basiert das liberalisierte Marktmodell in Deutschland, das sich beim Ausbau der erneuerbaren Energien bewährt hat, darauf, dass Energieversorger ihre Investitionen durch den Verkauf von Strom refinanzieren", heißt es. Dies mache Investitionen in die E-Infrastruktur finanziell weniger attraktiv und verlangsame somit den Fortschritt.
Effektive Koalitionen bilden
Wie lassen sich diese Koordinationsprobleme in Deutschland überwinden? Die Studie rät zu gezielten, politischen Maßnahmen, die Anreize schaffen und die Zusammenarbeit zwischen Energieversorgern, Automobilherstellern und anderen Stakeholdern fördern. Deutschland müsse "politische Anpassungen in Betracht ziehen, die die Zusammenarbeit zwischen den wichtigsten Akteuren fördern und eine besser koordinierte Einführung von Ladeinfrastruktur ermöglichen“, erklärt Nicholas Goedeking, Wissenschaftler am IDOS. "Die Politik könnte beispielsweise neue Koordinationsmechanismen einrichten oder neue Akteure schaffen, die speziell mit der Koordination von politischen Maßnahmen beauftragt sind".
Zu den zentralen Herausforderungen für Deutschland gehöre nach Ansicht der Autoren die Überwindung der fragmentierten Interessenslage von Energieversorgern und Automobilherstellern, die sich derzeit gegenseitig für fehlende Infrastrukturinvestitionen verantwortlich machten. Ohne stärkere Anreize zur Zusammenarbeit würden beide Branchen das gemeinsame Ziel der Elektrifizierung des Individualverkehrs nur zögerlich vorantreiben. "Zum Beispiel könnten Netzabgaben genutzt werden, um die anfänglichen Installationskosten von Ladestationen abzufedern und somit die Rentabilität von Geschäftsmodellen zu erleichtern", so Goedeking.