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22.01.2015 | Vertriebsmanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Die zwei Gesichter der Authentizität

4 Min. Lesedauer

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Zu den Erwartungen an Verkäufer gehört seit Jahren „Authentizität“, um zu überzeugen. Doch authentisches Verhalten ist nicht einfach, wenn die Nervosität und die Angst vor Fehlern dazwischen kommen. Ein Gastkommentar.

Fragt man nach den Eigenschaften eines überzeugenden Verkäufers, fällt meist der Begriff „authentisch“. Unter Authentizität versteht man Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und „Echtheit“, wie es ursprünglich im Griechischen bedeutet, „Zuverlässigkeit“ und „Wahrheit“ nennt der Duden hier zusätzlich.

Ob wir als authentisch wahrgenommen werden, hängt jedoch nicht von unserem Typ oder Temperament ab. Authentisch wirken wir, wenn der Kunde den Eindruck gewinnt, dass alles, was wir sagen, mit unserem Denken und unserer inneren Überzeugung überein stimmt. Und in diesem Punkt hat sich in den letzten Jahren ein deutlicher Paradigmenwechsel vollzogen; längst geht es nicht mehr um die ideale, die perfekte Rhetorik. Ein allzu charmanter und eloquenter Verkäufer wirkt häufig zu „glatt“, der Kunde wird eher zurückhaltend reagieren.

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In unserer Medienlandschaft ist dieser Wandel auch wahrnehmbar: Ein Thomas Gottschalk war nicht aufgrund der Nettigkeit eines „Traum-Schwiegersohns“ beliebt, sondern wegen seiner Spontaneität und nicht zuletzt wegen seiner kleinen Frechheiten. Alles Berechenbare, also auch die glatte Perfektion wird schnell uninteressant und womöglich langweilig. Unser Gehirn braucht zwar wiedererkennbare Muster, interessant ist aber nur das Andere, Besondere, Unverwechselbare. „Perfektion verhindert Charme“, hat die Schauspielerin Catherine Deneuve einmal gesagt.

Wir suchen also das Individuelle. Jede Maske, alles Fassadenhafte schafft dagegen Distanz, weil es uns hindert, den Menschen dahinter, die Person wahrzunehmen. Und das Lateinische „personare“ bedeutet ursprünglich, durch die Maske (des Schauspielers) hindurch zu tönen. Streben Sie also auch auf „Ihrer“ Bühne, sei es die Verkaufs- oder die Präsentationsbühne, nicht nach fehlerfreier Routine, sondern bleiben Sie lieber originell und Ihrem Typ treu. Allerdings sollten Sie gravierende Fehler vermeiden, insbesondere die beiden Extreme Unsicherheit und Überheblichkeit.

Die Falle „Narzissmus“

Denn eine zu eitle Selbstdarstellung kann leicht narzisstisch wirken. Narzissten nennt man Menschen mit einem übertriebenen Hang zur Selbstdarstellung. Zur Kompensation ihres (an sich defizitären) Selbstwerts sehnen sie sich in hohem Maß nach Bestätigung durch andere und sind abhängig von deren Anerkennung und Bewunderung. So zieht es sie häufig auf die Bühne und ins Rampenlicht, wo sie oft durchaus begabt und brillant agieren. Die Gefahr liegt jedoch in der Übertreibung: Denn der Narzisst ist nicht an Kommunikation und Austausch interessiert, sondern nur an sich und seiner Show. Und solch eitle Selbstdarstellung wird uns (zumindest von anspruchsvollen) Kunden verübelt.

Andererseits: Authentisch wirken heißt vor allem ehrlich sein - doch wie halten wir es mit der Ehrlichkeit vor dem Kunden? Wie viel sollten wir ihm davon zeigen, wie uns gerade zumute ist? Sollten wir im Sinne größtmöglicher Authentizität den Gesprächspartner oder die Zuhörer der Präsentation womöglich auf unsere Anfangsnervosität hinweisen? Hier geht es um die richtige Balance zwischen Authentizität und den Erwartungen des Kunden. Denn in jeder sozialen Situation, mit jeder Interaktion sind wir nur erfolgreich, wenn wir die Erwartungen des Umfelds zumindest weitgehend erfüllen, also der jeweiligen Rolle entsprechen. Und zu dieser exponierten, der Rolle des „Alphatiers“, das sie als Verkäufer, Berater, als Vortragender sind, passt es nicht, unsicher, hilflos oder gar ängstlich zu wirken. Hier sollten Sie sich also professionell verhalten und Ihrer Ehrlichkeit Zügel anlegen. Über Schwächen und Ängste zu sprechen ist eher mit dem Partner, einem Freund oder Coach angebracht.

Spagat zwischen Erwartungen und unseren Gefühlen

Stets müssen wir also den Spagat vollbringen zwischen der äußeren und unserer inneren Situation, zwischen den Erwartungen des Umfelds und unseren Gefühlen. In der Kommunikationspsychologie spricht man daher selektiver Authentizität.

Andererseits neigen wir in der Gesprächs- oder Präsentationssituation im Sinne einer möglichst positiven Selbstdarstellung dazu, etwa bei schwierigen Fragen unser Nichtwissen nur ungern zugeben. Der Versuch, dies zu überspielen wird vom Zuhörer jedoch meist durchschaut. Dann aber verlieren wir an Authentizität. Hier empfiehlt sich also, offensichtliche Fehler oder Nichtwissen zuzugeben - und zwar kurz und bündig und vor allem: möglichst selbstbewusst.  Sie büßen dabei weniger an Kompetenz ein, als wenn Sie versuchen, sich aus Angst vor Gesichtsverlust herauszureden und Ihre Unsicherheit zu überspielen.

Denn: Einen Fehler selbstbewusst zuzugeben ist durchaus eine Position der Stärke! Und noch ein Tipp: Verkneifen Sie sich bei schwierigen Fragen das Achselzucken, denn das wirkt nur hilflos.

Zum Autor
Peter Henkel ist selbstständiger Berater, Trainer und Coach. Der Inhaber des Beratungsunternehmens Henkel Consulting in Lauf bei Nürnberg ist Autor des Springer-Buches "Besser wirken, mehr bewirken".

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