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16.01.2025 | Vertriebsmanagement | Gastbeitrag | Online-Artikel

Verkauf und Einkauf: Auf gemeinsame Wurzeln besinnen

verfasst von: Jürgen Scherer

3:30 Min. Lesedauer

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Verkauf und Einkauf werden oft als gegensätzliche Pole dargestellt. Doch bei genauer Betrachtung offenbaren beide Funktionen zahlreiche Gemeinsamkeiten. Sie zu nutzen, bringt erhebliche Vorteile in der Zusammenarbeit, meint Springer-Professional-Gastautor Jürgen Scherer.

Einkaufs- und Verkaufsteams können ihre Stärken besser ausspielen, wenn sie Gemeinsamkeiten erkennen und bei zentralen Interessen an einem Strang ziehen.


Schon die frühe Betriebswirtschaftslehre sieht in Verkauf und Einkauf zwei Schlüsselfunktionen für den unternehmerischen Erfolg. Die amerikanische Autorin Helen Hysell beschrieb bereits 1922, dass „die kooperative Koordination zwischen Einkaufs- und Vertriebsabteilungen das entscheidende Element für den Verkauf sind.“ Daher überrascht es, dass deutlich häufiger auf angeblich polarisierende Unterschiede – zum Beispiel: "Verkäufer sind vom Mars, Einkäufer sind von der Venus" – abgehoben wird und Vorurteile einer erfolgreichen Zusammenarbeit beider Bereiche im Wege stehen. Was in Handelsunternehmen selbstverständlich ist – das sogenannte "Merchandising", das bedeutet Ein- und Verkauf aus einer Hand – ist in Industrieunternehmen strikt getrennt.

Ein- und Verkauf kennen einander kaum, sind in verschiedenen Abteilungen organisiert und verfolgen meist unterschiedliche, mitunter sogar widersprüchliche Zielsetzungen."

Das Ergebnis beschreibt der Buchautor Jonathan O’Brien treffend als "virtuelle Mauer". Sie erschwert einerseits den Fluss von Produkt- und Serviceleistungen aus den Beschaffungs- in die Absatzmärkte und enthält andererseits Informationen aus der Kundenbetreuung der gemeinsamen Zusammenarbeit mit den Lieferanten vor. 

Verkaufs- und Einkaufsprozesse eng verzahnen

Stattdessen sollten Verkaufs- und Einkaufsprozesse eng miteinander verzahnt sein, bilden beide Funktionen doch die gemeinsame Klammer für die inner- und zwischen-betriebliche Wertschöpfung. Zahlreiche empirische Studien haben darüber hinaus gezeigt, dass die externe Zusammenarbeit der Verkaufsteams mit dem Einkauf der Kunden („buying center“) wie auch die der eigenen Einkaufsteams mit dem Verkauf der Lieferanten („selling center“) erheblich von einer guten und engen internen Kollaboration beider Funktionen profitieren.   

Einkauf und Verkauf sind wie Zwillinge

Wie kann das konkret aussehen? Hier einige Beispiele:

Beide Funktionen sind in der aktiven Marktbearbeitung angesiedelt. Der Verkauf steuert die Kundenbeziehungen (Customer Journey), während der Einkauf spiegelbildlich die Lieferantenbeziehungen (Supplier Journey) verantwortet. Die Prozesse des „Customer beziehungsweise Supplier Relationship Management" (CRM/SRM) sind die jeweils andere marktzugewandte Seite desselben Unternehmens. Es ist daher gerade bei wichtigen Neuprojekten oder Neupositionierung laufender Produkt- und Serviceangebote sinnvoll,

  • gemeinsame Marktanalysen (zum Beispiel SWOT-Analysen) zu erstellen,
  • wichtige Marktdaten in ein und demselben System vorzuhalten und sich
  • in beiden Teams dazu regelmäßig auszutauschen. 

Auf Basis der Marktanalysen können sowohl die Strategien für die wichtigsten Produktgruppen und Serviceleistungen als auch für die Schlüsselkunden und strategischen Lieferanten aufeinander abgestimmt werden. Category Management und Account Management, beides klassische Funktionen im Vertriebsmanagement, sind inzwischen auch in nahezu allen professionellen Einkaufsorganisationen etabliert. Was fehlt, ist meist die interne Verbindung miteinander, um das Gesamtergebnis und nicht nur Teilaspekte für das Unternehmen zu optimieren. Die schwedische Möbelhauskette IKEA hat ein einfaches, aber sehr effizientes System, in dem der absatzseitigen Produktpositionierung (zum Beispiel Bestseller), die wesentliche Einkaufsstrategie für diese Produktgruppe (zum Beispiel Wertschöpfung) zugeordnet wird. 

Unterstützung in der Marktsteuerung

Die Abstimmung der Maßnahmen des absatz- und des beschaffungspolitischen Instrumentariums sind vielfältig. Im Rahmen des Produktlebenszyklus kommt dem Einkauf gerade bei Neuprodukteinführungen eine wichtige Rolle zu. Innovationen sind zunehmend lieferanten-induziert, Serviceleistungen werden immer stärker zugekauft. Das Margenmanagement erfordert, dass Zielpreise (in Richtung Kunden) und Zielkosten (in Richtung Lieferanten) eng koordiniert werden. Im gemeinsamen S&OP (Sales & Operations Planning) synchronisieren Ein- und Verkauf die Mengenströme für eine optimierte Produktion beziehungsweise den Vertrieb. Im Bereich Kommunikation, zum Beispiel bei Nachweisen zu nachhaltigen Lieferketten, unterstützt der Einkauf wiederum mit seinen Lieferanteninformationen aktiv den Vertrieb.  

Kooperation und Kollaboration leben

Für viele Unternehmen ist die Annäherung beider Marktfunktionen noch kein Selbstläufer. Erfolgreiche Projekte helfen auf dem Weg. Echte Kooperation und Kollaboration entwickelt sich schrittweise durch gemeinsame Zielvereinbarungen, kombinierte Verhandlungstrainings oder wechselseitige Personalentwicklungsmaßnahmen, zum Beispiel Job-Rotationen.

Der Anfang ist gemacht, wenn Ein- und Verkauf sich ihrer gemeinsamen Wurzeln besinnen und beginnen, unausgeschöpfte Wertsteigerungspotenziale für das Unternehmen gemeinsam zu realisieren.  

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