Kunden sind durch die Digitalisierung informierter und agieren zunehmend eigenständig. Der Vertrieb muss daher mit kundenrelevanter Kommunikation und Mehrwert überzeugen. Livia Rainsberger erklärt im Interview, wie digitale Tools dabei unterstützen, die Effizienz im Vertrieb zu steigern und den Kundenkontakt im gewandelten Beschaffungsprozess zu behalten.
Sales Excellence: Frau Rainsberger, Kunden sind heute viel informierter und schneller als früher, wenn es um Kaufprozesse und Kaufentscheidungen geht. Das liegt vor allem an der gewaltigen Digitalisierungswelle, die auch den Vertrieb erfasst. Wie Vertriebsmitarbeiter trotzdem persönlich beim Kunden punkten und ihn erreichen können, ist auch Thema Ihres Vortrags auf der 2. Zukunftswerkstatt Sales Excellence. Verraten Sie uns schon vorab, was hier das beste Rezept für den Vertrieb ist?
Livia Rainsberger: Das Erfolgsrezept liegt darin, Relevanz für Kunden zu schaffen. Unsere Kunden sind heute der Meinung, ohne Vertrieb auskommen zu können und auf Vertriebsmitarbeiter nicht angewiesen zu sein. Sie haben Zugang zu denselben Informationen wie der Vertrieb und wollen ihn in ihre Kaufentscheidungen nicht mehr involvieren. Die Kunst liegt darin, sich zu einer unverzichtbaren Unterstützung im Beschaffungsprozess des Kunden zu entwickeln. Denn nur so wird man heute Zugang zum Einkaufsprozess der Kunden bekommen.
Durch die Digitalisierung haben sich die Erwartungen der Kunden auch im B2B-Bereich grundlegend geändert. Wie sollten Vertriebsorganisationen in Hinblick auf die Customer Journey und ihre Vertriebskanäle in der Kundenansprache agieren, um den neuen Kundentyp zu binden?
Auch hier ist die Relevanz in der Kundenkommunikation entscheidend. Kunden erreicht man heute am besten mit für sie relevanten Inhalten. Sie sind eigenständig, agieren im Verborgenen, suchen aktiv nach Lösungen und involvieren den Vertrieb in ihren Beschaffungsprozess nicht mehr, weil sie keine Notwendigkeit darin sehen. Dabei reagieren sie nicht auf Werbung und Aussagen von Marketing- und Vertriebsabteilungen. Um diese Kunden zu erreichen, müssen Vertriebsorganisationen die Kompetenz entwickeln, die Fähigkeiten des eigenen Unternehmens mit den Geschäftszielen ihrer Käufer zu verbinden und diese Fähigkeit auch über die gesamte Customer Journey hinweg überzeugend demonstrieren.
Eine Vielzahl neuer Technologien, nicht zuletzt KI-gestützt, kann die Vertriebsarbeit inzwischen optimieren. Davon haben Sie in einem Ihrer Sales-Excellence-Beiträge berichtet. Ist der Einsatz sinnvoll, um die Vertriebsarbeit effizienter zu machen und gleichzeitig den Bedarf des Kunden besser zu erkennen?
Technologie bietet in der Tat eine Unmenge an Möglichkeiten, Vertriebsprozesse zu optimieren und Kunden besser und schneller zu erreichen. Aber die Sinnhaftigkeit ihres Einsatzes ergibt sich nicht aus der Technologie selbst und ihren Möglichkeiten, sondern aus dem gespiegelten Einkaufsprozess des Kunden. Vertriebsorganisationen müssen zuerst den Beschaffungsprozess ihrer Kunden tiefgehend analysieren und die eigenen Vertriebsprozesse danach ausrichten. Der Kunde und seine Buyer Journey wird im Endeffekt über die Relevanz des Technologie-Einsatzes bestimmen.
Parallel dazu müssen Unternehmen den Einsatz von Vertriebstools, unter anderem auch der KI-Technologie, in internen Prozessen evaluieren. Denn es gibt auch in der Vertriebssteuerung und der Vertriebseffizienz viele ausgereifte Technologien, die Prozesse im Vertrieb optimieren können.
Welche Tools würden Sie unbedingt empfehlen, damit das gelingt – und was leisten sie aus Ihrer Sicht für heutige Vertriebs- und Kundenprozesse?
Es gibt zahlreiche Tools, die je nach Vertriebsprozess und Geschäftsbereich unterschiedlich eingesetzt werden. Pauschal gibt es da keine Absolution für alle Vertriebsorganisationen. Aber es gibt Tools, die inzwischen fast überall relevant sind und die Effizienz im Vertrieb ganz gut steigern können. Oft ist die Begeisterung über die vielen Möglichkeiten dieser Tools auch der größte Stolperstein, weil man sie unüberlegt implementiert. Die typische Praxis: Man erfährt von einem coolen Tool, installiert es, probiert es eine Weile aus oder versucht, die Vertriebsmitarbeiter zur Nutzung zu motivieren. Bei diesen Versuchen bleibt es auch oft. Man denke nur an die bei den Vertriebsmitarbeitern verpönten CRM-Systeme. Technologie kann vieles, aber die Sinnhaftigkeit des Einsatzes muss vorher gut durchdacht und die Vertriebsmitarbeiter in den Auswahl- und Implementierungsprozess involviert werden. Denn nur an der richtigen Stelle im Einsatz und auch in Verwendung kann sie auch den Vertrieb weiterbringen.
Das vollständige Interview lesen Sie in der Sales Excellence-Ausgabe 3 | 2020.