Das Kapitalmarktumfeld ist von Umbrüchen geprägt - getrieben durch die Pandemie, den anhaltenden Ukraine-Krieg und die damit einhergehende volatile Marktlage. Um in der Vermögensverwaltung dennoch profitabel zu agieren, braucht es disruptive Technologien, belegt eine Umfrage.
Moderne Systeme und Tools machen das Wealth Management fit für die Kunden von morgen.
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Eine aktuelle Studie von Accenture und dem Personal Investment Management & Financial Advice Association (PIMFA) hat Branchenexperten zu den Entwicklungen in der europäischen Vermögensverwaltungsbranche befragt. Ihnen zufolge ist der Bereich prädestiniert für für den Einsatz innovativer Technologien. 88 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass neue technologische Anwendungen die Industrieentwicklung maßgeblich beeinflussen werden. Bereits während der Pandemie haben es Remote-Advisory-Technologien, wie beispielsweise virtuelle Desktops oder Videokonferenzen, Vermögensverwaltern ermöglicht, den Kontakt mit Kunden aufrechtzuerhalten, um ihnen während der turbulenten Marktereignisse zur Seite zu stehen. Es waren vor allem Tools für die hybride oder komplett digitale Beratung sowie die partielle Automatisierung, welche die letzten Jahre geprägt haben.
Innovative Technologien sind ein zentraler Treiber
Zukünftig werden Technologien, die die Automatisierung weiter vorantreiben, wie zum Beispiel Robotic Process Automation, Künstliche Intelligenz (KI) und Distributed Ledger Technology (DLT), an Bedeutung gewinnen. Denn diese werden den Geschäftsalltag von Wealth Managern noch effizienter machen und ihre Arbeit erleichtern. Schnelligkeit in der Kundeninteraktion sowie im Onboarding werden in dem Kontext zu einem Wettbewerbsvorteil. Dadurch sollte der Einsatz smarter Customer Relationship Management-Lösungen und -Plattformen sowie moderner Lösungen für KYC (Know Your Customer) und AML (Anti Money Laundering) für immer mehr Vermögensverwalter ganz oben auf der Agenda stehen.
Aktuell schlummert noch immenses, nicht genutztes Potenzial in der Vielzahl der bereits vorhandenen Kundendaten. Durch smarte Nutzung von KI, Machine Learning und Analytics lassen sich Erkenntnisse über die Nutzer und deren Bedürfnisse gewinnen, um so neues Wachstum über gezieltere Produkte und Dienstleistungen zu generieren. Übergreifend ist ein klarer Trend zu erkennen, cloudbasierte Lösungen mehr und mehr einzusetzen: Der Wunsch aber auch die Notwendigkeit, Geschäftsprozesse weiter zu digitalisieren sowie Kosten einzusparen, sind hier die treibende Kraft.
Konsolidierung auf eine zentrale Plattform
Im Handel mit Wertpapieren und anderen Finanzinstrumenten wie zum Beispiel Fremdwährungs-Swaps findet im Markt weiterhin eine klare Konsolidierung auf wenige marktführende Handelsplattformen statt. Der zunehmende Kostendruck führt in der Folge zu Komplexitätsreduktionen innerhalb der Institute. Hatten Tier-1-Institute bis vor kurzem eine diversifizierte Applikationslandschaft über alle Assetklassen hinweg, so zielen aktuelle Vorhaben auf eine weitestgehende Konsolidierung auf eine zentrale Plattform ab. Die Kostenreduktion ergibt sich hierbei durch einen erleichterten Wartungsaufwand in Bezug auf Funktionalität und im Idealfall durch eine vergleichsweise einfache Migration auf in der Cloud gehosteten Umgebungen.
Kleinere Institute wirken dem zunehmenden Kostendruck durch die Migration auf SaaS-Lösungen entgegen. Hier kommen auch Plattformanbieter aus der zweiten Reihe zum Zuge, da die Anforderungen an das Produktuniversum in der Regel einfacher sind und es eine geringere Notwendigkeit der Individualisierung gibt.
Handelsumfeld ist im Wandel
Auch das Handelsumfeld befindet sich also im Wandel. "Verschlankung", "Digitalisierung" und "Automatisierung" sind die Schlagworte, die Finanzdienstleister seit einiger Zeit beschäftigen und denen sie mit der richtigen technologischen Lösung begegnen wollen. Aktuell gewinnt in diesem Kontext mit DLT vor allem eine neue Technologie rasant an Bedeutung. Diese disruptive Innovation ermöglicht dezentrales Sichern und Verwalten von Daten sowie den unmittelbaren Transfer von digitalen Vermögenswerten in Echtzeit ohne die Notwendigkeit zentraler Intermediäre. Die Eigenschaften von DLT haben somit das Potenzial, die gesamte Wertschöpfungskette im Kapitalmarkt zu revolutionieren und zu signifikanten Effizienzsteigerungen und neuen Geschäftsopportunitäten beizutragen.
Gleichzeitig werden traditionelle Rollen und Verantwortlichkeiten zentraler Kapitalmarktakteure hinterfragt. Zeit- und ressourcenintensive Prozesse werden mithilfe von dezentral gespeicherten Datenregistern minimiert, etwa durch sogenanntes Atomic Settlement. Durch die Nutzung von programmierbaren Smart Contracts können komplexe Geschäftsprozesse vollautomatisiert gesteuert werden. Des Weiteren kann die Anwendung von DLT den Handel im Kapitalmarkt demokratisieren. Durch kosteneffiziente Tokenisierung von Firmenanteilen wird der Zugang zu Kapital für kleinere Unternehmen erheblich erleichtert.
Technisierter Kapitalmarkt ist unausweichlich
Um nachhaltig erfolgreich zu sein, müssen sich Finanzdienstleister sowohl in der Vermögensverwaltung als auch im Handel weiterentwickeln. Nur so werden sie dem Kostendruck und den sich wandelnden Kundenbedürfnissen gerecht werden - besonders in technologischer Hinsicht. Denn ein wesentlicher Pfeiler für den künftigen Erfolg ist die digitale Transformation, welche ohne den Einsatz neuer Technologien nicht zu bewerkstelligen ist. Deren Einführung und Nutzung geht mit einem entsprechendem Changemanagement und Upskilling innerhalb der gesamten Organisation einher und wird in den kommenden Jahren ein wesentlicher Erfolgstreiber im Kapitalmarktumfeld bleiben.
Die Marktteilnehmenden sollten sich daher früh bewusst werden, welche Lösungen sie für ihr Geschäft und zufriedene Kunden brauchen. Denn der richtige Einsatz von modernen technologischen Entwicklungen kann zum ausschlaggebenden Wettbewerbsvorteil werden. Die Möglichkeiten, das eigene Geschäft durch innovative Technologien nicht nur zu bereichern, sondern auf ein völlig neues Level zu heben, waren noch nie so gut. Es ist an der Zeit, diese auch zu nutzen.