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13.06.2022 | Verkehrspolitik | Kommentar | Online-Artikel

Contra: Setzen, Sechs!

verfasst von: Alexander Heintzel

3 Min. Lesedauer

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Das Europaparlament hat das faktische Aus für Verbrennungsmotoren in Europa ab 2035 beschlossen. Das ist falsch und wird die Verfehlung der Klimaziele zur Folge haben.

Auch wenn die Sprachregelung in der EU-Parlamentsentscheidung, dass "keine Fahrzeuge, die klimaschädliche Treibhausgase ausstoßen" ab 2035 neu zugelassen werden sollen, noch eine Hintertür Richtung Technologieoffenheit offenlässt, werden hierdurch Entwicklungsaktivitäten und Produktionskapazitäten aus Europa abgezogen und dorthin transferiert, wo E-Mobilität, nachhaltige Kraftstoffe und H2 gemeinsam an den Start gehen. Die Botschaft, damit sei eine Technologieführerschaft bei E-Antrieb und Batterieentwicklung verbunden, ist als reine Propaganda zu werten. Europa begibt sich gerade in eine Sackgasse und wird in Kürze leider feststellen, dass die Klimaziele so nicht erreicht werden können. Warum?

Mehr als 30 Mio. t CO2 fallen unter den Tisch

Deutschland hat heute einen Bestand von 48 Millionen Pkw. In den letzten zehn Jahren ist dieser um 0,6 Mio. pro Jahr gewachsen, bei jährlich rund 3 Mio. Neufahrzeugen. Ein Großteil der Fahrzeuge bleibt also im Bestand. Nun wird davon ausgegangen, dass dieser bis 2030 auf 42 Mio. Pkw sinkt und 15 Mio. E-Pkw im Markt sind. Selbst wenn das einträte, wären immer noch ca. 65 % der Pkw mit Verbrennungskraftmaschinen im Markt. Laut Fit for 55 muss Deutschland ca. 165 Mio t CO2 pro Jahr einsparen, davon ca. 54 Mio. t aus dem Pkw-Bereich. 15 Mio E-Autos im Markt 2030 bedeuteten eine Einsparung von ca. 20-24 Mio. t CO2, je nach Strommix. Bleiben 30-34 Mio. t, die unter den Tisch fallen. Allein der Einsatz von E20-Ottokraftstoff würde 15-20 Mio. t heben, ein flächendeckender Einsatz von synthetischen Kraftstoffen und R33-Diesel diese Lücke komplett schließen. 

Rechnete man noch die rund 11 Mio. Nutzfahrzeuge hinzu, dann wäre Deutschland bei einem großflächigen Elektrifizierungsansatz noch weiter von seinen Klimazielen entfernt. Zusätzlich stellte sich dann noch drängender die Frage nach der Verfügbarkeit und Speicherung nachhaltig gewonnenen Stroms sowie der sicheren Bereitstellung der notwendigen Peakleistung – alles Themen, die aktuell nicht geklärt sind. Hinzu kommt noch der höchst klimarelevante ökologische Fußabdruck elektrisch angetriebener Fahrzeuge, der politisch gewollt einfach ausgeblendet wird. 

Technisch-mathematisches Grundverständnis fehlt

Das Problem sind also nicht fehlende effiziente Ansätze eines nachhaltigen Klimaschutzes in der Mobilität, sondern die Tatsache, dass Entscheiderinnen und Entscheidern auf politischer Ebene ganz offensichtlich ein technisch-mathematisches Grundverständnis fehlt und dieses durch Glauben ersetzt wird. Mit Religion aber, kann keine erfolgreiche Klimapolitik betrieben werden.

Was ist der Unterschied zwischen Wissenschaft und Religion? Wenn ich sage "Bier ist im Kühlschrank" und gehe hin und überprüfe das, dann ist das eine Vorform von Wissenschaft, weil ich verifiziere. Sage ich dasselbe und überprüfe nicht, sondern glaube daran, dann ist das Religion. Und wenn ich sage "Bier ist im Kühlschrank", stelle beim Überprüfen fest, dass dem nicht so ist und behaupte es dennoch weiter, dann ist das Esoterik.

Die politisch Handelnden bewegen sich derzeit irgendwo zwischen Religion und Esoterik. Es mangelt Ihnen an grundlegendem Verständnis der Naturwissenschaften. Dieses Verständnis ist aber notwendig, um nachhaltig Klimaschutz und Entwicklung voranzutreiben – und das geht nur mit allen zur Verfügung stehenden Antrieben und Energiespeichern. Wenn es nicht bald gelingt, dies im politischen Verständnis zu verankern, dann werden die Fit-for-55-Ziele klar verfehlt werden. Den Preis zahlen dann das Klima und zukünftige Generationen. 

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