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28.07.2020 | Vermögensaufbau | Schwerpunkt | Online-Artikel

Forschung nimmt Deutschlands Millionäre unter die Lupe

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

6 Min. Lesedauer

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Neueste Untersuchungen des DIW Berlin zeigen, dass zehn Prozent der Deutschen über rund zwei Drittel des Nettovermögens verfügen. Die Wissenschaftler fordern daher, die Vermögensbildung in der Breite stärker zu fördern.

Bislang wusste die Wissenschaft nur wenig über die Vermögenden in Deutschland. So waren sie etwa im Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) bislang unterrepräsentiert. Unklar war, wie der tatsächliche Umfang und die genauen Vermögensverhältnisse aussehen. Nun haben die Berliner Forscher diese Datenlücke geschlossen. Möglich war diese Korrektur durch eine Zusatzstichprobe, in der Menschen mit hohen Vermögen stark überrepräsentiert sind.

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Einkommen

In einer entwickelten, hoch arbeitsteiligen Gesellschaft wie der Bundesrepublik Deutschland müssen die meisten für die persönliche Lebensführung notwendigen Güter und Dienstleistungen gekauft werden. Damit wird die Verfügung über Geld, das heißt über ein ausreichendes und kontinuierlich fließendes Einkommen, zu einer grundlegenden Voraussetzung für den individuellen Lebensstandard.

Aussagen zur Vermögensverteilung sind nun genauer

Das Ergebnis: Auf eine vergleichsweise kleine Gruppe von Bürgern konzentriert sich ein Großteil der individuellen Nettovermögen. Laut DIW Berlin vereinen die reichsten zehn Prozent "gut zwei Drittel des Nettovermögens" auf sich. Zuvor war man von knapp 59 Prozent ausgegangen. Dem reichsten Prozent der Bevölkerung gehört rund 35 des Vermögens, statt wie vorher vermutet 22 Prozent.

"Dank der neuen Daten können wir Millionäre erstmals genauer unter die Lupe nehmen und sowohl ihr Vermögen als auch Merkmale wie Alter, Bildung und Berufstätigkeit wirklich verlässlich beschreiben. Untersuchungen beispielsweise zur Vermögensverteilung in Deutschland werden ohne den bisher blinden Fleck im Bereich hoher Vermögen wesentlich aussagekräftiger", erklärt Carsten Schröder vom Sozio-oekonomischen Panel, der die Studie gemeinsam mit Markus Grabka, Charlotte Bartels, Johannes König und Konstantin Göbler verfasst hat.

Millionäre sind oft männlich, selbstständig und gebildet

Etwa 1,5 Prozent der Erwachsenen in Deutschland besitzen ein individuelles Nettovermögen, also das Bruttovermögen abzüglich der Schulden, von mindestens einer Million Euro, erläutert das Institut seine Ergebnisse. Darunter befinden sich überdurchschnittlich oft Männer, die älter, besser gebildet, selbständig und zufriedener mit ihrem Leben sind als Menschen mit geringeren Vermögen.

Über ihre Unternehmensanteile, über die diese vermögende Personen häufig verfügen, haben die Forscher diese Zielgruppe identifiziert. Dafür wurde aus einer Datenbank mit 1,7 Millionen Menschen, die in Deutschland wohnen und in nennenswertem Umfang an Unternehmen weltweit beteiligt sind, eine repräsentative Zufallsstichprobe mit fast 2.000 Personen erstellt (SOEP-P). Verglichen mit der regulären SOEP-Stichprobe liegt das Nettovermögen dieser neuen Zielgruppe im Durchschnitt 21 mal höher. 

Um noch höhere Vermögen einzubeziehen, wurde außerdem auf öffentlich zugängliche Reichenlisten des Manager Magazins zurückgegriffen, da diese eine besonders hohe Vermögenskonzentration aufweisen. "Die Berechnungen auf Basis des aus allen drei Quellen erstellten Datensatzes ergeben ein vollständiges Bild der Vermögensverteilung in Deutschland", so die Wissenschaftler.

40 Prozent der reichen Frauen sind älter als 65 Jahre

Interessant: Unter den Millionären ist der Anteil von Frauen mit gerade einmal gut 30 Prozent relativ gering. 14 Prozent haben einen Migrationshintergrund, sechs Prozent kommen aus den neuen Bundesländern und 40 Prozent sind über 65 Jahre alt. 

Für reiche Männer wie Frauen gilt jedoch gleichermaßen: Sie sind trotz höheren Alters noch berufstätig, der Großteil davon selbständig. Und insgesamt sind sie deutlich zufriedener als der Durchschnitt der übrigen Bevölkerung, sowohl allgemein mit ihrem Leben als auch in fast allen Teilbereichen wie Familie, Einkommen und Gesundheit.

Forscher empfehlen Förderung von Immobilienbesitz und Vermögenskonten

Um "der auch im internationalen Vergleich sehr ungleichen Vermögensverteilung" zu begegnen, empfehlen die Berliner Forscher der Politik, den Vermögensaufbau in der Breite der Bevölkerung zu unterstützen. Hierzu gehöre auch eine Reform der staatlich geförderten privaten Alterssicherung. 

Einen möglichen Weg sehen die Berliner in individualisierten Vermögenskonten. In diese könne der Staat für Menschen mit geringen finanziellen Möglichkeiten einzahlen und diese dann später ab einem bestimmten Alter auf das finanzielle Polster zurückgreifen. Auch eine veränderte Förderung des Immobilienbesitzes sei in Erwägung zu ziehen. 

Staatliche Förderung statt Reichensteuer

"Staatliche Anreize zur Vermögensbildung sollten gegenüber einer stärkeren Umverteilung von oben nach unten bevorzugt werden“, sagt Studienmitautor Markus Grabka. Daher spricht sich das DIW Berlin auch gegen eine Vermögens- oder Reichensteuer aus. 

"Viele Hochvermögende halten ihr Vermögen hauptsächlich in Betrieben oder nicht selbst bewohnten Immobilien. Mehr als die Hälfte der individuellen Vermögen werden produktiv genutzt und kommen so auch anderen Menschen und der Volkswirtschaft insgesamt zu Gute", begründet SOEP-Forscher Johannes König diese Haltung. Auch die aktuelle Rezession infolge der Corona-Pandemie verdeutliche das Problem einer Vermögensteuer, da diese ertragsunabhängig bemessen wird und in einer Krisensituation die Rezession noch zusätzlich verschärfen könne.

Vermögensaufbau durch Investmentfonds

Vermögen sinnvoll aufzubauen, kann zum Beispiel auch durch Investmentfonds gelingen, schreiben Philipp Karl Maximilian Lindmayer und Hans-Ulrich Dietz im Buch "Geldanlage und Steuer 2020". Sie führen auf Seite 238 aus:

Die organisatorische und rechtliche Sicherheit der Anlage in Investmentfonds ergibt sich aus einer Vielzahl von grundsätzlichen und im Wesentlichen anlegerfreundlichen Vorschriften und Bestimmungen wie der Trennung des Investmentvermögens der Investoren vom Vermögen der Kapitalverwaltungsgesellschaft sowie der vorgeschriebenen Übertragung der Verwahrung und Kontrolle von Investmentvermögen auf eine Verwahrstelle und deren Haftung. So sind Investmentfonds auch insolvenzgeschützt.“

Hinzu komme die Aufsicht und Überwachung der Investmentgesellschaften und der Verwahrstellen durch die Bafin. Die Verwahrstellen werden zusätzlich nach den Vorschriften des Kreditwesengesetzes beaufsichtigt. Auf Seite 243 stellen die Springer-Autoren die Vor- und Nachteile für den Anleger gegenüber:

Investmentfonds aus Anlegersicht

Vorteile

Nachteile

• umfassende Anlageinformation vor Vertragsabschluss

• hohe rechtliche Sicherheit bei Fondsgesellschaften nach europäischem Recht (Verwahrstellenprinzip und staatliche Aufsicht)

• Risikostreuung

• hohe Liquidität durch meist börsentägliche Verfügbarkeit

• umfassende Veröffentlichungspflichten und regelmäßige Preisveröffentlichungen

• bequeme Anlageform

• regelmäßige Informationen

• unter bestimmten Voraussetzungen zur Verwendung der Arbeitnehmer-Sparzulage geeignet

• Anlage auch in kleineren Beträgen

• Sparpläne und Auszahlungspläne

• Wiederanlagemöglichkeit der Erträge zu vergünstigten Bedingungen meist ohne Ausgabeaufschlag

• erleichterter Zugang zu Auslandsmärkten

• weitgehende Preistransparenz durch die Angabe der Gesamtkostenquote (Total Expense Ratio, Abkürzung TER)

• Ausgabeaufschlag bei Kauf

• teilweise Spesen bei Vermittlung von Fondsanteilen, die nicht von dem Institut des Vermittlers aufgelegt werden

• jährliche Gesamtkostenbelastung durch Verwaltungskosten und die Kosten des Fondsmanagements

• je nach Fonds wird zusätzlich eine erfolgsabhängige Vergütung (Performance Fee) erhoben

• Ausschüttung kann – auch nach unten – stark variieren

• Erfolg neben Marktentwicklung von Managementleistung und Fondspolitik abhängig 

• eher längerfristige Anlage (Ausnahme: Geldmarktfonds)

• Anteilswert kann trotz Streuung und guter Managementleistung erheblich schwanken












Quelle: Buch "Geldanlage und Steuer 2020", Philipp Karl Maximilian Lindmayer und Hans-Ulrich Dietz, 2020

Als Beurteilungskriterien für die Fondsauswahl geben die Springer-Autoren folgende Anhaltspunkte vor:

  1. Rechtliche Grundlage: Hat der Fonds eine sichere rechtliche Basis, wie das bei OGAW-Fonds und AIF-Fonds grundsätzlich der Fall ist?
  2. Bonität: Wie wird die Fondsgesellschaft von Finanzanalysten eingestuft?
  3. Wie wird der Fonds innerhalb seiner Vergleichsgruppe beurteilt (Fondsranking)?
  4. Liegen langjährige Erfahrung und nachweisliche Erfolge der Investmentgesellschaft vor?
  5. Welche Anlagestrategie wird verfolgt? Was lässt sich hierzu in den Fondsprospekten finden?
  6. Wie sind die bisherigen Anlageerfolge und Wertentwicklungen (Performances) der einzelnen Fonds?
  7. Sind auch mittel- und langfristige Anlageerfolge zu erwarten?
  8. Stimmt die Fondsstrategie mit Ihrer Anlagestrategie überein?
  9. Welche Informationen haben Sie über Erfahrung und nachgewiesene nachhaltige Erfolge des Fondsmanagements?
  10. Wie hoch sind die Gesamtkosten? Der Ausgabeaufschlag ist oft verhandelbar. Auf die Gesamtkostenquote (TER) achten!

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