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2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

11. Vermögens-/Unternehmensnachfolge im Zusammenhang mit wiederkehrenden Leistungen

verfasst von : Andreas Dinkelbach

Erschienen in: Ertragsteuern

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Die Übertragung von Betriebs- und Privatvermögen von einer auf die nächste Generation erfolgt in der Praxis regelmäßig nicht (voll) entgeltlich, sondern entweder voll unentgeltlich (d. h. ohne Gegenleistung) oder teilentgeltlich (d. h. die Gegenleistung des Übernehmenden entspricht betraglich nicht dem Wert des übertragenen Vermögens). Insbesondere wenn der Vermögensübergang nicht erst von Todes wegen erfolgen soll (mittels gesetzlicher oder – z. B. testamentarisch – gewillkürter Erbfolge), werden nicht voll entgeltliche Übertragungen (im Wege der Schenkung zu Lebzeiten) häufig mit einer Verpflichtung des Übernehmers verbunden, dem Übertragenden (ggf. einem Dritten, z. B. Ehegatte des Übertragenden oder Geschwister des Übernehmers) für eine bestimmte (ggf. lebenslange) Zeit sog. wiederkehrende Leistungen zukommen zu lassen, insbesondere Renten oder Sachleistungen (z. B. Wohnrecht). Hiermit soll i. d. R. dem Versorgungsbedürfnis des Überträgers, der nun ggf. keine – anderen – Einkünfte mehr erzielt, Rechnung getragen werden. Entsprechend qualifizieren wiederkehrende Leistungen, die im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung (i. d. R. zur vorweggenommenen Erbfolge) geleistet werden bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen als nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigte Versorgungsleistungen. Liegen die Voraussetzungen einer begünstigten unentgeltlichen Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen nicht vor, weil z. B. kein begünstigtes Vermögen i. S. d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG übertragen worden ist, die wiederkehrenden Leistungen nicht auf die Lebenszeit des Berechtigten zu zahlen sind oder die Erträge nicht ausreichen, um die wiederkehrenden Leistungen zu finanzieren, sind lediglich wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung gegeben, die bis zur Grenze der Angemessenheit in eine nicht steuerbare oder steuerbare Vermögensumschichtung in Höhe ihres Barwerts (Tilgungsanteil) und einen Zins-/Ertragsanteil aufzuteilen sind.

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Fußnoten
1
Eine Vermögensübertragung i. S. d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG kann ihren Rechtsgrund auch in einer Verfügung von Todes wegen haben, wenn sie im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Lebzeiten des Erblassers ebenfalls begünstigt wäre.
 
2
Der die Grenze der Angemessenheit übersteigende Anteil ist als Zuwendung i. S. d. § 12 Nr. 2 EStG (Unterhalt) zu beurteilen. Übersteigt der Barwert der wiederkehrenden Leistungen das Zweifache des Werts des übertragenen Vermögens überwiegt der Zuwendungsgedanke und sind die wiederkehrenden Leistungen ebenso Unterhalt, d. h. die Übertragung selbst erfolgt unentgeltlich (der „Leistung“ des Veräußerers kommt insoweit keine weitere Bedeutung zu).
 
3
Bei kaufmännisch einander entsprechender Leistung und Gegenleistung ist keine Aufteilung erforderlich und gelten die allgemeinen steuerlichen Grundsätze; eine Trennung von Tilgungsteil und Zins-/Ertragsanteil erfolgt auch hier.
 
4
Zu Einzelheiten und einer eingehenden Erörterung siehe BMF v. 11.03.2010, BStBl. I, S. 227 sowie BMF v. 13.01.1993, BStBl. I, S. 80, ber. S. 464.
 
5
Der Steuergesetzgeber verstößt insoweit gegen das Diskriminierungsverbot, als er bei Frauen eine höhere Lebenserwartung unterstellt und sich insoweit höhere Anschaffungskosten ergäben (hier 48.000 € × 12,613 = 605.424 €). Wie nicht zuletzt die sog. Klosterstudie belegt, beruht die allgemein empirisch beobachtbare Disparität der Lebenserwartung von Männern und Frauen nicht auf biologischen Faktoren, sodass eine Ungleichbehandlung allein aufgrund des Geschlechts hier eine Diskriminierung darstellt. Analog zu den Vorgaben z. B. für Lebensversicherungen wäre hier auch steuerlich ein „Unisex-Tarif“ geboten.
 
6
Zur Begriffsbestimmung siehe Teil I, Abschn. 11.1 sowie auch Teil I, Abschn. 5.​7.​1.
 
7
Die Subsidiarität besteht auch gegenüber den Nebeneinkunftsarten Nr. 5 und Nr. 6 des § 2 Abs. 1 EStG.
 
8
Bei betrieblicher Veranlassung sind die Rentenzahlungen vom Leistenden im Rahmen seiner Gewinnermittlung abzuziehen.
 
9
Andere Begriffsabgrenzungen sind ebenso denkbar bzw. werden alternativ verwendet.
 
10
Siehe § 22 Nr. 1 EStG, der die Besteuerung beim Berechtigten zum Gegenstand hat.
 
11
Ein solcher einheitlicher Begriff für die Ausgabenseite ist derzeit nicht gebräuchlich. Der hier verwendete Begriff wiederkehrende Ausgaben beruht auf der inhaltlichen Gleichsetzung von Einnahmen und Bezügen, wie sie z. T. auch im Gesetz anzutreffen ist (vgl. § 19 EStG).
 
12
Eine Ausnahme besteht im Betriebsvermögen bei der Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, vgl. BMF v. 13.01.1993, BStBl. I, S. 80, Tz. 35 ff.
 
13
Eine Ausnahme besteht im Rahmen des sog. Realsplittings (§ 10 Abs. 1a Nr. 1a EStG). Zudem ist § 10 Abs. 1a Nr. 3 und 4 i. V. m. § 22 Nr. 1a EStG zu beachten.
 
14
Unter Stammrecht ist hier ein originäres Recht auf die Rente zu verstehen, d. h. der Rente liegt entweder ein bürgerlich-rechtlicher Vertrag oder eine einseitige bürgerlich-rechtliche Verpflichtung zugrunde oder sie ist aus einer gesetzlichen Vorschrift oder einem Verwaltungsakt ergangen. Die einzelne Rentenzahlung ist in Abgrenzung zum Stammrecht ein „Ertrag des Rentenrechts“.
 
15
Im Gegensatz zur Rente ist die dauernde Last sozusagen synonym zu ihren einzelnen Zahlungen, d. h. die Zahlung ist die dauernde Last.
 
16
Zudem soll die Rente der Versorgung des Berechtigten zu dienen bestimmt sein.
 
17
Bei einer Abhängigkeit von mehreren Personen (z. B. Fortsetzung der Zahlung an den überlebenden Ehegatten) ist die höhere/höchste Restlebensdauer ausschlaggebend.
 
18
Siehe hierzu BMF v. 11.03.2010, BStBl. I, S. 227, sowie auch Teil I, Kap. 10. Daneben siehe auch das BMF-Schreiben zur vorweggenommenen Erbfolge, BMF v. 13.01.1993, BStBl. I, S. 80, Tz. 35 ff. einschließlich diesbezüglicher Ergänzungen, z. B. v. 26.02.2007.
 
19
Vgl. Tz. 69 und 74 sowie 77 des BMF-Schreibens v. 11.03.2010. Der – mit Blick auf die Angemessenheit ggf. anteilige – Barwert kann bei der Übertragung von Privatvermögen gegen wiederkehrende Leistung auf Lebenszeit nach §§ 12 ff. BewG (bei lebenslänglichen Leistungen nach § 14 Abs. 1 BewG) oder nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (vgl. R 6.2 Satz 1 EStR) berechnet werden. Bei der Berechnung des Barwerts ungleichmäßig wiederkehrender Leistungen (dauernde Lasten) ist als Jahreswert der Betrag zugrunde zu legen, der – aus der Sicht des Veräußerungs-/Anschaffungszeitpunkts – in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt wird. Bei wiederkehrenden Leistungen auf bestimmte Zeit und bei für eine Mindestlaufzeit zu erbringenden wiederkehrenden Leistungen erfolgt die Ermittlung des – anteiligen – Barwerts nach § 13 Abs. 1 BewG; bei wiederkehrenden Leistungen auf die Lebenszeit des Berechtigten, die auf eine bestimmte Zeit beschränkt sind, nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BewG i. V. m. § 14 BewG. Der Barwert kann indes auch hier nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelt werden.
 
20
Der Barwert fungiert insoweit als Obergrenze zur Verhinderung einer Übermaßbesteuerung.
 
21
Die Grundsätze der R 17 Abs. 7 Satz 2 i. V. m. R 16 Abs. 11 EStR sind zu beachten.
 
22
Er bestimmt lediglich die Obergrenze der (gesamten bzw. jeweiligen) historischen AK.
 
23
Der Berechtigte erzielt insoweit ja (bei Sofortversteuerung) sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a lit. bb EStG.
 
24
In manchen Fällen, z. B. bei dauernden Lasten oder bei Anpassung der Lebenserwartung, kann sich die Verbindlichkeit auch (kurzfristig) erhöhen, sodass auch insoweit eine Betriebsausgabe vorliegt.
 
25
Soweit die nachstehenden Ausführungen die Ansicht der Finanzverwaltung wiedergeben, ist darauf hinzuweisen, dass diesbezüglich im Schrifttum auch andere Auffassungen vertreten werden und § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG zudem verfassungsrechtlicher Kritik begegnet, z. B. birgt die Voraussetzung eines 50-%-Anteils an einer GmbH hinsichtlich ihrer Rechtfertigung (und der praktischen Umsetzung) erhebliches Streitpotenzial. So kann bereits die von der im Rahmen der Erbschaftsteuer begünstigten 25-%-Grenze abweichende Höhe als Wertungswiderspruch kritisiert werden. Darüber hinaus ist die Grenze im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 3 GG fragwürdig, wenn Familienunternehmen in der Rechtsform einer GmbH insoweit gegenüber Personengesellschaften benachteiligt werden, wie dort auch Anteile unterhalb 50 % unter § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 lit. a EStG fallen. Die Anwendung der Regelung auch auf eine AG sollte analog möglich sein, die Finanzverwaltung will dies indes nur für mit einer GmbH vergleichbare Kapitalgesellschaftsformen des EU/EWR-Raums (UG, Ltd., BV etc.) gestatten.
 
26
Soweit das Einkommen des Übernehmers (und folglich sein Grenzsteuersatz) dasjenige des Übergebers übersteigt, ergibt sich in der Gesamtbetrachtung ein Vorteil in Höhe der Progressionsdifferenz.
 
27
Vgl. BMF v. 11.03.2010, BStBl. I, S. 227, Tz. 81. Zu Einzelheiten siehe das BMF-Schreiben v. 16.09.2004, BStBl. I, S. 922. Insbesondere qualifizierten gegenüber § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG weitere Wirtschaftseinheiten als Gegenstand der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen, z. B. auch Immobilien oder Wertpapiere. (Zudem wurde zwischen Renten und dauernden Lasten differenziert.) Da bei vor 2008 vollzogenen Übergaben (sog. Altverträge) die regelmäßig langfristig wirkenden Dispositionen auf Basis der damaligen Rechtslage erfolgten, bleibt für diese Altverträge mit minimalen Ausnahmen aus Gründen des Vertrauensschutzes die seinerzeitige Rechtslage für die volle Vertragslaufzeit weiter anwendbar. Die alte Rechtslage ist insoweit in der Praxis noch jahrzehntelang anzutreffen bzw. relevant, kann an dieser Stelle jedoch nicht ausgeführt werden.
 
28
Die Übertragung eines Anteils an einer i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG infizierten Gesellschaft ist demnach begünstigt, nicht aber eines Anteils an einer gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten Personengesellschaft.
 
29
Wird anderes Vermögen übertragen (z. B. privater Grundbesitz, Wertpapiervermögen) oder erfüllt das übertragene Vermögen nicht die sonstigen Bedingungen, liegt keine begünstigte Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen vor (und finden die Grundsätze über die einkommensteuerrechtliche Behandlung wiederkehrender Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung Anwendung). Dies gilt auch für die Einräumung eines Nießbrauchsrechts und zwar unabhängig davon, ob das Nießbrauchsrecht an Vermögen i. S. d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 EStG bestellt ist oder nicht (eine Ausnahme gilt für die zeitlich gestreckte „gleitende“ Vermögensübertragung).
 
30
Zu „Erträgen“ führen grundsätzlich nur Einnahmen, die den Tatbestand einer Einkunftsart i. S. d. § 2 Abs. 1 EStG erfüllen. Einnahmen aus Tätigkeiten ohne Einkünfteerzielungsabsicht sind daher hier nicht als Erträge zu beurteilen.
 
31
Zudem ist bei der Ermittlung der Erträge aus dem GmbH-Anteil nicht auf die tatsächlich ausgeschütteten Gewinne, sondern auf den ausschüttungsfähigen Gewinn abzustellen.
 
32
Als Personengesellschaften gelten auch Gemeinschaften, wenn die Beteiligten eine dem Gesellschafter einer Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbare Stellung haben, z. B. als Beteiligter an einer Erbengemeinschaft oder Gütergemeinschaft.
 
33
Unschädlich ist z. B., wenn der Vermögensübernehmer bereits die Funktion des Geschäftsführers für die finanziellen Aufgaben innehatte (CFO) und der Vermögensübergeber Geschäftsführer für den technischen Bereich war (CTO) und der Übergeber die Geschäftsführertätigkeit mit der Vermögensübertragung aufgibt. Es ist nicht erforderlich, dass der Übernehmer dieselbe Funktion im Rahmen der Geschäftsführung ausübt wie vormals der Übergeber.
 
Metadaten
Titel
Vermögens-/Unternehmensnachfolge im Zusammenhang mit wiederkehrenden Leistungen
verfasst von
Andreas Dinkelbach
Copyright-Jahr
2019
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-26005-7_11