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25.09.2012 | Vertriebsmanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

„Internet und persönliche Beratung sind keine Gegensätze“

7:30 Min. Lesedauer

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Versicherungen werden zunehmend online abgeschlossen. Wie der Branchenprimus Allianz und seine rund 9 000 Vertreter sich dieser Herausforderung stellen, verrät Allianz-Vorstand Andree Moschner im Springer-Professional-Gespräch.

Springer Professional: Internet, mobile Anwendungen, soziale Medien, telefonischer und persönlicher Kontakt: Wo trifft die Allianz am häufigsten auf ihre Kunden?

Andree Moschner: Das kommt auf den Anlass an. Als Informationsquelle für Versicherungsprodukte ist das Internet inzwischen am wichtigsten. Beim Abschluss komplexerer Produkte wünschen die meisten Kunden hingegen eine persönliche Beratung und wenden sich an ihren Vertreter. Und im Schadenfall geht es am schnellsten, wenn man zum Hörer greift und direkt Kontakt mit dem Allianz Sachbearbeiter aufnimmt.

Die Allianz setzt im Vertrieb nach wie vor auf die Agentur vor Ort. Wie wichtig bleibt dieser regionale, persönliche Ansprechpartner?

Die Nähe zu unseren Kunden ist für uns ein ganz entscheidender Vorteil. Wir haben bundesweit über 9 000 Allianz Vertreter und damit das dichteste Netz für Beratung und Information rund um Versicherung, Vorsorge und Vermögen in Deutschland. Der Vertreter ist das Gesicht und erste Anlaufstelle der Allianz-Kunden vor Ort. Er ist lokal bestens vernetzt und engagiert sich auch häufig, etwa in öffentlichen Einrichtungen, sozialen Netzwerken oder Vereinen. Viele Allianz-Agenturen werden in zweiter und dritter Generation geführt. Da herrscht natürlich ein ganz anderes Vertrauensverhältnis als zum Beispiel in reinen Online-Vertrieben ohne persönlichen Ansprechpartner.

Was kann der Vertreter, was das Internet oder die App nicht kann?

Ich glaube, man sollte die Information im Internet und die persönliche Beratung durch den Vertreter nicht als Gegensätze sehen, sondern als Ergänzung. Aus Studien wissen wir, dass 40 Prozent der Kunden sich zunächst im Internet über eine Versicherung informieren, dann jedoch beim Vertreter abschließen. Die Stärke des Vertreters liegt ganz klar in der individuellen Beratung des Kunden. Im Internet können Sie sich in der Regel nur über einzelne Produkte informieren oder die Angebote verschiedener Anbieter miteinander vergleichen. Bei einfachen Produkten wie einer Auslandsreisekrankenversicherung mag das ausreichen. Wenn es jedoch um komplexe Versicherungen im Bereich der Altersvorsorge oder der privaten Krankenversicherung geht, ist eine persönliche Beratung das A und O. Betreuer und Kunden machen sich gemeinsam ein Bild von der jeweiligen Beratungs- oder Bedarfssituation, um dann eine passgenaue Lösung anzubieten. Der entscheidende Unterschied zum Internet ist, dass es sich hier um einen Dialog handelt. Das kann das Internet nicht bieten. Bei Apps setzen wir vor allem auf Service, etwa im Schadenfall oder bei einem Dokumentenverlust im Urlaub. Als reinrassiges Informationsmedium sind unsere Apps nicht gedacht, sondern als Zusatz-Service.

Wissen auch jüngere Kunden die Vor-Ort-Ansprache zu schätzen?

Dass die jüngeren bis mittleren Alterssegmente bis etwa 40 Jahre das Internet bevorzugt nutzen, ist ja nicht mehr wirklich neu. Entscheidend für unser Vorgehen ist die Erkenntnis, dass selbst die unter 30-Jährigen immerhin noch zu über 60 Prozent ihren persönlichen Berater beim Vertragsabschluss bevorzugen. Übrigens: Je komplizierter ein Produkt oder eine Beratungssituation ist, desto häufiger wenden sich auch sehr junge Menschen an einen Berater ihres Vertrauens – nicht selten übrigens an den ihrer Eltern. Aber an einer Erkenntnis kommen wir nicht mehr vorbei: Die jüngeren Zielgruppen nutzen zunehmend das Internet auch als Abschlusskanal.

Immer mehr Kunden nutzen für Vergleiche und Versicherungsabschlüsse das Internet. Wie unterstützen Sie Ihre Vertreter, damit sie den Draht zu den Kunden online nicht verlieren?

Wir arbeiten schon seit mehreren Jahren daran, unsere Agenturen internetfähig zu machen. Inzwischen haben 98 Prozent einen professionellen Internetauftritt. Mit dem Programm „Internetfähige Agentur 2.0“ haben wir die bestehenden Aktivitäten aber weiterentwickelt. Wir stellen unseren Agenturen Homepages zur Verfügung, die nach dem Baukastenprinzip mit Hilfe von über 30 Modulen individuell gestaltet werden können. Zudem unterstützen wir unsere Vertreter bei einem professionellen Facebook-Auftritt. Und um auf Ihre eingangs gestellte Frage nach dem Alter von Internetnutzern zurückzukommen: Facebook ist – noch – ein Medium der Jüngeren. Hier differenziert das Alter aktuell am deutlichsten.

Ihre Agenturen gehen mit einem eigenen Profil online. Wo sehen Sie den Vorteil dieser regionalen Web-Ansprache?

Die Agenturen können auf ihre speziellen Schwerpunkte eingehen, zum Beispiel im Bereich Vermögen oder im Firmengeschäft. Verschiedene Anwendungen stellen den lokalen Bezug her, etwa zu lokalen Geschäftspartnern über Banner-Werbung oder die Anzeige des örtlichen Wetters. Bei Agenturen, die sich auf bestimmte Zielgruppensegmente konzentriert haben, wie Ärzte oder Firmeninhaber, ist es sogar so, dass spezielle Anwendungen zur Verfügung gestellt werden, damit sich der potenzielle Kunde im Vorfeld ein Bild von seiner Bedarfssituation, zum Beispiel über einfache Rechentools, machen kann. Der Content, den wir zur Verfügung stellen, kann auch personalisiert werden. Das heißt, dass ein Newsletter im Namen des jeweiligen Allianz- Fachmanns vor Ort versendet wird und die enthaltenen Links auf seine Homepage führen.

Für junge Menschen ist der Kommunikationskanal Social Web nicht mehr wegzudenken. Welche Strategien verfolgen Sie hier?

Facebook, das größte soziale Netzwerk der Welt, bietet Vertretern eine völlig neue Möglichkeit, um gerade mit jüngeren Leuten unkompliziert in Kontakt zu kommen. Facebook-Freunde tauschen sich auch über Jobwechsel, Autokauf, Urlaub oder Heirat aus – also über Anlässe, die Beratungsbedarf auslösen können. Das Networking über Facebook schafft überdies eine emotionale Bindung, wenn Vertreter auf Postings mit „Gefällt mir“ oder mit einem netten Kommentar reagieren. Auch für den Interessenten oder Kunden ist die Kontaktaufnahme via Facebook viel einfacher als über jede Webseite oder ein Internetformular. Unsere Erfahrung zeigt, dass diejenigen Agenturen, die Facebook in ihr Geschäft einbinden, damit auch Geschäft generieren können.

Auch mobile Webdienste werden bei Kunden immer beliebter. Per App zum Allianz-Vertrag, ist das für Sie eine Option?

Das will ich für die Zukunft nicht ausschließen. Mit unseren Apps sind wir im Versicherungsumfeld zwar Vorreiter, es zeigt sich aber, dass dafür der Bedarf auf Anwenderseite noch nicht da ist. Das kann sich jedoch in den nächsten Jahren durchaus ändern.

Eine Autoversicherung kann man bei der Allianz auch online abschließen. Die Betreuung übernimmt die Agentur. Ist das für Sie das Online-Kontaktmodell der Zukunft?

Beim Abschluss einer KfZ-Direktversicherung entscheidet sich der Kunde für eine kostengünstige Variante, bei der er auf Beratung verzichtet und weniger Service in Kauf nimmt. In diesem Segment sind wir mit unserer Direktversicherung AllSecur sehr erfolgreich auf dem Markt etabliert. Daneben besteht die Möglichkeit des Online-Abschlusses über die Agentur mit unserem Produkt Allianz Auto Online Service (aaos). aaos vereint die Merkmale eines Online-Produkts mit der Betreuung durch den Vertreter, etwa im Schadenfall. Beim klassischen Abschluss in der Agentur können die Kunden sich beraten lassen und ihr Leistungspaket aus verschiedenen Bausteinen individuell zusammensetzen – und sie erhalten den vollen Service des Vertreters. Für welches Modell sie sich entscheiden, hängt von vielen Faktoren ab, etwa dem Geldbeutel, den individuellen Serviceansprüchen oder dem Wert des Autos. Die Zukunft besteht für uns einfach darin, dem Kunden die Wahl zu lassen, welches Produkt und welches Abschlussmodell er bevorzugt.

Welche Kunden sprechen Sie mit diesem Modell an?

Kernzielgruppe für aaos sind Wenigfahrer mit tendenziell kleineren Autos. Wichtig für den spezifischen Bedarf ist, dass das Auto bei weitem nicht so im Vordergrund steht wie zum Beispiel bei Kunden, die auf das Auto beruflich angewiesen sind. Wir reden hier also in erster Linie von einem entsprechend geringeren persönlichen Betreuungsbedarf. Allianz auto online service ist somit ein Produkt, das für den preissensiblen Internet Shopper bestens geeignet ist, der aber gleichzeitig auch eine starke Marke im Hintergrund wissen will.

Die Allianz ist kein Billig-Anbieter, im Gegenzug erwarten Ihre Kunden einen besseren Service als bei der Konkurrenz. Auf welche Kontaktkanäle setzen Sie hier?

Wir bieten unseren Kunden alle Zugangskanäle an und lassen sie entscheiden, was ihnen am liebsten ist. Am schnellsten und effektivsten ist dabei meistens das Telefon. Bei Bedarf nach Unterstützung steht natürlich der Vertreter als persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung.

Den Vertrag beim Vertreter, die Schadensabwicklung per Telefon. Wird das dem Kunden von morgen gerecht?

Wir bieten für die Schadenabwicklung auch schon eine App an, bei der Sie nach einem Unfall Fotos vom Schaden machen und mit anderen Daten direkt an die Allianz schicken können. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Kunden hier im Moment noch nicht soweit sind. Die Digitalisierung wird aber auch hier künftig sicher weitere Möglichkeiten eröffnen.

Ihre telefonischen Servicecenter durchlaufen aktuell eine Empathie-Schulung. Ist das auch ein Vertriebsansatz: Kunden mit Interesse und Anteilnahme, statt einfach nur kanalübergreifend und flächendeckend zu bespielen?!

Unsere telefonische Kundenbetreuung wird laufend optimiert – nicht nur im Hinblick auf Wartezeiten oder technische Neuerungen wie etwa elektronische Übermittlung der Kundenund Vertragsnummer oder Rückruf zur Wunschzeit. Um bei unseren Kunden die höchste Zufriedenheit zu erzielen, schulen wir unsere Mitarbeiter nicht nur fachlich oder prozessual, sondern auch in Richtung von eher weichen Verhaltens- oder Kommunikationsverfahren.

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