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17.02.2020 | Versicherungsmarkt | Schwerpunkt | Online-Artikel

Niedrigzins beutelt die Lebensversicherer

verfasst von: Meris Neininger

4 Min. Lesedauer

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Vier Haupttrends wirken laut einer aktuellen Studie auf Lebensversicherer ein. Trotz Faktoren wie Niedrigzins und gebotener Umschichtung der Investments ist von Hoffnung in der Branche die Rede.

Obwohl die Lebensversicherer schon harte Zeiten gewohnt sind, war die Zinsentwicklung 2019 doch unerwartet negativ. So jedenfalls die Wertung der Analysten von Assekurata. Für ihre aktuelle "Marktstudie zu Überschussbeteiligungen und Garantien 2020" hat die Assekuranz Rating-Agentur 81 Lebensversicherer befragt, die nach Prämieneinnahmen nahezu den gesamten Markt deutscher Lebensversicherer abdecken, sprich über 99 Prozent. Insgesamt haben aber nur 47 Anbieter mitgewirkt, im Vorjahr waren es noch 54 Unternehmen. Deren Marktanteil beläuft sich immerhin noch auf rund 79 Prozent.

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Neuaufstellung der Lebensversicherer im Kapitalmarkt

Die meisten Lebensversicherer konnten von der starken Entwicklung der Börsen in den 2010er Jahren nicht profitieren, da sie nur in geringem Umfang in Aktien investiert sind. Assekurata beobachtet bei den Lebensversicherern seit einigen Jahren aber einen gewissen Umschichtungsprozess, zum Beispiel in Aktien, Immobilien und alternative Investments. Dieser dürfte sich aber durch die Zinsentwicklung 2019 verlangsamt haben, schätzt die Rating-Agentur.

Demnach steige die Aktienquote deutscher Lebensversicherer nur langsam an und liege meist nur im mittleren einstelligen Prozentbereich. Und da bis dato die festverzinslichen Wertpapiere mit über 80 Prozent die Portfolien dominieren, ist das aktuelle Niedrigzinsfeld für die Versicherer problematisch.  

Die Entwicklung der Zinszusatzreserve

Für eine bessere Einordnung hat Assekurata in ihrer Studie auch den Bestand der seit 2011 aufgebauten Zinszusatzreserve (ZZR) abgeklopft. Insgesamt summiert sich der Bestand der in der ZZR gestellten Mittel zum 31. Dezember 2019 branchenweit auf nahezu neun Prozent der Deckungsrückstellung. Dies sind circa 75 Milliarden Euro. Somit hätten die deutschen Lebensversicherer mehr als das Vierfache ihres bilanziellen Eigenkapitals – also 17 Milliarden Euro – als zusätzliche Zinsvorsorge schon nachreserviert. Und trotz der Einführung der Korridormethode müssten die meisten Versicherer in den nächsten Jahren weiterhin – und sogar umfangreiche – Zuführungen zur ZZR leisten, sind sich Reiner Will, Geschäftsführer, und Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse, sicher.

Um einen Eindruck zu bekommen, wie sich der Referenzzins in verschiedenen Zinsszenarien entwickelt, haben die Branchenkenner von Assekurata drei Zinsszenarien entwickelt. In allen drei Zinsszenarien fällt der Referenzzins in den kommenden fünf Geschäftsjahren weiter deutlich. Das Positiv-Szenario: 2025 hat er bei 1,42 Prozent seinen Tiefpunkt erreicht und bleibt bis zum Ende des Betrachtungszeitraums (2040) ungefähr auch auf diesem Niveau. Beim Basis- und dem Negativ-Szenario sinkt der Referenzzins kontinuierlich. Aber während er im Basis-Szenario stetig bis auf 0,37 Prozent im Jahr 2040 absinkt, unterschreitet er im Negativ-Szenario ab 2032 sogar die Null-Prozent-Marke und sinkt weiter.

Netto- und Durchschnittsverzinsung entwickeln sich auseinander

Assekurata hat sich auch die laufende Durchschnittsverzinsung, Nettoverzinsung und die Garantiezinsen im Zeitverlauf 2011 bis 2019 angesehen. Dabei wurde unter anderem deutlich, dass sich die nominale Nettoverzinsung und die laufende Durchschnittsverzinsung tendenziell auseinanderentwickelt haben. Dieser Effekt ist nach Einschätzung der Rating-Agentur wesentlich auf die Anforderungen der Zinszusatzreserve (ZZR) zurückzuführen. Um diese zu finanzieren, nähmen viele Produktanbieter außerordentliche Verkäufe, insbesondere von festverzinslichen Anlagen, vor.

Aber es sei auch zu erkennen, dass die ZZR sich positiv auswirke. Während der Garantiezins im Bestand nur sehr langsam sinke, falle er unter Berücksichtigung der Reservezuführungen weitaus schneller. So musste nach Analyse von Assekurata auch ein Großteil der Lebensversicherer wieder mehr Bewertungsreserven als im Vorjahr realisieren. Die Folge: Die Nettoverzinsung ist wieder gestiegen, die laufende Durchschnittverzinsung dagegen Schritt für Schritt gesunken.

BU-Policen wecken Hoffnung

Die positive Grundstimmung in der Branche, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) jüngst vermerkte, erkennt auch Assekurata. Das Neugeschäft bei den Lebensversicherern läuft. So sehen die Lenker der Rating-Agentur, dass "die Ergebnisse besser geworden sind, die Branche wohl wieder Hoffnung schöpft“. Vor allem die Themen "BU-Arbeitskraftabsicherung" und "Fondspolicen", dort vor allem ohne Garantien, würden gut nachgefragt werden. Mehr Risikobereitschaft sieht auch Springer-Autor Uwe Schmidt-Kasparek in "Zeitenwende in der Lebensversicherung" (Versicherungsmagazin Ausgabe 7/2019, Seiten21) als Zukunftsmodell der Lebensversicherung:

Allen gesetzlichen Regelungen zum Trotz haben die Kunden das Grundproblem der deutschen Lebensversicherung längst verstanden: Mit geringem Risiko lassen sich keine Renditen mehr erzielen, die eine auskömmliche Altersvorsorge ermöglicht. […] Schon heute entfällt laut GDV die Hälfte des gesamten Neugeschäfts auf Policen mit modifizierten Garantien. Damit sollen die Kunden stärker von den Rendite-Chancen der Kapitalmärkte partizipieren."

Lars Heermann bekräftigt: "Das Anlageuniversum bei den Kunden nimmt wohl zu. Die Kunden scheinen bereit, die neuen Produkte abzuschließen." Also Produkte wie die "Neue Klassik" und Indexpolicen. Die Grundlage für diese positive Kundenstimmung sei auch, dass Verbraucherschutz und Politik bei diesem Thema an einem Strang zögen und die Verbraucher gemeinschaftlich dazu motivierten, mehr privat vorzusorgen und nicht zu stark auf Garantien zu setzen.

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