Das Internet wird als Informationsmedium und Distributionskanal Ankerpunkt für Konsumenten wie Anbieter. Das zeigen aktuelle Studien. Danach sind beispielsweise etwa 85 Prozent der 14- bis 49-Jährigen mittlerweile täglich online. Doch auch App-Shopping oder nachgelagerte Online-Services, wie der Klick für virtuelle Paketdienste, liegen im Trend, wie der Erfolg des Expressversands "Amazon Prime" zeigt.
Mobil kaufen wird Alltag
Immer mehr potenzielle Kunden greifen inzwischen für alle möglichen Dienstleistungen mobil über das Smartphone auf das Internet zu, stellen die Springer-Autoren Björn Asdecker und Hauke Thomschke im Kapitel "Kundenerwartungen im E-Commerce – Ergebnisse einer empirischen Untersuchung" des Buchs "Customer Experience im Zeitalter des Kunden" fest. Rund 70 Prozent der Internetnutzer gehen laut einer Accenture-Studie mit ihrem Smartphone online. Shopping-Apps sind dabei fester Bestandteil des E-Commerce-Angebots. Dies eröffnet Onlinehändlern viele Absatzchancen. Die Kunden erwarten von den mobilen Anwendungen, dass sie einen erkennbaren Mehrwert liefern. Im E-Commerce-Verkaufsprozess geht es neben dem virtuellen Einkaufserlebnis aber auch um Komfort und Kundenzufriedenheit, so Asdecker/Thomschke: "Die Bildung von Zufriedenheit ist ein komplexer Prozess, da dieser von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird. Dazu zählen neben dem Produkt bzw. der Dienstleistung der Verkaufsprozess, die Lieferung sowie in der Vergangenheit gemachte Erfahrungen", erklären sie. Das bedeutet: Kunden verbinden mit einem Online-Kauf nicht nur einen unkomplizierten Bestellprozess, sondern weitere Erwartungen.
Was Kunden erwarten
Die Gewichtung zeigt eine empirische Studie der Autoren zum E-Commerce, die sich auf Kundenerwartungen und Prozesse bei Nutzern von Shopping-Apps und Prime-Nutzer konzentriert. Danach sind für Kunden bei der Bestellanbahnung zum Beispiel
- eine einfache Bezahl- und Kaufabwicklung,
- eine unkomplizierte Verkaufsplattform,
- die sofortige Warenverfügbarkeit sowie
- ein günstiger Preis besonders relevant.
Die zusätzliche Präsenz im stationären Handel sehen laut der Studie hingegen viele Konsumenten eher als unwichtig an.
Dennoch setzen Internetriesen wie Amazon, bei denen fast alles und jedes online zu haben ist, genau hier an. Sie testen den stationären Verkauf, unter anderem, um noch mehr über ihre Kunden zu erfahren und sie an sich zu binden. Dabei vernetzen sie die reale mit der virtuellen Welt. So arbeitet Amazon an seiner eigenen Version eines Supermarkts 2.0. Und die kommt ohne Einkaufswagen im Laden aus. Im Testshop in der 7th Street in Downtown Seattle checken die Kunden am Eingang des rund 170 Quadratmeter großen Amazon Go-Supermarkts seit 2016 mit ihrem Smartphone ein. Dazu müssen sie allerdings die App "Amazon Go" installieren. Beim Durchschreiten einer Lichtschranke verbindet sich das KI-System des Ladens durch Einscannen des individuellen QR-Codes auf dem Bildschirm der App. Der Kunde wird darüber vollautomatisch erfasst und ein virtueller Kassenzettel für seinen Einkauf in der App generiert. Während des Einkaufs durch Amazon Go wird jeder Kunde zudem von Kameras überwacht. Diese erkennen beispielsweise, welche Waren die Kunden auswählen. Die Daten können zum Kaufverhalten, aber auch für den Distributionsprozess genutzt werden, um Waren verfügbar zu halten. Laut der US-Plattform Recode sind sechs weitere Standorte für die kassenlosen Märkte im Gespräch.
Warenverfügbarkeit als Mehrwert
Für Online-Nutzer von Einkaufsapps gilt, dass sie laut der Untersuchung der Springer-Autoren deutlich mehr Wert auf eine unkomplizierte Verkaufsplattform und die Warenverfügbarkeit legen. Unternehmen, die solche Apps im Rahmen ihrer Distributionsstrategie anbieten, sollten aus Sicht der Autoren daher besonderes Augenmerk auf Benutzerfreundlichkeit legen. Zudem müssen ausreichende Bestände vorgehalten werden, um die Kundennachfrage sofort bedienen zu können. Um die Kundenerwartungen zu erfüllen, sollten die App-Betreiber außerdem besonders Intensivnutzern von Online-Angeboten im virtuellen Vertrieb attraktive Angebote zukommen lassen. Dazu sind etwa Bonusprogramme geeignet, wie sie auch im klassischen Versandhandel üblich sind und sowohl im B2C- als auch im B2B-Vertrieb angewendet werden. Dabei wird Vielkäufern ein prozentualer Anteil des aktuellen Einkaufswerts als Gutschrift für die nächste Bestellung anrechnet.
Fazit: Unternehmen mit Multikanal-Konzepten sollten für ihren E-Commerce-Vertrieb im Auge behalten, dass Mobile-App-Anwender eine höhere Erwartungshaltung bei der Bedienbarkeit und der Warenverfügbarkeit haben. Intensivnutzer sind zudem preissensibler, so Asdecker/Thomschke.